New Mexico



Reisebericht
Bildergalerie


01.04 - 08.04.2016  Vom Saguaro NP über White Sands NM, Mayhill zum

Carlsbad-Caverns NP


Nach unseren erholsamen Tagen im prächtigen Saguaro Nationalpark verlassen wir Arizona und reisen an der mexikanischen Grenze entlang nach New Mexico, einem Bundesstaat im Südwesten der Vereinigten Staaten. New Mexico ist durch seine spezielle Lage auf einer Hochebene geprägt. Grosse Teile des Lands auf der windabgewandten Seite der Rocky Mountains sind sehr trocken, viele Gebiete nahezu unberührt und menschenleer. Der Reichtum an Landschaftsformen, die klare Luft mit dem meist blauen Himmel und die abwechslungsreichen bunten Gesteine sind charakteristisch für New Mexico. Bedeutendstes Gewässer ist der aus vielen Westernfilmen bekannte Rio Grande. Er entspringt in Colorado und durchfliesst den Bundesstaat von Norden her nach Süden. Für die Landwirtschaft ist der Fluss eine unverzichtbare Lebensader, er hat aber auch grosse Bedeutung für die Energiewirtschaft. In ganz New Mexico gibt es zahlreiche wunderschön gelegene National- und State Parks. Leider befinden sich viele davon abseits
unserer Reiseroute, was natürlich schade ist. So verkommt unser Trip durch den Süden des Bundesstaates nur zu einer Stippvisite. Wenn wir gestressten „Touris“ nicht so unter dem Druck der besten Reisezeit vorwärtsdrängen würden, könnte man diese Region in aller Ruhe und in seiner ganzen Schönheit kennenlernen. Doch jammern wäre hier natürlich völlig fehl am Platz. Wir fahren durch das weite Raketentestgelände der US Army (White Sands Missile Range). Die 4000 Quadratmeilen grosse Basis ist ein wichtiges Testgebiet für experimentelle Waffen und Weltraumtechnologie. Unser Ziel ist die Region im White Sands National Monument, ein Naturschutzgebiet am nördlichen Ende der Chihuahua-Wüste. Es umfasst ein gewaltiges Gipsfeld, auf dem sich riesige Dünen gebildet haben. Vor 250 Mio. Jahren befand sich die ganze Fläche auf dem Grund eines seichten Meeres. Unter tektonischem Druck hat sich der Boden angehoben und bildet heute das beindruckende Wüstengebiet der White Sands. Starke Winde wehen über die trockene Ebene, nehmen Gipspartikel auf, tragen sie mit sich und häufen sie zu Dünen. Am Dünenkamm baut sich der Sand solange auf, bis ihn die Schwerkraft abrutschen lässt; dadurch bewegt sich
die Düne vorwärts. Wir fahren auf einer gut ausgebauten Strasse, die plötzlich in eine schneeweisse Sandpiste übergeht, in das spektakuläre Naturschutzgebiet. Das Thermometer zeigt über 40° Celsius und die Luftfeuchtigkeit beträgt knapp 10%. Trotzdem unternehmen wir eine mehrstündige Wanderung in die im gleissenden Sonnenlicht weiss leuchtende Wüste. Nachdem wir uns an Schautafeln über die örtlichen Gegebenheiten orientiert haben, bunkern wir genügend Wasser und marschieren los. Mein Schatz rät mir dringendst die Sonnenbrille einzupacken. Ein weiser
Ratschlag, denn schon nach kurzer Zeit ohne diesen Schutz beginnen die Augen zu tränen und in der Folge entsteht dann eine schmerzhafte „Schneeblindheit“. Wie in anderen Wüsten auch, halten sich die meisten Tiere während der Hitze des Tages unter der Erde auf und kommen erst nachts zum Vorschein. Am Morgen erkennen wir im Sand die Spuren von Kaninchen, Kojoten und Schlangen. Eidechsen, Käfer und Vögel sind tagaktiv. Wir finden sie jeweils dort, wo sich spärlicher Pflanzenwuchs gebildet hat. Die Flora passt sich auf
erstaunliche Weise schnell den erschwerten Lebensbedingungen an und verhindert so, dass sie ständig unter vorrückendem Sand begraben wird. Die Soap Tree Yucca verlängert ihren Stamm, damit sich ihre Blätter immer über dem Sand befinden und wächst auf diese Weise bis zu 30 cm pro Jahr. Andere Pflanzen halten einen Teil der Düne mit ihren Wurzeln fest und können auf dem so verankerten Sandsockel weiter wachsen, während sich die Düne fortbewegt. Auf unserem rund 8 km langen, äusserst beschwerlichen Marsch durch die Sandwüste, Dünen hinauf und hinunter, gelangen wir immer wieder zu spektakulären Aussichtspunkten. Wir setzen uns jeweils einige Minuten hin und geniessen die absolute Stille und den grandiosen Weitblick. Wegen der geringen Luftfeuchtigkeit transpiriert man auch bei grosser Anstrengung kaum. Trotzdem verliert der Körper stetig und in grossen Mengen Flüssigkeit. Auch wenn wir kein Durstgefühl verspüren muss der Wasserhaushalt durch häufiges Trinken ausgeglichen werden. Sonst besteht die Gefahr der Austrocknung was von Wahrnehmungsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit führen kann. In der Wüste gibt es nur wenige Anhaltspunkte um sich zu orientieren. Das Zurechtfinden im Gelände wird durch häufig auftretende Sandstürme zusätzlich erschwert. Es ist deshalb ratsam, vor einer Wanderung die Wettersituation zu prüfen. Wir sind schon in vielen Wüstenregionen unterwegs gewesen doch nur in wenigen Gebieten war der Sand dermassen weiss wie hier, dass man sich wie in einer tief verschneiten Landschaft wähnt – abgesehen von den abartig heissen Temperaturen natürlich. Die schönsten Fotos schiessen wir morgens und abends, wenn durch veränderte Lichtbedingungen interessante Farben und Schatten entstehen. Nach unserem kräfteraubenden Trip in die White Sands
fahren wir noch gleichentags Richtung Mayhill auf fast 3000 m Höhe und übernachten bei Minusgraden, umgeben von Schneefeldern, in einer völlig veränderten Landschaft – Temperaturunterschied am heutigen Tag rund 45° Celsius. Am nächsten Morgen geht unsere Reise südwärts Richtung Carlsbad. Martha hat im idyllisch gelegenen Brantley Lake State Park einen Campground entdeckt, in dem wir ein paar Tage verweilen. Er ist zudem ein idealer Ausgangspunkt für Exkursionen zum dreissig Fahrminuten entfernten Carlsbad-Caverns-Nationalpark. Die Tropfsteinhöhlen erlangten ihre weltweite Berühmtheit durch die spektakulären Stalaktiten, Stalagmiten und zahlreiche andere aus einem Riff entstandenen Felsformationen. Im Park gibt es 85 einzelne Höhlen, darunter eine mit 487 Metern ist zugleich die tiefste Kalksteinhöhle der USA. Vor einigen Millionen Jahren begann sich das Gebiet um die heutigen Carlsbad Caverns zu heben und Erosion begann das einstige Riff freizulegen. Regenwasser, das durch Luft und Erde leicht sauer geworden war, sickerte in Spalten und begann langsam den Kalkstein aufzulösen und Risse und Spalten zu vergrössern. So wurde ein Prozess in Gang gesetzt, der zu den heutigen grossen Gewölben geführt hat. Das Höhlenlabyrinth ist für den Tourismus mit grossem Aufwand zu einem Nationalpark erschlossen worden.
Besucher können vom natürlichen Eingang her die Erkundungstour beginnen oder sich mit dem Aufzug direkt ins Herz der Grotte fahren lassen. Dieser Aufzug ist heute nicht in Betrieb. Das bedeutet für uns einen steilen Abstieg (Fussmarsch) von zwei Stunden bis zum Endpunkt der Höhle und anschliessend wieder einen ebenso langen Aufstieg zurück ans Tageslicht. Doch bei den gigantischen Ausmassen dieser Tropfsteinhöhle wäre es sowieso unsinnig den Fahrstuhl zu benutzen. Man bekäme gar keinen richtigen Eindruck von der gewaltigen Grösse dieses Bauwerks der Natur. Wir haben in der
Schweiz (Höllgrotte) oder in Australien auch schon sehenswerte Tropfsteinhöhlen besuchen dürfen. Doch keine kann von der Dimension her den Carlsbad Caverns das Wasser reichen. Der schiere Gigantismus erschlägt einen fast. Wenn man bedenkt, dass die Höhle seit ihrer Entdeckung um das Jahr 1900 von Forschern untersucht wird und bis heute noch kein Ende des Tunnelsystems gefunden wurde, wird einem die Mächtigkeit dieses Naturphänomens bewusst. Eine weitere Attraktion, die aber nur in den Sommermonaten zu bestaunen ist, sind die mexikanischen Bulldoggfledermäuse, die in den dunklen Grotten ihre Jungen zur Welt bringen. Die Höhlen sind dann für ein kurze Zeit Heimat von rund einer Million Tieren. Tagsüber hängen sie dicht gedrängt an der Decke der so genannten Bat Cave, einer Seitenhöhle in der Nähe des natürlichen Eingangs. Dieser Teil der Grotte ist für den Publikumsverkehr gesperrt und nur Forschern zugänglich. Nachts werden die Jungen in der Höhle zurückgelassen, während die Mütter auf Nahrungssuche gehen. Dieses Schauspiel kann vom Amphitheater aus beobachtet werden. Im Juli oder August starten die Jungen normalerweise zu ihren ersten Flugversuchen und im Oktober oder November beginnt die Rückreise zu ihren Winterquartieren in Mexiko. Unsere Zeit in New Mexico ist nicht wie bei den Fledermäusen im Herbst sondern bereits im April abgelaufen. Mit dem Wissen, dass es in diesem Bundesstaat noch viel zu entdecken gäbe und der Genugtuung, dass wir New Mexico vor gut einem Jahrzehnt mit der Harley durchqueren durften, reisen wir morgen in den Bundesstaat Texas ein – ins Land der Ölbarone und Viehzüchter.


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