Florida



Reisebericht
Bildergalerie


03.05 - 29.5.2016  Von Lynchburg über Pensacola, Beacon Hill, Sopchoppy, Tallahassee,

Homosassa Springs, Brandenton, St. Petersburg, Clearwater Beach, Longboat Key,

Sarasota, Fort Myers, Everglades NP, Key West, Miami, Key Biscane, Clermont, Orlando,

Daytona Beach, St. Augustine nach Jacksonville


Florida erfüllt Träume: Orlandos Vergnügungsparks befreien von der Schwerkraft, auf Key West nimmt der Sommer kein Ende und in Miami scheint man die Formel für ewige Jugend gefunden zu haben. Florida, die
über 600 km lange, topfebene Halbinsel, liegt im Südosten der USA zwischen dem Atlantik und dem Golf von Mexiko. Feinste Sandstrände, dazu Sümpfe, Mangrovenwälder und Palmen prägen das Landschaftsbild. So jedenfalls haben wir den Sunshine State in Erinnerung, als wir den Bundesstaat 1993 während unserer Hochzeitsreise besucht haben. Ob und was sich in der Zwischenzeit verändert hat wollen wir in den nächsten Wochen erkunden. Unser erstes Reiseziel ist Pensacola, die grösste Stadt  im schmalen Nordwesten  Floridas. Im Stadtzentrum stehen repräsentative Kolonialvillen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Wir sind aber nicht wegen den prächtigen Bauten angereist sondern wegen der Blue Angels, der wohl besten Kunstflugstaffel der Welt. Fast täglich üben die Piloten ihre Formationen, so ist es durchaus möglich die Kunstflieger bei ihren halsbrecherischen Manövern zu beobachten. Bei der Home Base der Blue Angels besuchen wir das National Museum of Naval Aviation, in dem über 150 Kampfflugzeuge der Marine aus
allen Zeit-Epochen gezeigt werden. Im IMAX-Kino fliegen wir zusammen mit den Blue Angels über die USA und in Flugsimulatoren wird unsere Geschicklichkeit getestet. Auf einer geführten Bustour geht es aufs Rollfeld des Flughafens wo weitere, noch zu restaurierende Flugzeuge zu sehen sind. Bei vielen Exponaten dürfen wir uns in die engen Cockpits zwängen und hinter dem Steuerknüppel Platz nehmen. Der Besuch des einzigartigen Museums und die informativen Bustour sind für jedermann kostenlos. Was uns schon nach wenigen Kilometern auf den Highways des heutigen Floridas auffällt ist die enorme Verkehrsdichte. Das war vor zwanzig Jahren bei weitem nicht so ausgeprägt. Zwischen den einzelnen Ortschaften gibt es kaum Grünflächen, alles ist überbaut, ähnlich wie in der Schweiz. Florida ist einer der schnellst wachsenden Bundesstaaten. Im Sunshine State erleben wir das totale Kontrastprogramm zu den fast unendlichen Weiten des Westens der USA. Wir beide lieben die Natur und die Einsamkeit der Wildnis. So ist es nicht verwunderlich, dass uns bei den beengten Verhältnissen und den vielen Menschen die Lust an der Weiterreise durch Florida etwas vergangen ist. Zudem herrscht ein ungemütliches Tropenklima. Tagsüber sehr heiss und feucht, nachts
fallen die Temperaturen nur marginal. Die beste Reisezeit für Florida wären die Wintermonate, in denen die Wetterverhältnisse wesentlich angenehmer sind. Da wir aber nicht zu früh Richtung Norden fahren wollen müssen wir diese Sauna-Atmosphäre wohl oder übel einige Wochen erdulden. Dass aber nicht alles in Florida zugebaut ist beweisen die unzähligen State Parks, in denen wir uns gerne aufhalten. Sie liegen meistens in Naturschutzgebieten, teilweise direkt am Meer mit schönen Campingplätzen. Wie auch schon beschrieben ist das Wild-Campieren im Südosten der USA äusserst
schwierig. Deshalb ist es jedesmal ein Aufsteller, wenn wir in State Parks nächtigen dürfen. Es gibt zwar etliche private Campingplätze, diese gehören jedoch nicht zu unseren Favoriten. Auf ihnen stehen meistens riesige Wohnmobile dicht an dicht ohne Aussicht in die Natur. Den „Amis“ spielt das keine Rolle. Wichtig ist für sie: dass Feuerstellen, Strom-, Wasser-, Abwasser- und TV-Anschluss vorhanden sind. Pünktlich wenn die nachmittäglichen Doku-Soaps beginnen verschwinden alle in ihren Campern. Dann wird es selbst auf ausgebuchten Stellplätzen einsam. Auf unserer Weiterfahrt besuchen wir Tallahassee, die Hauptstadt von Florida. Entlang der Strassenzüge stehen moosbehangene Eichen. Die Häuser präsentieren sich elegant und die Gärten sind feinsäuberlich gepflegt. Elegant wirkt auch das 1845 erbaute Old State Capitol, in dem ein Museum durch die Geschichte Floridas führt. Es ist Wochenende und die City wirkt wie ausgestorben. Mühelos finden wir einen Parkplatz im Zentrum. In den schönen Parkanlagen sind Marktstände aufgebaut und es singen Schülergruppen vor einer Jury um die Wette. Kaum zu glauben, dass wir uns in einer Hauptstadt befinden, eher  wähnt man sich in
einem idyllisch ländlichen Ort. Auf dem Weg nach Süden, am Golf von Mexiko entlang erreichen wir Homosassa Springs. Der Wildlife State Park erstreckt sich rund um eine Quelle, in der stündlich mehrere Millionen Liter Wasser empor steigen. Auf einer  Bootsfahrt, auf der wir Alligatoren, Wasserschildkröten und viele Vögel beobachten gelangen wir ins Innere des Parks. In dem von der Quelle gespeisten Homosassa River leben dutzende rundliche Manatees (Seekühe). Durch die riesige Glasscheibe des Unterwasser-Observatoriums beobachten wir die molligen und äusserst friedfertigen
„Meerjungfrauen“. Im Wildlife Park werden vorwiegend Tiere aufgenommen und gepflegt, die in der Vergangenheit einmal ausgesetzt oder verletzt wurden. Über Spring Hill gelangen wir nach Clearwater Beach. Die vollmundige Werbung verspricht, dass man hier den Strand seiner Träume findet. Bei Parkplatzpreisen von bis zu 20 USD empfinden wir das Ganze aber eher als Alptraum. Da hilft auch der Umstand nicht, dass Clearwater Beach zur „Best Beach Town in Florida“, zum schönsten Küstenort Floridas, gekürt hat. Etwas südlicher gelangen wir über eine Brück zum mondänen Ort Longboat Key. In der Stadt auf der kleinen Insel gibt es Golfanlagen, Restaurants und Luxus-Ressorts umgeben von 12 Meilen weissen Sandstränden. Eine grosse Anzahl seiner fast 6'000 Einwohner sind wohlhabende Rentner. Longboat Key mit seinem eleganten Ambiente bietet ihnen alles für einen schönen, unbeschwerten Lebensabend. Nach kurzer Fahrt über eine weitere Brück erreichen wir Sarasota. Schmale
Inseln schützen die Bay vor der Brandung des Golfs von Mexiko. Auf ihnen befinden sich zahlreiche Hotels, die mit ungetrübten Badefreuden und blütenweissen Sandstränden werben. Besonders sehenswert ist unserer Meinung nach  das Anwesen Cá d'Zan, die Ringling Villa. Beim Bau der Luxusresidenz lebte der berühmte Zirkusdirektor seine Begeisterung für venezianische Architektur aus. Auch der Rosengarten und die riesigen Bäume in der dazugehörenden Parkanlage sind sehenswert. Unser heutiger Übernachtungsplatz befindet sich im Maykka River State Park. Nebst einem schönen
Campground bietet das Naturschutzgebiet längere und kürzere Wanderwege und einen Scenic Drive zu diversen Aussichtspunkten. Auf Pfaden direkt am Wasser begegnen wir Alligatoren, die in den sumpfigen, fischreichen Seen in saus und braus leben. Ein Kanu eignet sich besonders für Erkundungstouren durch die Sumpflandschaft. Viele Sehenswürdigkeiten Floridas befinden sich in städtischen Gebieten, die aber längst nicht alle im Verkehrschaos versinken. So z.B. ist Fort Myers, unsere nächste Destination, eher eine beschauliche Stadt. Viele „Snowbirds“, Rentner, die von den kalten Wintern im Norden der USA nach Florida flüchten, besitzen hier einen Zweitwohnsitz. 1885 wurde der Erfinder, Ingenieur und Unternehmer Thomas Alva Edison auf seiner Suche nach einem Winterwohnsitz in Fort Myers fündig. Das einstige Anwesen ist heute für die Öffentlichkeit zugänglich. Dieses sehen wir uns gerne an und wandeln auf den Spuren des genialen Erfinders durch die
verschiedenen Gebäude auf dem riesigen Grundstück. Nebst dem luxuriös eingerichteten Wohnhaus besichtigen wir seine Werkstatt und das Labor. Edison hat im Laufe seines Lebens insgesamt über 1'000 Patente eingereicht. Der Genius war aber nicht nur an technischen Dingen interessiert. Er war ein grosser Naturliebhaber. In seiner Gartenanlage pflanzte er Mangobäume, Orchideen und andere exotische Gewächse aus der ganzen Welt. Gleich neben Edisons Haus hatte Henry Ford, der Automobilmagnat und Erfinder der Fliessbandproduktion seine Winterresidenz. Ford und Edison waren befreundet
und arbeiteten bei einigen Projekten eng zusammen. Viele Errungenschaften von heute basieren auf den Grundlagen der beiden charismatischen Männern. Mit einfachen Mitteln aber mit Erfindergeist, Kreativität und Weitsicht haben sie eine neue Epoche in der Weltgeschichte eingeleitet. Nach dieser interessanten Exkursion in die Vergangenheit zieht es uns in die tropischen Sümpfe des Everglades Nationalparks. Im seichten Wasser gedeihen weite Riedgrasfelder. Kein Punkt in den Everglades liegt mehr als 2,5 m über dem Meeresspiegel. Gespeist wird die Sumpflandschaft von einem gewaltigen Fluss, der ganz gemächlich vom 180 km weit entfernten Lake Okeechobbee gegen Süden in den Golf von Mexiko strömt. Für diese Wegstrecke braucht das Wasser ein ganzes Jahr. Die Everglades sind heute eine bedrohte Wildnis. Die Süsswasserversorgung Südfloridas hängt vom Funktionieren dieses Ökosystems ab. Dämme und Wasserentnahmen für die wachsenden Städte und die
Belastung mit Düngemitteln setzen dem hochsensiblen Feuchtbiotop zu. Die Tierwelt wird durch das ungehemmte Eingreifen des Menschen in die Natur immer mehr zurückgedrängt. Von den scheuen Floridapanthern leben deshalb nur noch ca. 100 Exemplare in den Weiten der Everglades. Die heimische Tierwelt ist aber nicht nur durch das unvernünftige Handeln der Menschen bedroht, sondern auch durch die Infiltration fremder Tierarten. Der aus Asien eingeschleppte Tigerpython breitet sich ungehemmt aus. Die Schlangenpopulation wird auf 10'000 Exemplare
geschätzt. Über 90% der Waschbären, Opossums oder Rotluchse sind bereits verschwunden, was auf den Tigerpython zurückzuführen ist. Schildkröten vermehren sich dadurch rasant und sind inzwischen zu einer Plage geworden, weil ihre Eier nicht mehr durch Waschbären gefressen werden. Auf Plankenwegen und Naturpfaden durchstreifen wir während zwei Tagen den Nationalpark und beobachten die immer noch reich vorhandene Flora und Fauna. Zeit und Geduld ist bei Tierbeobachtungen unabdingbar. So bekommen wir Alligatoren, Krokodile,
Schildkröten, Schlangen und diverse Reiherarten zu sehen. Schmetterlinge und andere Insekten in schillernden Farben umschwirren uns den ganzen Tag. Die Everglades sind die einzige Region auf der Erde, in der sowohl Alligatoren als auch Krokodile leben. Im Park wurden sogar schon Nilkrokodile gesichtet. Diese bis zu 6 Meter langen Tiere stellen für den Menschen eine deutlich grössere Gefahr dar, als die wesentlich kleineren Alligatoren. Wer in den Everglades campiert macht unweigerlich Bekanntschaft mit kleinsten Bewohnern des Naturreservats. Bei Einbruch der Dunkelheit kriechen die
blutrünstigen Biester aus ihren Verstecken und gehen auf Menschenjagd. Obwohl wir uns schleunigst in unser fahrendes Zuhause zurückziehen sind wir von den Blutsaugern nicht sicher. Wegen dem tropischen Klima müssen wir nachts  alle Fenster des Campers öffnen. Trotzdem fallen die Temperaturen kaum unter 30° Celsius. Wir ziehen die Moskitonetze zu und sprühen uns zusätzlich mit einem Insektenschutzmittel ein. Über die von uns getroffenen Schutzmassnahmen halten sich die hiesigen Stechmücken vermutlich die Bäuche vor lachen.
Sie mogeln sich an den Moskitonetzen vorbei und lassen sie sich von Insektenschutzmitteln jeglicher Art nicht abschrecken. Im nu wimmelt es im Camper von den beisswütigen Viechern. Es beginnt ein mehrstündiges, blutiges Gemetzel. Die weissen Wände vom „Gecko“ färben sich von den zerquetschten Mücken rot. Kurz vor Mitternacht ist die Schlacht geschlagen, in der wir als Sieger hervorgehen. Am nächsten Morgen stellen wir jedoch mit Schrecken fest, dass wir während den erbitterten Kampfhandlungen etwas zuviel Insektenspray eingesetzt haben und davon einige Spritzer auf die Fenster gelangt sind. Irgend ein Inhaltsstoff des Sprays reagiert mit dem Kunststoff des Plexiglases und löst die Oberfläche auf. Es entstehen matte, unansehnliche Flecken, die mit keiner Politur zu entfernen sind. Mit anderen Worten: Die Fenster sind ruiniert und müssen zu Hause ersetzt werden. So gehen die vermeintlichen Verlierer der nächtlichen Schlacht als moralische Sieger vom Platz, denn sie haben uns einen teuren Schaden beschert. Doch wir wollen nicht hadern. Auf Reisen muss man mit Verlust und ein bisschen „Schwund“ rechnen. Wir schauen optimistisch in die Zukunft, denn vor uns liegt eine schöne Fahrt zu den Florida Keys. Wie an einer Perlenkette aufgereiht
liegen die Inseln vor der Südspitze Floridas. Entlang dieser Inseln erstrecken sich weite Strände, und in den Küsten davor existiert eine einzigartige Unterwasserwelt mit dem drittgrössten Korallenriff der Erde. Viele State Parks befinden sich auf diesen Eilanden Richtung Süden, die durch Brücken miteinander verbunden sind. Auf ihnen gibt es wunderschön gelegene Campgrounds, die immer direkt am Atlantik oder am Golf von Mexiko liegen und über einen privaten Strand verfügen. Ein paar Schritte über den weissen Sand und schon beginnt das Badevergnügen im türkisblauen Wasser. Jeden Abend
erwartet uns ein spektakulärer Sonnenuntergang über dem offenen Ozean. Vom Festland aus führt der Overseas Highway über 180 km und 42 Brücken nach Key West. Das gleichnamige Städtchen ist ganz auf Urlauber eingestellt. Auf der Insel herrscht das ganze Jahr Karibikstimmung. Hübsche, von subtropischer Vegetation eingerahmte Holzhäuser in allen Pastellfarben erfreuen das Auge. Hier lebt ein Bevölkerungsgemisch, in dem alle Randgruppen vertreten sind – einen exotischeren Ort gibt es in ganz Nordamerika nicht. In der Duval Street befindet
sich die mit Souvenirshops und Bars gesäumte Partyzone und das Künstlerviertel. Einige Strassen davon entfernt legen die grossen Kreuzfahrtschiffe an. In Key West gibt es viele ausgezeichnete Restaurants. Wir essen auf den Punkt gegarten Fisch, leckere Jakobsmuscheln und Crevetten. In diversen Kneipen wird Live Musik gespielt, was der sonst schon guten Stimmung nochmals auftrieb verleiht. Das karibische Feeling der Stadt hatte auch Ernest Hemingway 1928 nach Key West gelockt, wo er einen prägenden Abschnitt seines Lebens verbracht hat. Natürlich besuchen wir den südlichsten Punkt vom Festland der USA. Dort befindet sich ein fotogener Markstein mit der Aufschrift „90 Meilen bis nach Kuba“. An diesem markanten Punkt endet die Strasse in den Süden. Demzufolge fahren wir die selbe Strecke die wir gekommen sind wieder Richtung Norden zurück und erreichen nach rund 230 km Miami, die zweitgrösste Stadt Floridas. Glitzernde Hochhäuser bilden die Skyline der City. Am Strand gilt das Motto: Sehen und Gesehen werden. Miami ist Floridas „aufregendste“ Stadt, nicht zuletzt wegen ihrer fast 500'000 Einwohner. Etwa zweidrittel davon sind
Einwanderer aus Nicaragua, El Salvador, Kolumbien und Kuba und sprechen Spanisch. Wer nicht nur Hochhäuser sehen will muss sich unbedingt den Art Déco District ansehen. Pink- und Pastelltöne und die exzentrischen Formen dieses Baustils betören das Auge. Wer ans Meer will fährt nach Miami Beach. An seinem kilometerlangen Sandstrand steht ein Luxushotel neben dem anderen. Jeder dieser Hotelburgen hat seinen eigenen Zugang zum Meer. Der Strand ist gepflegt, der Sand blütenweiss und das Wasser präsentiert sich von der schönsten Seite. Trotzdem fühlen wir uns hier nicht so richtig wohl. Es
herrscht viel zu viel Betrieb und obwohl kein Gedränge wie in Rimini herrscht ist alles auf Massentourismus ausgelegt. Ein totaler Gegensatz zu Miami Beach ist das nahegelegene Key Biscane. Prächtige Anwesen repräsentieren die Finanzkraft der Bewohner, die im Golfwägelchen durch die blitzsauber gepflegten Strassen kurven. In den Gärten der Luxusgrundstücke überlässt man/frau Arbeiten wie Rasenmähen, Heckenschneiden oder Blumen pflanzen den ausgewiesenen Profis des Grünen Gewerbes. Vor über zwanzig Jahren haben wir
Miami mit ganz anderen Augen gesehen und erlebt als heute. Damals waren wir hell begeistert vom  Ambiente der Metropole. Entweder hat sich die Stadt verändert oder wir uns. Etwas genervt fahren wir an der Ostküste nordwärts Richtung Fort Lauderdale und West Palm Beach. Zum Besuch der beiden Städte können wir uns allerdings nicht aufraffen, denn das „Puff“ auf den Strassen und einsetzender Regen schlagen auf's Gemüht. Wir suchen uns einen ruhigen State Park an der Küste und warten die nahende Schlechtwetterfront ab, die in der Nacht mit brachialer Gewalt über uns hinwegzieht. Noch nie in unserem Leben haben wir ein so heftiges Gewitter erlebt. Im nu steht alles Unterwasser. Zwischen den einzelnen Blitzen gibts keine Pausen – wir sprechen von Dauerbeleuchtung und das ohrenbetäubende Donnergrollen lässt uns und „Gecko“ im Innersten erzittern. Ein Blitz schlägt einige Meter entfernt krachend in einen Stromverteiler und lässt die Lichter für diese Nacht ausgehen. Nach einer halben Stunde ist das Gröbste überstanden, bis eine zweite Front mit etwas geringerer Stärke vorbeizieht. Solche Wetter-Phänomene sind in Florida offenbar keine Seltenheit. Die Wärme des Golfstroms und die kühlen Schichten in der oberen Atmosphäre lassen solch heftige Gewitter entstehen. Weil das Wetter auch in den nächsten Tagen nicht so prickelnd sein soll unterbrechen wir die Weiterfahrt und suchen uns einen idyllisch gelegenen State Park. Nur eine halbe Fahr-Stunde von Orlando entfernt verbringen wir geruhsame Tage bevor wir uns einen der vier Walt Disney
Vergnügungsparks ansehen. EPCOT ist der grösste Themenpark und widmet sich technischen Errungenschaften und der Länderkunde. Will man sich alles in Ruhe ansehen, mit allen Bahnen und Wägelchen fahren und sämtliche Länderpavillons besuchen benötigt man locker einen ganzen Tag. Uns zieht es zunächst zum technisch ausgelegten Teil des Parks. In aufwendig konstruierten Hallen fahren wir mit Testautos, Reisen in einem Simulator zum Mars und erfahren im Spaceship Earth alles zum Thema Kommunikation von der Urzeit bis in die heutige Gegenwart. Nach dem Mittagessen am
künstlich angelegten See schippern wir mit dem Motorboot auf die gegenüberliegende Seite und besuchen die Länderpräsentationen. Alle Pavillons dieser Nationen haben Läden und Restaurants, in denen es ländertypische Produkte zu kaufen gibt. Die in den jeweiligen Pavillons arbeitenden Angestellten stammen aus den dargestellten Ländern. Was uns besonders gut gefällt sind die filmischen Vorführungen, mit denen sich die Länder dem  Publikum präsentieren. Wenn man an den Foodständen alle feilgebotenen Delikatessen probieren möchte müsste man Tage im Park verbringen.
Nach gut zehn Stunden sind wir aber in jeder Hinsicht gesättigt und verlassen EPCOT mit gemischten Gefühlen. Wir verspüren nicht mehr diesen „Wow-Effekt“ wie vor zwanzig Jahren. Viele der Attraktionen sind inzwischen nicht futuristisch sondern antiquiert und bedürfen dringend der Überarbeitung. Zudem sind die gesalzenen Eintrittspreise resp. Parkplatzgebühren (240 USD für 2 Personen) für das Gebotene ziemlich happig. Doch die 11,5 Mio. Zuschauer pro Jahr geben dem Betreiber recht und das Konzept des EPCOT wird wohl auch in den kommenden Jahren unverändert beibehalten. Wir verlassen Orlando und fahren weiter an der Ostküste nordwärts nach  Daytona Beach. So weit das Auge reicht begleiten Hoteltürme den bis zu 150 m breiten und 37 km langen Sandstrand. Wer will darf sogar mit dem Auto auf den Strand fahren. Zum Glück sind wir nicht schon im Februar oder März angereist. Dann nämlich ist die Stadt fest in der Hand nordamerikanischer Studenten. Während des Spring Breaks, der Semesterferien der Collage-Schüler strömen die Nachwuchsakademiker hierher um sich bei Saufgelagen,
Miss-Wet-T-Shirt- und Body-Building-Wettbewerben vom Unialltag zu erholen. Eigentlich hätten wir gerne ein Autorennen in Nordamerika besucht. Daytona mit seinem International Speedway wäre genau der richtige Ort für unser Vorhaben. Leider finden diese Veranstaltungen, bei denen bis zu 100'000 Zuschauer die Motorrad- und Autorennen verfolgen, bereits im Februar statt – also knapp verpasst! Nach einem ausgiebigen Strandspaziergang reisen wir der Küste entlang weiter nordwärts. Etwas ausserhalb von Daytona fahren wir an schönen Strand-Häusern und Villen vorbei. Jedes Grundstück besitzt seinen eigenen Holzsteg, der über die Dünen direkt ans Meer führt. Über eine alte mit Türmchen besetzte Brücke gelangen wir nach St. Augustine, die älteste von Europäern bewohnte Stadt Nordamerikas. Zahlreiche Gebäude aus der Zeit als spanische Kolonie sind heute noch in gutem Zustand erhalten, darunter die 1695 erbaute Festung Castillo de San Marcos. Bei einem Spaziergang durch den Ortskern kommen wir an der Oldest Wooden School
vorbei, dem ältesten Schulgebäude der USA. Ein hübscher Ort, wo man länger verweilen möchte. Wir wollen jedoch unbedingt vor den Memorial Days, wo's alle „Amis“ mit Kind und Kegel an die Strände zieht, bis nach Jacksonville fahren. Es ist drückend heiss und so macht die Exkursion zur Anheuser-Busch Brewwery, dem Weltmarktführern unter den Bierbrauern, richtig spass. In diesem Betrieb wird das berühmte Budweiser, das umsatzstärkste Bier aller Zeiten gebraut. Schon beim Empfang werden wir mit einem gut gekühlten Budweiser begrüsst. Auf einer informativen Führung wird uns die Kunst des Bierbrauens näher gebracht. Leider sind die heutigen Produktionsprozesse weitgehend automatisiert. Wer glaubt einen Braumeister zu sehen, der mit einer Kelle im Bottich rumstochert und so den Brauprozess überwacht, ist von der Besichtigung einer modernen Brauerei sicherlich enttäuscht. Vieles geschieht im Verborgenen und ist für den Besucher unsichtbar. Am Ende der Führung, die kostenlos ist, dürfen wir im hauseigenen Restaurant weitere Biere
der Firma Anheuser-Busch degustiert. Ein krönender Abschluss der Führung und eine Wohltat bei der drückenden Hitze. Nun müssen wir uns aber dringend um eine Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten Tage umsehen. Wie bereits erwähnt steht das Memorial Day Weekend vor der Tür und vermutlich sind schon sämtliche Campgrounds seit Wochen ausgebucht. Doch was wir in den kühnsten Träumen nicht erwartet hätten trifft tatsächlich ein. Wir ergattern einen Stellplatz ohne Vorreservierung. Es ist zudem nicht irgendein hässliches Notplätzchen sondern ein perfekt gelegener Platz direkt am Strand, mit Blick auf vorbeifahrende Kreuzfahrtschiffe. Wir sind schon richtige Glückspilze! Es werden unvergessliche Tage mit langen, sehr langen Strandspaziergängen und herrlichem Badevergnügen im Atlantik, der dank dem Golfstrom fast Badewannentemperatur erreicht. Nach fast vierwöchigem Aufenthalt verlassen wir morgen den Sunshine State mit einem zwiespältigen Gefühl. Auf der einen Seite haben wir nicht mehr das Florida angetroffen, wie wir es vor 20 Jahren erleben durften. Hier gibt es in der Zwischenzeit wesentlich mehr Leute, die natürlich alle mit dem Auto unterwegs sind und logischerweise das selbe Verkehrschaos verursachen wie in den Ballungszentren von Europa. Auf der anderen Seite haben wir wunderschöne State Parks kennengelernt mit einer grandiosen, intakten Natur und eine bezaubernde Ostküste, die mit ihren langen, sauberen und einsamen Bilderbuchstränden unser Herz erobert hat. Wir verlassen Florida mit einem lachenden und einem weinenden Auge und freuen uns auf die künftigen „Abenteuer“ entlang der Ostküste.


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