Arizona

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie


01.05.2015 - 10.05.2015  Von Tombstone über Tucson Sagauro NP, Phoenix,  Prescott, Sedona Red Rock SP, Flagstaff Sunset Crater Volcano, Kingman nach Oatman


„Adiós México – hello USA“. Nach spannenden und eindrucksvollen Monaten in Süd- und Mittelamerika reisen wir heute über Nogales in die USA ein. Die Grenzformalitäten auf der mexikanischen Seite sind schnell erledigt. Zur amerikanischen „Immigration“ müssen wir ein paar Kilometer fahren. Vor den Einreiseterminals haben sich Autoschlangen gebildet. Wir stellen uns auf eine lange Wartezeit ein. Für Wohnmobile gibt es eine separate Spur, die wir und zwei weitere „Womo's“ nutzen. Erst kurz vor dem Abfertigungsschalter erkennen wir, dass dieser geschlossen ist. Im dichten Gedränge ist es aussichtslos, die Spur zu wechseln. Doch Hilfe naht. Die Grenzbeamten haben das Dilemma erkannt. Sofort werden alle zehn Spuren neben uns gestoppt, wir werden an ihnen vorbei gelotst und dürfen unsere Camper auf einem Parkplatz abstellen. Die Sonderbehandlung geht gleich weiter. Ein äusserst freundlicher Beamter kommt auf uns zu und begleitet uns an wartenden Menschenschlangen vorbei zu einem „Officer“, der unsere Anträge bearbeitet. Es gibt ein paar Fragen zu beantworten (woher kommt ihr, wohin geht ihr,  was ist der Grund des Aufenthalts in den USA usw.). Danach werden die obligatorischen Fingerabdrücke elektronisch erfasst. Dann heisst es warten. Werden wir das 6-monatige Visum bekommen oder nicht? Nach einigen Minuten ruft uns der „Officer“ zu sich, drückt uns lächelnd die Pässe in die Hand und sagt: „alles in Ordnung, ihr könnt 6 Monate in den USA bleiben“. Der Tag fängt richtig gut an. Wir reisen ohne lange Wartezeiten in die USA ein, die Beamten sind entgegen unseren Erfahrungen freundlich und zuvorkommend und das Wichtigste, wir können unsere Reise wie geplant fortsetzen. Schon auf den ersten
Kilometern nach der Grenze wird einem schnell bewusst, dass man in den USA ist. Die Strassen sind in einem ausgezeichneten Zustand, der Verkehr läuft ruhig und gesittet. Fast alle halten sich an die Verkehrsregeln und unser „Navi“ ermahnt uns, unter ständigem „bimmeln“, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten. Die Reise geht nach Tombstone, unweit der Grenze zu Mexiko. Im kleinen Städtchen kommen Wildwest-Fans voll auf ihre Kosten. Im Oktober 1881 fand hier die berühmteste „Schiesserei“ in der Geschichte der USA statt. Die Gesetzesvertreter um Wyatt Earp
(Revolverheld), standen damals einer Gruppe Banditen gegenüber. Jeden Tag um 14 Uhr wird das Gefecht zur Belustigung des Publikums nachgespielt. Die Saloons haben sich seit den wilden Tagen von Tombstone kaum verändert, allerdings ist die Luft nicht mehr so bleihaltig. Von einer wilden Schiesserei zeugen auch die 140 Einschusslöcher am Bird Cage Theatre, in dem sich Prostituierte der Kundschaft zur Schau gestellt hatten. Heute läuft das Leben in dem tagsüber beschaulichen Städtchen äusserst ruhig ab. Viele „Spinner“, im freundlichen Sinne gemeint, verbringen hier ihre Ferien. Sie laufen den ganzen Tag in Westernbekleidung  durch die Gassen, besuchen die Saloons und Bars und fühlen sich wie dazumal im Wilden Westen. Auch wir schlendern am Abend durch Tombstone und gehen in eines der angesagten Lokale. Eine Liveband spielt tolle Musik im „Old Fashion Style“. Die im engen Mieder gekleidete Bedienung hüpft von Tisch zu Tisch, serviert flink Essen und Getränke und erlaubt sich den einen oder anderen Spass mit den Gästen. Bei guter Stimmung wird gelacht, getanzt und gesungen. Ein bisschen Nostalgie ist auch heutzutage etwas Schönes. Wir verbringen in dem beschaulichen Ort zwei Tage um etwas zu entspannen, den Camper auf Vordermann zu bringen und die kommenden Reiseziele auszusuchen. Tucson ist unsere nächste Destination. Die zweitgrösste Stadt Arizonas bietet einen Mix aus Natur und Metropolen-Leben, Geschäftigkeit und Entspannung. Die bekannteste Attraktion ist wohl das „Pima Air and Space Museum“. Über 200 Flugzeuge, darunter auch Kennedys Präsidentenmaschine, sind hier ausgestellt. Weil wir dieses Museum schon im Jahr 2003, bei unserer Motorradtour durch den
Südwesten der USA besucht haben, fahren wir in den nahegelegenen Saguaro Nationalpark. Das Symbol dieses Parks und zugleich grösster Kaktus Nordamerikas ist der Saguaro, eine wahrlich imposante Erscheinung. Wir besuchen den Westteil des Parks, der sehr heiss und trocken ist. Die extremen Temperaturunterschiede der Sonora-Wüste, die anhaltende Trockenheit trotz häufiger Gewitter, stellen das Überleben des Saguaro seit jeher auf eine harte Bewährungsprobe. Obwohl der Kaktus während seines 200 jährigen Lebenszyklus über 40 Millionen Samenkörner produziert, schaffen es nur einige
wenige überhaupt zu keimen. Neben den mächtigen Saguaros fasziniert uns die Vielfalt an Wildblumen. Das leuchtende Gold des Stachelmohns, Lupinen, Wüstenringelblumen und viele andere Arten mit, rot, lila, blau und gelb leuchtenden Blüten. Auf dem „Cactus Garden Trail“, einem schön angelegten Pfad, besichtigen wir unterschiedliche Kakteenarten. Es ist ratsam auf dem vorgegebenen Wegen zu bleiben. Guido hält sich wieder mal nicht an die Parkordnung und durchstreift das Gebiet querfeldein. In der Hoffnung, ein paar ganz tolle Fotos zu
schiessen, kehrt er vollgespickt mit winzigen Stacheln zurück, die ihn noch tagelang begleiten und nerven. Wer nicht hören will muss fühlen. Auf dem „Valley View Overlook Trail“ bekommen wir auf einer Anhöhe einen Eindruck vom riesigen Park und geniessen die Aussicht auf die wilde Kakteenlandschaft. Auf dem „Signal Hill Trail“ bestaunen wir jahrhundertealte „Hohokam-Felszeichnungen“ der Ureinwohner. Besonders idyllisch ist der Campingplatz mitten im Park. Wunderschöne Stellplätze, mit Strom und Wasser, inmitten einer sagenhaften Kulisse. Besonders vor einem Gewitter ist die Szenerie fantastisch. Tief hängende dunkle Wolken, die vom Wind getrieben werden ziehen übers Land, Blitze zucken unaufhörlich und bei untergehender Sonne leuchtet die Wüste goldgelb bis dunkelrot. Ein Anblick, den wir nie vergessen werden. Wir reisen weiter nach Phoenix, der fünftgrössten Stadt der USA. Es ist keine Fata Morgana: Inmitten einer der
trockensten Regionen der USA ragen Hochhäuser in den Himmel. Die Erfindung der Klimaanlage und der Bau des Roosevelt-Staudamms ermöglichen das Leben in der Mega-City in der „Sonora Desert“. Uns ist heute nicht nach Grossstadt zu mute, deshalb fahren wir nach einem kurzen Stop weiter nach Prescott. Die Stadt im Norden Arizonas gehört zu den ältesten des Bundesstaates und war zeitweise sogar Hauptstadt Arizonas. Auf einem ausgedehnten Spaziergang sehen wir die aus dem 19. Jahrhundert stammenden viktorianischen Gebäude mit ihren  Pensionen, Antiquitätengeschäften und Galerien aus der Zeit der Postkutsche und der Dampflok. Etwas ausserhalb der Stadt entdecken wir den Watson Lake Park. In dieser prächtigen Freizeitanlage kann man Angeln, Bootfahren, Klettern und Wandern. Rund um und im 380 ha grossen See stehen riesige von den Elementen geformte Granitblöcke. Wir begeben uns auf eine 14 km lange Rundwanderung, die wir vom
Zeitbedarf her etwas unterschätzt haben. Denn die sonst in Amerika gut ausgeschilderten und perfekt ausgebauten Trails enden auf dieser Tour ab und an im Nichts. Mühsam über Felsen kletternd suchen wir dann unseren eigenen Weg. Doch die Mühe lohnt sich, denn die Landschaft ist wunderschön. Nach einem Mittagsschläfchen fahren wir weiter nach Jerome, das vor allem wegen seiner kurvigen Anfahrt über eine Passstrasse, von Bikern oft besucht wird. Von der ehemaligen Bergbaustadt, die in ihrer Blütezeit (1920) rund 15'000 Einwohner, ein Krankenhaus, eine Schule, eine Highschool, über 12 Bordelle und fast 100 Saloons besass, ist nicht viel übrig geblieben. Heute ist es ein Touristenort mit rund 300 Einwohnern, meist Aussteiger, die Kunsthandwerk in Galerien anbieten oder kleine Restaurants oder Shops betreiben. Zum Übernachten fahren wir weiter nach Sedona. Wir sind zeitig vor Ort, damit wir uns ein schönes Plätzchen möglichst zentrumsnah aussuchen können. Doch von Aussuchen kann keine Rede sein. Sämtliche Campgrounds sind ausgebucht, was uns völlig überrascht. Natürlich ist es Wochenende, da packen die „Amis“ Kind und Kegel und fahren zum Campen. Es ist jetzt Vorsaison, wie wird das hier zu- und hergehen wenn Schulferien sind. Wir disponieren um und fahren ein paar Meilen aus Sedona heraus, übernachten
mitten in einem Wald auf einer Lichtung und geniessen den Sonnenuntergang, der die majestätischen Red Rocks von Sedona zum „glühen“ bringt. Am kommenden Tag erkunden wir das beliebte Touristenstädtchen, das inmitten von Kiefernwäldern und roten Sandstein-Tafelbergen liegt. Jährlich reisen zwischen zwei und drei Millionen Besucher wegen den Naturschönheiten nach Sedona. Um diese tolle Gegend zu erkunden, fahren wir in den „Red Rock State Park“. Ein grosses Naturschutzgebiet mit atemberaubender Landschaft. Schöne Trails führen über blühende Wiesen, entlang von
Flüssen über Hügel, die von roten Felsformationen umrahmt sind. Wir verbringen einen halben Tag in diesem Park bevor es durch den Oak Creek Canyon Richtung Flagstaff geht. Der Oak Creek ist ein Fluss, der Aufgrund des starken Gefälles längere Wildwasserpassagen aufweist. Landschaftlich ist die Strecke entlang dieses Gewässers äussert reizvoll. Die Strasse steigt stetig an und schlängelt sich in engen Serpentinen immer höher. Die Temperaturanzeige im Armaturenbrett sinkt und sinkt bis auf rund 3° Celsius. Das Wetter wird schlechter und wir bekommen sogar ein paar Schneeflocken zu sehen. Unser Ziel ist der „Sunset Crater Volcano“ etwas nördlich von Flagstaff. Der  Vulkan (Höhe 2'451 m) liegt auf dem Colorado Plateau und verdankt seine Entstehung demselben Hotspot wie die nahe gelegenen San Francisco Peaks. An den Hängen hat sich eine lockere Vegetation aus Kiefern und Wildblumen angesiedelt. Der Kegel ist nahezu symmetrisch mit einem Durchmesser von rund 1 km. Wir können am
Fuss des Vulkans die Struktur aus losen Lapilli und die Lavaströme auf gut ausgebauten Pfaden erkunden. Der Berg selbst darf seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr betreten werden, weil seine empfindliche Struktur und die Vegetation durch Trittschäden beeinträchtigt wurden. Der Sunset Crater, ein tief schwarzer Kegel mit rotem, im Abendlicht leuchtenden Bimssteinrand bietet einen imposanten Anblick. Die heftigen Winde treiben immer mehr Schneewolken Richtung Vulkan. Wir verzichten auf eine Weiterfahrt und beschliessen die Nacht auf einem Campground im Park zu verbringen. Wir finden ein
schönes Plätzchen, richten uns gemütlich ein, drehen die Dieselheizung auf 23° C, Martha kocht was leckeres und bei einem feinen Essen und einem guten Glas Wein sehen wir dem Schneetreiben aus unserem „kuschligen warmen Gecko“ zu. Es wird eine eiskalte Nacht (minus 5° C), in der wir ausgezeichnet schlafen und bei „angezuckerter“ Landschaft wieder erwachen. Die Reise führt uns auf der legendären Route 66 Richtung Westen. Für viele USA-Reisende symbolisiert diese Strasse den amerikanischen Traum. Unendlich weit scheint das Land zu sein., unbegrenzt die Möglichkeiten. Über 3'900 km Strasse verbanden ab 1926 Chicago mit Los Angeles. Doch schon in den 1950er-Jahren war die Route 66 dem stetig anschwellenden Verkehr nicht mehr gewachsen. Es wurden vierspurige Interstates gebaut und so verlor die Route 66 zusehends an Bedeutung. Einen Hauch von diesem Mythos erleben wir nun, wo wir in Seligman die Autobahn verlassen und auf der Route 66 Richtung Hackberry fahren. Was auf den ersten
Blick wie eine alte Tankstelle aussieht und daher leicht übersehen werden kann verwandelt sich, je näher man kommt, zu einem Sammelsurium aller erdenklicher Erinnerungen an die gute alte Zeit. Schon wenn man auf die grosse Parkfläche vor dem Store fährt stechen einem unzählige Antiquitäten, Sammelstücke und Raritäten aus den 1950er und 1960er Jahren ins Auge. Das ganze Ambiente wirkt wie in einem alten Roadmovie. Es fehlt nur noch der im warmen Wind vorbei wehende Grasbüschel. Für ein paar Minuten setzten wir uns auf eine Holzbank vor dem Museum und geniessen die
einzigartige Atmosphäre. Es geht weiter  über Kingman auf eines der schönsten Teilstücke der "Mother Road", über den verschlungenen Sitgreaves-Pass. Es handelt sich um eine typische Passstrasse mit grossen Steigungen, Gefällen und engen Kehren. Diese Strecke sind wir  auch schon mal auf  einer Harley gefahren, was noch bedeutend mehr Spass macht als mit dem Wohnmobil – entschuldige „Gecko“. Weil wir auf der Passhöhe einen sagenhaften Ausblick ins weite Umland haben und die Zeit schon etwas vorgerückt ist, beschliessen wir die Nacht hier oben zu verbringen. Etwas Abseits der Strasse finden wir einen einigermassen ebenen Stellplatz. Es gibt gegen Abend kaum noch Verkehr auf der Route 66 und so kommen die sonst sehr scheuen Dickhornschafe auf ca. 100 m an uns heran. Ruhig verharrend können wir ihnen aus unserem Camper beim Fressen zusehen. Zum Schlafengehen ziehen sich die stattlichen Tiere wieder in höhere Gefilde zurück. Wir erleben einen prächtigen Sonnenuntergang und in der Dunkelheit sieht man von weitem die Lichter von Boulder City glitzern. Bevor wir am kommenden Morgen den Bundesstaat wechseln erreichen wir Oatman. Wilde Esel,
„Burros“ genannt, sollen in der Stadt frei umherlaufen. Sie stammen von Lasteseln ab, die von ihren Besitzern einst freigelassen wurden. Es ist Wochenende und kein einziger Esel zu sehen – „logisch, die haben heute frei“ sage ich. Nur die stinkenden Hinterlassenschaften auf der Strasse deutet auf ihre Existenz hin. Den Gästen werden verschiedene Attraktionen geboten, von Oldtimer-Rallyes bis hin zu vorgetäuschten Schiessereien in Wild-West-Manier und gespielten Postkutschen-Überfällen oder dem Sidewalk Egg Fry-Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer auf dem Gehsteig versuchen, Spiegeleier nur mit Sonnenenergie zu braten. Bis zu 500'000 Besucher kommen jedes Jahr nach Oatman – aber am Samstagmorgen, wo wir da sind, herrscht „tote Hose“. Heute verlassen wir Arizona und reisen nach Nevada ein. Doch im Herbst gibts bereits ein Wiedersehen. Nach unserem Trip nach Kanada und Alaska werden wir zurückkehren und die anderen Sehenswürdigkeiten Arizonas wie z.B. den Grand Canyon oder das Monument Valley besuchen.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Nevada (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.