Alaska  Yukon

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie


12.07. - 03.08.2015   Von Beaver Creek nach Tok, Palmer, Seward, Homer, Whittier,

Anchorage, Denali NP und HYW, Paxson, Fairbanks, zurück nach Tok und über den

Top of the World HYW nach Dawson City


Der Grenzübertritt von der Provinz Yukon (Kanada) in den Bundesstaat Alaska (USA) verläuft völlig entspannt. Bei der Ausreise in Kanada werden wir durchgewunken und bei der Einreise in die USA die obligaten Fragen gestellt. Woher kommt resp. wohin geht ihr? Wie lange gedenkt ihr in den USA zu bleiben? Habt ihr frische Lebensmittel wie Gemüse, Obst oder Fleisch dabei? Hab ihr Tiere, Waffen oder Feuerwerkskörper im Camper? Führt ihr alkoholische Getränke mit und wenn ja, wie viel? Wir geben freundlich eine fast wahrheitsgetreue Antwort und nach kurzer Zeit wünscht uns der Grenzbeamte einen schönen Aufenthalt in den USA. Ein bisschen schwindeln wir jeweils bei der Deklaration der Lebensmittel.
Natürlich haben wir verbotenerweise frische Lebensmittel dabei, jedoch gut getarnt im Campers. Obwohl unser Fahrzeug in Nordamerika noch nie kontrolliert wurde, verstecken wir diese Nahrungsmittel jeweils sicherheitshalber. Das Abenteuer Alaska kann jetzt also beginnen. Wer Alaska besucht kommt kaum am Adjektiv abenteuerlich vorbei. So vieles in der Geschichte dieser Region hat mit Abenteuerlust und Abenteuerlichem zu tun – und es prägt bis heute den Charakter der Einwohner sowie der vielen Besucher, die hierherkommen um ihr persönliches Abenteuer zu erleben. Wer hat nicht schon in jungen Jahren die Geschichten von Jack Londons „Wolfsblut“ und „Der Ruf der Wildnis“ mit voller Spannung gelesen. Der Weg ist das Ziel. Deshalb begeben wir uns mit „Gecko“ auf eine mehrwöchige Reise auf endlosen Highways durch eine atemberaubende Landschaft. Die USA erwarben Alaska 1867 für lächerliche 7,2 Mio. Dollar vom Russischen Kaiserreich; am 3. Januar 1959 wurde es der 49. Bundesstaat der USA. Heute dürften sich die Russen, angesichts der riesigen Bodenschätze und der strategischen Bedeutung von Alaska, über diesen Verkauf die Haare raufen. Die Reise führt uns zunächst auf dem Alaska Highway nach Tok. Der 1'250-Seelen-Ort ist ein Verkehrsknotenpunkt und eine echte Dienstleistungs-Gemeinde mit Tankstellen, Restaurants, und Unterkünften. Inmitten von Tausenden von Hektar flachen Schwemmlandes gelegen lädt Tok mit seinen unzähligen Parks zum Angeln, Schwimmen und Wandern ein. Auf dem Glenn Highway fahren wir Richtung Anchorage. Die 300 km lange Strasse verläuft im breiten Tal zwischen den Talkeetna Mountains und den Chugach Mountains. Auf halber Wegstrecke erspähen wir in einer Seenlandschaft eine Erhebung, zu der
eine schmale Piste führt. „Genau der richtige Übernachtungsplatz“, sagen wir lächelnd zueinander. Der mit Schlaglöchern durchsetzte Weg schlängelt sich durch blühende Wiesen steil hinauf zu einem fantastischen Aussichtspunk. Die 360° Rundumsicht ist gigantisch. Draussen sitzend geniessen wir in absoluter Stille den Sonnenuntergang über der mächtigen Bergkette im Westen. In der Nacht kommt Wind auf und schüttelt unseren Camper an der etwas exponierten Position in luftiger Höhe. Erschrecken kann uns das nicht. Wir sind
uns extreme Windböen aus Südamerika gewohnt und so schlummern wir schaukelnd , wie in einer Sänfte, friedlich ein. Am anderen Tag fahren wir bei regnerischem Wetter die restliche Wegstrecke auf dem Glenn Highway Richtung Westen. Am „Mantanuska Glacier“, der gut von der Strasse aus zu sehen ist, machen wir halt und unternehmen eine kleine Wanderung, um dem weissen Riesen etwas näher zu kommen. Deutlich ist der Schrumpfungsprozess des Gletschers zu sehen. Je nach Wettersituation passen wir die Feinplanung unserer Reise den gegebenen Umständen an. Wir erachten die Situation günstig, um nach Seward zu fahren, dem einzigen Ort an der Ostküste der Kenai-Halbinsel. Bei Bird, einem kleinen Dorf entlang der Panoramastrasse, beobachten wir Fischer, die in voller Montur in einem Fluss stehen und Fisch um Fisch aus den Fluten ziehen. Die Fangsaison hat begonnen, die Lachse schwimmen vom Meer her die Flüsse hoch zu den angestammten Laichgründen. Wir schauen dem Treiben gespannt zu und vergessen darüber die Zeit. Bald ist es zu spät um weiterzufahren. Wir übernachten, wie viele Fischer auch, in einem schön gelegenen State-Campground direkt am Meer. Am nächsten Morgen sind wir früh unterwegs, damit wir am heutigen Tag ohne zu hetzen nach Seward gelangen. Bei der Einfahrt in den touristischen Fischerort folgen wir dem Schild, das uns zum „Exit Glacier“ weist. Auf einer Wanderung gelangen wir bis zur Gletscherzunge des ebenfalls stark geschrumpften 6,5 km langen Eisgiganten. Er wird wie über 30 weitere Gletscher vom riesigen, 780 km² grossen „Harding Icefield“ gespeist. Nur die Gipfel der Kenai Mountains ragen wie Inseln aus den Eismassen. Eigentlich wollten wir eine Ganztagswanderung zu diesem Eisfeld unternehmen. Doch die
Wetterverhältnisse lassen das momentan nicht zu. Also fahren wir in die City von Seward. Die Kleinstadt ist idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in den Kenai Fiords Nationalpark mit seinen imposanten Gletschern und der vielfältigen Meeresfauna. Sportangler fangen hier vorzugsweise Heilbutt und Silberlachs. Der charmante alte Stadtkern von Seward hat viele Kaffees, Bars, Boutiquen und Kunstgalerien. Es ist unterhaltsam an der Hafenpromenade entlangzuschlendern. Überall gibt es etwas zu entdecken. Leider hat sich das Wetter weiter verschlechtert und die Prognosen für die Nächsten Tage sind nicht rosig. In solchen Situationen stellt sich jeweils immer die selbe Gretchenfrage: Weiterfahren oder warten bis das Wetter besser wird? Wir beschliessen übereinstimmend bessere Verhältnisse abzuwarten und nutzen das Regenwetter um Mails und Reiseberichte zu schreiben, Bilder zu ordnen, den Camper auf Vordermann zu bringen und Bankgeschäfte übers Internet abzuwickeln. Drei lange Tage müssen wir geduldig ausharren, bis wir die gebuchte Schiffstour in den Kenai Fjords Nationalpark antreten können. Ein Ausflugsboot mit mächtig „Power“ bringt uns schnell aus dem Hafengebiet hinaus aufs offene Meer. Bei wechselnder Bewölkung erleben wir die unterschiedlichsten Stimmungsbilder. Überall sehen wir Fischerboote die dem heiss begehrten Lachs nachstellen. Seemöwen umschwärmen die Kutter und hoffen ein paar Fischabfälle zu ergattern. Vom Wasser her sind die von den Elementen geformten Fjorde und Küstenlinien besonders spektakulär anzusehen. Wasserfälle, Gletscher und zerklüftete Felsen prägen die Szenerie. Wir entdecken in der Ferne
etwas, das so aussieht wie treibendes Strandgut. Bei näherer Betrachtung erkennen wir Seeotter, die geschickt nach Muscheln tauchen. Diese bis zu 1,5 m langen und bis zu 45 kg schweren und etwas schrullig wirkenden Meeresbewohner leben das ganze Jahr im eisigen Nord Pazifik. Viele Gletscher  kalben vom „Harding Icefield“ her kommend, in die Fjorde des Kenai Nationalparks. Mit dem Schiff fahren wir bis auf 250 m an die Gletscher heran. Obwohl unser „Kahn“ über genügend Leistung verfügt muss ein Sicherheitsabstand eingehalten werden.
Abbrechende Eismassen können gigantische Flutwellen auslösen und auch ein grösseres Schiff zum Kentern bringen. Ein eisiger Wind pfeift uns um die Ohren. Wir sind froh, die schützende Outdoor-Bekleidung eingepackt zu haben. Die fast 100 m hohe Abbruchkante des „Aialik Glacier“ ist einfach gigantisch. Wir hören furchterregendes Stöhnen und Ächzen aus den riesigen Eisspalten. Der Gletscher ist immer in Bewegung und entlässt im Minutentakt Eisbrocken in den Golf von Alaska. Während das Wetter mehr und mehr aufklart fahren wir weiter durch die Fjorde des Nationalparks und bekommen mehr
von der vielfältigen Tierwelt zu sehen. Bunte Hornlunde stürzen sich von den vorgelagerten Felswänden und tauchen nach kleinen Fischen. Seehunde sonnen sich an den Ufern der Fjorde. Ein Weisskopfseeadler greift sich vor unseren Augen einen Fisch und fliegt mit der Beute zu einem Felsen wo er ungestört fressen kann. Plötzlich entdecken wir drei Grauwale, (15m lang und bis zu 36 Tonnen schwer) die unweit von unserem Schiff kurz auftauchen, tief Luft holen und unter hochgehaltener Fluke wieder in die Tiefe gleiten. Kurze Zeit später bekommen wir Steller Seelöwen zu sehen. Diese bis zu einer Tonne wiegenden Meeressäuger sind die grössten ihrer Art und ernähren sich ausschliesslich von Fischen. Als krönenden Abschluss unserer Tour durch den Nationalpark zeigt sich uns eine Schule Orcas. Die in Gruppen jagenden Wale sind mit ihrer gewaltigen Rückenflosse besonders majestätisch anzusehen. Ein unglaubliches Bild, wenn sie vor der beeindruckenden Bergkulisse ins offene Meer hinaus schwimmen. Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende und wir sind übereinstimmend der Meinung, dass sich das Warten auf schönes Wetter geloht hat. Von Seward fahren wir zurück Richtung Norden und machen, der schönen Witterung sei Dank, einen Abstecher nach Kenai. An der Mündung des Kenai River am Cook Inlet gelegen, wurde die Stadt von russischen
Pelzhändlern gegründet. Noch heute zeugen die gut erhaltenen russisch-orthodoxen Kirchen im alten Ortsteil von dieser Vergangenheit. Während der Lachssaison vervierfacht sich die Einwohnerzahl im Küstenstädtchen für eine kurze Zeit. Zu Hunderten stehen die Leute am Fluss und versuchen die kulinarischen Leckerbissen zu fangen. Es wird nicht auf herkömmliche Art und Weise gefischt sondern mit einem runden, kescherartigen Netz, das an einem langen Metallgestänge befestigt wird. Dieses halten die Fischer ins Wasser. Weil die Strömung in der Mitte des Flusses am stärksten ist, schwimmen die
Lachse, um Kräfte zu sparen, in Ufernähe die Flüsse hoch. Leider, aus Sicht der Fische, geradewegs in die kleinen Netze der Häscher. Weil uns die Landschaft so gut gefällt fahren wir den Sterling Highway bis zum Ende nach Homer. Auf der gegenüberliegenden Aleutenbergkette ragt der schneebedeckte Mount Redoubt (3'100 m), einer von mehreren aktiven Vulkanen, in die Höhe. Da, wo das Land endet und das Meer beginnt, liegt die Künstlerstadt Homer mit ihrem unverwechselbaren Wahrzeichen. Der Homer Spit ist eine schmale, fast 7 km lange Landzunge, die vor dem grossen Erdbeben 1964 gut anderthalb Meter höher und wesentlich breiter war. In der Ferienzeit herrscht hier Hochbetrieb in den vielen Restaurants, Souvenirläden, Kunstgalerien, am Strand, am Hafen und auf den Wohnmobil-Campingplätzen. Der Ort ist zwar sehr touristisch, aber unserer Meinung nach trotzdem sehenswert. Zu Fuss erkunden wir das Hafengelände, wo ein Kreuzfahrtschiff auf dem Weg in die
Polarregion festgemacht hat. Weil die Stadt flutwellengefährdet ist, stehen die kleinen, bunten Häuser in Reih und Glied auf Pfählen. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz fahren wir auf der „East End Road“ in die wenig touristische Kachemak Bay. Aus erhöhter Lage geniessen wir einen sensationellen Weitblick auf Homer und die umliegenden Nationalparks. Im Reiseführer steht, dass man am Ende der Piste das letzte Teilstück hinunter zum Strand, wegen der extremen Steilheit, zu Fuss gehen soll. Obwohl ich zwei parkierte Allradfahrzeuge sehe, fahre ich unter massivem Protest von Martha, die wirklich
extrem steile Schotterpiste hinunter. „Gecko“ rutscht teilweise über alle vier Räder und ich frage mich mehr und mehr ob das Runterfahren eine kluge Idee von mir war. Doch nun gibt es kein Zurück mehr. Wenden ist auf dem schmalen Track völlig illusorisch. In engen Serpentinen rutschen wir talwärts. Nach jeder Biegung wird es noch eine Spur steiler und Martha ruft aufgeregt aus: „und da willst du anschliessend wieder hoch fahren?“ Obwohl ich mir meiner Sache überhaupt nicht mehr sicher bin sage ich beschwichtigend: „selbstverständlich“. Martha kauft mit natürlich die gespielte Gelassenheit nicht ab und schüttelt stumm den Kopf. Uns kommen Wanderer entgegen die sich mit ihren Stöcken die Piste hinauf mühen. In ihren Gesichtern erkennen wir ein mitleidiges Lächeln. Tatsächlich schaffen wir es irgendwie bis zum Strand hinunter, können aber wegen der brenzligen Situation die schöne Aussicht gar nicht richtig geniessen. Ich schlage vor, hier irgendwo zu übernachten. Martha ist von dieser erneuten „Furz-Idee“ gar nicht begeistert. „Wenn es jetzt noch zu regnen beginnt, sind wir völlig aufgeschmissen“, ruft sie sichtlich verärgert aus. Um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu giessen, stimme ich ihr zu. Also versuchen wir, den selben (einzigen) Weg wieder hochzufahren.  Zugegeben, mit etwas Herzklopfen schalte ich die Diff-Sperre ein und gehe die erste extrem steile und mit Steinen durchsetze Steigung mit Schwung an. Zu meiner
eigenen Überraschung meistert „Gecko“ diese Aufgabe. Trotz Sperre drehen die Räder zeitweise durch, doch ohne wesentlich an Vortrieb zu verlieren. Eine erste Hürde ist geschafft. Eine speziell enge Kurve können wir jedoch nur mit Vor- und Zurücksetzen meistern. Glücklicherweise ist die Stelle nicht ganz so steil und ohne Schwung zu holen bewältigen wir die Steigung. Langsam keimt in uns die Hoffnung auf, dass wir es schaffen könnten. Als wir schliesslich an den ungläubig staunenden Wanderern vorbei fahren ist der Triumph vollkommen. Wir sind tatsächlich diese Piste wieder hoch gekommen. Ich wusste aus Erfahrung, dass Schotterpisten mit solch extremen Steigungen mit einem Landcruiser zu bewältigen sind. Jedoch hätte ich niemals gedacht, dass dies mit unserem wesentlich schwereren Allrad-VW möglich wäre. Wahrscheinlich haben wir schlichtweg „Dusel“ gehabt – das braucht man ab und zu im Leben. Zur Feier des Tages bereitet uns Martha, sichtlich erleichtert, an einem schönen Stellplatz am Meer ein ausgezeichnetes Nachtessen zu. Auf der tags darauf folgenden Fahrt Richtung Anchorage machen wir einen erneuten Abstecher. Diesmal geht es nach Whittier. Man erreicht das Hafenstädtchen ausschliesslich per Schiff oder durch den längsten Tunnel der USA, der wechselseitig im Einbahnbetrieb geöffnet ist. Auch eine Eisenbahnstrecke führt durch den selben Tunnel. Nach der Entrichtung der Tunnelgebühr fahren wir durch das enge, nicht ausgekleidete
und nur schwach beleuchtete „Loch“ und erreichen schliesslich Whittier. Laut Prospekt ein Eldorado für Fotografen, die neben einer Vielfalt an Tieren wie z.B. Meeressäugern, Bergziegen und etwas Glück auch Bären vor die Linse bekommen. Von diesen Spezies haben wir zwar nichts gesehen. Aber beinahe hätten wir ein Stachelschwein überfahren – ist ja auch was! Die Landschaft ist zwar wirklich schön und das Wasser leuchtet smaragdgrün bei diesem prächtigen Sommerwetter, doch das 220 Seelenstädtchen muss man
nicht unbedingt gesehen haben. Wir fahren nach ein paar Stunden wieder durch den Tunnel zurück auf die Westseite der Bergkette und unternehmen bei Portage eine schöne Wanderung zum gleichnamigen Gletscher. Der Weg führt entlang eines Flusses wo wir über ein Geröllfeld bis in die Nähe der Gletscherzunge vordringen. Der „Portage Glacier“ hat heute noch eine Länge von knapp zehn Kilometer. Während der letzten 100 Jahre ist er um 5 km geschrumpft, ein Folge des Klimawandels, der in Alaska besonders sichtbar ist. Nun fahren wir ohne weitere Umschweife nordwärts nach Anchorage. Die grösste Stadt Alaskas, ist gleichzeitig die populärste City des 49. US Bundesstaates. Interessanterweise beginnt in Anchorage der Innenstadtbereich (Downtown), nicht wie sonst üblich mit der 1st Avenue, sondern mit der 3rd Avenue. Diese Besonderheit ist ein Resultat des verheerenden Karfreitags-Erdbeben von 1964. Das mit 9,2 Punkten auf der Richterskala stärkste, je in Nordamerika gemessene Beben, hob den bei der 3rd Avenue beginnenden Teil von Anchorage um rund 30 m an und verlagerte die 1st und 2nd Avenue auf Meeresspiegelhöhe. In der heutigen Innenstadt findet
jeden Samstag und Sonntag der bunte „Downtown Market“ statt, wo vom lokalen Kunsthandwerk über Lebensmittel bis hin zur musikalischen Unterhaltung alles zu finden ist. Der touristische Teil von Anchorage ist auf zwei bis drei liebevoll mit Blumen geschmückte Strassenzüge begrenzt. Ansonsten hat die Stadt, unserer Ansicht nach, nicht so viel zu bieten. Wer allerdings gerne essen geht kann sich in über 600 Restaurants kulinarisch verwöhnen lassen. Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es an den zahlreichen Strassenständen leckere Rentier-Hotdogs. Auf dem Weg zum Denali Nationalpark fahren wir auf dem George R. Parks Highway nordwärts. Trotz Hauptreisezeit sind die Strassen nicht überfüllt und wir geniessen die herrliche Landschaft. Wiederum machen wir einen Abstecher zu einem sehenswerten Städtchen. Talkeetna kann per Eisenbahn, Flugzeug als auch auf einer gut ausgebauten Strasse erreicht werden. Das einstige Bergbaustädtchen ist heute ein beliebter Ausgangspunkt für Bergsteiger-Expeditionen zum Mount McKinley oder für Gletscherrundflüge. Heute bleiben die meisten Flugzeuge am Boden, denn der mit 6193 m höchste
Berg Nordamerikas ist in dichte Wolken gehüllt. In den etlichen noch gut erhaltenen Gebäuden aus der Pionierzeit sind heute Restaurants und Shops eingezogen. Auf einer Traumroute führt die Eisenbahnstrecke  des „Alaska Train“ von Seward nach Fairbanks. Unser nächstes grosses Ziel ist der Denali Nationalpark. Wieder müssen wir uns aber in Geduld üben. Der Wettergott ist uns nicht gut gesinnt und wir warten zwei Tage vor den Toren des Parks, bis es endlich aufhört zu regnen und die dichten Wolken an den Berghängen weniger werden. Eine Tour in Alaskas bekanntesten Nationalpark verspricht unvergessliche Erlebnisse. Vielleicht schwingt sich ein Steinadler von den Felswänden am Polychrome Pass, lagert eine Gruppe Dall-Schafe an einem Berghang am Primrose Ridge oder ein Grizzly trottet am Sable Pass über die Tundra. Mit etwas Glück können wir sogar den Mt. McKinley sehen. Mit viel Vorfreude und der Hoffnung, einige dieser genannten Tiere zu sehen, besteigen wir den Tourbus am Parkeingang. Zum Schutz der Flora und Fauna darf man den Park seit einigen Jahren nur noch bedingt auf eigene Faust erkunden. Wir haben deshalb eine ganztägige Bustour gebucht (150 km hin und 150 km zurück / 12 Stunden). Mit etwas
Verspätung geht die Fahrt los. Bald verlässt die Strasse die Taiga und steigt zu den baumlosen Höhen der Tundra auf. Herrliche, weite Blicke tun sich auf. Der in dichte Wolken gehüllte Mt. McKinley aber werden wir am heutigen Tag leider nicht zu sehen bekommen. Doch plötzlich erblicken wir an einer grasbewachsenen Bergflanke ein Grizzlybär, den man deutlich an seinem markanten Buckel erkennt. Über 70% der gesamten Grizzly-Population lebt in Alaska. Nachdem uns der Bär entdeckt hat rennt er eilends den Hang hinunter und
versteckt sich in Büschen an einem Bachlauf. Die
Grizzly's sind im Gegensatz zu den Schwarzären ziemlich scheu und suchen in der Regel nicht die Nähe des Menschen. Man sollte aber bei Bärenbeobachtungen immer Vorsicht walten lassen und einen gebührenden Abstand zu den Tieren einhalten. Diese Verhaltensweise gilt grundsätzlich bei allen Wildtieren. Nach rund 15 Meilen erreichen wir die Savage River Bridge und sehen, wie die gletschergeprägte Landschaft von einem schroffen Steiltal eines Flusses im Norden abgelöst wird. Die Strasse folgt den Windungen unterhalb von Primrose Ridge, wo wir eine Herde Karibus beim Fressen beobachten. Obwohl die ganze Herde rund 2'000 Tiere zählt, sind sie meistens in kleineren Gruppen unterwegs. Die Karibus sind Menschen gewöhnt, flüchten aber sofort, wenn eine gewisse Distanz zu ihnen unterschritten wird. Die Strasse führt hinunter zu einer sumpfigen Niederung, wo Fichten stehen, die wahllos in verschiedene Richtungen geneigt sind. Der „betrunkene Wald“ ist eine Folge des Dauerfrostbodens. Wenn dieser auftaut und der Boden ins Gleiten gerät, kippen die Bäume. Immer wieder beobachten wir auf Bergkanten Grizzlybären, die durch ihr Revier streifen. An einem Fluss quert eine Elchkuh mit ihren beiden Jungen vorsichtig das schnell fliessende Gewässer. Bei den Cathedral Mountains sind die Weidegründe der Dall-Schafe, die einzigen weissen Wildschafe der Welt. Doch heute bekommen wir kein einziges dieser scheuen Tiere zu sehen. Auf dem Sable Pass (1200 m ü.M.) sehen wir abermals ein kräftiges Grizzly Männchen. Diese Bären ernähren sich hauptsächlich von Wurzeln, Beeren und anderen Pflanzen; gelegentlich greifen sie sich auch Erdhörnchen, Elchkälbchen und kranke Karibus oder sie fressen Aas. Sehenswert ist der Polychrome Pass, mit fabelhaftem Blick auf die Alaska Range im Süden. Im Tal breiten sich die Plains of Murie mit ihren Schwemmterrassen aus. Am Ende des Park Highways, nach 150 km, gelangen wir zu einigen Häusern aus der Siedlerzeit. Eine besonders taffe Frau, namens Fannie Quigley, hat hier zu Zeiten des Goldrausches während Jahrzehnten dauerhaft gewohnt; völlig abgeschieden und ohne ärztliche Versorgung. Auch in den härtesten Wintern, die hier mindestens sechs Monate dauern, ist sie nie weggezogen. Auf dem Weg zurück zum Wilderness Access Center klart das Wetter immer mehr auf und die Bergketten leuchten bei der tief stehenden Sonne in den unterschiedlichsten Farben. Nach einem langen und ereignisreichen Tag erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Tour beim Parkeingang. Obwohl dieser Tagesausflug nicht ganz billig war können wir die Tour jedem Naturfreund empfehlen. Natürlich wäre es schöner, wenn man die ganze Parkstrasse im eigenen Camper fahren dürfte. Aber unter dem Gesichtspunkt der vielen Besucher ist eine geführte Tour für die Natur vor allem aber für die Tiere wesentlich weniger stressig. Weil die Wettersituation Tage stabil bleibt, beschliessen wir, den „Denali Highway“ zu fahren. Die 218 km lange Naturpiste verbindet Cantwell mit
Paxon. Auf unserem Trip durch diese fantastische Natur begegnen uns kaum andere Fahrzeuge. In der absoluten Stille der weiten Landschaft sind die Tiere nicht so schreckhaft und wir beobachten sie ungestört aus respektvoller Entfernung. An unzähligen Seen weiden Elche, die manchmal bauchtief ins Wasser hineinwaten, um sich leckere Wasserpflanzen zu holen. Als absolutes Kuriosum steht  irgendwo im Nirgendwo ein komplett geschmückter Weihnachtsbaum am Strassenrand – verrückt, die „Amis“. Nachdem entgegen der
Wetterprognosen etwas Regen aufkommt, verwandelt sich „Gecko“ zum Chamäleon und ändert seine Farbe von Blütenweiss, sagen wir's diplomatisch, zu einem gebrochenen Weiss. Wir fahren die landschaftlich einmalig schöne Strecke nicht an einem Tag, sondern übernachten an einer geeigneten Stelle mit schönem Blick auf die Seenlandschaft. Wieder einmal sind wir froh, ein geländegängiges Fahrzeug zu haben. Wir scheuchen unseren Camper über Stock und Stein auf einen Hügel, wo die Aussicht besonders toll ist. Auf der Weiterfahrt am nächsten Morgen durchqueren wir abermals
Landschaften wie aus dem Bilderbuch. Bei absoluter Windstille spiegelt sich der leicht mit Wolken bedeckte Himmel in einem See und scheint mit ihm regelrecht zu verschmelzen. Am Brushkana River steigen dichte Morgennebel auf und verleihen der Natur ein mystisches Aussehen. Im Osten sehen wir die ersten schneebedeckten Bergketten. Ab und zu begegnen uns einzelne Karibus. Die letzten 34 km nach Paxson sind asphaltiert. Das Wetter wechselt immer noch minütlich und zeichnet atemberaubende Stimmungsbilder. Die sumpfige Graslandschaft ändert ihr Gesicht und an einem grösseren See erheischen wir einen Blick auf eine grandiose Gletscherlandschaft eingebettet in ein gewaltiges Gebirge.Wir kommen in Paxson an und  verlassen nur ungern diese tolle Traumstrasse. Doch der Kummer währt nicht lange. Denn auch die Route Richtung Fairbanks ist absolut sehenswert. Der Highway 4 windet sich durch die Amphitheater Mountains vorbei an blumengeschmückten Wiesen und hohen, schneebedeckten Bergketten. Wir fahren Entlang der Trans-Alaska-Pipeline. Sie verläuft 1'287 km von der Prudhoe Bay im Norden zum eisfreien Hafen Valdez am Prince William Sound im Süden. Die Entfernung, die es beim Bau zu überbrücken galt, barg einige
besondere Herausforderungen. Die Pipeline musste unter anderem über drei Gebirgsketten sowie über unzählige Flüsse geführt werden. Ausserdem zwang der Permafrostboden Alaskas die Konstrukteure dazu, die Ölleitung über weite Strecken auf Stelzen zu bauen. Dies wurde nötig, da die Pipeline sonst durch den Temperaturunterschied zwischen dem Erdöl und der Umgebung das Eis geschmolzen und darin versunken wäre. Seit der Fertigstellung laufen täglich bis zu 2,1 Millionen Barrel (330.000 m³) durch die Pipeline. Ein schnurgerades Teilstück der Fernstrasse bringt uns nach
Delta Jct. Auf dem durch mehrere Baustellen nur mühsam zu befahrende Alaska Highway erreichen wir, an militärischem Sperrgebiet vorbei, Eielson. Die Air Force Base befindet sich 40 km südöstlich von Fairbanks. Eielson AFB ist Test- und Übungsbasis für die US Streitkräfte. Im Minutentakt starten und landen mächtige Transportflugzeuge. Eine FA 18 Staffel steht startbereit vor einem Hangar. Kurz vor Fairbanks erreichen wir North Pole. In einer Laundry mit freiem WiFi hält Martha Waschtag, der aber dank ausgezeichnetem Maschinenpark gerade mal zwei Stunden dauert. Ich kann gemütlich im Internet surfen, während mein Schatz wieselflink von Maschine zu Maschine hüpft, Wäsche einfüllt und wieder raus nimmt, anschliessend alles in einen Tumbler schmeisst, am Schluss fachgerecht faltet und in unsere Boxen verstaut. Für die nächsten Stunden wird es weihnachtlich. Denn die Kleinstadt North Pole zeichnet eine Besonderheit aus. Als Marketing-Coup geplant, sollte der Name vor gut 60 Jahren Spielzeughersteller dazu verlocken, sich in der Region anzusiedeln. Daraus wurde zwar nichts, doch der in
den 50er Jahren erbaute Handelsposten wurde „Santa Claus House“ genannt und ist heutzutage ein Eldorado für Weihnachtsdekorationen aller Art. Die Kleinstadt steckt das ganze Jahr im St. Nikolaus-Fieber mit weihnachtlich angehauchten Strassennamen und Beleuchtungen in Form von rot-weissen Zuckerstangen. Nach einer Nacht in einem traumhaft gelegenen Campground an einem See fahren wir die kurze Wegstrecke nach Fairbanks. Ganz zurecht gilt Fairbanks als die Stadt des Lichtes. Während in den Sommermonaten die Mitternachtssonne die Herzen verzaubert, erhellt in dunklen langen Winternächten das magische Polarlicht die Seele. Und das ist auch dringend notwendig, denn mit bis zu minus 54 Grad Celsius gehört Alaskas zweitgrösste Stadt zu den kältesten der Welt. Dafür entschädigen laue Sommer, bei denen das Quecksilber nicht selten über 25 Grad Celsius klettert. Im schön gestalteten Visitor Centre holen wir uns Informationen und einen Stadtplan. Die Eckpfeiler der breit gefächerten Wirtschaft sind Öl-, Gas-, Gold- und Kohlebau. Aber irgendwie beschleicht uns beim Bummeln durch die City das Gefühl, dass die Stadt schon bessere Zeiten gesehen hat. Denn nur am Fluss entlang präsentiert sich die Metropole in ihrem Glanz. Dazu
gehört sicherlich der schön angelegte Pioneer Park mit seinen kleinen Museen und Geschäften. Schon wenn wir uns aber ein paar Strassen von den Touristen-Strips entfernen, tritt das marode und verfallene Fairbanks zu Tage. Unterm Strich sind wir auch von dieser Stadt etwas enttäuscht. Unser Fazit: Man muss Fairbanks nicht unbedingt gesehen haben. In den nächsten Tagen führt uns die Route wieder südwärts auf dem Alaska Highway über Delta Jct. nach Tok. Unsere Übernachtungsplätze befinden sich meist etwas abseits der Schnellstrasse, wenn möglich an einem Gewässer. Für Campingplätze geben wir kaum Geld aus, denn wir stehen grössten teils frei an den schönsten Orten. Mit dem autarken Camper ist das  kein Problem. Alles was wir benötigen haben wir dabei. Strom wird von den Solarzellen produziert und mit unserem Wasservorrat können wir trotz Duschvergnügen einige Tage von jeder Fremd-Versorgung fernbleiben. An eine Besonderheit können wir uns hier im Norden  kaum gewöhnen. In den Hochsommermonaten wird es in der Nacht nie richtig dunkel. Um ca. Mitternacht geht die Sonne unter. Dann wird das Licht für zwei bis drei Stunden leicht gedimmt, bevor die Sonne bereits wieder am Horizont aufsteigt. Unser nächstes Highlight ist der „Top of the World Highway“. Wie lange die Strasse bereits besteht und befahren wird, ist nicht genau bekannt; mindestens
aber seit 1955. Seinen Namen verdankt die grenzüberschreitende, über Bergkämme führende Piste dem weiten Blick in die Täler und den mächtigen Yukon River. Ausserdem gehört der Highway zu den nördlichsten der Welt. Die nur im Sommer geöffnete Strasse beginnt in Jack Wade, Alaska und endet 127 km östlich in Dawson City, Yukon. Kurz bevor wir zum sagenumwobenen Highway gelangen erreichen wir „Chicken“. Dieser Ort ist ein idealer Zwischen stopp, bietet alles, nur keine lebenden Hühner. Das muss ja auch nicht
sein, schliesslich bietet Chicken bereits erstaunlich viel für einen Ort, dessen Einwohnerschaft zwischen 50 im Sommer und sechs im Winter schwankt. Die Wohnmobilstellplätze haben Strom- und Wasseranschluss. Gäste können sogar kostenlos Gold waschen oder eine, wenn auch recht kleine Runde, auf dem 3-Loch-Golfplatz spielen. Aber auch Zimmer- und Blockhüttenvermietung können im gut bestückten Souvenirladen gebucht werden. Im heimeligen Café gibt es sogar währschaftes Essen. In den umliegenden Hügeln wird nach wie vor die Erde umgegraben und nach
Gold gesucht. Einige Kilometer nach Chicken beginnt der eigentliche „Top of the World Highway“. Zuerst noch asphaltiert, wird der 127 km lange Highway etwas später zur staubigen Piste, auf der wir Tiere beobachten. An einem See entdeckt Martha einen Elchbullen. Dieser läuft geradewegs auf uns zu – ein lautes Klatschen in die Hände stoppt das stattliche Tier und es ergreift augenblicklich die Flucht, bis der Abstand zu uns gross genug ist. Sofort entspannt sich der Bulle und nachdem er uns ausgiebig gemustert hat zieht er gemächlich weiter. Nach dem Grenzübertritt nach Kanada sehen  wir in den weiten Hochebenen eine Karibuherde auf ihren Weidegründen. Ab und zu unternimmt ein junger Bulle ein paar Scheinangriffe um uns zu beeindrucken, was ihm aber nicht gelingt. Also lässt er es bleiben und zieht weiter. Die Piste schlängelt sich durch die Hügellandschaften des Yukons bis wir an den gleichnamigen Fluss gelangen. Es führt keine Brücke über den mächtigen Yukon River. Mit einer kleinen Fähre, die kostenlos ist, gelangen wir auf die gegenüberliegende Seite nach Dawson City. Von dort aus werden wir in den nächsten Tagen zu unserem Trip auf dem legendären „Dempster Highway“ bis zum über 700 km nördlicher gelegenen Inuvik starten. Den Bericht und die Fotos über den Verlauf dieser Tour werde ich in den nächsten Wochen unter der Rubrik Kanada / Northwest Territories posten.


Weiteren Berichte unter der Rubrik NW Territories (Reiseberichte / Bildergalerie).