Mexiko

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie


06.04.2015 - 01.05.2015  Von Corozal über Playa del Carmen, Pisté, Campeche,

Ciudad del Carmen, Catemaco, Veracruz, Puebla, Tepotzotlan, Guadalajara, San Blas,

Matzatlan, Los Mochis, Guaymas, San Carlos nach Magdalena de Kino


Grenzübertritte waren in Süd- und Mittelamerika meistens mit einem langwierigen Prozedere verbunden. Nicht so in Mexiko, wenn man etwas Vorarbeit leistet. Weil die Haftpflichtversicherung
für den Camper, die in den meisten bisher bereisten Staaten auf dem amerikanischen Kontinent anerkannt wird, in Mexiko aber nicht genügt, haben wir im Vorfeld für 260 Dollar eine Versicherung nur für Mexiko abgeschlossen. Diese ist ein Jahr lang gültig. Wenn wir also anfangs 2016 für einige Wochen die Baja California bereisen, müssen wir nicht nochmals eine Versicherung abschliessen. Zudem bekommt man für das Fahrzeug eine Vignette, die uns die Ein- und Ausreise unseres „Geckos“ während zehn Jahren ohne langen Papierkrieg ermöglicht. Die Personeneinreise, an einem weiteren Schalter, ist im Nu erledigt. Der Grenzbeamte fragt uns nach unseren Reisezielen. Als wir ihm erklären, dass wir bis nach Alaska fahren, ist er nicht restlos begeistert. Wir sollten doch besser in Mexiko bleiben, da sei es bedeutend wärmer – wo er recht hat hat er recht. Das Erste was uns nach wenigen Metern auf mexikanischen Strassen auffällt, ist die gesittete Fahrweise. Die Meisten halten sich sogar an Verkehrsregeln, was in den vergangenen Monaten völlig verpönt war. Wir müssen unseren Fahrstil also wieder anpassen und von „aggressiv“ auf „gesittet“ umstellen. Ist auch irgendwie viel entspannter. Eine weitere Änderung, die uns hingegen weniger Freude bereitet, sind die unsäglich vielen „Topes“ auch „Hubbel„ oder „schlafende Polizisten“ genannt. Diese Schikanen, im wahrsten Sinne des Wortes, werden uns die nächsten Wochen auf der ganzen Strecke begleiten. Immer wenn wir eine Ortschaft durchfahren, müssen wir mindestens sechs Mal über diese 15 bis 20 cm hohen „Hubbel“ überqueren. Eine Tortur, vor allem für „Gecko“ mit seiner Behinderung an der Hinterachse. Die defekten Dämpfer haben ihren Dienst gänzlich eingestellt und so wird das Überfahren dieser verdam.... Schikanen zum Geduldsspiel. Wir fahren im Schritttempo mit den Vorderrädern über die „Hubbel“ und halten an bevor die Hinterräder an den „Topes“ sind. Nun im Zusammenspiel mit Gas, Kupplung und Bremse zentimeterweise ganz sachte über diese Hindernisse fahren – und das wie gesagt mindesten sechs Mal pro Ortschaft – da kommt Freude auf! Ein weiteres Novum bietet das nicht im besten Zustand befindliche Strassennetz. Wenn man von A nach B reist gibt es meistens zwei Möglichkeiten. Entweder man fährt auf die „Cuota“, eine Maut-Strasse oder man benutzt die „Libra“, die gratis befahren werden darf. Nach unseren Erfahrungen kann man sich oftmals die teuren km auf der „Cuota“ sparen, denn diese Autobahnen sind meistens ebenfalls in einem erbärmlichen Zustand. Zudem ist die „Libra“ landschaftlich
reizvoller. Unsere erste Destination in Mexiko ist Paa Mul, das etwas südlich von Playa del Carmen gelegen ist. Ein nicht so schöner Stellplatz mit umso reizvollerer Hotelanlage erwartet uns. Wir verbringen hier zwei Tage resp. drei Nächte  und werden vor allem am wunderschönen Strand liegen, Schwimmen gehen und Spaziergänge unternehmen – also ein bis zwei Gänge zurückschalten. Am zweiten Tag besuchen wir aus „gwunder“ den sehr touristischen Ort Playa del Carmen. Die gute Wirtschaftslage der
boomenden Stadt beruht vorwiegend auf dem Fremdenverkehr. Neben Playas eigenem Sandstrand dient die Stadt auch als günstige Ausgangsbasis für Ausflüge zu den umliegenden Cenotes und archäologischen Stätten . Zentrum des touristischen Lebens ist die Quinta Avenida, in welcher sich Restaurants und Souvenirgeschäfte aneinanderreihen. Wir unternehmen einen kleinen Strandspaziergang und laufen an den Ressorts entlang, die direkt am Meer liegen. Diese sind mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet. Aber alles ist dicht an dicht gebaut und für junges Publikum ausgelegt. Wir bevorzugen eher die Gegenden, in denen man „Luft zum Atmen“ hat. Trotzdem lohnt sich ein Besuch von Play del Carmen auf jeden Fall. Nur etwa 30 km von unserem Stellplatz entfernt befinden sich die Maya Ruinen von Tulum. Diese geschichtsträchtige Ausgrabungsstätte sehen  wir uns natürlich an. Obwohl wir nichts mit Archäologie am Hut haben, interessieren wir uns sehr für vergangene Kulturen und deren
Hinterlassenschaften. Tulum liegt an der so genannten Riviera Maya, einem Küstenstreifen an der Karibik. Anders als alle anderen Maya-Fundstätten liegt Tulum direkt am Meer. Tulum war im 13. und 14. Jahrhundert eine der grössten Städte der Halbinsel Yucatan. Vermutlich war es wegen seiner günstigen Lage am Meer ein wichtiger Handelsknotenpunkt der verschiedenen Maya Regionen und verfügte über ein gutes Verteidigungssystem. Als religiöses Zentrum war Tulum noch bei der Ankunft der Spanier bewohnt. Für den Rundgang auf dem relativ kleinen Gelände haben wir rund zwei Stunden gebraucht. Wir sind froh, dass wir am Morgen früh die Anlage besucht haben, denn schon kurz vor Mittag strömen die Menschen in Massen zu den Ruinen. Im Geschrei der Menge verliert dieser Ort den Zauber und die Mystik, die ihm eigentlich gebührt. Eine weitere wichtige Maya Siedlung war jene von Cobá, die wir am kommenden Tag besuchen. Erbaut wurde die alte Zeremonialstätte während der klassischen Mayaperiode von 600 bis 900 n. Chr. Trotz seiner Grösse war Cobá aus bis jetzt noch
unbekannten Gründen schon bei der Ankunft der Spanier verlassen. Das interessanteste Gebäude der Anlage ist die „Nohoch Mul“ Pyramide, auf der sich ein kleiner Ritualraum und ein steinerner Altar befindet, der von den Mayapriestern vermutlich für Blutopfer an die Götter verwendet wurde. Auf einem schweisstreibenden Aufstieg klettern wir die 120 Stufen bis zur 42 m hoch gelegenen Plattform hinauf. Von oben haben wir  einen schönen Überblick und sehen da und dort einzelne Ruinengebäude, die aus dem Dschungel herausragen. Ein besonderes Kennzeichen von Cobá sind die mehr als 20 Sacbés, gemauerte Wege, die teilweise deutlich erhöht über dem Gelände verlaufen und einzelne, auch weiter entfernte Teile der Siedlung verbinden. Einer der „Sacbés“ führt rund 100 km zu einer anderen Mayastätte. Unser Übernachtungsplatz befindet sich bei einer Cenote, einem Süsswasser Höhlensystem, das gegen oben geöffnet ist. Auf einer Treppe kann man über 20 m in die Tiefe steigen und im glasklaren Wasser schwimmen. Bei dieser Cenote wird öfters die „Red-Bull-Clif-Diving“ Konkurrenz ausgetragen. Die Akteure stürzen sich akrobatisch in die Tiefe. Die Sprünge werden anschliessend von einer Jury bewertet. Am kommenden Tag besuchen wir nochmals eine Ruinenstadt der Maya – dann ist es aber wirklich Schluss: „Wir haben  uns genug „Steinhaufen“ angesehen“, meint
Martha. Chichén Itzá ist eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Mit einer Fläche von 1550 Hektar ist es einer der ausgedehntesten Fundorte. Das Zentrum wird von zahlreichen monumentalen Repräsentationsbauten mit religiös-politischem Hintergrund eingenommen, aus denen eine grosse, weitestgehend erhaltene Stufenpyramide herausragt.  Diese ist das imposanteste Bauwerk der Anlage. Bewohnt wurde die Stadt nur von Priestern und Regierungsfunktionären. Die Bauern, die in der Umgebung Ackerbau betrieben, wohnten um die Anlage herum in Stroh- und Lehmhütten. Von der UNESCO wurde Chichén Itzá 1988 zum Weltkulturerbe erklärt. Zurecht meinen wir, als wir nach ca. drei Stunden diese schöne Mayastätte verlassen. Wir fahren an die Küste, Richtung Ciudad del Carmen. Nur mal ein paar Tage ausspannen und im Golf von Mexico baden. Wenn immer möglich
übernachten wir nicht auf Campingplätzen sondern stehen irgendwo frei an einem schönen Ort. Doch zuerst müssen solche Plätze gefunden werden, denn wir sind in gewissen Dingen Anspruchsvoll. Der Stellplatz sollte relativ sicher sein, eine schöne Aussicht bieten, sich möglichst nahe am Wasser befinden und weitab von lärmigen Touristen. Immer sind nicht alle Punkte dieses Wunschkataloges realisierbar, doch heute haben wir Glück. Wir finden den perfekten Strand für unseren Aufenthalt. Dieser
liegt etwas ausserhalb von Ciudad del Carmen und ist Teil der Isla del Carmen, einer Laguna auf der einen und dem Golf von Mexico auf der anderen Seite. Bevor wir auf den Strand fahren gehe ich die Beschaffenheit des Sandes prüfen. Obwohl wir einen 4WD haben kann man ohne weiteres im tiefen Sand steckenbleiben, was in Australien öfters der Fall war. Nur hatten wir damals eine Seilwinde am Landcruiser, die uns meistens elegant als solchen Situationen befreien konnte. An „Gecko“ fehlt diese,
also muss ich doppelt vorsichtig sein. Der Sand auf dem Strand ist jedoch fest genug und mit Allradantrieb und Differenzialsperre fahren wir behutsam auf die ausgesuchte Stelle zu zwei schattenspendenden Palmen. Schatten ist dringend notwendig bei 39° Celsius, strahlend blauem Himmel und völliger Windstille. Weil die Palmen die gleissende Sonnen nicht vollständig abdecken, fahre ich zusätzlich die Markise aus. Nun aber schnell in die Badehose resp. Badekleid und ins Meer. Wir
gehen die kurze Strecke zum türkisblau schimmernden Wasser, das so um die 30° C warm ist. Wir haben den kilometerlangen Strand ganz für uns alleine. Es ist wirklich der perfekte Traumstrand ohne die geringste Verschmutzung. Wir vergnügen uns im Wasser während Pelikane über uns hinwegfliegen und plötzlich pfeilschnell ins Meer stürzen, um Fische zu fangen. Nach einiger Zeit ruft Martha: „Es ist Zeit für den Apéro!“ Wir steigen aus dem Wasser und gehen langsam zum Camper. Wie aus dem Nichts zieht plötzlich eine heftige Windböe vom Meer her an uns vorbei Richtung „Gecko“. Entsetzt müssen wir zusehen wie diese Böe unsere Markise erfasst und über den Camper hinwegfegt. „Schei...“, rufe ich, die ist hin. Tatsächlich ist das Gestänge an zwei Stellen gebrochen und das Sonnentuch eingerissen. Mit Müh und Not gelingt es uns die ramponierte Markise wieder einzurollen. Wir werden nun für die Weiterreise wohl oder übel ohne diesen Schattenspender auskommen müssen. Auf dem amerikanischen Kontinent kennt man die europäischen Markisen kaum und es gibt lediglich an der Ostküste der USA eine Thule-Niederlassung, bei der man die gebrochenen Teile ersetzen könnte. Doch wir sind erst in ca. einem Jahr in dieser Gegend. Dumm gelaufen oder besser gesagt das Hirn nicht eingeschaltet. Und was lernen wir daraus? Niemals an einem Strand die Markise ungesichert ausfahren, auch wenn es windstill ist. Eigentlich wissen wir das ganz genau – aber eben. Und die Moral von der Geschichte: Dummheit wird sofort bestraft. Wir lassen uns jedoch durch dieses Missgeschick den wunderschönen Tag und den prächtigen Sonnenuntergang nicht vermiesen. Und nachdem mich Martha mit einem exzellenten Currygericht verwöhnt hat ist die ganze Sache längst vergessen. Wir verbringen zwei ganze Tage an diesem einmaligen Strand bevor es über Ciudad del Carmen nach Catemaco geht. Die ca. 30'000 Einw. zählende Stadt ist schön an einem See gelegen. Auf einem
Campground mit Strom, Wasser und sogar WiFi bleiben wir weitere zwei Tage. Am Abend gehen wir in einem Restaurant am grossen Süsswassersee dinieren. Was uns sofort auffällt, wir sind fast die einzigen Gäste in diesem grossen und schönen Lokal, obwohl das Essen ausgezeichnet ist. Auch beim Schlendern durch die prächtige Altstadt sind kaum Touristen zu sehen. Wir erfahren, dass nur noch selten Amerikaner in diese Region reisen, weil sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert hat. Das ist leider ein Faktum, das sich in vielen Staaten von Mittelamerika widerspiegelt. Das Schlimme ist, dass sich nach dem Wegbleiben der Touristen das Kriminalitätsproblem noch verschärft. Viele Leute verlieren ihre Arbeit und müssen irgendwie an Geld kommen. Wir sind bis jetzt von Diebstählen verschont geblieben aber einigen Mitreisenden sind Handy's, Laptop's, Fotoapparate usw. aus ihren Fahrzeugen entwendet worden. Wir lassen bewusst keine Wertgegenstände im Sichtbereich des Campers liegen. Auch das „Navi“ wird entfernt, wenn wir das Fahrzeug verlassen. Über Veracruz und Puebla fahren wir zum beschaulichen Ort Cholula. Neben der Millionenstadt Puebla mit dem grössten VW-Werk der Welt 
(16'000 Mitarbeiter) ist das geschichtsträchtige Nachbarstädtchen Cholula recht übersichtlich. Wer weiss schon, dass hier vom Volumen her die grösste Pyramide der Welt steht (Grundfläche 425 mal 425 m, Höhe 66 m, Volumen 4,5 Mio. Kubikmeter). Diese ist auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen. Auf einem stadtbeherrschenden Hügel steht eine Wallfahrtskirche. In Wirklichkeit ist dieser Hügel die Tempelpyramide der Mayas. Bei Ausgrabungsarbeiten wurden Schächte in den Bau
getrieben um Aufschluss über das Alter und die Konstruktion zu erhalten. Man fand diverse Tempel, die nach und nach übereinander gebaut wurden. Wir besuchen das angegliederte Museum und lösen ein Ticket für die unterirdische Besichtigung dieses monströsen Bauwerks. In einem engen Tunnelsystem gehen wir von der einen bis zur anderen Seite der Pyramide. Dabei erkennt man deutlich die verschiedenen Bauabschnitte. Auf Schautafeln wird die Mehrfachüberbauung
schematisch dargestellt. Anschliessend steigen wir auf den Hügel bis zur Kirche „Iglesia de Nuestra Señorade los Remedios“. Von oben geniessen wir einen grandiosen Rundumblick über Stadt. Beim Umherschlendern entdecken wir die sogenannten „fliegenden Männer“. Es handelt sich um ein 1400 Jahre altes Ritual, bei dem sich 4 wagemutige Männer in farbigen Kostümen von einem 20 m hohen Mast mit Seilen herunterschwingen. Die Männer erklimmen zuerst einen hohen Pfahl, an dessen
Spitze sich eine drehbare Plattform und ein drehbarer Holzrahmen befinden. Vom Rahmen aus lassen sich vier Männer an Seilen herab, während der Rahmen und damit die Männer um den Pfahl rotieren. Ihr Befestigungsseil wird dabei allmählich vom Pfahl gewickelt und damit länger, bis die Männer nach 13 Runden den Erdboden erreichen. Ein beindruckendes Schauspiel. An diversen bunten Marktständen werden Esswaren angeboten. Wir entdecken kulinarische landestypische Spezialitäten wie: z.B. getrocknete Raupen und Heuschrecken. Ich muss diese „Leckereien“ natürlich sofort kosten und komme zum folgenden Ergebnis: Die „Snacks“ schmecken gar nicht so schlecht, etwas nussig, sind aber sicherlich gewöhnungsbedürftig. Die kleinen Appetitanreger haben mich so richtig hungrig gemacht und so spazieren wir zu den schattigen Arkaden in der Altstadt, wo sich nette kleine Restaurants befinden. Sehenswert sind die liebevoll ausgestalteten Innenhöfe dieser Lokale. Für 70 Pesos, umgerechnet Fünf Franken, bekommen wir ein leckeres Mittagessen „Un mixiote de carnero, salsa y tortillas“. Beim Verdauungsspaziergang schlendern wir an einer der zahlreichen Kirchen vorbei. Eine Menschenansammlung vor dem Gotteshaus erregt unsere Aufmerksamkeit. Neugierig wie wir sind, betreten wir die Kirche und dürfen einer typisch mexikanischen Hochzeit beiwohnen. Nach der
Vermählung des jungen Paares wird anschliessend gleich noch ihre kleine Tochter getauft. Offenbar haben auch die Mexikaner ein Problem mit der Reihenfolge (erst heiraten und dann Kinder kriegen). Beim Hinaustreten aus der Kirche empfängt eine landestypische „Mariachi“-Kapelle die Brautleute. Eine solche Formation besteht in der Regel aus vier Geigern, drei sich etwas abseits haltenden Trompetern, drei bis vier Gitarristen und einem Sänger. In der anwesenden „abgespeckten“ Version,
die bestenfalls „Guggenmusik-Niveau“ erreicht hört man ab und zu sogar richtig gespielte Töne heraus. Macht nichts, die gute Absicht zählt. Wir reisen weiter nach Tepotzotlán. Die Stadt liegt etwa 45 Kilometer  nördlich von Mexiko-Stadt auf ca. 2300 m ü.M. Mit dem Erreichen dieses Ortes geht für uns und unseren heiss geliebten „Gecko“ ein harter Leidensweg zu Ende. Die lang ersehnten Stossdämpfer sind termingerecht von „FedEx“ geliefert worden und müssen nur noch eingebaut werden. Wir dürfen dem Gelände-Fahrwerk-Hersteller „Seikel“ (Tuninglieferant von VW), trotz dem Fabrikationsfehler beim Ersteinbau der Dämpfer, ein Kränzchen winden. Es ist beispielhaft wie der Kundenservice dieser Firma funktioniert. Nach unserem Mail, in dem wir  die schadhaften Federelemente reklamiert haben, hat sich „Seikel“ innerhalb eines Tages gemeldet und uns angefragt wohin sie die neuen Teile schicken sollen. Obwohl die Garantie bereits abgelaufen ist sind nie Geldforderungen von „Seikel“ erhoben worden – im Gegenteil. „Seikel“ stellt uns die neuen Dämpfer gratis zur Verfügung und übernimmt sogar die teueren Versand- und Verzollungskosten. Die äusserst engagierte Mitarbeiterin von „Seikel“, Michaela Trageser, hat dafür
gesorgt, dass alles reibungslos und termingerecht abgewickelt wurde. Ein grosses Lob unsererseits. Weil Mexiko seit je her VW-Land ist, gibt es in allen grösseren Städten auch VW Garagen, so auch in Tepotzotlán. Mit dem Einbau der Dämpfer wird beim Werkstattbesuch gleich ein Service gemacht. Öl- und Brems-Flüssigkeit werden gewechselt, sämtliche Filter getauscht, das Fahrzeug auf Herz und Nieren geprüft, perfekte Innen- und Aussenreinigung. Alles in allem sechs Stunden Arbeit. Was kostet so was in Mexiko? Fr. 320 inkl. Material. Sämtliche Arbeiten sind einwandfrei ausgeführt worden und unser kleiner „Gecko“ hüpft wieder frohen Mutes über Stock und Stein. Tepotzotlán ist für uns Ausgangspunkt für eine Stadtbesichtigung von Mexiko. Bei einem 25 Mio. Molloch ist es nicht ratsam, mit dem eigenen Fahrzeug ins Zentrum zu fahren. Auf einer geführten Busstour geht es am frühen Morgen Richtung Mexiko-Stadt. Für die 45 Kilometer brauchen wir rund zwei Stunden. Die Stadt ist politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Mittelpunkt sowie grösster Verkehrsknotenpunkt des Landes. Mexiko-Stadt liegt am südlichen Ende des 60 Kilometer langen und 100 Kilometer breiten Tals von Mexiko auf einer Höhe von durchschnittlich 2300 Metern und ist auf drei Seiten von Bergen umgeben – unter anderem von den berühmten Zwillingsvulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl sowie der Sierra Nevada. Mexiko City ist eine Mixtur aus aztekischer Geschichte, spanischer Vergangenheit und mexikanischer Gegenwart. Das Angebot an Sehenswürdigkeiten durch die Epochen und Jahrhunderte ist überwältigend. Um die über 150 Museen, 100 Galerien und 70 Theater zu besuchen, bräuchte man Wochen.  Wir erkunden das kompakte, geschichtsträchtige Herz der Stadt, zwischen Zócalo und Almeda-Park. Hier befinden sich dutzende historische Bauten, Klosterkirchen, Museen usw. Ein
schönes Bauwerk besichtigen wir zu Beginn unserer Tour. Der aus Kalkstein erbaute monumentale Palacio Postal (Hauptpostamt). Das Treppenhaus ist im Jugendstil erbaut und mit Glas- und Eisenschmuck ausgestattet. Im ersten Stock befindet sich ein kleines Postmuseum. Anschliessend schlendern wir zum Platz der Verfassung mit der Kathedrale von Mexiko-Stadt, dem Nationalpalast und den Regierungsgebäuden. Wir sind erstaunt wie gemächlich das Leben in einem so gewaltigen Hot-
Spot abläuft. Wir haben riesige Menschenmassen und ein unsägliches Gedränge erwartet. Totale Fehlanzeige. Wir haben reichlich Platz, die Leute sind freundlich, das Leben nimmt seinen scheinbar gemächlichen Gang, schon fast wie in einer kleinen Provinzstadt. Wir besuchen den Palacio Nacional (Sitz der Regierung von Mexiko), mit den weltbekannten Fresken von Diego Rivera. Nach einem mittelmässigen Mittagessen sehen wir uns das eindrucksvolle Anthropologische Museum an. Der
äusserst modern anmutende Komplex ist bereits 50 Jahre alt und beherbergt die wichtigste Sammlung des präkolumbischen Erbes Mexikos und zählt zu den bedeutendsten archäologischen Sammlungen weltweit. Zum Schluss der Stadtführung fahren wir zur „Basilika der Jungfrau von Guadalupe Hidalgo“. Sie ist das wichtigste Heiligtum Mexikos und eines der bedeutendsten Marienheiligtümer der Welt. Mit 20 Millionen jährlichen Pilgern ist es der grösste Wallfahrtsort der Welt. Da der Untergrund wegen der
immensen Grundwasserentnahme stetig absinkt, musste die Basilika für Besucher und Pilger gesperrt werden. Wir haben selten ein so schiefes Gebäude gesehen, doch oh „Wunder“, die Basilika steht immer noch. Um den gewaltigen Besucheransturm Stand zu halten, wurde gleich neben der alten Basilika ein neues Gotteshaus errichtet, das in seiner Grösse und der offenen Architektur einmalig ist. 10'000 Sitzplätze, insgesamt 40'000 Besucher finden in ihm Platz. Es ist somit die grösste Kirche weltweit. Was den meisten Besuchern verborgen bleibt sind die Schattenseiten von Mexiko City. Das schnelle Wachstum hat eine bedrohliche Luftverschmutzung zur Folge, bedingt durch eine grosse Anzahl Autos und Industriebetriebe. Eine immer unzureichendere Wasserversorgung ist  jedoch das Hauptproblem. Durch die übermässige Entnahme von Grundwasser unterhalb der Stadt senkte sich der Boden um teilweise bis zu zehn Meter. Dies führt zu massiven Schäden an Gebäuden. Des Weiteren verliert die Stadt etwa 40 Prozent ihres Wassers durch das völlig marode Röhrennetz. Mexiko-Stadt wird heute von weit entfernt liegenden Quellen ausserhalb des Hochtales zusätzlich mit Wasser versorgt. Moderne mehrstöckige Gebäude werden gegenwärtig auf riesigen Stahl- und Betonpfeilern erbaut, um ihr Absinken zu verhindern. Apropos Wasser, besser gesagt Feuerwasser. Das Nationalgetränk der Mexikaner ist der Tequila und wird in der Umgebung der Stadt Tequila im mexikanischen Bundesstaat Jalisco und in vier weiteren Staaten produziert. Wir fahren in eine Destillerie und lassen uns in die
Geheimnisse des Tequilas einweihen. Auf der Hacienda Herradura werden wir freundlich empfangen und beim Besichtigungsrundgang von einer Hostess begleitet. Die Tequila-Fach-Frau erklärt uns, dass der  Rohstoff für Tequila ausschliesslich aus der blauen Weber-Agave gewonnen werden darf. Durchschnittlich dauert es acht bis neun Jahre, bis eine Agave geerntet werden kann. Das Innere der Agave, Herz oder auch Piña genannt, wird in Öfen unter Dampf gegart. Die Fermentation und die
Destillation haben einen grossen Einfluss auf die Qualität des Endprodukts. Der endgültige Geschmack wird ebenfalls stark von der Reifung geprägt. Gewöhnlicher junger Tequila wird in Mexiko mit Salz und Zitrone/Limette genossen. Das Ritual läuft folgendermassen ab: Zuerst etwas Salz von der Hand lecken, danach den Tequila trinken und dann in die Zitronenscheibe beissen. Die teureren, in Eichenfässern ausgebauten Tequila Sorten werden meistens pur getrunken. Nach einer ausgiebigen Degustation sind wir uns einig, Tequila ist für uns ein Mix-Getränk, pur schmeckt er nur mässig. Etwas „besäuselt“ fahren wir Richtung San Blas, einem Fischerdörfchen am Pazifik. Wegen seiner ruhigen Atmosphäre abseits der Touristenzentren hat sich San Blas noch den Ruf eines Geheimtipps erhalten. Das tropische Grün und die Mangrovenwälder stehen dicht an der Strasse und überdecken diese z.T., dass man wie durch
einen Tunnel fährt. Es werden Bootsfahrten durch das unter Naturschutz stehende Sumpfland angeboten. Wichtige Einnahmequellen sind Fischerei und Landwirtschaft. Auf dem Weg Richtung Norden erreichen wir Mazatlán, eine mittelgrosse Stadt, die ebenfalls am Pazifik liegt. Sehr auf Tourismus ausgelegt präsentiert sich der Ort mit grossen Hotelanlagen direkt an den Sandstränden. Wir erkunden die Stadt mit einem Pickup, einem Pritschen-Taxi. Wir sitzt mit mehreren Leuten zusammen auf Bänken, die auf der Ladefläche montiert sind und hören während der Fahrt laute Musik aus einem Gettoblaster. Erster Stop ist beim Fischmarkt. Der Fang wird direkt von den Fischern am Strand verkauft. Ein ziemliches Gewusel von Menschen drängt sich an den Ständen. Fregattvögel und Pelikane streiten sich um Fischabfälle. Die Fahrt geht auf einen nahe gelegenen Hügel von dem aus wir einen schönen Blick auf die Skyline der Stadt haben. An dieser bevorzugten Wohnlage stehen prächtige Häuser, die uns äusserst gut gefallen – die Preise für diese Luxusobjekte jedoch weniger. Bekannt ist Mazatlán durch seine verwegenen Klippenspringer. Diese stürzen sich aus rund 13 m höhe ins Meer, das an
dieser Stelle lediglich 1,5 m tief ist. Ein tolles Schauspiel, mit dem die waghalsigen Springer ihren Lebensunterhalt verdienen. Jeder Tourist drückt den Jungs nach einem  gelungenen Sprung gerne ein paar Pesos in die Hände. Zum Mittagessen begeben wir uns in die malerische Altstadt mit der prächtigen Kathedrale von Mazatlán. Rund um den beschaulichen „Plazuela Machado“ gibt es gemütliche kleine Restaurants. Das Wort „Gemütlich“ bekommt diesbezüglich eine ganze besondere Bedeutung. Gemütlich ist nicht nur das Ambiente des Restaurants, das wir uns ausgesucht haben. Die Arbeitsweise des Kochs ist ebenfalls sehr gemütlich. Denn er hat geschlagene zwei Stunden gebraucht um uns ein einfaches Gericht zu kochen, das aber zugegeben äusserst lecker geschmeckt hat. Die Schlemmerei geht am Abend gleich weiter. Auf unserem Stellplatz direkt am Meer bereiten uns am Abend zwei versierte Köche verschiedene Sorten Tacos auf dem offenen Feuer zu. Die beiden verstehen ihr Handwerk und sorgen immer wieder für leckeren Nachschub, denn die ca. 30 hungrigen
Mäuler wollen gefüttert werden. Mexikaner essen gern scharf, deshalb wird nicht nur viel gegessen sondern auch reichlich getrunken. Zum krönenden Abschluss erleben wir einen bilderbuchmässigen Sonnenuntergag, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen bekommt. In Guyamas und San Carlos, beides reizvolle Küstenorte, verbringen wir unsere letzten Tage in Mexiko. Wie schnell doch sechs Monate vergehen. Erst haben wir noch staunend vor den tosenden Wasserfällen in Iguazu (Brasilien/Argentinien) gestanden, nun geht es morgen bereits über die Grenze in die USA. Wir haben in sehr kurzer Zeit wahnsinnig viel gesehen und erlebt. Es wird noch sehr lange dauern, bis wir all die vorwiegend positiven Eindrücke und Emotionen verarbeitet haben. Gerne wären wir da oder dort länger geblieben, hätten diesen oder jenen Abstecher mehr gemacht. Doch das Damokles-Schwert der besten Jahreszeit zum Reisen schwebte stets über uns. Will man mehr sehen, braucht man entsprechend mehr Zeit und muss bereit sein, die Regensaison irgendwo auszusitzen. Auch wenn man Jahre in Süd- und Mittelamerika verweilt, wird man nie alles sehen können. Wir hatten sechs Monate zur Verfügung, die uns unterm Strich aber äusserst gut gefallen haben. Wir sind dankbar, dass wir alle die faszinierenden Länder, Landschaften und Menschen ansatzweise kennenlernen durften. Wir sind gesund und von Unfällen verschont geblieben. Das ist nicht selbstverständlich bei einer Reise, in deren Verlauf uns schwierige Pisten auf über 5'000 m Höhe geführt haben, durch Länder, in denen Auto gefahren wird als gäbe es kein Morgen. Wir haben tropische Hitze bei weit über 40° C ,  Kälte mit Schnee und Eis  und heftige Stürme erlebt. All das fügt sich zu einem Bild zusammen wo wir sagen können, es ist toll, dass wir diese Reise unternommen haben. Natürlich hoffen wir, dass es auf dem nordamerikanischen Kontinent im gleichen Stil weiter geht. Doch wir wissen, dass dieser Wunsch vermessen ist. Sind wir also gespannt, was in den nächsten Monaten auf uns zukommt.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Arizona (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.