Mexiko

Teil 2, Baja California


Reisebericht
Bildergalerie


25.01. - 18.02.2016  Von San Diego auf die Halbinsel Baja California; von Tecate

bis zum südlichsten Punkt nach Cabo San Lucas


Wir verlassen die USA beim kleinen Grenzübergang Tecate. Auf der amerikanischen Seite werden wir bei der Ausreise nicht kontrolliert, anders ist es natürlich beim mexikanischen Zoll. Wir werden in ein Parkfeld eingewiesen wo das Fahrzeug rudimentär überprüft wird. Die freundlichen Beamten wollen auch einen Blick auf „Geckos“ Innenleben werfen. Vom letzten Mexikobesuch haben wir bereits eine Vignette an der Frontscheibe, die das erleichterte Ein- und Ausführen des Fahrzeugs während zehn Jahren ermöglicht. Die Personeneinreise gestaltet sich völlig entspannt. Dem Grenzbeamten sticht mein italienischer Vorname ins Auge, was er mit Wohlgefallen zur Kenntnis nimmt. Er stamme ursprünglich aus Italien, sagt er voller Stolz. Nachdem wir das Einreiseformular ausgefüllt haben geht es zur Kasse, wo eine sogenannte Touristenkarte erworben werden muss. Mit dem Kassenbeleg geht es wieder zum Beamten der Zollbehörde, der sofort Zeit für uns hat, denn wir sind momentan die einzigen Einreisewilligen an der Grenze. Auf die Frage, wie lange wir in Mexiko bleiben möchten, antworten wir, drei Monate. Das sei viel zuwenig um das Land richtig kennen zu lernen, meint der Zöllner und stempelt den Pass mit einer Aufenthaltsbewilligung von einem halben Jahr. Zur Verabschiedung erhebt sich der Beamte von seinem Bürostuhl, schüttelt uns beiden die Hände und wünscht uns einen angenehmen Aufenthalt in Mexiko. Der Tag fängt richtig gut an, sagen wir zueinander, als wir durch die wenig ansehnliche Stadt Tecate fahren. Gleich nach der Grenze wird das Strassenbild typisch mexikanisch. Tiefe Schlaglöcher durchbrechen den Asphalt und sobald man von der Hauptachse abweicht werden diese zu staubigen Pisten. Plötzlich entdeckt Martha das grosse gelbe M einer allseits bekannten Fast-Food-Kette. Weil wir zeitig am Zoll sein wollten sind wir früh, ohne zu Frühstücken, von San Diego losgefahren. Mit einem Big Mac Menü werden die fehlenden Kalorien sogleich aufgefüllt. Nach dieser Stärkung sind wir fit für die kommenden Kilometer auf der Mex1, der Hauptstrasse der Baja
California, die vom Norden bis in den Süden der Halbinsel verläuft. Auf der Ruta del Vino geht's durch die Weinanbaugebiete im Norden der Baja. Die Dörfer wirken ungepflegt und heruntergewirtschaftet. Weil immer weniger Amerikaner Mexiko bereisen fehlt das Geld zur Erhaltung der Bausubstanz und Infrastruktur. Umso mehr überrascht es uns, als wir an einem gepflegten Weingut mit futuristischen Gebäulichkeiten vorbeifahren. Martha möchte sich die Lokalitäten gerne ansehen. Wir wenden und
fahren eine steile Piste hinauf zum hauseigenen Restaurant. Auf der riesigen Terrasse trinken wir Kaffee und geniessen die Aussicht auf die Weinberge. Nebst dem Restaurationsbetrieb gibt es Übernachtungsmöglichkeiten oberhalb der Rebberge. Kleine, ebenfalls futuristisch anmutende Häuschen mit Glasfront sind in den Hang hinein gebaut. Alles  gepflegt und sehr schön anzusehen aber auch entsprechend teuer. Die erste grössere Stadt auf dem Weg in den Süden ist Ensenada an der Pazifikseite. Rund um die Stadt befinden sich die bedeutendsten Weinbaugebiete Mexikos. Zweimal im Jahr starten in Ensenada bekannte Rallyes in die Wüste der Halbinsel Baja California, das Baja 500 im Juni und das Baja 1000 im November. Diese Rennen zählen zu den längsten und härtesten Auto- und Motorradrennen der Welt. Die verwendeten Fahrzeuge sind in der Regel allradgetriebene Spezialkonstruktionen, wie sie ähnlich
auch bei Autocross oder bei der Rally Paris-Dakar Verwendung finden. In der Stadt mit rund 500'000 Einwohner gibt es schöne Flanierzonen und im Hafen legen grosse Kreuzfahrtschiffe an. In Gassen herrscht emsiges Treiben und wir werden ständig von Händlern angesprochen man möge doch dies oder jenes kaufen. Alle paar Meter kommen Kinder auf uns zu, die vermutlich von den Eltern geschickt werden, um bei den Touristen Geld zu betteln. Weiter führt uns der Weg bis zum kleinen Küstendorf
Bufadora. Am Ende einer Halbinsel schiessen, getrieben durch die Dünung der Wellen, aus Felsöffnungen hohe Wasser- und Gischtfontänen. Dieses Naturphänomen versuchen die Mexikaner in bare Münze umzuwandeln. Unzählige Souvenirstände säumen die kleine Küstenstrasse und alle versuchen die wenigen noch vorhandenen Touristen in ihre Läden zu locken. Meistens bleibt es beim Versuch, denn wie schon angesprochen bleiben die nordamerikanischen Gäste grösstenteils ihrem südlichen Nachbarn fern. Der Grund ist und war die Wirtschaftskrise in den USA und die Sicherheitslage in Mexiko. Unseren heutigen Übernachtungsplatz suchen wir etwas abseits der Mex1 direkt am Meer. Wir fahren über bewachsene Sanddünen an eine kleine Bucht. Trotz lautem Donnergrollen der heftigen Brandung schlafen wir tief und fest. Erst als die Sonne wieder über dem Horizont aufsteigt fahren wir nach
einem ausgiebigen Frühstück weiter. Kaum unterwegs, müssen wir bei einem der  vielen Militärcheckpoints anhalten. Mit vorgehaltenem Maschinengewehr werden wir nach dem Wohin und Woher gefragt. Auf Druck der amerikanischen Regierung werden diese Kontrollen überall in Mexiko durchgeführt. Dadurch versuchen sie, Drogen- und Waffenschmuggler noch vor dem Eintritt in die USA abzufangen. Nach einem kurzen, neugierigen Blick ins Wageninnere können wir bereits wieder weiterfahren. Unser nächstes Ziel auf der Baja ist der rund 100 km entfernte Nationalpark Sierra de San Pietro Mårtir. Auf der Karte als fast gerade Strecke eingezeichnet entpuppt sie sich in Tat und Wahrheit als enge, steile und kurvenreiche Passstrasse, die auf Meereshöhe beginnt und schlussendlich fast auf 3000 m ansteigt. Schnell ist uns klar, dass wir unser Ziel am heutigen Tag nicht mehr erreichen. An etwas erhöhter Lage mit Blick ins Tal ist „wildes“ Campieren angesagt. Wir erleben einen bilderbuchmässigen Sonnenuntergang, der die entfernten Bergrücken im leuchtenden Gold erglühen lässt. Die ganze
Nacht fährt kein einziges Fahrzeug an uns vorbei erst um acht Uhr morgens kämpft sich ein schwer beladener Lastwagen den Berg hoch. Nach dem Frühstück fahren wir sogleich weiter, denn noch sind es 50 km bis zum Observatorium, das uns am Endpunkt im Nationalpark erwartet. Die Strasse wird noch steiler und die Fernsicht immer spektakulärer. Wenn das Wetter schön bleibt, wollen wir im Nationalpark übernachten und einige Wanderungen unternehmen. Je höher wir kommen desto tiefer fallen die Temperaturen. Erst hatten wir fast tropische Hitze an der Küste, nun auf 2'700 m zeigt das Thermometer 4° Celsius. Es kommt noch besser. Bereits erkennen wir kleine Schneefelder am Strassenrand. Je höher wir fahren desto dicker wird die Schneedecke. Wir passieren das Eingangstor des Nationalparks. Die Rangerstation ist verwaist. Der Campground ist ebenfalls zugeschneit und geschlossen. Wir fahren noch einige Kilometer bergwärts durch den Park und haben das Observatorium, an dem täglich Führungen stattfinden, fast erreicht. Doch zu unserem entsetzen stehen wir nun vor einem verschlossenen Tor, das die Weiterfahrt verunmöglicht. Vermutlich werden wegen den prekären Schneeverhältnissen keine Führungen im Observatorium angeboten. Das ist natürlich ärgerlich und sollte unserer Meinung nach am Anfang der Strecke auf einer Tafel angeschlagen werden, zumal
die Strasse eine Sackgasse ist und wir unverrichteter Dinge die 100 km zurückfahren müssen. Zur Frustbewältigung bauen wir auf einer Wiese einen grossen Schneemann. Mit vielen unerwarteten Dingen haben wir auf der heissen Baja California gerechnet, aber bestimmt nicht mit einer fast Meter dicken Schneedecke. Nach rund dreistündigem Rückweg zur Mex1 und erreichen wir schon kurz danach die Cataviñia Boulder Fields. Riesen-Kakteen inmitten gewaltiger Gesteinsbrocken säumen den Strassenrand und machen die Fahrt zu einem Erlebnis der besonderen Art. In der Zentralwüste gedeihen viele Kakteengewächse, die es nur auf der Baja gibt. Auf kleinen Wanderungen durchstreifen wir diese unwirklichen Landschaften und sind von den stachligen Riesengewächsen fasziniert. Der mächtige Cardón-Kaktus ist besonders auffällig und zugleich ein Symbol für die Baja. Er kann bis zu 20 Meter hoch und 500 Jahre alt
werden und Tonnen von Wasser in sich speichern. In seiner Nachbarschaft ist oft der Cirio zu finden, wohl die kurioseste Pflanze der mexikanischen Wüste; ein kaktusähnlicher Baum, der in seiner Gestalt einer auf dem Kopf stehenden überdimensionalen Karotte gleicht. Abermals passieren wir Militärkontrollpunkte, bei denen man aber meist unkontrolliert durchgewunken wird. Momentan herrscht Leermond, dadurch sind die Nächte dunkel und wir geniessen bei unseren Stellplätzen, mitten in der Wüste, den Blick in den von Fremdlicht verschonten Nachthimmel. Deutlich ist die Milchstrasse mit tausenden von Sternen zu erkennen. Entlang der Mex1 führen über weite Strecken Stromleitungen. Auf deren Holzmasten haben Seeadler ihre Nester gebaut. Jeweils ein Elternteil bleibt beim Horst währen das andere zur Nahrungsmittelbeschaffung ans Meer fliegt. Wir erreichen Guerrero Negro, eine grössere aber nicht besonders sehenswerte Stadt. Es gibt jedoch Lebensmittelläden und Tankstellen, wo wir unsere Vorräte ergänzen und den Dieseltank randvoll befüllen. Der Weg führt uns von der
Hauptstrasse weg Richtung „Laguna Ojo de Liebre“. Zuerst noch asphaltiert geht die Strasse in eine staubige Piste über. Wir durchqueren eines der grössten Salzabbaugebiete der Welt. In riesige natürliche Becken wird zur Gewinnung des weissen Goldes Meerwasser gepumpt. Nach der Verdunstung des Wassers bleibt nur noch Salz übrig, was industriell abgebaut wird. Auf weiteren Kilometern auf der Rüttelpiste gelangen wir zur Lagune, in der momentan rund 2'000 Grauwale weilen. Den Sommer
über leben die etwa 30 Tonnen wiegenden Tiere in den Gewässern von Alaska und der Beringsee. Im Herbst wandern sie 10’000 km bis an die Küsten der Baja California. Zur Paarung oder zur Aufzucht ihrer Jungen verbleiben die Tiere einige Monate in den geschützten Lagunen. Uns gefällt es an der „Laguna Ojo de Liebre“ so gut, dass wir zwei Tage direkt am Wasser campieren und von unserem Stellplatz aus stundenlang die Wale beobachten. Fast allein in dieser einzigartigen Bucht, geniessen wir die Momente mit den Grauwalen. Ob Tag oder Nacht, es herrscht absolute Stille. Nur das Blasen der Meeressäuger ist ab und zu hörbar. Am Morgen fahren vereinzelt kleine Boote (Whale Watching Touren) in die Lagune. Weil wir noch zu weiteren Buchten zwecks Walbeobachtung fahren, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt eine Bootstour buchen. Nach zwei fantastischen Tagen an der „Ojo de Liebre“ fahren wir zurück zur Mex1 und reisen
südwärts zur Palmenoase San Ignacio. Auf einem kleinen Rundgag sehen wir uns das schmucke Städtchen mit seiner baufälligen aber sehenswerten Kirche (Kadakaamán) aus dem Jahr 1716 an. Auch an der „Laguna San Ignacio“ soll man Grauwale beobachten können. Also fahren wir fast 60 km an die Küste auf einer grösstenteils extrem schlechten Wellblechpiste zur besagten Bucht. Als wir nach ca. 1,5 Std. Fahrt, „geschüttelt nicht gerührt“, endlich das Meer sehen, durchqueren wir Siedlungen aus
Bruchbuden und verlotterten Hütten. Wenn nicht vereinzelt Leute zu sehen wären würde man vermuten, dass hier garantiert schon seit Jahren niemand mehr lebt. Wir lassen die unansehnlichen Behausungen hinter uns und hoppeln querfeldein direkt an die Lagune. Heftige Winde peitschen das Wasser auf, doch in der Bucht sind keine Wale zu sehen. Trotzdem nächtigen wir an diesem einsamen aber schönen Plätzchen um am kommenden Morgen die Rüttelpiste, die wir gekommen sind, zurückzufahren. Es wird auf dem Weg nach Süden noch weitere Möglichkeiten zur Walbeobachtung geben. Noch vor dem Ort Santa Rosalía sticht uns ein Schild mit der Aufschrift „Volcán de las Tres Virgenes“ ins Auge. Eine schmale aber gut ausgebaute Strasse führt in das Gebiet eines hoch aufragenden Vulkans. Auf halbem Weg erreichen wir ein hübsches Restaurant mit Aussichtsturm, von dessen Spitze aus weisse
Rauchschwaden am Fuss des Vulkans zu sehen sind. Normalerweise rauchen Vulkane am Gipfel nicht am Bergansatz. Um die Ursache dieses Phänomens zu ergründen, fahren wir noch näher heran. Nach einigen Kilometern erreichen wir Industrieanlagen mit Schloten, aus denen Dampf aufsteigt. Mächtige Rohre führen talwärts zu weiteren Gebäuden. Mit der heissen Abwärme des Vulkans wird über Dampfturbinen in einem Geothermie-Kraftwerk Strom erzeugt; ein cleveres Geschäftsmodel. Weil niemand zu sehen ist, fahren wir weiter auf dem schmalen Weg den Berg hoch. Plötzlich kommt uns ein Pickup entgegen und stellt sich quer über die Strasse. Der Fahrer in Uniform steigt aus und gibt uns zu verstehen, dass wir hier nichts zu suchen haben. Dies sei Privatgrund der Elektrogesellschaft und wir sollen sofort umkehren. Also rechtsumkehrt wieder zurück zur Mex1 Richtung Santa Rosalía. Die Stadt verdankt ihre Existenz und Gründung (1868) den in der Region entdeckten Kupfervorkommen. Santa Rosalías Altstadt ist
schachbrettförmig angelegt, mit einer einzigartigen Bebauung. Die Häuser und Geschäfte vom Ende des 19. Jahrhunderts sind aus Holz und äusserst eng aneinander gebaut. Sie stehen Wand an Wand und es gibt zwischen ihnen keine Lücken, weshalb der Feuerschutz in Santa Rosalía äusserst problematisch ist. Das bekannteste Bauwerk der Stadt ist die nahezu komplett aus Stahl gebaute Kirche Santa Barbara in der Avenida Obregón. Sie wurde 1884 von Gustave Eiffel, dem Erbauer des Eiffelturms in Paris,
als Prototyp für Missionskirchen in französischen Kolonien entworfen. Wir fahren weiter zu den fantastischen Lagunen, Buchten und Stränden der Bahia Conceptión. Diese 80 Kilometer lange Bucht ist mit kleinen Inseln durchsetzt, von kakteenbestandenen Bergen umgeben und beherbergt eine Vielfalt an Fischen und Vögeln. Wenn es nach mexikanischen Naturschützern ginge, wäre die Bahia Conceptión schon längst zum Nationalpark ernannt worden. An ihren Ufern laden schmale Sandstrände und türkisfarbene Lagunen zum Schnorcheln, Tauchen oder Kajakfahren ein. Die Strände an der Ostseite der Bucht sind unerschlossen und einsam, auf der Westseite hingegen gibt es einige Campingplätze und zumindest bis jetzt nur ein einziges Resort-Hotel. Die Fahrt durch das so menschenfeindlich wirkende Landesinnere steigert das Entzücken über die wenigen Oasen von Zentral-Baja. Eine dieser Oasen ist das unter einem Meer von Palmen versteckte Kleinstädtchen Mulegé. Es liegt am
trägen Fluss Arroyo Mulegé, der sich drei Kilometer weiter in den Golf von Kalifornien ergiesst, den der Tauchexperte Jacques Cousteau einmal das "Aquarium der Welt" nannte. Ein kleiner Zwischenhalt an diesem Ort, der schönsten Oase der Baja, ist natürlich Pflicht. In den engen Gassen herrscht geschäftiges Treiben. Kleine Shops und Restaurants dominieren das Ortsbild. Unser heutiger Übernachtungsplatz liegt am Traumstrand Playa Santispak. Schon bei der Anfahrt aus den Bergen
schimmert das Wasser der Lagune in allen Blau und Grüntönen. Problemlos finden wir ein hübsches Plätzchen mit schattenspendendem, strohbedeckten Unterstand. Wir verbringen zwei erholsame Tage in dieser einzigartigen Bucht, geniessen den Strand und das abkühlende Bad im zugegeben etwas kalten Wasser. Täglich kommen Fischer vorbei und bieten fangfrischen Seafood zum Kauf an. Von diesem Angebot machen wir natürlich reichlich Gebrauch. Nach zwei geruhsamen Tagen fahren wir schweren
Herzens weiter. Doch die Fahrt dauert nicht lange. Bereits nach wenigen Kilometern taucht eine weitere, unserer Meinung nach noch schönere Lagune auf. Die Playa Requeson soll mit ihrem glasklaren, türkisblauen Wasser zu den begehrtesten Fotosujets der Baja California gehören. Obwohl wir gemäss unserem Zeitplan weiterfahren sollten, beschliessen wir hier einen Tag und eine Nacht zu verbringen. Wir stehen auf einer schmalen Landzunge aus weissem Sand, links und rechts das schimmernde Meer, einzig
der heftige Wind trübt das „Südseefeeling“. Bei Ebbe unternehmen wir eine kleine Wanderung zu gegenüberliegenden Insel. Tief geduckt zwängen wir uns durch Mangroven aus deren Dickicht Reiher auf Fischfang gehen. Auf der Insel selbst gibt es keine Wege. Mühsam klettern wir über Vulkangestein zum höchsten Punkt und sind vom Anblick in die verschiedenen Lagunen und das offene Meer überwältigt. Zurück beim Camper richten wir uns häuslich ein bis mein Schatz plötzlich hochschreckt und ein Fahrzeug neben uns mit der Aufschrift „Suiza“ entdeckt . Kaum zu glauben, es sind Hedy und Peter, unsere Freunde von der Panamericana-Tour. Die Sperberaugen der beiden haben unsere roten Dieselkanister am Heck von „Gecko“ schon aus grosser Distanz entdeckt und sind zu uns auf den Strand gefahren. Nach freudigen Umarmungen und kurzem Erlebnisaustausch folgen die Fragen nach den Reiseplänen.
Die beiden Amerika-Kenner haben sich mit weiteren Panamericanos zu einem Wiedersehen verabredet. Gerne wären wir natürlich auch mit von der Partie. Leider findet dieses Treffen rund 350 km nördlich von unserm jetzigen Standpunkt statt und unser Weg führt eigentlich in den Süden. Doch was soll's – jünger kommen wir nie mehr zusammen – was gibt es schöneres, als einige Tage unter Freunden zu verbringen. Wir fahren mit den beiden in drei Etappen gemeinsam wieder nordwärts bis nach Guerrero
Negro, wo wir auf Gaby & Fred und Jean-Paul & Rita treffen. Es ist toll alle gesund und munter wieder in die Arme zu schliessen. Zu acht feiern wir am Abend im Restaurant des Campgrounds den Geburtstag von Hedy. Am nächsten Morgen geht's nochmals zur Walbeobachtung an die Ojo de Liebre. Wir suchen uns in der bereits bekannten Bucht einen Stellplatz direkt am Meer. Am Abend ist Grillieren angesagt. Alle haben tüchtig eingekauft und der Grillmeister Peter hat eine perfekte Glut hingezaubert. Ob Fisch oder Fleisch, alles wird unter den wachsamen Augen vom „Chef de Grill“ genau auf den Punkt gegart. Das Schlemmermenü, ergänzt durch die tollen Salate unserer Damen, essen wir mit Hochgenuss. Damit wir nicht austrocknen wird reichlich, sehr reichlich gebechert resp. getrunken. Wir lassen die tolle Zeit auf der Panamericana Revue passieren und berichten von unseren Zukunftsplänen. Zu vorgerückter Stunde fallen wir müde in die Kojen, denn am nächsten Morgen, um Punkt 8 Uhr, fahren wir mit einem kleinen Boot zum
Whale Watching. Nach nur zehn Minuten Fahrt befinden wir uns mitten unter den gigantischen Meeressäugern. Die nächsten anderthalb Stunden werden uns wohl immer in Erinnerung bleiben, denn so nah sind wir den majestätischen Tieren noch nie gekommen. Um uns herum tummeln sich dutzende Walkühe mit ihren Kälbern, blasen unter Getöse die Atemluft aus und tauchen unter hochalten der Fluke wieder ab. Der Lebens-Zyklus der meisten Grauwale beginnt hier, in der Lagune von Guerrero Negro. In
den letzten 100 Jahren wurden diese riesigen Tiere fast ausgerottet. Nun erholt sich der Bestand wieder. Die Wale ziehen von den fischreichen Jagdrevieren in Alaska, bis hinunter in die Baja California, wo sie in den warmen Gewässern ihr Winterquartier beziehen und Anfangs Jahr ihre Jungen zur Welt bringen. Wir erleben rivalisierende Bullen wie sie in heftigen Auseinandersetzungen um die Gunst der Weibchen kämpfen. Sie schlagen mit ihren kräftigen Schwanzflossen und werfen ihre massigen Körper gegeneinander. Die Wucht der Auseinandersetzungen erzeugt meterhohe Wasserfontänen. Aus sicherer Distanz schauen wir diesem Treiben minutenlang staunend und voller Ehrfurcht zu – ein grandioses Erlebnis. In den kommenden Tagen setzen wir unsere kulinarische Reise gemeinsam weiter, fahren zu den bereits bekannten Traumstränden, nehmen pünktlich um 5 Uhr den obligaten Apéro ein, gehen
anschliessend zum Nachtessen in einheimische Lokale oder grillieren Fleisch, Fisch und Garnellen auf offenem Feuer. Doch bevor die leckeren Meeresfrüchte auf dem Grill landen muss Vorarbeit geleistet Werden. Fred zeigt uns wie Garnellen fachmännisch geputzt werden und Gaby bereitet die geniale Marinade zu, in der die Tierchen baden dürfen. Die exzellenten Essen auf Gourmet-Niveau sind ein absolutes Highlight. Nachdem Jean-Paul sämtliche Saucenreste aus den Salatschüsseln
getrunken hat, darf endlich abgeräumt werden. Spät am Abend, das gehört auch zum täglichen Ritual, wird zur Verdauung der eine oder andere Rum resp. Tequila getrunken, was die sonst schon gute Stimmung nochmals wesentlich steigert. Nach dem wir einige Tage zu acht unterwegs sind stossen noch Kurt und Barbara, ebenfalls Panamericanos, zu uns und verbringen einige schöne Tage in der harmonischen Gruppe. Obwohl wir zusammen mehr als eine Woche unterwegs gewesen sind, ist die Zeit wie im Flug vergangen. Weil wir im Grunde unseres Herzens aber individualreisende sind, trennen sich unsere Wege wieder. Zuvor geben uns Hedy und Peter weitere wichtige Tips für die Weiterfahrt. Dann folgt leider der schmerzliche Moment des Abschieds, mit dem tröstlichen Versprechen, dass wir uns wiedersehen werden. Wir fahren südwärts durch das bekannte Bild von Steppenlandschaften zu Füssen von Berghängen und gelangen zum Städtchen Loreto. Von jesuitischen Mönchen 1697 gegründet, bekam es die erste von 20 auf der Halbinsel Baja California verteilten Missionen. Diese waren nicht nur ein religiöses
Zentrum zum Bekehren der Ureinwohner, sondern auch ein Stützpunkt für spanische Soldaten und spanische Siedler. Die Mission in Loreto ist gut erhalten und beherbergt ein interessantes Museum über die Geschichte der Baja California. Beim schlendern durch den Ort sehen wir uns einige bezaubernde kleine Hotelanlagen an, die von innen und aussen eine südländische Atmosphäre versprühen. Alles ist sauber und aufgeräumt, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Orten auf der Baja. An der schönen Strandpromenade fühlen wir uns wie im Tessin. Vieles erinnert landschaftlich und baulich an Locarno oder Ascona. Ein weiterer sehr schöner Ort auf der Halbinsel ist Todos Santos. Das Städtchen im südöstlichen Teil der Baja, direkt am Pacific gelegen, ist das Mekka der Surfer. Hier finden sie ideale Bedingungen zum Wellenreiten. Die Brecher sind teilweise haushoch und fallen nur langsam in sich zusammen. Im
Dörfchen befindet sich das legendäre, 1928 im Kolonialstil erbaute "Hotel California". 1976 liessen sich angeblich die "Eagels" von diesem Ambiente derart inspirieren, dass sie den Welthit "Hotel California" komponierten. Das Album wurde Nummer eins in den Charts in England und den USA. In Todos Santos finden wir zwischen schnuckligen und farbenfrohen Restaurants viele Galerien mit Exponaten einheimischer Künstler. So manches Stück wie z.B. handgefertigte Vasen oder Lampen
würde uns gefallen, doch „Gecko“ wäre platzmassig überfordert. In den Süden der Baja zieht es vor allem zahlungskräftige Touristen an die langen weissen Sandstränden von San José del Cabo, Cabo San Lucas und La Paz. Mexikos bundesstaatliche Agentur für Tourismusentwicklung, Fonatur, hat mit mexikanischem und ausländischem Kapital riesige Luxus-Resorts errichten lassen mit Tennisplätzen, Golfanlagen und allem, was zu einem Rundum-Versorgt-Urlaub dazugehört. Cabo San Lucas ist inzwischen Mexikos viertgrösster Badeort direkt nach Cancun, Puerto Vallarta und Acapulco. Die Küstenlinie wird von Hotels, palmengesäumten Promenaden und Stränden bestimmt, auf denen es ähnlich lebhaft zugeht wie in den Partyhochburgen Mallorca. Wir müssen uns bei der Einfahrt in die City von Cabo San Lucas zwar durch einen Stau kämpfen, in der Fussgängerzone an der schmucken Uferpromenade und an den
Stränden herrscht aber überhaupt kein Gedränge. Vermutlich geht die Party erst am Abend los, wenn wir Greise schon lange im Bett liegen. Gerne hätten wir etwas vom Nachtleben mitbekommen, leider sind die von uns angefahrenen Campingplätze im Ort geschlossen und bei den anderen aus dem Internet abgefragten Koordinaten befinden sich keine Stellplätze mehr. Das Geschäft mit dem Camping-Tourismus hat wohl schon bessere Zeiten gesehen. So verlasse ich mich wieder einmal auf die Spürnase von Martha, die bei der Fahrt an der Küste entlang etwas ausserhalb der Stadt einen perfekten Campingplatz mit allen Annehmlichkeiten entdeckt. Sogar ein funktionierendes Internet ist mit im Preis enthalten. Endlich ist es möglich ein paar Mails zu versenden und mit den Liebsten zu Hause via Skype zu telefonieren. Auch die Fähre von La Paz nach Topolobampo versuche ich per Internet zu reservieren. Doch es bleibt beim Versuch. Immer wenn alle verlangten Eingaben gemacht sind, hängt sich die Webseite auf. Das ist auf den ersten Blick nicht so tragisch. Aus dem Fahrplan entnehmen wir, dass die Fähre bis auf Freitags täglich ausläuft und offenbar immer freie Plätze vorhanden sind. Weil wir morgen aufs sogenannte Festland übersetzen wollen, müssen wir nur früh genug vor Ort sein und unser Ticket direkt am Schalter kaufen. Am nächsten Tag fahren wir zeitig los Richtung La Paz. Bei Los Barilles blicken wir aus erhöhter Lage auf einen schönen Sandstrand, wo wir ein kleines Picknick machen wollen. Bei der Auffahrt zum Strand bemerke ich etwas spät, dass der Sand sehr tief ist und wir ohne
Luftdruckreduktion in den Reifen wohl oder übel „absaufen“. Wenden ist nicht mehr möglich, dann würden wir garantiert steckenbleiben. Also fahren wir im ersten Gang mit nicht zuviel Gas weiter auf den Strand. Selbst mit Differenzialsperre habe ich das Gefühl, dass sich der Camper jeden Moment eingräbt. Auf keinen Fall anhalten, sondern weiterfahren bis vielleicht ein geeigneter Platz zum Wenden kommt. Direkt vor einer Hotelanlage ist der Boden etwas fester und das ersehnte Wendemanöver gelingt tatsächlich. Mit viel Glück schaffen wir die Strecke zum Ausgangspunkt zurück ohne lästiges freischaufeln festgefahrener Räder oder noch peinlicher, fremde Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Spürbar erleichtert gönnen wir uns das Picknick auf sicherem Boden. Noch vor dem Mittag erreichen wir La Paz und fahren gleich weiter nach Pichilingue zum Fährhafen, um unsere Tickets zu kaufen. Doch zuvor gibts den Sicherheitscheck der Hafenpolizei. Unsere Papiere werden geprüft und „Gecko“ nach unerlaubter Ware durchsucht. Alles passiert ruhig und entspannt, denn die verantwortliche Polizistin ist sehr höflich und korrekt. Nun geht es zum Ticketschalter der TMC. Wir buchen unsere Überfahrt bei einem Lastwagenfährbetrieb. Das hat den Vorteil, dass man den Camper selber auf die Fähre fahren darf und sogar im Fahrzeug übernachten kann. Bei der offiziellen Baja Ferries wäre das nicht möglich. Das Fahrzeug würde von der Besatzung aufs Schiff gefahren und für die Übernachtung müsste eine Kabine gebucht werden. In einer Baracke finden wir den Schalter der TMC Ferries. Wir stellen uns in die Schlange mit lauter Lastwagenfahrern. Es geht nur schleppend vorwärts. Eine Mitarbeiterin des Fährbetriebs erkennt offenbar, dass wir keine Chauffeure, sondern Touristen sind und kommt auf uns zu. Nach einer kurzen Unterhaltung (halb spanisch, halb englisch) erfahren wir, dass die Fähre heute nach Mazatlán und nicht nach Topolobampo ausläuft. Wir sollen doch morgen wiederkommen und um 13 Uhr zum Einchecken vor Ort sein. Das erscheint uns etwas arg früh, denn die Fähren legen abends zwischen 22 und 23 Uhr ab. Aber was soll's. Wir wissen aus der Zeit aus Süd- und Mittelamerika, dass nichts was auf dem Papier oder im Internet geschrieben steht, Bestand hat. So verbringen wir ungewollt noch eine Nacht auf der Baja California. Martha war in der Zwischenzeit fleissig und hat einen Strand ausfindig gemacht, der nur
15 Minuten vom Fährhafen entfernt liegt. Wir fahren an der malerischen Küste entlang bis zum wunderschönen Beach El Tecolote. Ganz überwältigt von der grandiosen Kulisse sind wir nun froh, dass wir einen Tag länger auf der Baja bleiben müssen resp. dürfen. Ein Strand wie in der Karibik, mit glasklarem Wasser und von der Temperatur ideal für ein Badevergnügen. Unseren Camper stellen wir auf den langen Sandstrand direkt ans Wasser. Diesmal habe ich vorher die tiefe des Sandes
ordnungsgemäss geprüft. Wir verbringen einen schönen Nachmittag, einen herrlichen Abend und eine sternenklare Nacht bei El Tecolote. Am nächsten Morgen schlafen wir aus und gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück und machen ein paar Strandspaziergänge. Der Weg zum Fährhafen ist sehr kurz. Um Punkt 13 Uhr sind wir wieder an besagter Stelle. Nochmals werden Papiere und Fahrzeug überprüft. In der Baracke der TMC Ferries bedient uns eine hübsche Mexikanerin, die uns sofort
zu einem ihrer Kollegen auf dem Vorplatz bringt. Dieser schaut sich den Camper von der Grösse her an und füllt anhand der aufgenommenen Daten einen Laufzettel aus. Damit fahren wir zum nächsten Schalter, wo wir ein Formular bekommen mit dem wir in einem weiteren Gebäude unsere Tickest kaufen. Nun halten wir fünf Zettel mit Belegen und Tickets in den Händen, mit denen wir zur Verladestelle geschickt werden. Dort übergeben wir einem Mitarbeiter sämtliche Unterlagen. Der Lademeister
kommt auf uns zu und fordert uns auf, etwas zu warten. Lastwagen um Lastwagen, Container um Container werden auf die betagte Fähre gefahren. Dann bekommen wir das Zeichen. Über eine Rampe fahren wir in den Bauch des Schiffes direkt auf eine Hebebühne. Das Ding funktioniert tatsächlich und in wenigen Sekunden erreichen wir das Oberdeck der Fähre. Ein Mitarbeiter weisst uns millimetergenau zu unserem Platz direkt an der Reling – ein idealer Stellplatz. Von unserem Wohnzimmer haben wir einen tollen Blick aufs Meer und den Hafen. Besser kann es nicht gehen. „Gecko“ als Luxus-Kabine, mit Koch- und Schlafgelegenheit, WC und Dusche und einem prall gefüllten Kühlschrank. Wir sehen der Überfahrt gelassen entgegen. Immer noch werden Lastwagen auf das Schiff gefahren und mit Ketten gesichert. Schlussendlich ist die ganze Fähre bis auf den letzten Platz gefüllt. Nun müssen wir noch sechs Stunden warten bis das Schiff laut Fahrplan ausläuft. Doch zu unserer Verwunderung, wir halten gerade unser Mittagsschläfchen, beginnt sich die Fähre zu bewegen. Tatsächlich befinden wir uns bereits etwas ausserhalb des Hafens und die achtstündige Überfahrt hat bereits begonnen. Warum das Schiff bereits jetzt los fährt wissen wir nicht, aber uns kann es ja nur Recht sein. Wir verlassen die Baja California nur ungern. Dieser lange, schmale Arm, welcher westlich an Mexiko runterhängt, eingeklemmt zwischen dem Pazifik und dem Golf von Kalifornien. Heisse, trockene Wüstenlandschaft, welche sich aber durch eine vielfältige Vegetation auszeichnet. Raue und praktisch unberührte Bergzüge erstrecken sich entlang der Halbinsel, bereichert durch einige Vulkane. Vom nördlichsten Punkt der Grenze zu den USA führte uns die Fernstrasse Mex1 über 1700 km in den Süden bis nach Cabo San Lucas. Wir durften die beindruckenden Grauwale in ihrem Winterquartier beobachten und eine wunderschöne Zeit mit unseren Freunden, den Panamericanos, verbringen – das Leben meint es sehr gut mit uns.


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