Kolumbien


Reisebericht
Bildergalerie


20.02.2015 - 03.03.2015  Von Ibarra über Pasto, Popayán, Alcalá, La Pintada,

Medellin, Buenavista nach Cartagena


Die Einreise nach Kolumbien gestaltet sich wiedererwartet einfach, schnell und unbürokratisch, was für Südamerika absolut untypisch ist. Im Nu haben wir sämtliche Papiere mit den entsprechenden Stempeln versehen komplett und können die Grenze passieren. Wir überqueren einige Pässe, die bis 2'600 m hoch sind. Es geht in steilen Serpentinen bergauf und bergab. Das
Landschaftsbild wird vorwiegend von der Farbe grün bestimmt. Die Vegetation ist üppig und das bis in grosse Höhen. Eigentlich es  traumhaft schöne Gegenden, wären da nicht die unzähligen Lastwagen, die sich im Kriechgang über Bergpässe quälen. Wenn man etwas schneller unterwegs sein möchte als diese fahrenden Schikanen ist man ständig am Überholen. Das ist für Fahrer und Beifahrerin stressig. Auf den engen und unübersichtlichen Strassen muss man höllisch aufpassen, denn die Kolumbianer sind alles kleine Möchtegern-Rennfahrer. So gerät der Blick in die malerische Landschaft meistens viel zu kurz. Ausstellplätze, wo man in Ruhe die Aussicht geniessen könnte, sind eher selten, was ausgesprochen schade ist. Das Klima ist nun zusehends tropisch. Die Temperaturen bewegen sich zwischen 20° in den Bergen und über 30° C in den Tälern. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei extremen 95%. Bei diesen Bedingungen ist man selbst nach einer kühlen Dusche sofort wieder am Transpirieren. Auch in der Nacht will das Thermometer kaum unter 25° Celsius sinken. Richtung
Pasto fahren wir durch kleine Dörfer, die mit Mofas vollgestopft sind, welche sich von allen Seiten an uns vorbei zwängen. Am späteren Nachmittag erreichen wir unseren Stellplatz am Fusse des aktiven Vulkans „Galeras“ in Pasto. In unmittelbarer Nähe sind Schulklassen im Ferienlager. Die Jugendlichen sind hell begeistert von den Wohnmobilen und knipsen andauernd mit ihren Handys Erinnerungsfotos. Wir sind überrascht wie gut erzogen und wissbegierig die Kinder sind. Kolumbien ist im Gegensatz zu der weitverbreiteten Meinung ein relativ sicheres Land. Wir sehen auf  unseren Passfahrten öfters  schwer bewaffnete Militärposten, die Fahrzeuge kontrollieren und in den Strassen patrouillieren. Das ist keine Schikane, sondern dient der Sicherheit. Im Süden des Landes, wo wir uns jetzt befinden, sollte man nachts einsame Gegenden meiden. Denn wenn es dunkel wird treibt die „FARC“, eine Guerilla- und Drogenorganisation ihr Unwesen. Die Gruppierung ist eine linksgerichtete, marxistische Bewegung, die seit dem Jahr 1964 einen bewaffneten Kampf gegen den kolumbianischen Staat, die Armee sowie Zivilisten führt. Die Organisation finanziert sich hauptsächlich durch Entführung, Erpressung sowie durch die
Herstellung und den  Schmuggel illegaler Drogen. Schon des öfteren wurden amerikanische oder europäische Touristen entführt und erst nach Zahlung eines erklecklichen Lösegeldes wieder auf freien Fuss gesetzt. Wenn man sich an gewisse Verhaltensregeln hält und nur tagsüber unterwegs ist, hat man nichts zu befürchten. Unsere Berg- und Talfahrt geht weiter Richtung Popayán. Eine der Hauptsehenswürdigkeiten  ist die koloniale Architektur. Insbesondere die Altstadt mit ihren weissen Kolonialbauten und Strassenlaternen haben einen besonderen Reiz. Auf einem ausgedehnten Rundgang lassen wir uns vom Charme dieser Stadt verzaubern. Mit einer „Chiva“ fahren wir zur Besichtigung einer Hacienda. „Chivas“ basieren auf einem Busfahrgestell mit einem modifizierten Körper aus Metall oder Holz. Die Sitzbänke sind
gleichermassen aus Holz und mit Türen statt Fenstern ausgestattet. Wir besuchen die 200 Jahre alte Hacienda de Calibío. Ein schönes Anwesen mit einer bewegten Vergangenheit ist in der unrühmlichen Zeit des Sklavenhandels erbaut und bewirtschaftet worden. Wir können sämtliche Gebäude besichtigen, die zum grossen Teil noch mit der originalen Inneneinrichtung ausgestattet sind. Es ist unschwer zu sehen, wo die Gemächer der feinen Gesellschaft waren und wo die  Sklaven gehaust haben. Die noble Herrschaft liess sich von rund 200 Zwangsarbeitern bedienen und verwöhnen. Eine furchtbare Vorstellung, war aber damals gang und gäbe. Auf unserer Weiterfahrt Richtung Alcalá sehen wir riesige Zuckerrohrfelder. Zuckerrohr wächst in subtropischen und tropischen Klimaten. Um ordentlich gedeihen zu können, braucht die anspruchslose Pflanze Temperaturen zwischen 25 und 30 °C – ist es kälter, verlangsamt sich das Wachstum. Der Wasserbedarf des Zuckerrohrs ist sehr hoch – es darf aber nicht stehen, da sonst die Pflanze fault. Es sind also hügelige Anbaugebiete, wie hier in Kolumbien, vorteilhaft. Der Kleinbauer bringt das geschnittene Zuckerrohr auf dem Rücken eines Esels zu einer Sammelstelle.
Für den Weitertransport wird es auf bis zu 60 m lange Lastenzüge (Lastwagen plus vier Anhänger) verladen. Wenn man diesen Ungetümen auf der Strasse begegnet ist es ratsam beiseite zu fahren. In Alcalá besuchen wir die beindruckenden Quindio-Wachspalmen. Sie gedeihen im Hochland zwischen 2'000 bis 3'000 m Höhe. Am Morgen herrscht eine mystische Stimmung und es wirkt surreal wenn diese Riesen langsam aus dem Nebel auftauchen. Die Stämme erreichen Wuchshöhen von 15 bis 50 Metern und einen Durchmesser von 20 bis 40 Zentimetern. Die Quindio-Wachspalme kann mehrere hundert Jahre alt werden. Die ausgewachsenen Palmen haben eine dicke Wachsschicht auf der Rinde. Früher wurde dieses Wachs zur Herstellung von Kerzen verwendet. Zu diesem Zweck musste die Pflanze gefällt werden. Das hat dazu geführt, dass die Palmen vom Aussterben bedroht waren. Heute sind die
Wachspalmen geschützt und die Bestände erholen sich  langsam. Nach der kleinen Wanderung in den Bergen geht es nach Salento, dem viel besuchtem Touristenstädtchen in der Kaffeeregion Kolumbiens. Es hat die traditionelle Architektur der Kaffeezone bewahrt. Die alten Häuser sind liebevoll restauriert und bunt bemalt. Sie beherbergen kleine Restaurants und Souvenirshops. Nette Menschen und gutes Essen erwarten uns. Forelle aus dem Cocora-Tal ist die Spezialität des Ortes. Auf der Speisekarte stehen
mehr als 20 verschiedene Forellengerichte. Von tropisch süss bis überbacken mit Käse und Garnelen – alles ist möglich. Wir lassen uns das leckere Mal schmecken und sind gestärkt für die Besichtigung zweier weiteren Städtchen aus dem Kaffee-Dreieck, die im ähnlich fröhlichen Stil daherkommen wie Salento. Erst spät am Abend fahren wir zurück zu unserem Campground zur  wunderschönen Finca „El Bosque del Samán“ wo wir am kommenden Tag in die Geheimnisse des Kaffee-Anbaus eingeweiht werde. Auf einer kleinen Tour zeigt uns ein Mitarbeiter von der Anpflanzung über das Ernten, die Weiterverarbeitung und Veredlung der Bohnen die ganze Kaffeeproduktion. Zum Schluss serviert er uns den leckeren kolumbianischen Hocklandkaffee.  Das aromatische Heissgetränk ist Inbegriff von Qualität und Genuss für jeden Kaffee-Freund. Ein reiches, rundes Aroma, eine gute Fülle und Spuren von leicht süsslichen Nussaromen: das sind die Eigenschaften, die den hochwertigen, kolumbianischen Arabica-Kaffee
auszeichnen. Wir haben uns immer  wieder gewundert, dass man in Kolumbien selten einen guten Kaffee serviert bekommt. Der Mitarbeiter der Finca erklärt uns, dass in seinem Heimatland zwar einer der Besten Kaffees der Welt angebaut werde, aber Kolumbien keine richtige Kaffee-Kultur besitze. Das heisst, Kolumbianer trinken selber kaum Kaffee und wenn dann den geschmacklosen löslichen. Die junge Generation kommt  so langsam auf den Geschmack und so erhält man  in guten Restaurants einen exzellenten einheimischen Kaffee. Unsere Reise führt uns weiter über La Pintada nach Buenavista. Der karibische Einschlag der Vegetation und der Leute wird immer deutlicher. So ganz und gar nicht in diese Gegend passen unserer Vorstellung nach Alpwirtschaften mit wohlgenährten Kühen, wie wir sie aus dem Emmental kennen. Nur die dunkelhäutige Bevölkerung und das tropische Klima deuten auf das Fremdländische hin. In Buenavista übernachten wir in einem Ferienressort mit Swimmingpool in einer parkähnlichen Landschaft. In diesen heissen Regionen ist es das reinste Vergnügen, nach einem anstrengenden Fahrtag in den Pool zu springen und ein paar Züge zu schwimmen. Wir
setzen uns  anschliessend an ein schattiges Plätzchen, schlürfen einen kühlen Drink und geniessen das leckere Abendessen mit Blick auf die untergehende Sonne. Unsere letzte Destination in Kolumbien ist Cartagena, die schönste Stadt Südamerikas, wie viele behaupten. Schon die Einfahrt in die Mio.-Metropole ist ein Erlebnis. Genau zur „Rush Hour“ erreichen wir die Stadt am Karibischen Ozean. Ein grösseres Verkehrsgewusel haben wir selten erlebt. Im Schritttempo kämpfen wir uns ins Zentrum und dann bis zur Küste vor. Endlich ist unser Ziel, das Hotel Caribe, in Sichtweite. Vom Wachpersonal bekommen wir einen Parkplatz zugewiesen, wo wir unseren Camper für die nächsten Tage parkieren können. Während die Formalitäten für die Verschiffung von Uwe und Maria mit einem Agenten erledigt werden verabschieden wir uns vom Camper-Leben und ziehen in ein  klimatisiertes 5-Stern-Hotel. Am
erlesenen Buffet lassen wir uns kulinarisch verwöhnen. Im geschmackvoll gestalteten Innenbereich leben Faultiere auf den Bäumen und farbenfrohe Tukane versuchen einem im Open-Air-Restaurant das eine oder andere Häppchen vom Teller zu stehlen.  Ein Besuch der Altstadt ist ein absolutes Muss. Von einer bezaubernden Bucht umrahmt, liegt Cartagena de Indias, wie die Stadt mit vollem Namen heisst, an der Karibikküste im Norden Kolumbiens. 1533 von den Spaniern gegründet, gehörte sie bereits im 16. Jahrhundert zu den wichtigsten Hafenstädten Südamerikas. Wegen ihrer farbenprächtigen ummauerten Altstadt mit den Vierteln Centro, San Diego, La Matuna und Getsemaní gilt sie als schönste Kolonialstadt des ganzen Kontinents. Imposante Kathedralen, Paläste im andalusischen Stil, verträumte, blumengeschmückte Alleen und bunt bemalte Häuserreihen mit verschnörkelten Lauben und
Balkonen prägen das pittoreske Strassenbild. Kein Wunder also, dass das historische Herz der Stadt seit 1984 als Unesco-Weltkultur erbe gelistet ist. Die Einwohner sind zu grossem Teil afrikanischer Abstammung. Die Mehrheit lebt in Armut oder zumindest in bescheidenen Verhältnissen. Die Bodenpreise in Cartagena sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert. So ist es nicht verwunderlich, dass nur noch Gutbetuchte und Spekulanten Immobilien kaufen können. Wir erkunden die City
einmal am Tag und einmal am Abend. Mit Ina & Mario unternehmen wir eine romantische Pferde-Kutschenfahrt durch die mit Laternen beleuchtete Innenstadt. Das karibische Nachtleben in Cartagena ist legendär. Für das Abendessen haben wir uns ein Freiluftrestaurant ausgesucht. Es wird rassige südamerikanische Musik gespielt. Tänzerinnen und Tänzer demonstrieren wie man sich zu diesen rhythmischen Klängen geschmeidig bewegt, während ein feines Mal aus fangfrischem Seafood  unsere Gaumen erfreut. Schade, dass mit diesem gelungenen Abend unsere Zeit in Südamerika schon zu Ende geht. Rückblickend ist es unglaublich, was wir in den rund vier Monaten erleben durften. Wir haben wunderschöne Landschaften gesehen, Pässe bewältigt, die über 5'000 m hoch sind, liebenswerte und fröhliche Menschen getroffen und dürfen  einen Sack voll schöner Erinnerungen auf die Weiterreise mit uns nehmen. Wie immer im Leben gilt auch hier, wo Licht ist gibt es auch Schatten. Einige Länder Südamerikas sind junge Demokratien. Die alten diktatorischen Verkrustungen sind noch nicht vollständig abgelegt. Armut und Korruption bilden den Nährboden für Gewalt und Unzufriedenheit. Eine unsägliche und z.T. willkürliche Bürokratie hindert die Länder sich schnell weiter zu
entwickeln. Wir stellen das meistens bei Grenzübertritten fest, wenn man mit überflüssigem Papierkram und unstrukturierten Arbeitsabläufen konfrontiert wird. So auch heute, wo wir unsere Autos mit einer  grossen Fähre nach Panama verschiffen wollen. Um 10.30 Uhr fahren wir im Konvoi die 10 km lange Strecke vom Hotel bis zum Hafen. Wir werden für die Ausreiseformalitäten für uns und den Camper sage und schreibe 7 Stunden benötigen. Mit einem Sprühgerät wird im Hafen eine unnötige und
lächerliche Desinfektion unserer Fahrzeuge vorgenommen, die natürlich bezahlt werden muss (ca. 35 Franken pro Auto). Danach ist Warten angesagt. Widersprüchliche Anweisungen lassen uns zum Personen-, dann wieder zum Fahrzeug-Ausreise-Schalter rennen. Schlussendlich müssen alle Fahrzeughalter unverrichteter Dinge wieder zu den Wohnmobilen zurückkehren, alle Türen und Klappen öffnen, damit der Drogenspürhund freien Zugang hat. Danach werden vom Fahrzeugschein, Pass und Führerschein je vier Kopien verlangt. Jetzt können wir endlich die Personenausreise erledigen, was wieder mit längeren Wartezeiten verbunden ist. Dann noch an einem anderen Schalter die Ausreiseformalitäten für das Fahrzeug und Schlussendlich noch das Einchecken für die Fähre, das natürlich wieder an einem weiteren Schalter und mit erheblicher Wartezeit verbunden ist. Es ist bereits dunkel als wir den Camper über eine Rampe in den dicken Bauch der Fähre fahren. Eine letzte Formalität, der Bezug unserer kleinen Kabine, geht leider auch nicht problemlos von statten. Sie befindet sich direkt neben der in voller Lautstärke spielenden Bordkapelle. Mit etwas Überredungskunst bekommen wir schliesslich eine ruhigere Kabine. Ich nehme Martha bei der Hand, gehe mit ihr an Deck zuvorderst an die Reling. Mit einem schmunzeln im Gesicht und den Worten: „Was für ein verrückter Tag!“, erleben wir die Ausfahrt aus dem hell erleuchteten Cartagena und lassen Südamerika hinter uns.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Panama (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.