Colorado



Reisebericht
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28.09 - 06.10.2015  Vom Canyon Lands NP, Mesa Verde NP, Great Sand Dunes NP

zum Black Canyon NP und über den Million Dollar HWY nach Durango


Vom Canyon Lands Nationalpark fahren wir über den Highway 191 südwärts zum Mesa Verde Nationalpark. Die 129 Meilen resp. 208 km durch die herbstlich gefärbte Landschaft würde man in gut zwei
Stunden zurücklegen. Unsere Fahrt dauert etwas länger, denn auf einer Passhöhe werden wir durch eine Rinderherde gestoppt, die von Cowboys hoch zu Ross ins Tal hinunter getrieben wird. Mangels Alternativen erfolgt der Viehtrieb auf der regulären Strasse. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer müssen sich in Geduld üben. Uns stört das nicht. Es ist interessant zu beobachten, wie das Zusammenspiel zwischen Cowboys und Hütehunde funktioniert. Immer wieder setzt sich ein „Rindviech“ in die Büsche ab und muss mühsam wieder zur Herde getrieben werden. Doch die erfahrenen Kuhtreiber mit ihren aufmerksamen Hunden fangen die flüchtenden Tiere im nu wieder ein. Etwas verspätet erreichen wir Mesa Verde (span. Grüner Tafelberg). Der Park schützt archäologische Stätten der Anasazi-Stämme. Mesa Verde ist der einzige Nationalpark in den Vereinigten Staaten, der zum Schutz eines archäologischen Ortes eingerichtet wurde. Nach dem Passieren des Parkeingangs führt eine steile Strasse zum Hochplateau hinauf. Im Sommer 2000 entging der Park nur knapp einer Katastrophe. Buschfeuer rückten nahe an die berühmten Felsenhäuser heran, konnten aber dank aufkommenden Regens gelöscht werden. Hunderte abgestorbene Baumleichen, die zwar stehen geblieben aber tot sind, beherrschen das Landschaftsbild. Wir fahren zuerst in den Westteil des Parks zur
Wetherill Mesa. Von dort führt eine kleine Wanderung zur Badger House Community. Auf einem grösseren Areal verstreut liegen Ausgrabungen, die durch Überdachung vor den Elementen geschützt sind. Freigelegte, in den Boden eingelassene Grundmaueren zeigen kleine Wohnräume, in denen damalige Zivilisationen gelebt haben. Das Volk, das die ersten unterirdische Erdgrubenhäuser (pit houses) errichtete, lebte ca. 600 n. Chr. im Gebiet des Mesa-Verde-Nationalpark. Etwa um 1200 n. Chr. verliessen die Anasazi die Mesa und begannen mit dem Bau mehrstöckiger Wohnungen und
ganzer Siedlungen in den Nischen von Felswänden hoch über dem Grund der Canyons. Zu einer von diesen Behausungen gelangen wir über den Nordenskiold Trail. Von einem Aussichtspunkt blicken wir direkt auf die Ruinen im gegenüber liegenden Felsgewölbe. Etwa 600 solcher Klippensiedlungen liegen innerhalb des Parks. Auf dem Rückmarsch beschliessen wir, die Nacht an einem schönen Plätzchen im Nationalpark zu verbringen. Doch beim Erreichen des Parkplatzes steht bereits ein Ranger ungeduldig vor unserem Camper. Er spricht uns sogleich an und mahnt zum Aufbruch. Die Tore der Strasse werden in zehn Minuten geschlossen, alle müssen das Gelände verlassen oder auf dem Campground beim Parkeingang übernachten. Also nichts mit „wild“ Campieren – schade. Am nächsten Tag sehen wir uns eine Felsnischensiedlung aus der Nähe an. Vom Visitor Center führt ein Trail zum Spruce Tree House hinunter. Auf ausgewiesenen Pfaden besichtigen wir die gut erhaltenen Behausungen und steigen über Leitern zu
den Zeremonialräumen (Kivas) hinab. Entweder waren die Anasazi-Indianer wesentlich kleiner oder viel beweglicher als wir; vermutlich beides, denn wir zwängen uns ungelenk durch die engen Räumlichkeiten der damaligen Wohnanlagen. Das Platzangebot in unserem Camper kommt uns angesichts dieser Mini-Räume geradezu generös vor. Auf diversen kleinen Wanderung erkunden wir Canyons an deren Steilhängen weitere Klippensiedlungen zu erkennen sind. Die berühmtesten und eindrücklichsten ihrer Art sind Cliff Palace und Balcony House, die nur geführt besichtigt werden können.
Sie wurden aus Sandsteinblöcken erbaut, die mit Mörtel, Wasser und Asche verbunden wurden. Hölzerne Balken dienten zur Konstruktion von Decken und Türdurchgängen. Die grösste Siedlung umfasst Gebäude mit rund 150 Räumen und 23 Kivas in denen damals etwa 100 Indianer lebten. Nachdem wir uns ein paar Tage der Kultur der Anasazi gewidmet haben, fahren wir über den 3000 m hohen North Pass nach Saguache. Wir besuchen den ca. 230 km südlich von Denver gelegenen Great Sand Dunes Nationalpark mit den höchsten Dünen von Nordamerika. Sandverwehungen wie in der Sahara – und das direkt vor schneebedeckten Gipfeln! Es sind riesige Sandberge, die sich zu Füssen der südlichen Ausläufer der Rocky Mountains über 200 Meter hoch auftürmen. Das Wunder der Natur wurde in Jahrmillionen im Zusammenspiel von Wind und Wasser geformt. Pflichtprogramm dieses Parkbesuchs ist natürlich die Erklimmung einer der gewaltigen Sandberge. Ein mühseliges Unterfangen, das von vielen unterschätzt wird. Es ist Ehrensache, dass wir die höchste Düne des Parks besteigen wollen. Direkt vom fantastisch schön gelegenen Campground aus durchstreifen wir eine Ebene mit typischer Steppenvegetation. Bevor der happige Aufstieg beginnt
überqueren wir den Medano River, der zu dieser Jahreszeit nur ein kleines Rinnsal ist und schlussendlich völlig im Sand versickert. Dann beginnt eine wirklich kräftezehrende Tour hinauf zur 230 m hohen Star Dune. Obwohl wir über die Kanten der vom Wind geformten Verwehungen aufsteigen, kommen wir schnell an die Grenzen unserer Physis. Der weiche Sand im extrem steilen Gelände ist eine echte Herausforderung. Bei jedem Schritt sinken wir knöcheltief ein und man hat das Gefühl, an der Stelle zu treten. Nach jeweils zehn bis fünfzehn Metern Aufstieg benötigen wir eine
kurzeVerschnaufpause. Doch nach gut einer Stunde haben wir es schliesslich geschafft. Völlig erschöpft legen wir uns der Länge nach keuchend hin. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt. Die Aussicht auf 100 km² Sanddünen ist gigantisch. So eindrücklich wie hier haben wir diese Landschaftsformen noch nie erlebt. Wir können uns an dieser Wüstenregion kaum sattsehen. Ein leises knurren in der Magengegend gepaart mit einem wachsenden Hungergefühl drängt uns aber zum Abstieg. Abwärts geht es viel entspannter als Aufwärts. Es macht
einen riesen Spass, die Sandhügel hinunterzurennen – und das ohne Kraftanstrengung. Nach einigen Stunden des Wanderns und Herumtollens kehren wir wohlbehalten zurück und geniessen den verdienten Apéro auf dem Campground mit Blick auf die majestätischen, von uns bezwungenen Sanddünen. Auf der Weiterreise zum Black Canyon Nationalpark durchqueren wir das landschaftlich wunderschöne Gebiet des Curecanti National Recreation Area. Künstlich aufgestaute Gewässer, die eine idyllische Seenlandschaft bilden laden zum Verweilen ein. Uns gefällt es hier so gut, dass wir den ganzen Tag und die anschliessende Nacht an den Ufern des Blue Mesa Lakes verbringen. Mit einem Tag Verspätung erreichen wir schliesslich den Black-Canyon-of-the-Gunnison-Nationalpark. Der Black Canyon ist ein tiefer Schlund, durch den der Gunnison River fliesst. Die Schlucht ist so schmal, dass nur sehr wenig Sonnenlicht bis auf den Grund fällt, was die Wände dunkel bis schwarz erscheinen lässt und so dem Canyon seinem Namen gab. Vom Rand der Schlucht erkennt man den 550 m tiefer gelegenen Fluss. Gut hörbar ist das Grollen des talwärts rauschenden Wassers des Gunnison River. Die Hauptattraktion des Parks ist die Strasse entlang des Südrands des Canyons mit diversen Aussichtspunkten. Kurze Wanderwege führen zu spektakulären „View Points“ mit Blick auf die vom Fluss geschaffene, martialische Schlucht. Der Black Canyon war seit ewigen Zeiten ein Hindernis für Mensch und Tier. Eine Besiedelung der Schlucht war nie möglich. 1916 unternahm Ellsworth Kolb den Versuch, den
Black Canyon flussabwärts zu bereisen. Er musste seine Expedition dreimal unterbrechen, da er selbst und andere Mitglieder seiner Crew beim Kentern Verletzungen erlitten und den grössten Teil ihrer Ausrüstung in den Stromschnellen verloren hatten. Er gab aber nicht auf, und es gelang ihm schlussendlich den gesamten Fluss zu befahren. Eine Durchquerung ist noch heutzutage mit modernen Kajaks eine gewaltige Herausforderung. Der Black Canyon liegt abseits der amerikanischen Touristenströme. Nur wenige Besucher verirren sich hierher. Gerade deshalb ist der Nationalpark eine Reise
wert. An diesem magischen Ort kann man in aller Ruhe, ohne störende Menschenansammlungen, die Kräfte der Naturgewalten bewundern. Wir verlassen den Bundesstaat auf einer spektakulären Passstrasse. Einsame Strecken mit viel Landschaft gibt es in Colorado reichlich, an Dramatik jedoch kann es wohl keine andere Straße mit der US Route 550 aufnehmen. Der als “Million Dollar Highway” bezeichnete Abschnitt zwischen Silverton und Ouray ist äusserst abwechslungsreich. Umgeben von steilen Felswänden, welche die Straße subjektiv enger erscheinen lassen, erlebt man auf  der ganzen Strecke das, was man sich unter dem Landschaftsbild Colorados vorstellt. Die Route führt durch Nadelwälder, die mitunter Blicke auf Berghänge freigibt. Doch vom Fahrer ist Konzentration gefordert, denn die Strasse ist an manchen Stellen direkt in den Fels geschlagen und mit engen Haarnadelkurven versehen. Besonders eng wird es, wenn ein riesiges Wohnmobil entgegenkommt, das die Amerikaner als “Motorhome”
bezeichnen, aber eher wie ein Häuschen auf Rädern aussieht. Der aufregendste Abschnitt ist die Fahrt durch die Uncompahgre-Schlucht hinauf zum Red Mountain Pass auf über 3300 Meter Höhe. Woher der Name „Million Dollar Highway“ stammt ist nicht geklärt. Eine der Legenden besagt, dass in der Erde, die für den Bau der Strasse abgetragen wurde, Goldreste im Wert von mindestens einer Million Dollar stecken. Unsere letzte Station in Colorado ist das Touristenstädtchen Durango. Anziehungspunkte sind die nahegelegenen Skigebiete und eine historische Eisenbahn, die zwischen Silverton und Durango pendelt. Die im Westernstil erbaute Altstadt ist voll von Salons und Shops. Auch gemütliche Speiserestaurants mit internationaler Küche sind leicht zu finden. Unsere Kurzvisite in Colorado macht Lust auf mehr. Sicherlich könnte man hier leicht zusätzlich ein paar Tage verbringen, denn es gäbe noch sehr viel zu entdecken. Doch das sagen wir jedes mal, wenn wir weiterreisen. Unsere nächsten Ziele liegen im Bundesstaat Arizona, den wir bereits im Mai besucht aber einen der bekanntesten Nationalparks noch nicht gesehen haben.


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