Alaska  Yukon

Teil 2


Reisebericht
Bildergalerie


13.08. - 14.08.2015  Von Dawson City über Haines nach Skagway


Nach einer ereignisreichen Fahrt auf dem „Dempster Highway“ zurück verweilen wir einen weiteren Tag in Dawson City um uns und „Gecko“ wieder salonfähig zu machen. Danach fahren wir über Whitehorse nach
Haines Junktion. Auf dem landschaftlich wunderschönen Haines HYW geht die Reise südwärts. Ein weiterer Grenzübertritt in die USA bringt uns erneut nach Alaska. Unser Ziel ist Haines. Auf unserer Reise haben wir noch keine Grizzly's beim Fischen beobachten können. Zeitlich gesehen ist jetzt der Höhepunkt der jährlichen Lachswanderung. Haines ist für seine fischenden Bären bekannt. Nur deswegen haben wir einen beträchtlichen Umweg in Kauf genommen, um diesem Schauspiel beizuwohnen. Obwohl wir zur angeblich besten Zeit vor Ort sind ist es natürlich nicht garantiert, dass wir Bären zusehen bekommen. Wer das erst Mal, wie wir, in die kleine Küstenstadt kommt, kann die atemberaubende Landschaft kaum fassen. In ehemaligen Armeegebäuden befinden sich heute schöne Hotels und Restaurants, Kunstgalerien und Freizeiteinrichtungen. Im einstigen Fort-Hospital ist die Werkstatt von Alaska Indian Arts untergebracht, wo man den Holzschnitzern bei ihrer stilvollen Arbeit zuschauen kann. Zehn prächtig bemalte Totempfähle in Haines und Umgebung sind eindrückliche Zeugen dieser traditionellen indianischen Kunst. Der Ort macht aber seinen Besuchern nicht nur ein kulturelles Angebot. Outdoor-Freaks sind von Hains begeistert. Egal ob angeln, paddeln, wandern oder klettern – den Aktivitäten in dieser wunderschönen Küstenlandschaft sind kaum Grenzen gesetzt. Tier- und Naturliebhaber kommen in Haines voll auf ihre Kosten. Auf Grund des Fischreichtums können Braun- und Grizzlybären sowie Weisskopfseeadler in bestimmten Jahreszeiten beobachtet werden. Wir nehmen uns vor zwei Tage zu verweilen, um auf die Pirsch zu gehen. Danach werden wir mit der Personen- und Autofähre nach Skagway übersetzen. Im Info Center erkundigen wir uns nach den besten Plätzen für Tierbeobachtungen. Wir fahren eine kurze Strecke bis zum Chilkoot Lake. Vom Meer her sehen wir Lachse den Fluss hinauf schwimmen. Fischer stehen an den Ufern und werfen ihre Angeln aus. In den Bäumen und auf Steinen im Fluss sehen wir Weisskopfseeadler die das Geschehen aufmerksam beobachten. Wir sehen zwar keine Bären doch deren Hinterlassenschaften, ziemlich grosse Häufchen, sind überall verstreut. Ein Einheimischer Fotograf erklärt uns, dass man morgens und abends am ehesten die Chance bekommt, Bären zu sehen. Es ist früher Nachmittag und wir
sind von der langen Fahrt müde. Wir beschliessen am nächsten Morgen zeitig vor Ort zu sein. Die Zeit reicht noch aus, schnell ein paar Lachse auf ihrem Weg zu den Laichgründen zu fotografieren. Von einer nahen Brücke aus wird das vermutlich gut möglich sein, denken wir. Als wir uns über das Brückengeländer beugen trauen wir unseren Augen nicht. Eine fischende Bärin mit ihren beiden Jungen. Wir können unser Glück kaum fassen. Während ich schnell ein paar Aufnahmen mache zieht es Martha unwiderstehlich Richtung Camper.  Plötzlich
verschwindet die Bärin unter der Brücke. Als ich sie auf der anderen Seite auch nicht ausfindig machen kann, ziehe ich mich ebenfalls langsam zurück. In dem Moment erscheint die Bärin ca. 20 Meter vor mir entfernt am Waldrand auf. Neben mir stehen noch zwei weitere verdutzte Fotografen. Unerschrocken geht die Bärin einige Schritte auf uns zu, die Jungen in gebührenden Abstand dahinter. Während ich Schritt um Schritt zurückweiche mache ich noch schnell einige Fotos. In dem Moment fangen ein paar Hunde an zu bellen, die sich hinter uns in Autos befinden. Ein kritischer Moment,
denke ich. Was wird die Bärin tun. Das Gebell verunsichert sie sichtlich. Sie weicht nach kurzem Zögern zurück und verschwindet mit ihren beiden Jungen zwischen den dichtstehenden Fichten. Wir sind glücklich und zufrieden, dass wir nach so kurzer Zeit bereits Bären gesehen und fotografieren konnten. In einer nahegelegenen Bucht suchen und finden wir einen schönen Übernachtungsplatz. Die Fähre haben wir für den nächsten Tag bereits gebucht. Sie wird gegen Mittag Hains Richtung Skagway verlassen. So haben wir den ganzen Vormittag Zeit, wieder nach Bären Ausschau zu halten. Schon früh fahren wir wieder zum Ort wo wir gestern die erste Sichtung gemacht haben. Von den Bären ist aber nichts zu sehen. Stattdessen können wir Seeadler und Wasservögel beobachten. Als die Zeit schon etwas fortgeschritten ist,fahren wir am Fluss entlang Richtung Fährhafen. Am Wasser stehen Leute dicht gedrängt. Der Grund dafür ist schnell ersichtlich. Mitten im Fluss steht eine Bärin mit Jungtieren. Sie hat prompt bei unserem Eintreffen einen Lachs gefangen. Interessant zu beobachten, dass zuerst die Jungen gefüttert werden und die Bärin erst frisst, wenn die kleinen satt sind. Wir sehen den Tieren noch einige Minuten zu. Nun wird's aber Zeit für uns, sonst erwischen wir die Fähre nicht mehr. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir den Fährhafen. Nach
dem Einchecken fahren wir über eine hydraulische Rampe in den Bauch der Fähre. Die Überfahrt, bei prächtigem Wetter dauert ca. eine Stunde. Während wir die wärmenden Sonnenstrahlen an Deck geniessen steuert der Kapitän durch eine wunderschöne Fjordlandschaft an tosenden Wasserfällen vorbei. Aus der Ferne sind bereits Skagway resp. die Ozeanriesen zu erkennen, die vor Anker liegen. Vier Kreuzfahrtschiffe haben im Hafen festgemacht. Eines davon, die „Golden Princess Hamilton“ hat Ausmasse, wie wir sie bis jetzt
noch bei keinem Schiff gesehen haben. Tausende Passagiere finden darauf Platz. Daneben sieht unsere Fähre wie ein kleines Beiboot aus. Skagway, ein typisches Touristenstädtchen, entfaltet mit seinen gerade mal zwei Strassen umfassenden Ortskern einen ganz besonderen Charme. Dieser besticht vor allem durch seine sehenswerten historischen Fassaden mit hölzernen Gehsteigen, die eine einmalige Wild-West-Atmosphäre verströmen. Wer das kleine Städtchen sieht kann kaum glauben, dass zu Zeiten des Klondike-Goldrausches mehr als 20'000 Abenteurer in Skagway ihren beschwerlichen
Weg zu den Goldfeldern aufnahmen. Die Stadt stellte damals den schnellsten Zugang zu den Goldminen über den Chilkoot oder den White Pass. Ab dem Jahr 1900 wurde eine Schmalspur-Eisenbahnstrecke nach Carcross fertiggestellt. Heute sind die restaurierten Züge, welche die spektakuläre Strecke noch immer bedienen, eine beliebte Touristenattraktion. Wir schlendern durch das Städtchen und sehen hunderte Kreuzfahrtschiffpassagiere mit gut gefüllten Einkaufstaschen. Neben Restaurants, Shops und Souvenirläden stechen uns vor allem die vielen Juweliergeschäfte ins Auge. Die Passagiere der Kreuzfahrtschiffe, meist gut betuchte Rentner, sorgen offenbar für den nötigen Umsatz. Nachdem wir Skagway ausgiebig erkundet haben fahren wir auf den Spuren der Goldsucher Richtung White Pass. Wir haben in den letzten Tagen und Wochen viele faszinierende Landschaften gesehen. Die Fahrt über den White Pass scheint das bis anhin Gesehene aber noch zu toppen. Wir können uns an der fantastischen Bergwelt kaum satt sehen. Bei einem Aussichtspunkt erkennen wir im dichten Grün auf der gegenüberliegenden Seite des Tals die Schmalspurstrecke der White Pass & Yukon Railroad. Und um das
Bild perfekt zu machen fährt in diesem Moment die von einer Dampflock gezogene Zugkomposition über ein Viadukt, das einen tosenden Wasserfall überspannt. Kann's noch kitschiger werden? – Vermutlich nicht. Auf der kurvenreichen Weiterfahrt kommen wir nur langsam voran. Immer wieder höre ich neben mir Schreie der Verzückung. Martha ist ganz aus dem Häuschen und möchte am liebsten jeden Meter der Wegstrecke fotografisch dokumentieren. Doch sie hat ja völlig recht, die Landschaft ist schlichtweg gigantisch. An einem besonders schönen Platz, knapp vor der Grenze zu Kanada komme auch ich richtig ins Schwärmen. Genau an dieser Stelle werden wir unser Nachtlager aufschlagen. Wir positionieren „Gecko“ auf einem Plateau. Das dauert natürlich seine Zeit, denn der Innendienst verlangt nach einer absolut waagerechten Position. Nachdem ich zum x-ten Mal auf verschieden hohe Steine gefahren bin ist mein Schatz schlussendlich
zufrieden. Genau vor unserer Wohnkabine befindet sich eine perfekte natürliche Plattform, wo wir Tisch und Stühle hinstellen. Bei einem kleinen Apéro geniessen wir die traumhafte Aussicht auf Berge, Seen und kleine Inseln. Das Wasser schimmert smaragdgrün im Sonnenlicht. Uns geht's schon grossartig, stellen wir übereinstimmend fest. Nachdem Martha wieder ein fantastisches Gericht auf den Tisch gezaubert hat lassen wir den Abend bei einem guten Glas Wein ausklingen. Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich früh weiterfahren. Doch wir
beschliessen einfach noch einen Tag hier zu verweilen und die Natur zu geniessen. Mit dem stillen geniessen wird es aber nichts. Amerikaner und Kanadier sind sehr kommunikativ. Ihnen sticht das Nummernschild aus der Schweiz sofort ins Auge. Kaum einer fährt vorbei ohne anzuhalten und uns über „Gecko“ und die Reiseroute auszufragen. Als wir endlich etwas Ruhe wollen setzten wir uns in den Camper. Schon klopft es an der Eingangstüre. Auf Schweizerdeutsch werden wir nach draussen gerufen. Zwei Frauen, davon eine ausgewanderte Schweizerin aus Basel, haben das
Luzerner Kennzeichen sofort erkannt und gleich Heimatgefühle bekommen. Nach dem wir alle Standardfragen beantwortet haben, drehen wir den Spiess um und fragen unsererseits die Exilbaslerin aus. Wir erfahren, dass sie vor rund dreissig Jahren nach Kanada ausgewandert ist. Sie besitzt im schönen Okanagen Valley eine Farm mit Pferden direkt am See. Sie meint wir wären das perfekte Paar, das während einigen Wochen im Jahr auf ihrer Farm leben und zu den Tieren schauen könnten, während sie zu Besuch in die Schweiz fliegt. Obwohl wir nicht viel Interesse zeigen will sie unbedingt unsere Anschrift, denn sie ist überzeugt, dass wir irgendwie schon zusammenkommen werden. Nach einer weiteren sternenklaren Nacht an diesem paradiesischen Platz fahren wir über die Grenze nach Carcross in Kanada. Der Ort war um die Jahrhundertwende mit der Fertigstellung der White Pass & Yukon Route ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Heute ist er ein beliebter Tagesausflugsort für Kreuzfahrtpassagiere, die per Bahn oder Autobus anreisen. Augenfällig sind die mit Inuit-Motiven bemalten Hausfassaden. 2 km nördlich gibt
es die angeblich kleinste Wüste der Welt zu bestaunen: Carcross Desert besteht hauptsächlich aus Sanddünen, die an einigen Stellen von Nadelbäumen bewachsen sind. In den nächsten Tagen werden wir wieder in die Provinz British Columbia einreisen und die Tour durch Kanada fortsetzen. Einige grosse Nationalparks wollen wir uns unbedingt ansehen. Hoffentlich sind diese zum Ende der Schulferien nicht mehr so stark frequentiert damit wir diese in Ruhe geniessen können. An dieser Stelle ist es Zeit, ein Fazit unserer Reise durch Alaska zu ziehen. Im Vergleich mit dem Rest der Erde ist im 49. Bundesstaat der USA alles eine Nummer grösser. In Alaska erheben sich 14 der höchsten Berge Nordamerikas und viele der grössten Gletscher der Welt. In keiner anderen Gegend der Erde befinden sich mehr Vulkane. Der Gigantismus ist bezeichnend für die ganze Region. Die unendlichen Weiten, in denen kaum Menschen, dafür umso mehr Tiere leben. Die Ursprünglichkeit und Unberührtheit weiter Landstriche, die meist nur mit Schiff oder Flugzeug erreichbar sind. Für jeden Besucher bietet das Land abseits der Zentren alles, was sich ein Naturliebhaber wünscht. Wer die Einsamkeit und Stille sucht, wird sie in Alaska finden. In der unglaublichen Natur wird man bescheiden und demütig, was einem eine wohltuende innere Ruhe verleiht. Natürlich ist in Alaska nicht alles „Gold was glänzt“. In den Zentren leben wie bei uns auch, zu viele Leute auf engem Raum, was zu ähnlich negativen Begleiterscheinungen führt wie in der Schweiz. Der Verkehr an strategisch exponierten Orten ist im Vergleich zum riesigen Land exorbitant. Die Probleme mit den „First Nations / Inuit“, die sich nicht nur auf den übermassigen Alkoholkonsum beschränken, sind ähnlich wie wir sie in Australien oder z.T. Neuseeland gesehen haben. Nichts desto trotz muss man dieses fantastische Land einfach gesehen haben – man wird es lieben und nie mehr vergessen.


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