Mexiko

Teil 3


Reisebericht
Bildergalerie


19.02. - 03.03.2016  Von La Paz Baja California ans Festland  nach Topolobampo,

Mazatlán, Durango, Zacatecas, Augascalientes, San Miguel de Allende, Querétaro,

Puebla, Oaxaca, Villahermosa nach Palenque


Die achtstündige Überfahrt mit der Lastwagenfähre von der Baja California nach Topolabampo hätte gefühlsmässig etwas länger sein dürfen. Kaum in Tiefschlaf gefallen, macht der Kahn schon wieder am Pier fest und die ersten LKW's fahren über die  Rampe ins Hafengelände. Weil die Fähre sechs Stunden zu früh losgetuckert ist, erreichen wir das sogenannte Festland von Mexiko um Mitternacht. Hafenmitarbeiter dirigieren uns routiniert vom Schiff und wir  fahren ohne Zoll-Kontrollen Richtung Los Mochis. Mitten in der Nacht einen Stellplatz finden ist nicht einfach. Mein Schatz hat sich die Koordinaten eines Campingplatzes in der 250'000 Einwohner zählenden Stadt notiert. Bei absoluter Dunkelheit fahren wir auf unbeleuchteten Strassen, durchsetzt mit tiefen Schlaglöchern, südwärts. Bei jedem kleinen Dorf gibt es die verhassten „Vibradores oder Topes.
Sogenannte Temporeduzierer, die quer über die Strasse verlaufen und einem das Fahrwerk ruinieren, sofern sie nicht frühzeitig wahrgenommen werden. Bei Dunkelheit sind diese idiotischen Verkehrsberuhigungsmassnahmen noch wesentlich schlechter zu erkennen als am Tag. Endlich erreichen wir den besagten Campingplatz, der aber geschlossen ist. Zu allem Überfluss gelangen wir bei unserer Irrfahrt durch die Stadt von einer Umleitung zur anderen. Selbst vom „Navi“ hören wir nur immer wieder den stupiden Satz: „wenn möglich bitte wenden“. Es ist erstaunlich, dass man mitten in einer Stadt so viele Off-Road-Pisten fahren kann resp. muss. Endlich gelangen wir auf eine Strasse, die man als solche bezeichnen kann. An einer grossen PEMEX-Tankstelle stehen einige Dutzend Sattelschlepper. Die Vorhänge der Führerkabinen sind zugezogen, offenbar nächtigen die Fahrer auf dem riesigen Areal. Wir tun es ihnen gleich und parkieren „Gecko“ zwischen diesen Ungetümen der Landstrasse. Direkt an einer viel befahrenen Autobahn schlafen wir trotz den ohrenbetäubenden Motorbremsen der LKW's tief
und fest. Ausgeruht und entspannt fahren wir am nächsten Tag bis nach Mazatlán auf einen schönen Campingplatz direkt am Meer, wo Ruhe und Erholung angesagt ist. Wir studieren Karten, lesen Reiseführer und planen unsere Tour für die kommenden Wochen. Ein temporär eingeführtes Fahrzeug (wie unser Camper) darf maximal ein Jahr in Nordamerika verbleiben. Bei uns läuft die Frist im April dieses Jahres ab. Weil wir aber bis Ende September durch die USA resp. Kanada reisen wollen, müssen wir mit unserem Fahrzeug den NAFTA-Raum (dazu zählen die USA, Kanada, Mexiko) verlassen. Dieses Gesetz besteht schon seit längerer Zeit, wurde aber früher nicht oder nur sehr selten angewendet. Seit rund zwei Jahren ist das offenbar anders. Wir haben von Mitreisenden erfahren und im Internet gelesen, dass Verstösse gegen diese Regelung drakonische Strafen zur Folge haben. Offenbar verhängt die amerikanische Justiz Bussen bis zu 10'000 USD, bei einem Fall spricht man sogar von einer Zahlung in der Höhe des Neuwerts des Fahrzeuges. Ob das tatsächlich so ist, können wir nicht beurteilen. Eins ist aber klar, auf eine juristische Auseinandersetzung mit den „Amis“ möchten wir uns auf keinen Fall einlassen. Wegen diesem unsinnigen Gesetz fahren wir demnächst für drei Tage nach Belize, um das Fahrzeug Aus- bzw. wieder Einzuführen. Danach darf unser rollendes Zuhause wieder für ein Jahr im NAFTA-Raum „on the Road“ sein. Wir jammern natürlich auf hohem Niveau. Eine Reise durch Mexiko ist schliesslich nicht ein Müssen, sondern ein Dürfen. Unsere Route führt zunächst durch eine landschaftlich wunderschöne Gegend nach Durango. Die Strasse verläuft zwischen Bergen und tiefen Schluchten. Wir fahren bewusst die anspruchsvolle alte Strasse (Libre), von der wir immer wieder auf die extravaganten Viadukte der Autobahn (Quota) werfen. Eine dieser spektakulären
Brückenkonstruktionen schaffte es sogar ins Guinness Buch der Rekorde. Die mächtige Puente Baluarte überspannt ein tiefes Tal. Sie ist mit 400 m über Grund die höchste Schrägseilbrücke der Welt. Unsere Strecke führt durch eine Reihe von Dörfer, die nicht mehr als zehn Häuser oder Berghütten umfassen. Am höchsten Punkt der Strasse (2400 m), dem Espinazo de Diablo (Rückgrat des Teufels), gibt es eine Gedenktafel und eine Aussichtsplattform wo man weit ins Tal der Sierra Madre Occidental blickt.
Um nicht mit dem Lastwagenverkehr an Werktagen konfrontiert zu werden lohnt es sich, die enge und landschaftlich reizvolle Bergstrecke an einem Sonntag zu fahren. Mein Schatz hat sich im Internet schlau gemacht und die Koordinaten eines Übernachtungsplatzes in einem Wildpark herausgeschrieben. Das „Navi“ führt uns zielgenau zum Parque Nacional el Tecuan, wo wir unter Eichhörnchen, Rehen, Kojoten und Hirschen campieren. In der Nacht hören wir das Heulen der
Wölfe, die in einer kleinen Population im Naturpark leben. Die Fahrt am kommenden Tag führt durch eine malerische Gegend, geprägt von Landwirtschaft und riesigen unbewirtschafteten Regionen mit weiten Ebenen, Bergen und Seen. Ab und zu sehen wir von der Ferne weisse Rauchschwaden aufsteigen. Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Dieses wird bewusst von Menschenhand gelegt. Normalerweise wird das Gras an den Strassenrändern in mühsamer Arbeit mit der Machete zurückgestutzt, nach Trockenperioden aber oftmals einfach angezündet. Wir fahren im Schritttempo ein paar hundert Meter wie durch dichten Nebel. In den nächsten Tage wollen wir uns ein paar schöne Städte und Dörfer im Hochland ansehen. Diese liegen alle auf einer Höhe von rund 2000 m. Tagsüber schön warm, abends und nachts eher kühl, man/frau schläft wie ein Murmeltier. Als erstes fahren wir nach Zacatecas. Die Geschichte des Ortes begann 1546, als der spanische Conquistador Juan de Tolosa reiche Silberlager entdeckte. Das gefundene Edelmetall führte zu einem raschen Aufblühen der Stadt. Der spätere Eisenbahnbau machte Zacatecas zu einem wichtigen Bahnknotenpunk. Die pulsierende Kleinstadt ist für ihre koloniale Architektur weit
über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Die reich verzierte Kathedrale wurde in einem üppigen spätbarocken Stil erbaut. Obwohl in den Reiseführern von engen und steilen Strassen gewarnt wird, fahren wir mit unserm Camper ins Herz der Stadt. Martha erleidet bei den haarsträubenden Manövern den ein oder anderen Schreckmoment. Ihren Unmut über meine Fahrweise drückt sie in undefinierbaren Urlauten aus. Zacatecas lebt hauptsächlich vom Fremdenverkehr, wobei die meisten Touristen aus
dem Inland stammen. Im Vergleich zu anderen mexikanischen Städten reisen nur relativ wenige Ausländer hierher. Man erkennt die Fremden sofort, weil sie wie wir in  kurzen Hosen herumlaufen – Exoten halt. Mit der modernen Luftseilbahn schweben wir über die Stadt hinauf zum Aussichtspunkt Cerro de la Bufa. Aus luftiger höhe sind die bunten Häuser mit ihren engen Gassen noch beeindruckender. Bei der futuristischen Bergstation sticht uns sofort ein Schild ins Auge, das bei uns
Heimatgefühle weckt. Die Seilbahn stammt von der Schweizerfirma Garaventa aus Goldau – wer hat's erfunden? Auf einer kleinen Rundwanderung auf 2700 m höhe gelangen wir zum schön arrangierten Platz der Revolution mit den obligaten Statuen und einer glorreichen Heldenverehrung. Gleich daneben steht eine dieser schönen mexikanischen Kirchen, die man sich auch als Ungläubiger unbedingt ansehen sollt. Eine weitere absolut sehenswerte Stadt ist Guanajuato. Wir sind vom Charme dieser einstigen Metropole restlos fasziniert. Natürlich fahren wir auch hier unter heftigem Protest von Martha durch steile, enge Gassen und durch schlecht beleuchtete Tunnels. Ein grosser Teil des Strassenverkehrs wird unterirdisch geführt, wobei alte Flussbette und Bergwerkschächte als Tunnel genutzt werden. Weil unmittelbar im Zentrum kein Parkplatz zu finden ist, fahren wir zum nahegelegenen Museo de las Momia, wo ein
freundlicher Mexikaner seinen VW Käfer wegfährt und uns den Parkplatz zur  Verfügung stellt. Zu Fuss marschieren wir ins Zentrum, dem architektonischen Kleinod von Guanajuato. Opulente Kolonialbauten, heimelige von Bäumen bewachsene Plätze, bunte Häuser, einladende Restaurants und schöne Arkaden, soweit das Auge reicht. Zahlreiche Kirchen sowie mehrere Theater ergänzen das einmalige Stadtbild. Jedes Jahr richtet Guanajuato das wichtigste Kunst- und Kulturfestival Mexikos aus. Die
farbenfrohe und fröhliche Stadt  ist ein Mekka der Kultur und weltweit als Gastgeberstadt des Festival Cervantino bekannt. Dieses Festival ist eines der wichtigsten in Mexiko und Lateinamerika. Wer gerne gut und günstig essen geht, kommt in Guanajuato voll auf seine Kosten. Von der Stadtbesichtigung zurück, stellen wir mit Schrecken fest, dass unser Camper von einem Tourbus zugeparkt ist. Vermutlich wird der Chauffeur gleich zurück sein und den Bus wegfahren. Eine Viertelstunde später ist aber immer noch nichts vom Fahrer zu sehen. Das stinkt mir jetzt mit jeder Minute des Wartens mehr. Ich sehe mir den Bus etwas näher an und bemerke, dass die Tür nicht abgeschlossen ist und man glaubt es kaum, sogar der Zündschlüssel steckt. Es ist mir sofort klar, dass dies keine Nachlässigkeit des Busfahrers, sondern Absicht ist. Ich kann den Kleinbus schnell umparkieren und problemlos mit unserem Camper herausfahren – einfach clever, die Mexikaner. Auf dem Weg Richtung Dolores Hidalgo besuchen wir einen weiteren kirchlichen Prunkbau. La Valenciana ist mit seinen drei überbordenden Goldaltären wohl eine der schönsten Kathedralen Mexikos. Unser heutiges Etappenziel ist der touristische Ort San Miguel de Allende. Seit der Wegfahrt von Mazatlán ist uns kein einziges Wohnmobil begegnet. Auf den Campingplätzen waren wir jeweils die einzigen Gäste. Nun fahren wir auf den Stellplatz von San Miguel de Allende und was sehen wir? Lauter Camper aus Deutschland, der Schweiz und Kanada. Wir haben Glück, dass wir so früh angereist sind, denn kurze Zeit später ist kein einziges Plätzchen mehr frei. Bis wir mit jedem Camper ein kurzes Gespräch geführt und angestossen haben, vergehen fast zwei Stunden. Der Campground ist perfekt eingerichtet, verfügt über Strom, Wasser, heisse Duschen, schnelles Internet und man erreicht die Innenstadt in 15 Minuten bequem zu Fuss. Kein Wunder ist der Platz
so begehrt. Wir bleiben hier zwei Nächte, um genügend Zeit für die Stadtbesichtigung zu haben. San Miguel ist die Altersresidenz vieler wohlhabender Amerikaner und Kanadier. Tatsächlich wird in den Gassen fast mehr englisch als spanisch gesprochen. Trotzdem ist es eine bezaubernde Stadt mit ebenfalls kolonialer Architektur. Regelmässige Feste, Feuerwerk und Paraden dominieren die lokale Szene. Das kosmopolitische Flair des Ortes spiegelt sich in seinen ausgezeichneten Restaurants und High-Class-Unterkünften wieder. Zahlreiche Galerien sind mit hochwertigem mexikanischen Kunsthandwerk bestückt. Die liebevoll gestalteten Innenhöfe der von aussen unscheinbaren Häuser sind ein Hingucker. Besonders sehenswert ist die Kathedrale Parroquia de San Miguel Arcángel, die vollständig aus rosafarbenem Stein errichtet wurde. Zu den weiteren Attraktionen der Stadt zählt der Plaza de Allende. Gemütliche Sitzgelegenheiten unter kunstvoll geschnittenen Bäumen zeichnen diesen zentralen Platz aus. Das neugierige Herumschlendern macht hungrig. Bei einem „amächaligen“ Gartenrestaurant mit Blick auf die Kathedrale gönnen wir uns ein leckeres Abendessen und geniessen das südländische Flair dieses Ortes. In den nächsten Tagen steht noch mehr Kultur auf dem Programm. Wir fahren via Oaxaca nach Monte Albán. Auf einer Bergkuppe, 2000 m über Meer, befand sich dereinst das religiöse Zentrum der Zapoteken. Die Anfänge der Besiedlung von Monte Albán gehen auf das 8.
Jahrhundert v. Chr. zurück. Erhalten sind umfangreiche Reste von Wohn- und Kultbauten, ein Observatorium, Grabkammern mit Skulpturen und Wandmalereien. Mehrere Pyramiden, Tempel und Gräber sowie bedeutende Reliefs und Skulpturen wurden bei den Ausgrabungen freigelegt. Einige dieser Bauten sind begehbar. Von der Südplattform überblicken wir die riesige Anlage, die zu ihrer Blütezeit bis zu 30'000 Menschen beherbergte. Im modern gestalteten Museum können Exponate aus der Grabungsstätte besichtigt werden. Schon zu damaliger Zeit wurden Menschen operiert, das heisst, man versuchte es zumindest. Ein Schädel im Museum weist kreisrunde Löcher von einem Bohrer am Hinterkopf auf.  Ob der Patient diese Tortur überlebt hat ist nicht überliefert. Der Weg zu einer weiteren, sehr bedeutenden Grabungsstätte, führt über Tuxtla Gutiérrez nach Palenque. Für die rund 280 km berechnet unser „Navi“ eine Fahrzeit von etwas mehr als fünf Stunden. Das scheint auf den ersten Blick etwas viel, wenn man aber den Zustand der mexikanischen Strassen, gepaart mit den lästigen „Topes“ in den Dörfern berücksichtig, ist es angemessen. Wir fahren früh los, damit wir zeitig in Palenque eintreffen. Über die schlecht ausgebaute Ruta199 fahren wir in gemächlichem Tempo  von Dorf zu Dorf, bis wir nach ca. 100 km Wegstrecke vor einer Strassenbarriere stehen. In kurzer Zeit hat sich eine Kolonne gebildet. An ein Weiterkommen ist vorläufig nicht zu denken. Nach einer Stunde des Ausharrens haben einige Einheimische ihre Fahrzeuge gewendet und fahren zurück. Offenbar wird wegen der schlechten medizinischen Versorgung im Ort demonstriert und  eine Strassen-Barrikade errichtet, die immer noch weiter ausgebaut wird. Auf die Frage wie lange die Blockade dauert, erntet man hilfloses Schulterzucken. Es kann Stunden oder auch Tage dauern, heisst die lakonische Antwort. Alles Wehklagen nützt nichts, wir müssen ebenfalls umkehren und den etwas
weiteren Weg über eine Nebenstrasse durchs mexikanische Hochland fahren. Das „Navi“ rechnet für einen relativ kurzen Streckenabschnitt auf der neuen Route 8,5 Stunden. Wir schütteln  ungläubig den Kopf und sind übereinstimmend der Meinung, dass uns die Software im Navigationsgerät einen Streich spielt. Im schlechtesten Fall brauchen wir für diese Strecke drei bis vier Stunden. Doch schon nach kurzer Fahrt auf der extrem schlechten Strasse, die eher einer Piste gleicht, schwant uns Böses. Etliche
Bergkämme müssen in engen Kehren überwunden werden: jeweils 1500 m hinauf  und wieder 1500 m hinunter. In der Luftlinie gemessen kommen wir nach jeder Berg- und Talfahrt nur gerade mal ca. 5 km weit. So kommen wir natürlich nie ans Ziel. Doch es kommt noch schlimmer. Durch heftige Regenfälle in den vergangenen Wochen ist die Strasse, besser gesagt Eselspfad, abgerutscht. Selbst mit dem kleinen „Gecko“ ist die Durchfahrt kaum zu schaffen. Wir wähnen uns in einem bösen Alptraum, aus dem
man hofft, jeden Moment zu erwachen. Nachdem wir ohne Unterbruch 8 Stunden gefahren sind, steigt zu unserem Entsetzen ein  dichter Nebel aus dem tropischen Regenwald auf. Die Sichtweite beträgt schon nach kurzer Zeit höchstens noch fünf Meter. Martha möchte auf der Stelle anhalten. Natürlich wäre dies das einzig Richtige. Es ist unverantwortlich bei den Verhältnissen weiterzufahren. Aber stehenbleiben können wir hier unmöglich, denn es gibt keine Ausweichmöglichkeiten. Also schleichen
wir im Schritttempo weiter talwärts. Plötzlich taucht vor uns ein Schatten auf, der sich flink zur Seite bewegt. Vor Schreck trete ich voll in die Eisen und der Camper kommt augenblicklich zum Stehen. Wir können es kaum fassen. Ohne irgendwelche Abschrankungen oder Leuchtkörper wird bei diesen Verhältnissen an der Strasse gearbeitet. Jetzt wird es auch mir in der Magengegend mulmig. Unvermittelt fährt vor uns ein Lastwagen von der Baustelle hinaus talwärts. An den müssen wir uns  halten. Offenbar ist es ein ortskundiger Fahrer. Im Blindflug erkennt er jede Ecke und alle Schlaglöcher in der Strasse. Ich folge dem LKW in einem Abstand von knapp 5 m, gerade soweit entfernt, dass ich die Rücklichter erkennen kann. Über eine Stunde fahren wir hinter dem Lastwagen her, bis wir im Talboden angelangt sind. Glücklicherweise lichtet sich der Nebel und wir stellen erleichtert fest, dass es der letzte Hügelzug war, den wir überwinden mussten. Schlussendlich haben wir nach zehn Stunden Fahrt, ohne Pause und ohne zu essen und zu trinken, die hälfte der geplanten Wegstrecke nach Palenque geschafft. Bei Dunkelheit halten wir an einer PEMEX-Tankstelle vor Villahermosa und parkieren den Camper auf der angrenzenden Wiese. Obwohl hundemüde, will Martha noch eine Kleinigkeit kochen. Ich winke dankend ab, denn ich verspüre weder Hunger noch Durst; ich will nur noch schlafen. Was für ein ungewöhnlicher, verrückter und absurder Tag! Am nächsten Morgen fühlen wir uns bereits wieder fit und ausgeruht. Sogar der Ärger ist verflogen. Die restliche Wegstrecke auf gut ausgebauten Strassen bewältigen wir im Handumdrehen und
erreichen um die Mittagszeit den Campground Maya Bell im Parque National von Palenque. In der archäologischen Zone befinden sich die Ruinen einer ehemaligen Mayametropole, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Das Zentrum der Stadt bilden der Tempel der Inschriften und der Palast. Viele alleinstehende Bauten, die auf Sockelplattformen errichtet wurden, stehen auf dem riesigen Gelände. Nahezu alle Gebäude wurden mit feinen und detailreichen Stuckreliefs verziert, sowohl
im Inneren als auch an den Aussenwänden. Ebenso typisch für Palenque sind die aufwändigen Dachkämme vieler Gebäude. Gerade deshalb gilt die Architektur der Ruinen von Palenque als besonders elegant und anmutig. Die zahlreichen Steinplatten mit Inschriften, Skulpturen mit Flachreliefs, eingebettete Masken und andere Verzierungen verleihen Palenque einen Hauch von Mystik. Der etwa 20 Meter hohe Inschriftentempel beherbergt  als einzige mexikanische Pyramide eine Krypta. Bei den Ausgrabungsarbeiten fand man eine Sammlung von Schmuck und Masken aus Jade. Während seiner Blütezeit war Palenque ein expandierendes religiöses Zentrum, das sich über 40 Quadratkilometer erstreckte. Die bisherigen Ausgrabungen von nur rund einem  Quadratkilometer enthüllen, was Experten als die Spitze der westlichen  Mayakultur bezeichnen. Das Wissen, dass es in Palenque noch viel zu enthüllen gibt, ist ohne Zweifel, Teil seines Zaubers. Fast alle Ruinen in der Anlage dürfen begangen resp. bestiegen und erkundet werden. So erst bekommt man einen Eindruck von der Grösse
und Schaffenskraft der Maya. Nachdem wir über mehrere Stunden die x-te Pyramide hochgekraxelt sind, spürt man die körperliche Anstrengung, vor allem bei dieser tropischen Hitze. Die anschliessende Dschungelwanderung beschert uns zwar tolle Eindrücke wie exotisches Vogelgezwitscher und die faszinierenden Laute der Brüllaffen, aber keine Abkühlung. Doch dann entdecken wir einen ruhig dahinfliessenden Bach. Sofort entledigen wir uns des Schuhwerks und hüpfen ins knietiefe Wasser. Plötzlich verspüren wir ein undefinierbares Kribbeln an den Füssen. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir dutzende kleine Fische, die uns durch das Abknabbern der Hautschüppchen ein wohltuendes Peeling bescheren. Wir gönnen uns den Gratisservice ein paar Minuten lang und setzen danach unsere Wanderung deutlich erfrischt fort. Am Campground angelangt, genehmigen wir uns aber dennoch ein belebendes Badevergnügen im Pool und löschen den Durst mit einem exotischen Drink. Um Mitternacht, wir schlafen tief und fest im Schoss von „Gecko“, werden wir von einem infernalischen Geschrei geweckt. In den Bäumen beim Campingplatz haben sich Brüllaffen versammelt und machen ihrem Namen alle Ehre. Die Lautstärke des Gebrülls erreicht locker die Phonstärke eines startenden Düsenjets. Andere Sippenmitglieder, die kilometerweit entfernt sind, erwidern in regelmässigen Abständen die Rufe. Das markdurchringende Konzert mit Gänsehauteffekt dauert ca. zehn Minuten, bis wieder Ruhe einkehrt im Regenwald von Palenque.


04.03. - 31.03.2016  Von  Palenque nach Corozal BELIZE, zurück nach MEXIKO Chetumal, Playa del Carmen, Cancún, Ría Lagartos, Campeche, Isla Aguada, Catemaco, Veracruz, Casitas, Cuautitlán, Guadalajara, Santa Elena, Atotonilco, Tepic, San Blas, Mazatlán, Guyamas, San Carlos nach Nogales zurück in die USA


Von der fantastischen May Stadt im Regenwald von Palenque fahren wir für ein paar Tage über die Grenze nach Belize, um zum Einen unseren Camper aus dem NAFTA-Raum auszuführen („Gecko“ darf dann ein weiteres Jahr in Nordamerika bleiben) und zum Anderen eine Bootstour zu den vorgelagerten Inseln bei Corozal zu unternehmen. Das Schnorcheln im glasklaren Wasser über dem Riff soll ein Erlebnis sein. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Doch leider wird aus dem geplanten Ausflug nichts. Das Wetter ist alles andere als verheissungsvoll und lässt keine Bootstouren auf der vom Wind und Wellen aufgewühlten See zu. Dafür treffen wir beim Campground wieder einmal auf die Panamericanos Rita und Jean-Paul sowie Gaby und Fred. Gemeinsam verbringen wir, nach dem obligaten 17 Uhr Apéro, einen gemütlichen Abend in einem reizenden Restaurant direkt am Meer. An den folgenden beiden Tagen planen wir die weitere Reiseroute und bringen unseren Camper innen und aussen auf Hochglanz. Da Petrus noch die ganze Woche den beleidigten spielt fahren wir unverrichteter Dinge wieder zurück nach Mexiko, wo
die Wetteraussichten wesentlich besser sind. Am tropischen Golf von Mexiko richten wir uns für zwei Tage auf dem Campingplatz bei Chetumal ein. Der üppige Palmenbestand auf dem Stellplatz ist ein willkommener Schattenspender, der aber ein gewisses Sicherheitsrisiko in sich birgt. Weltweit kommen mehr Menschen durch fallende Kokosnüsse ums Leben als durch Haiangriffe. Also parkiere ich unseren Camper genau so, dass wir auch bei stärkerem Wind nicht von einem dieser Geschosse getroffen werden. Obwohl wir oftmals sehr touristische Orte meiden, sehen wir uns Playa del Carmen und Cancún trotzdem an. Playa del Carmen ist heute Teil des Konzeptes Riviera Maya, unter welchem Namen der Küstenabschnitt zwischen Cancún im Norden und Tulum im Süden als touristische Region vermarktet wird. Die Stadt dient als günstige Ausgangsbasis für Ausflüge zu den umliegenden Cenotes,
archäologischen Stätten wie Tulum und Cobá. Mangels Campingmöglichkeiten stellen wir „Gecko“ direkt auf den schneeweissen Sandstrand bei einem Fünfsternehotel an der Riviera Maya. Mal sehen, ob das geduldet wird. Unbehelligt verbringen wir einen gemütlichen Abend an bester Lage und geniessen den fast kitschigen Sonnenuntergang. In den frühen Morgenstunden, wir schlafen tief und fest, klopft jemand an die Tür des Campers. Ich öffne sofort und sehe ein paar uniformierte Männer, die sich in Reih und Glied aufgestellt haben. Sie gehören zum Security Personal des Hotels. War wahrscheinlich doch keine so gute Idee vor der Luxusherberge zu übernachten, denke ich noch völlig schlaftrunken. Doch dann kommt einer auf mich zu mit der höflichen bitte, ob ich freundlicher Weise den Camper zwei Meter zurücksetzen würde, damit am
Morgen die Putzequipe mit ihren Gerätschaften ungehindert zum Strand gelangen könne. Gesagt, getan; wir verbringen anschliessend eine ruhige, ungestörte Nacht im Schosse von „Gecko“. Am nächsten Tag fahren wir nach Cancún, ins Herz des Tourismus am Karibischen Meer. Die Insel mit der „Zona Hotelera“ liegt zwischen der türkisfarbenen Karibik im Osten und tief grünblauen Lagunen im Westen. Hotels, Restaurants, Shopping Malls und zwischendrin Maya-Ruinen säumen den 22 km
langen Boulevard Kukulcán. Das Sportangebot lässt keine Wünsche offen: Golf, Tennis, Wasserski in den Lagunen, Hochseefischen und Tauchen in der Karibik. Eigentlich haben wir in Cancún einen riesigen Rummel erwartet, doch entgegen unseren Befürchtungen geht alles seinen gemächlichen Gang ohne grosse Menschenansammlungen und Gedränge in der Stadt und an den Stränden. Mexikaner trifft man hier jedoch nur selten. Amerikaner, Kanadier und Europäer dominieren die Szenerie. Nach einiger Zeit in urbanen Gebieten zieht es uns immer wieder in ländliche Gegenden. Martha ist im Reiseführer auf eine interessante Region gestossen, die wir unbedingt besuchen möchten. Am nördlichsten Ende der Halbinsel Yucatán befindet sich Ría Lagartos. Im Naturschutzgebiet lebt das grösste Flamingovolk Mexikos, mit mehr als 40'000 Tieren. Das mit Brackwasser (Salz- und Süsswasser gemischt) durchsetzte
Sumpfgebiet ist von einem dichten Mangrovengürtel umgeben und ist Grundlage für eine Fauna mit riesiger Artenvielfalt. 250 verschiedene Vogelarten, Reptilien und Fische leben im geschützten Gebiet. Um diese einzigartige Natur von Nahem zu erleben unternehmen wir mit dem Fischer Sergio eine Bootstour. Er kennt das Biosphärenreservat wie seine eigenen Hosentaschen. Auf verschlungenen Wasserwegen fährt er zielsicher zu den optimalen Beobachtungsplätzen. Innert kurzer Zeit sind wir
mitten unter hunderten rosafarbenen Flamingos, die von blütenweissen Pelikanen eskortiert werden. Bei Ebbe ist die Wassertiefe im Mündungsgebiet des Ría Lagartos nur noch wenige Zentimeter tief. Sergio muss den Aussenbordmotor hochklappen und das Boot mit einer langen Stange über die sumpfigen Untiefen hinwegbewegen. Er erklärt uns, dass die rosa Farbe der prächtigen Flamingos das Ergebnis von winzigen Meeresorganismen ist, die vom Federvieh mit Vorliebe gefressen werden. Je
salzhaltiger das Wasser, desto mehr Kleinlebewesen schwimmen in der rötlichen Lauge. Die Flamingos in diesen Gewässern sind entsprechend am farbintensivsten. Dem geübten Auge von Sergio entgeht nichts. Mitten in rasanter fahrt stoppt er das Boot und gleitet langsam in einen Nebenarm des Flusses. Auf einem Baumstamm im Wasser sonnt sich ein Krokodil. Sergio hat dieses aus grosser Distanz erkannt, wir bemerken es erst aus nächster Nähe. Wir hätten nie gedacht, dass hier solch imposante Panzerechsen zu sehen sind. Der scheinbar unerschöpfliche Fischreichtum lässt sie zu solch stattlicher Grösse heranwachsen. Zum Schluss unserer Tour entdeckt Martha einen Pfeilschwanzkrebs. Diese eigenartigen, prähistorischen Wesen leben schon seit Jahrmillionen unverändert in den Ozeanen. Nach zweistündiger, spektakulärer Bootsfahrt erreichen wir wieder den kleinen Fischerhafen von Ría Lagartos. Der über hundert Kilometer lange Abstecher hat sich für uns in jeder Hinsicht gelohnt.
Über Merida fahren wir der Küste entlang weiter nach Campeche. Ein mehrspuriger, Kilometer langer Boulevard im Stadtgebiet verläuft am Meer entlang. Er ist ein beliebter Treff der Campechanos zum Flanieren, Radfahren, Laufen oder Inline-Skaten. In Mexiko ist „Wild-Übernachten“ nicht so einfach wie in den USA oder in Kanada. Es gibt nur wenige geeignete Stellplätze. Deshalb übernachten wir vorzugsweise auf Campgrounds, die aber nicht leicht zu finden sind oder wegen einbrechenden
Besucherzahlen längst dicht gemacht haben. So nächtigen wir in Campeche, mangels Campingplatz, einfach auf einem Parkfeld an besagtem Boulevard. Hier herrscht 24 Stunden am Tag lärmiger Durchgangsverkehr; Nachtschwärmer, die zu tief ins Glas geguckt haben laufen grölend am Camper vorbei und klopfen an die Tür. Wir schlafen trotzdem friedlich und wachen entspannt und ausgeruht auf. Das richtige Golf von Mexiko-Feeling bekommen wir aber erst auf der Isla Aguada. Ein herrlicher, palmengesäumter Sandstrand in einer türkisblauen Lagune und wohltemperiertem Wasser erwartet uns. Ein Badevergnügen der Extraklasse! Hier verbringen wir zwei geruhsame Nichtstun-Tage. Nach einem Zwischenstop in Catemaco reisen wir an der Costa Esmeralda entlang nach Casitas. Beim ausgewanderten Schweizer Martin bleiben wir eine Nacht auf seinem rudimentären Campingplatz. Auch er beklagt die rückläufigen
Besucherzahlen. Es fehlt durch das Fernbleiben der Amerikaner und Kanadier dringend benötigtes Geld für Investitionen und Renovationen. Weil der ehemalige „Emmenbrückler“ aber schon über 20 Jahre hier lebt hat er inzwischen auch Gäste aus der Mittelschicht der einheimischen Bevölkerung, die gerne mal für ein paar Tage die hübschen Cabañas seines Anwesens buchen. Wir können uns mit dem feuchtheissen Klima an der Costa Esmeralda nicht so richtig anfreunden. Tagsüber erreichen die Temperaturen locker 35° C und nachts sinken sie kaum unter 25° C. Dazu nervt uns die unerträgliche Schwüle bei der wir trotz permanenter Rexona-Anwendungen nicht aus dem transpirieren herauskommen. Der unangenehme Morgennebel, der alles klitschnass werden lässt, kann uns auch nicht wirklich begeistern. Also möglichst schnell ins Landesinnere fahren, wo das Klima etwas gemässigter ist. Die Reise führt uns in die Nähe von Mexiko City nach Cuautitlán, wo wir „Gecko“ in einer VW Garage etwas verwöhnen lassen möchten. Der 75'000er Service steht an und die Bremsbeläge müssen ebenfalls gewechselt
werden. Wir haben die Werkstatt vorab per E-Mail angeschrieben aber natürlich keine Antwort erhalten. Das ist typisch für Mexiko. Nichts wird mehr geschätzt als das persönliche Gespräch, warum soll man auf eine schnöde E-Mail antworten. Wir fahren bei besagter Garage so gegen 16 Uhr vor und werden sofort herzlich empfangen. Die halbe Belegschaft steht bewundernd vor „Gecko“. So einen VW haben sie noch nie gesehen. Der Manager der Garage macht sofort einige Bilder aus verschiedenen Perspektiven, während sich die Damen vom Empfang für den Innenbereich des Campers interessieren. Der Sachbearbeiter spricht nur spanisch und kein englisch, ich hingegen englisch und sehr wenig spanisch. Notgedrungen verständigen wir uns via Google-Übersetzungsprogramm. Abwechselnd setzen wir uns an den Computer, tippen unsere Fragen und Antworten ein und lassen diese in die jeweilige Sprache übersetzen, was natürlich mehr schlecht als recht funktioniert und so manches Schmunzeln aufs Gesicht zaubert. Aber mit etwas gutem Willen klappt diese Vorgehensweise. Obwohl die Werkstatt vor Ostern eigentlich voll ausgebucht ist, wollen die motivierten Mitarbeiten gleich mit den Servicearbeiten beginnen. Der Sachbearbeiter erklärt uns, dass wir den Camper am anderen Tag um 15 Uhr abholen können. Er will nun wissen, in welchem Hotel wir nächtigen. Dank Google-Übersetzer kann ich im klar machen, dass „Gecko“ unser Hotelzimmer ist. Wieder wird ausgiebig und laut gelacht und wir verständigen
uns darauf, dass wir den Camper am nächsten Morgen in aller Frühe bringen und am Abend wieder in Empfang nehmen. Was viele nicht wissen, die offiziellen Autowerkstätten in Mexiko sind modern, top eingerichtet und die Fachkräfte gut ausgebildet. So ist es nicht verwunderlich, dass wir am nächsten Tag einen runderneuerten „Gecko“ abholen dürfen, bei dem alle Arbeiten wie besprochen perfekt ausgeführt wurden. Selbst die Wagenreinigung wurde so penibel gemacht, dass sie höchsten Ansprüchen gerecht wird. Zu unserer Überraschung gewährt man uns beim Bezahlen  30% Nachlass auf die sonst schon günstige Rechnung. Es sei für sie eine Ehre, sagt der Sachbearbeiter, dass wir den Wagen ihrer Werkstatt anvertraut haben. Das ist ein Kundenservice, an dem sich unsere Schweizer Garagen ein Beispiel nehmen sollten. Hochzufrieden machen wir uns auf den Weg über Guadalajara nach Santa Elena. In diesem
verschlafenen Dorf hat sich ein ausgewanderter Schweizer vor 25 Jahren ein kleines Paradies geschaffen. In Eigenregie hat „Charly“ sein Heim, Bungalows, einen Pool, und ein kleines Restaurant gebaut. Die ganze Anlage ist mit so viel Liebe und Herzblut entstanden, dass man sich kaum mehr von diesem Ort lösen möchte. Zu allem Überfluss kocht Charly wie ein kleiner Gott. Vom einfachen Schweizer Teller über Rindsgeschnetzeltes nach Zürcher Art bis zum 400 g Angus Steak bekommt man alles was den
Gaumen verwöhnt. Sogar das köstliche Brot stellt Charly in der hauseigenen Backstube selber her. Es ist daher nicht verwunderlich, dass alle Camper deren Reiseroute in der Nähe vorbeiführt, bei Charly halt machen. Am runden Tisch in gemütlichem Ambiente sitzen wir mit zwei Schweizer und einem Liechtensteiner Pärchen zusammen, schlürfen einen kühlen Drink und geniessen das anschliessende Schlemmermenü. Aus ursprünglich einer Übernachtung bei Charly werden es schlussendlich
deren sechs – wen wundert's? An einem Abend lernen wir Valentin, einen weiteren ausgewanderten Schweizer kennen , der uns alle spontan zu seinem Geburtstagsfest in sein prächtiges Haus einlädt. Es wird getrunken, gegessen und gesungen; bei vorgerückter Stunde zwar nicht mehr so schön dafür umso lauter. Ein rundum gelungener Abend. Anderen tags dürfen wir die Mühle von Valentin besichtigen. Er führt uns durch den hochmodernen Betrieb und erläutert in spannender Weise die komplexe Mehlproduktion. Am nächsten Tag nimmt uns Charly mit zu seinen Schwiegereltern. Zunächst fährt er zu einer kleinen Käserei, in der 30 verschiedene  Käsesorten hergestellt werden. Der Inhaber hat sein Handwerk in der Schweiz gelernt. Dementsprechend schmecken uns seine tollen Käsespezialitäten. Nach der interessanten Führung
kaufen wir tüchtig ein. Wir freuen uns jetzt schon auf „Gschwelti met rezäntem Chäs“. Über eine holprige Landstrasse gelangen wir anschliessend zum Haus von Charly's Schwiegereltern. Unter einer grossen, schattenspendenden Palme ist bereits der Mittagstisch gedeckt. Die herzliche Schwiegermama kocht auf offenem Feuer einen leckeren mexikanischen Suppeneintopf. Die dazu gereichten Tortillas passen perfekt zur würzigen Maissuppe. Schon wieder sind wir am Schlemmen. Am nächsten
Tag nehmen wir schweren Herzens Abschied von Charly's Paradies und fahren zur  Westküste an den pazifischen Ozean. Über Tepic geht die Reise zum tropischen San Blas. Das Osterwochenende steht vor der Tür. Viele Mexikaner zieht es nun ans Meer. Obwohl wir von Charly vorgewarnt wurden, sind wir ebenfalls unterwegs zu den „einsamen“ Sandstränden. In den rund drei Monaten, die wir insgesamt in Mexiko verbracht haben, sind uns kaum Camper begegnet. Mexikaner gehen sowieso lieber ins Hotel, die campieren bestimmt nicht. An Ostern ist alles ganz anders. Die wenigen Campingplätze am Wasser sind mit Zelten überstellt. Soweit das Auge reicht, ein Zeltlager neben dem andern. Die sonst schon lauten Mexikaner legen in der Osterzeit noch eine „Schippe“ drauf. Sie kennen weder Tag noch Nacht. Rundumparty ist angesagt. Musik in voller Dröhnung. Die leidgeprüften Boxen der Musikanlagen und die Ohren der „Touris“ werden nun über Tage nicht zur Ruhe kommen. Wir rechnen schon mit dem Schlimmsten, als wir an einen menschenleeren Campground etwas abseits des Meeres gelangen. Suuuper, hier bleiben wir für zwei Tage! Auf dem weitläufigen Areal sind wir die einzigen Camper und können
uns ein lauschiges Plätzchen aussuchen. Hausten da nicht winzig kleine mückenähnliche „Viecher“, die einen schier auffressen, wäre die Idylle perfekt. Doch wir haben für diesen Fall Sprays verschiedener Hersteller dabei. Diese werden den kleinen Biestern schon den Garaus machen. Doch da haben wir uns mächtig getäuscht. Keines der Wundermittel hilft. Also hüpfen wir in Windeseile in den Camper, öffnen die Fenster und ziehen die Mückennetze zu. So ist es im Innern angenehm kühl und es weht stets ein kleines Lüftchen. Voller entsetzen stellen wir jedoch schnell fest, dass die Mückennetze kein Hindernis für die blutrünstigen Viecher sind. Diese schlüpfen zwischen den Maschen durch und stürzen sich gierig auf uns. Gegen Abend wird im grossen Stil gegen die Plage vorgegangen. Mit einem Tankwagen wird ein Giftcocktail versprüht, der dem Elend ein Ende bereiten soll. Doch als wir am nächsten Morgen unsere geschundenen Körper betrachten, müssen wir konsterniert feststellen, dass diese Aktion nichts gebracht hat. Zu allem Überfluss haben nun auch noch mexikanische Zelter dem Campground entdeckt und rund um „Gecko“ (Abstand etwa einen Meter) ihre Biwaks aufgeschlagen. Zur Insektenplage gesellen sich nun noch die partylustigen Mexicanos dazu. Es ist Zeit zum Weiterreisen. Sicherlich wird
nördlich in Mazatlán etwas gesitteter gefeiert. Nach der Überfahrt von der Baja California standen wir damals auf einem ruhigen und schönen Campground direkt am Meer. Zu diesem fahren wir jetzt. Doch schon bei der Einfahrt zum Areal sehen wir eine Zeltstadt mit fröhlich feiernden Familien. Jeder hört Musik so laut wie möglich mit kläglichen Karaoke-Versuchen. Für uns ist es rätselhaft wie bis zu zehn Personen in einem so winzigen Zelt Platz finden. Aus leidlicher Erfahrung wissen wir, dass der
Geräuschpegel auch in der Nacht nicht geringer wird, im Gegenteil. Sobald es eindunkelt laufen die Mexikaner zu ihrer Höchstform auf und die hält bis in die frühen Morgenstunden an. Was soll's, wir sind Gäste in diesem Land und haben uns nicht zu beschweren, sondern uns gefälligst den Gepflogenheiten der Bevölkerung anzupassen. Wenn man die Sache unter diesem Aspekt betrachtet ist es gar nicht mehr so nervig und irgendwann schläft man auch bei 100 Dezibel friedlich ein. Unsere letzte Station in Mexiko ist das touristische Dörfchen San Carlos. Viele Amerikaner und Kanadier leben in den Wintermonaten im vom Klima verwöhnten Ort am Golf von Kalifornien. Sie reisen mit ihren riesigen Wohnmobilen an oder besitzen in den Hügeln rund um die malerischen Strände Eigentumswohnungen oder Villen. Im Hafen liegen ihre luxuriösen Boote, mit denen sie bequem das offene Meer erreichen. Zum krönenden Abschluss
unserer Reise durch Mexiko gönnen wir uns ein feudales Essen mit Leckereien aus dem Meer. Das gemütliche, landestypische Lokal liegt direkt am Wasser. Während wir schlemmen sehen wir hunderten Pelikanen zu, wie sie in koordinierten Aktionen Fischschwärme zusammentreiben und wie auf ein geheimes Zeichen gemeinsam Zuschlagen – das grosse Fressen kann beginnen. Morgen verlassen wir Mexiko und reisen bei Nogales wieder in die USA ein. Um das Gesehene und die schönen
Erlebnisse unserer Tour zu verarbeiten, werden wir drei ruhige, beschauliche Tage im Saguaro Nationalpark verbringen. Unser Fazit von Mexiko könnte besser nicht ausfallen. Entgegen allen Vorwarnungen auf einschlägigen Seiten im Internet (Auswärtiges Amt der Schweiz resp. USA), haben wir nie das Gefühl gehabt, in irgendeiner Weise bedroht gewesen zu sein. Nicht nur wir haben diese Erfahrung gemacht. Alle Reisenden, die wir gesprochen haben sind zum selben Schluss gekommen. Auch Auslandschweizer, die schon seit 20 Jahren oder länger in Mexiko leben, zeichnen ein rundweg positives Bild von Land und Leuten. Die Menschen in Mexiko sind lebensfroh, freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend. Gewalt, Mord und Todschlag, von denen man immer wieder in den Medien liest, gibt es vorwiegend im Dunstkreis der Drogenszene, bei Bandenkriegen oder im Milieu des organisierten Verbrechens. Touristen sind von diesen Vorfällen nicht betroffen. Natürlich muss man in Grossstädten die gleichen Vorsichts- und Verhaltensmassnahmen treffen wie in Europa auch. Wir jeden falls können jedem das fantastische Mexiko nur ans Herz legen. Es ist ein wunderschönes Land, mit einer interessanten Geschichte, das man gefahrlos bereisen kann.


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