Québec



Reisebericht
Bildergalerie


22.07 - 18.08.2016  Von PN d'Aiguebelle nach RF la Vérendrye, PN de Plaisance,

PN la Mauricie, Montréal, Québec, PN des Grands-Jardins, St. Siméon,

PN Fjord du Saguenay, Tadoussac, PN du Bic, PN de la Gaspésie, Gaspé Halbinsel


Kanadas Osten ist allen Vorurteilen zum Trotz kein kaltes Reiseziel. Lange Hitzeperioden von über 30° C im Sommer sind durchaus keine Seltenheit. Die Ursache dafür ist ein ausgeprägtes Kontinentalklima, das im Übrigen auch für bis zu -35° C kalte, aber sonnige Winter verantwortlich ist. Viel klarer als in Mitteleuropa unterscheiden sich die Jahreszeiten voneinander. Übergangszeiten sind kurz, aber sehr ausgeprägt. Der eindrucksvolle Beweis für diesen zügigen Jahreswechsel ist der Indian Summer mit seiner fantastischen Laubfärbung. Mit rund einer Million Seen und über 100'000 Flusskilometern sind Québec und Ontario Paddler-Paradiese. Vor allem das Kanu, jenes urkanadische Fortbewegungsmittel, hilft bis heute die Wildnis zu erschliessen. Mit Seelöwen und Walen auf Augenhöhe zu paddeln gehört sicherlich zu den Sternstunden des Lebens. Kanadas Osten macht etwa die Hälfte des gut 10 Mio. km² (Schweiz 45'000 km²) grossen Landes aus. Der rund 3'000 km lange St.-Lorenz Strom ist die Hauptverbindung zwischen dem
Atlantik und den Grossen Seen, die mit über 250'000 km² das grösste Süsswasserreservoir der Welt bilden. Kanadas wichtigster Handelspartner sind die USA. Die enge wirtschaftliche Verknüpfung bringt aber nicht nur Vorteile. Die Schattenseite ist eine viel stärkere Abhängigkeit von Konjunkturschwankungen in den USA. Nach wie vor ist der Agrarsektor von grosser Bedeutung. Wein wird in der Niagararegion angebaut, PEI gilt als Kartoffelinsel und Nova Scotia versorgt die Nation mit Obst. Auch die Forstwirtschaft ist ein wesentlicher Industriezweig. Von Kanadas 35 Mio. Einwohnern leben über 24 Mio. im Osten. Die grössten Bevölkerungsgruppen wurzeln in den beiden „Foundig Nations“ Frankreich und Grossbritannien, der Rest bilden die Nachkommen der sogenannte „First Nations“ und Einwanderer die vorwiegend aus Italien, Skandinavien und Deutschland stammen. Kanada besitzt eine reichhaltige Flora und Fauna. Doch heute ist selbst die endlos scheinende Wildnis von Umweltproblemen bedroht. Die Grossen Seen und der St.-Lorenz Strom haben mit Industrieabwässern zu kämpfen. Die einst reichhaltigen Kabeljau-Bestände vor Newfoundland haben sich selbst nach über 20 Jahren Fangverbot noch nicht erholt. Viele Tierarten gelten als bedroht. Die Regierung ist ein verlässlicher Partner der boomenden Öl- und Erdgasindustrie und verhindert weitgreifende Reformen zum Schutz der Umwelt. Das Verhältnis des weissen Kanada zur Urbevölkerung ist zwiespältig. Der weisse hat dem roten Mann das Land weggenommen, deshalb vegetieren viele Ureinwohner in verwahrlosten Reservaten. Die kanadischen Einwohner glauben aber bisweilen betonen zu müssen, dass die Indianer keine Steuern zahlen und ein Vermögen im Waffen- und Drogenschmuggel sowie im Online-Glücksspiel machen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Auch wenn den Indianern Vernichtungskriege wie südlich der Grenze erspart blieben: Der weisse Mann eignete sich ihr Land an, teils mittels dubioser Verträge, schob die in der Zwischenzeit durch Tuberkulose und Masern dezimierte Urbevölkerung in Reservate ab und versuchte den Kindern das Indianersein auszutreiben. Schlechte Voraussetzungen also um ein entspanntes Miteinander zu gewährleisten. Wir reisen von Ontario in die flächenmässig grösste Provinz Kanadas nach Québec. Der frankophone Bevölkerungsteil mit einem gewöhnungsbedürftigen Dialekt repräsentiert die Mehrheit. Mit ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihren Institutionen stellt sie eine Nation innerhalb Kanadas dar. Obwohl in Kanada sowohl die englische Sprache als auch die französische Sprache Amtssprachen sind, ist die ausschliessliche Amtssprache der Provinz Québec das Französische. Mehr als vier Fünftel der Fläche Québecs liegen auf der Labrador-Halbinsel, die zum Kanadischen Schild gehört. Die Landschaft ist überwiegend unwirtlich und sehr dünn besiedelt, weist aber reiche Vorkommen an Bodenschätzen und grosse Wasserkraftressourcen
auf. Québec ist mit seinem hohen Anteil katholischer Christen einzigartig in Kanada. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Kolonie Neufrankreich anfangs nur Katholiken angesiedelt wurden. Zeugnis dieser Siedlungspolitik sind die Massen an zugegeben wunderschönen Kirchen im gesamten Provinzgebiet. Wir reisen über Mont Brun in den weit ab vom Schuss gelegenen Parc national d’Aiguebelle. In der sehr alten durch Vulkane geprägten Landschaft gehen wir auf Wanderschaft. Obwohl der Park kaum von Touristen besucht wird ist die Infrastruktur in perfektem Zustand.
Aufwendig konstruierte Pfade führen über Bohlenwege und Leitern durch das mit Felsen und Hügeln durchsetzte Sumpfgebiet. Weil sich kaum Menschen im Park aufhalten finden wir ideale Bedingungen für Tierbeobachtungen vor. Dabei schauen wir den emsigen Bibern zu, wie sie an Uferböschungen der Gewässer frische Zeige holen und über mehrere hundert Meter über den offenen See zu ihrem Bau schwimmen. Wir campieren mitten im Park direkt an einem idyllisch gelegenen See wo wir abends ausser den Stimmen der Natur absolut nichts hören und verbringen zwei schöne Tage in diesem Naturparadies das nur zu Fuss oder per Kanu erkundet werden kann. Nach dem Besuch von Urbanen Regionen schätzen wir den Kontrast dieser Abgeschiedenheit. Ein weiteres Juwel ist das Réserve La Vérendrye. Das grösste Naturreservat in Québec beeindruckt durch über 4'000 Seen, die den
Park zu einem der fischreichsten Gegenden und zu einem Eldorado für Kanufahrer machen. Strassen die ins Innere führen sind rar und bei Regen verwandeln sie sich schnell in schlammige Pisten. Manchmal lassen wir unseren „Gecko“ stehen und erkunden die Gegend zu Fuss um zu sehen ob und wie ein Weiterkommen überhaupt möglich ist. Diese Exkursionen zu Fuss werden durch heftige Mückenattacken erschwert. Dabei spielt es keine Rolle ob man sich vorher mit Insektenspray eingenebelt hat oder nicht. Die Biester fallen scharenweise über uns her. Auch dies gehört in der Sommerzeit zu den „Reizen“ Kanadas.
La Vérendrye Reserve ist in allen Jahreszeiten ein ideales Reiseziel für Outdoor-Aktivitäten. Im Winter kann man den Park mit Motorschlitten erkunden. Im Frühjahr, Sommer und Herbst ist es ein grossartiger Ort zum Angeln, Wandern, Schwimmen und Kanuwandern. Natur und Erholung ist nicht nur das Privileg der über 40 Nationalparks in Kanada. Auch die wunderschönen Provincial Parks stehen den Nationalparks hinsichtlich ihrer Landschaften kaum nach. Wir fahren zu einem nächsten Naturpark weitab der Touristenrouten zum Parc national de Plaisance. Nirgendwo sonst in der Provinz ist die Dichte der Biber Population so hoch. Bis 2001 war die Fallenstellerei noch erlaubt, seither ist sie verboten. Die früher stark dezimierten Biberbestände haben sich seither merklich erholt. Auf ausgedehnten Holzstegen mit integrierten Aussichtsplattformen erkunden wir das Feuchtgebiet in dem sich auch
Amphibien und Schnappschildkröten äusserst wohl fühlen. Die eindrücklichen Landschaften sind menschenleer und wir fühlen uns in die Zeit der Pioniere zurückversetzt. Von der völligen Abgeschiedenheit zum Grossstadtrummel ist der Weg nicht weit. Wir fahren in die zweitgrösste Metropole Kanadas. Für viele ist Montréal die ideale Stadt Nordamerikas – ein gutes Stück englisch mit einer grossen Portion von französischem Savoir-vivre. Katholisch die Kirchturmspitzen, viktorianisch die Häusergiebel, nordamerikanisch die Bürotürme: Montréal erträgt die von der Geschichte fabrizierten Gegensätze mit Gelassenheit. Die 4-Mio.-Metropole am St.-Lorenz-Strom ist die zweitgrösste französischsprachige Stadt der Welt, aber ihre Einwohner parlieren auch in Englisch und in vielen weiteren Sprachen. Gleichwohl schlägt das gallische Erbe immer wieder durch, vor allem im temperamentvollen Strassenverkehr sowie in den zahllosen Cafés, Bistros und Restaurants.
Montréal liegt auf einer bumerangförmigen Insel im St.-Lorenz-Strom. Die touristisch interessanten Stadtteile sind leicht zu Fuss zu erreichen. Hauptattraktion ist Vieux-Montréal, die kompakte Altstadt am Strom. Der historische Stadtkern steht im deutlichen Kontrast zur dahinter aufragenden modernen City. An den Quais des Altstadt-Hafens und auf seiner Promenade tummeln sich Spaziergänger und Radler. International machte die Stadt mit der Weltausstellung Expo 67 und den Olympischen Sommerspielen 1976 auf sich aufmerksam. Für uns Touristen ist vor allem das alte Montréal mit seinen
historischen Gebäuden interessant. Dazu gehört sicherlich die Basilique Notre-Dame. Die prächtige 1829 eingeweihte Kathedrale gilt mit ihrem opulent ausgestatteten Inneren als eine der schönsten Kirchen Nordamerikas. Ein weiteres architektonisches Schmuckstück ist das Rathaus Hôtel de Ville, das wie die anderen alten Gebäude aus grauem Kalkstein besteht. Typisch für die älteren Viertel sind zwei- oder dreistöckige Reihenhäuser, deren Treppen an der Vorderfassade angebracht sind. An den Hängen des Mont Royal
erstrecken sich repräsentative Villenviertel. Die Schattenseiten der Stadt sind sichtbare soziale Probleme die sich in einer grassierenden Obdachlosigkeit manifestieren. Bis zu 15'000 Menschen leben auf der Strasse, sie liegen z.T. in den belebten Fussgängerpassagen direkt auf den Gehsteigen. Für die Motorsportfans, zu denen ich mich auch zähle, ist der Besuch der Île Notre-Dame Pflicht. Jedes Jahr wird dort im Rahmen der Formel 1 Weltmeisterschaft der Grosse Preis von Kanada ausgetragen. Michael Schumacher ist mit seinen sieben Siegen der unangetastete Rekordhalter.
Wenn der F1 Circus wieder weitergezogen ist teilen sich auf der nichtpermanenten Rennstrecke Fussgänger, Rad- und Autofahrer die Strasse. Nur ein Steinwurf von der Rennstrecke entfernt befindet sich das grösste Casino in Kanada, das aus drei miteinander verbundenen Gebäuden besteht und durch seine moderne Architektur besticht. Auf Martha haben Casinos eine magische Anziehungskraft. So ist es nicht verwunderlich, dass wir diesem Prachtbau mit 3200 Spielautomaten und 115 Spieltischen einen Besuch abstatten. Auf Bilder vom Innern des Casinos müssen wir leider verzichten. Die Fotokameras werden uns beim Betreten der Spielhölle vom aufmerksamen Wachpersonal bis zum Verlassen des Gebäudes abgenommen. Unser Grossstadt-Hunger ist nach einem langen Tag und etlichen Kilometern Fussmarsch durch die Innenstadt gestillt. Uns zieht's wieder ins Grüne. Wir fahren in den Parc National de la Mauricie. Er ist ein beliebtes Ausflugsziel für die Leute aus Montréal und Québec City. Der Park ist durchzogen von Seen, Flüssen, Hügeln und Wasserfällen sowie wunderschönen Wäldern. Insgesamt 160 km Wanderwege führen durch das
Naturschutzgebiet. Wir haben uns für einen 20 km langen und sehr anspruchsvollen Trail entschieden, der in den abgelegensten Teil des Parks führt. Die Wege sind nur rudimentär erschlossen und sind manchmal als solche fast nicht zu erkennen. Das Streckenprofil ist gekennzeichnet durch extrem steile Auf- und Abstiege. Eine echte Herausforderung! Mein Schatz fühlt sich am Morgen vor der Wanderung nicht sonderlich gut, verschweigt dies aber gekonnt und so machen wir uns auf den beschwerlichen Weg. Die Rute führt durch dichten Wald auf tolle Aussichtspunkte von denen wir einen Blick
auf tiefblaue Seen und unberührte Natur geniessen. Nach fast der Hälfte der Strecke schwinden die Kräfte von meinem Schatz sichtlich. Martha kann kaum mehr einen Fuss vor den anderen setzen. Dazu plagen sie Schwindelgefühle und sie befürchtet ohnmächtig zu werden. Eine äusserst schwierige Situation. Hilfe können wir nicht erwarten, denn wir sind völlig alleine auf dem Trail. Das Handy funktioniert hier natürlich auch nicht. Ich sehe keine andere Möglichkeit als an Ort und Stelle zu bleiben, zu Rasten und evtl. sogar zu übernachten. Ich bin
überzeugt, dass wir die restlichen 10 km durch unwegsames Gelände auf keinen Fall mehr schaffen. Martha, die sich vor Bären fürchtet hält von dieser Idee im Wald zu nächtigen gar nichts. Sie drängt, obwohl am Rand der Erschöpfung zum Weitergehen. Schritt für Schritt kämpfen wir uns mit Pausen im Minutentakt langsam vorwärts. Wir schaffen in der Stunde kaum mehr zwei Kilometer. Der Zustand von Martha verschlechtert sich zusehends, trotzdem will sie beharrlich weitergehen. Obwohl ich sie stütze schafft sie es kaum mehr die Füsse über Hindernisse am Boden zu heben und fällt prompt der Länge nach hin. Zum Glück bleibt dieser Sturz ohne Folgen. Auf den nächsten Kilometern muss sich mein Schatz vor Erschöpfung mehrfach übergeben, doch ihr unbändiger Wille treibt sie weiter vorwärts. Was ich niemals für möglich gehalten hätte wird Wirklichkeit. Nach mehreren Stunden Verspätung erreichen wir unseren Camper – eine Wahnsinnsleistung von Martha, die sich sogleich ohne etwas zu essen hinlegt und zwölf Stunden durchschläft. Das Fazit aus diesem unrühmlichen Vorfall: Eine solche Wanderung darf man nur unternehmen wenn man absolut fit ist. Bei Unwohlsein ist es purer Leichtsinn, ein derartiges Wagnis einzugehen. Lieber mal auf eine Wanderung
verzichten und die Beine hochlegen wenn die körperliche Verfassung nicht stimmt. Aus den Wäldern Kanadas reisen wir wieder in die Stadt. Ville de Québec nennen die Frankokanadier die 1608 gegründete Provinzhauptstadt. Ihr von Mauern umgebenes Zentrum, ein UNESCO-Welterbe, gleicht einer Puppenstube. Die Stadt Québec ist die Wiege Nordamerikas. Die Briten sorgten für die imposante Befestigungsanlage hoch über dem St.-Lorenz-Strom. Seither hat sich in der mittelalterlich anmutenden Altstadt nicht viel verändert. Die Aussicht von der historischen Terrasse Dufferin über die
verwinkelte Unterstadt und auf den Fluss ist herrlich. An der Terrasse liegt das majestätische Château Frontenac, das schlossähnliche Luxushotel und fotogene Wahrzeichen der Stadt mit seinen Türmen und Erkern. Unser Besuch gilt zunächst der Unterstadt. Die Place Royale ist das alte Herz der Basse-Ville. Die gut erhaltenen Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind ein Hingucker. Zu ihnen gehört Notre-Dame des Victoires aus dem Jahr 1688, die älteste Steinkirche nördlich von Mexiko. Die einzige Standseilbahn Amerikas führt seit 1879 hoch zur Haute-Ville. Kein Wunder, dass sich die Besucher vor allem in Québecs Oberstadt aufhalten. Hier lässt es sich herrlich zwischen alter Architektur, Geschäften und Cafés bummeln. An der Place d'Armes lassen wir uns von Strassenkünstlern und Artisten unterhalten. Gut 10 km nordöstlich der Hauptstadt befinden sich die eindrücklichen Montmorency Falls. Der Wasserfall bildet die Mündung des Flusses Montmorency und stürzt über eine Felswand 83 Meter in den Sankt-Lorenz-Strom. Damit ist er der höchste Wasserfall der Provinz Québec und rund 30 Meter höher als die Niagarafälle. Besucher kommen über rund 500 Stufen oder eine Seilbahn
hoch zur Fallkante. „Wagemutige“ überqueren den Wasserfall auf einer wackligen Hängebrücke. Um die Wasserfälle auf eine eher ungewöhnliche Art zu entdecken, kann man sie im Winter besuchen. Die Ränder des Wasserfalls vereisen und bilden riesige Eiswände. Die Wassertropfen gefrieren bevor sie im unteren Becken ankommen. An der beeindruckenden Eiswand kann man bestens eisklettern – nur was für Könner. Auf der Weiterreise erkennen wir schon aus der Ferne die riesige Basilika Saint-Anne-de-Beaupré. Das monströse Kirchengebäude mit den gigantischen
Ausmassen (91 m hoch, 105 m lang, 61 m breit) bringt selbst Atheisten wie wir ins schwärmen. Noch nie haben wir eine Kirche von solchen Ausmassen in einem so perfekten Zustand gesehen – da muss reichlich Geld für die Instandhaltung vorhanden sein. Auf unserer Weiterreise entlang des St.-Lorenz-Stroms gelangen wir ins weitläufige Biosphärenreservat Charlevoix. Der Parc des Grands-Jardins ist ein Paradies für Angler und zeichnet sich durch Vegetationsstufen vom Laubwald bis hin zu subarktischer Flora aus. Hier leben Elche, Wölfe und Bären. Das Gebiet war bis ins frühe 20. Jahrhundert von Waldkaribus bewohnt, die jedoch der Jagd zum Opfer fielen. Vor 40 Jahren wurden wieder 80 Tiere angesiedelt und die Population ist heute  zu einer kleinen Herde von etwa 150 Tieren angewachsen. Das Wetter ist traumhaft schön doch die Temperaturen sind merklich gefallen. Für unsere Exkursionen im Park ist deshalb warme Kleidung inkl. Wollmütze angesagt. In diesen wildromantischen Regionen tanken wir
immer wieder Energie für unsere zukünftigen Aktivitäten. Nicht nur Nationalparks und Metropolen haben ihre Reize. Vor allem die kleinen verschlafenen Orte begeistern uns immer wieder. Ein Beispiel dafür ist St.-Urbain. Im hübsch geschmückten Dörfchen gibt es viele Galerien, die mehr oder weniger begabten Künstlern eine Plattform bieten ihre Werke dem Publikum zu präsentieren. Beim Stöbern zwischen Bildern und Skulpturen vergeht die Zeit wie im Flug. Bei St.-Siméon gelangen wir wieder an den St.-Lorenz-Strom wo wir von der Terrasse eines Leuchtturms Wale beobachten, die gemächlich flussaufwärts schwimmen – ein erhebender Anblick. Zu den schönsten Nationalparks der Region gehört zweifellos der Parc National du Fjord-du-Saguenay. Der Saguenay River ist der grösste Nebenfluss des St.-Lorenz-Stroms. Auf fast 100 km Länge bildet er einen imposanten Fjord, der bis zu 2 km breit und 275 m tief ist. Zwischen seinen atemberaubenden Wänden kreuzen Segelschiffe
und Kajaks im südlichsten Fjord der Welt. Während der letzten Eiszeit wurde die Region von zwei bis drei Kilometer dickem Eis bedeckt. Die Eismassen hoben den Saguenay Graben aus. Vor etwa 10'000 Jahren ist das Eis geschmolzen und der Graben wurde von Meerwasser geflutet – der Saguenay Fjord war geboren. Die tiefblauen Gewässer sind Heimat von vier verschiedenen Walarten. Blau-, Finn-, Zwerg- und Weisswale suchen das krillreiche Gewässer regelmässig auf. Den Park erkundet man am besten per Kanu oder auf ausgedehnten Wanderungen. Weil die Wände des Fjords bis zu 500 Meter Höhe erreichen sind die Wanderungen steil und anstrengend. Doch dieser Sonder-Effort lohnt. Die Aussicht von oben in den Fjord und die bewaldeten Hügelzüge ist gigantisch. Unser heutiger Übernachtungsplatz liegt auf einer Anhöhe mit Blick auf das Städtchen Tadoussac. Am Zusammenfluss des Saguenay mit dem St. Lawrence trifft Süss- auf Salzwasser – beste Lebensbedingungen für Krill und andere Leckerbissen für Meeressäuger. So ziehen zwischen Juni und Oktober Finn-, Buckel- und sogar Blauwale in die Bucht von Tadoussac. Aber nicht nur Wahlbeobachter
zieht es in den schmucken Ort. Das Städtchen hat Filmgeschichte geschrieben. Das malerische Hotel Tadoussac mit seinem roten Dach war 1984 „Hauptdarsteller“ der Verfilmung des John-Irving-Romans „Hotel New Hampshire“ mit Jodie Forster, Nastassja Kinski und Rob Lowe. Ein paar Kilometer weiter am St.-Lorenz-Strom Richtung Osten fahren wir nach Bergerones, um wieder Wale zu beobachten. Von den von Gletschern geschliffenen Felsen am Ufer des Flusses beobachten wir die mächtigen Tiere wie sie trotz starker Strömung scheinbar mühelos stromaufwärts schwimmen. Für Belugawal Liebhaber empfehlen wir einen Besuch in der Baie-Sainte-Marguerite. Eine kleine Wanderung führt in die verschwiegene Bucht wo die weissen Meeressäuger gut beobachtet werden können. Mehrere dutzend Belugas verweilen in den Sommermonaten regelmässig für ein paar Stunden in den seichten Gewässern. Warum sie das tun ist trotz wissenschaftlicher Forschung nicht restlos geklärt – das spielt auch keine Rolle, Hauptsache die Wale wissen warum sie sich so verhalten. Am kommenden Tag wollen wir den St.-Lorenz-Strom mit einer Autofähre überqueren. Eigentlich müsste man die Passage vorreservieren. Mangels Internet versuchen wir es auf „Gut Glück“. Schon bei unserer Ankunft an der Verladestation erklärt uns der Mitarbeiter der Fährgesellschaft, dass das Boot im wahrsten Sinne des Wortes voll sei. Wir sollen aber an der Seite
warten. Wenn alle Fahrzeuge auf der Buchungsliste auf der Fähre sind wolle er sehen ob es für unseren Camper noch ein Plätzchen hat. Mit mulmigem Gefühl beobachten wir den Verladevorgang. Viele, sehr viele Fahrzeuge zwängen sich auf die relativ kleine Fähre. Was wir nie zu Träumen gewagt hätten trifft ein. Am Schluss findet sich tatsächlich noch ein winziger Stellplatz für unseren „Gecko“. In Millimeterarbeit werden wir vom geschulten Auge des Verlademeisters eingewiesen – geschafft. Offensichtlich ist das Schiff bis an die Kapazitätsgrenze gefüllt, denn wir finden keinen Sitzplatz mehr und müssen die 1,5-stündige Überfahrt stehend absolvieren. Das ist vielleicht gar nicht so schlecht. Ein steifer Wind peitscht über den Fluss und türmt mächtige Wellen auf gegen diese die Fähre ankämpfen muss. Das heftige Geschaukel treibt schon nach kurzer Zeit viele Passagiere hinaus, wo sie sich kreidebleich über die Reling beugen und die „Fische füttern“. Der offensichtlich schlecht gewartete Kahn wird nicht nur vom Wind gebremst. Die starke Strömung verhindert ein schnelleres Vorankommen. Mit etwas flauem Magen erreichen wir Trois-Pistoles auf der Südseite des
St.-Lorenz-Stroms. Auf sicherem Boden fahren wir bei regnerischem Wetter in den BIC Nationalpark. Das am Ufer des Flusses eingerichtete Naturreservat bietet einen idealen Lebensraum für Seehunde und Kegelrobben. Die possierlichen Tiere, die sich bei nun stahlblauem Himmel genüsslich in der Sonne wärmen, sehen wir nach einer kleinen Wanderung an der malerischen Küste entlang auf Felsen liegen. Mitten in einem fantastischen Blumenmeer entdecken wir das schmucke Teehäuschen „La Rose“. Auf der gemütlichen Holzterrasse mit fantastischer Aussicht gönnen wir uns einen frisch gebrühten
„Afternoon Tea“ und leckeren Kuchen – ach geht es uns gut! Wir befinden uns auf der berühmten Gaspé-Halbinsel. Auf fast 800 km Länge folgt der Highway 132 der meist felsig-kargen Küstenlandschaft der Gaspésie. Die Halbinsel zählt zu den Besuchermagneten der Provinz Québec. Grund dafür sind u.a. grosse Naturschutzgebiete wie der Parc de la Gaspésie mit bewaldeten Bergrücken und felsigen Höhen, die  gute Wandermöglichkeiten bieten. Die weit in den Nordatlantik ragende Halbinsel steht bei Outdoorfreunden hoch im Kurs. In der rauen Natur leben Menschen in kleinen Siedlungen vom Fisch- resp. Hummerfang. Das Klima auf der Gaspé-Halbinsel, letzter Zipfel der Appalachen, lässt sich mit der Bretagne vergleichen, während Landschaft und felsige Küste an Norwegen erinnern. Ein Hauch von ursprünglicher Abgeschiedenheit scheint über der Halbinsel zu liegen. Die Nordküste fällt an manchen Stellen steil ab ins Meer. Wer inmitten der Natur dennoch Lust auf Kunst
bekommt, sollte Sainte-Flavie besuchen. Die Hauptattraktion des 900 Seelen Ortes ist die Installation vom Bildhauer Marcel Gagnon. Lebensgrosse Statuen (80 insgesamt), die aus dem Meer in einer langen Prozession ans Ufer waten – kurios und originell zugleich. Eine Begegnung der besonderen Art erleben wir im Parc national de la Gaspésie als wir auf unsere „Camp Site“ fahren steht da ein mächtiger Elch auf dem Stellplatz und ist genüsslich am Grasen. Als wir etwas näher heranfahren gibt er den Platz zögerlich frei und verschwindet dann urplötzlich im dichten Unterholz. Uns
ist es ein Rätsel wie dieses mächtige Tier mit seinem gewaltigen Kopfschmuck durch die eng stehenden Büsche und Bäume durchmarschiert ohne hängenzubleiben. Eine Attraktion der Gaspé-Küste ist der riesige durchlöcherte Felsen vor der Küste bei Percé. Das 475 Meter lange und 90 Meter hohe Massiv aus rotem Kalkstein lässt sich bei Ebbe zu Fuß durchs Wasser erreichen. Bei der Wanderung durch die kalten Atlantik-Fluten läuft man jedoch leicht Gefahr, auf den glitschigen Felsen auszurutschen. Nicht weit vom Felsen entfernt liegt die Vogelinsel Bonaventure. In ihren bis zu 100 Meter hohen Klippen nisten mehr als 200'000 Seevögel. Besonders auffällig sind die weiß-gelben Basstölpel, denen man sich bei einem Besuch auf der Insel bis auf wenige Meter nähern kann. Viele hübsche kleine Orte zieren die Shoreline der Gaspé-Halbinsel mit heimeligen blumengeschmückten Picknickplätzen an denen wir immer wieder gerne einen Zwischenstopp einlegen. In der restlichen Zeit unserer Reise auf dem Amerikanischen Kontinent werden wir den Maritimen Osten von Kanada bereisen. Die Provinzen New Brunswick, Prince Edward Island, Newfoundland und Nova Scotia werden uns sicherlich begeistern. Besonders gespannt sind wir auf das menschenleere Neufundland mit seiner ursprünglichen und rauen Landschaft die unsere Herzen bestimmt im „Sturm“ erobern wird.