South Island


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2. - 5.12.2011  Marlborough, die sonnenverwöhnte Weinregion


Picton hat uns schon bei der Ankunft mit der Autofähre auf Anhieb gefallen. Ein etwas kleiner und verträumter Ort mit den üblichen Souvenirläden, vielen Bars und Restaurants in denen zu unserem Erstaunen aber fast keine Gäste sitzen. Das ändert sich schlagartig, wenn ausnahmsweise mal ein
Kreuzfahrtschiff an der Pier anlegt. Die Leute strömen dann wie Ameisen in das Städtchen,  wuseln durch alle Shops und Läden und hauchen dem Ort geschäftiges Treiben ein. Bis das Schiffshorn die Passagiere zur Weiterfahrt aufruft und sich die Gassen ebenso plötzlich leeren und der Ort wieder in den gewohnten Dornröschenschlaf fällt. Der Wetterfrosch prophezeit für die nächsten beiden Tage herrliches Frühlings-, ja sogar Sommerwetter mit Temperaturen bis 25° Celsius. Danach soll sich aber für mindestens 6 bis 7 Tage keine Sonne mehr am Himmel zeigen und Schmuddelwetter Einkehr halten. Für eine Mehrtageswanderung also keine gute Voraussetzung. So beschliessen wir auf einer Tagesetappe verschiedene Tracks, am wunderschön gelegenen Queen Charlotte Sound, zu begehen. Man lässt sich mit dem Boot an irgendeinen Ort in dieses verschlungene Küstengebiet bringen, wandert eine Wegstrecke und lässt sich am Abend vom Wassertaxi an der vereinbarten Stelle wieder abholen. Nach dem Studium des Kartenmaterials entschliessen wir uns, direkt von Picton aus eine ca. 5-stündige Wanderung zu unternehmen, die von den Anforderungen her
nicht so anstrengend sein soll. Schon nach einigen Kilometern Wegstrecke erweist sich diese Entscheidung als goldrichtig. Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel, es ist ausnahmsweise fast windstill und die Wege führen uns an die schönsten Aussichtspunkte und verschwiegensten Buchten in diesem Wandergebiet. Am nördlichsten Punkt unserer Tagesetappe können wir dann noch das Einfahren unserer Autofähre in den Queen Charlotte Sound beobachten, bis sie als kleiner Punkt am Horizont verschwindet. Nach unserer Rückkehr am Abend in Picton sind wir trotz des einfach zu begehenden Weges ziemlich geschafft. Das stetige Auf und Ab hat doch Kraft gekostet und wir spüren eine wohlige Müde in uns. Nach einem feinen Nachtessen spielen wir noch eine Partie Karten. Martha liegt übrigens nach Punkten weit im Hintertreffen und wird mich wohl während dieser Reise beim Jassen nicht mehr einholen können. Auch beim Boggia liege ich noch in Führung doch Martha verfeinert von Tag zu Tag ihre Technik und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis sie mich ein- und überholt hat. Am anderen Morgen gehen wir schon früh ins Städtchen, denn es ist Wochenmarkt. Dieser unterscheidet sich kaum von jenen in der Schweiz, nur das Szenario an der Bay mit den Palmen und dem Kreuzfahrtschiff im Hintergrund ist schon speziell. An den Ständen wird der übliche Krims-Krams
angeboten und die Leute decken sich mit Souvenirs und Weihnachtsgeschenken für ihre Lieben ein. Eine Zwei-Mann-Country-Band spielt bekannte Evergreens und der Sänger, mit seiner rauchigen Stimme bringt so manches Frauenherz in Verzückung. An einem Stand entdecke ich wunderschönen, fangfrischen Lachs aus der Region. Wir suchen uns ein schönes Stück aus. 450 Gramm für zwei Personen sollten reichen und mit umgerechnet 8 Franken ist es für Schweizerverhältnisse geradezu ein Schnäppchen. Wir geniessen noch ein oder zwei Stunden die Atmosphäre am Hafen bevor wir an unseren neuen Bestimmungsort in Blenheim, der Weinregion in Morlborough aufbrechen. Das Wetter wird ja bekanntlich schlecht und so können wir einige Weingüter besuchen und uns mit dem einen oder anderen Glas Merlot, Sauvignon Blanc oder Chardonnay über die nächsten Tage hinwegtrösten. Am Abend bereitet Martha auf unserem Zweiflammen-Gaskocher wieder leckeres Mal zu. Der Lachs ist herrlich saftig, noch etwas glasig, auf den Punkt genau wie er sein sollte. Für mich ist es immer wieder erstaunlich was mein Schatz unter den erschwerten Bedingungen des Campierens auf den Tisch zaubert. Nach dem Essen sitzen wir in unserer gemütlichen Stube, die Vorhänge zugezogen und werten unser neues Fotomaterial aus. Vieles ist unbrauchbar und wir sind immer wieder enttäuscht über die gemachten Bilder, da diese natürlich niemals das wirklich Erlebte wiedergeben können. Urplötzlich schwankt unser Wagen heftig hin und her. Martha springt aufgeschreckt von der Sitzbank hoch und schreit: „was ist das?“. „Du hast die Handbremse nicht angezogen und nun rollt der Wagen“ (Frauenlogik). Ich versuche Martha zu beruhigen und erkläre nüchtern und sachlich, dass der Wagen auf einer ebenen Fläche mit eingelegtem Gang nicht wegrollen kann. Vermutlich haben sich ein paar Jungs einen kleinen Scherz erlaubt und unseren Camper kurz aufgeschaukelt. Ich begebe mich nach draussen und gehe einmal um den Wagen herum. Es ist aber weit und breit niemand zu sehen. Ein Camper-Nachbar, seines Zeichens Neuseeländer, kommt auf mich zu und erklärt mir, dass das eben ein kleines Erdbeben gewesen ist. Das kommt hier häufiger vor und wir sollen uns keine Sorgen machen. Erst jetzt wird uns bewusst, dass wir hier in einer seismisch aktiven Zone sind und Christchurch, wo das letzte Erdbeben die Innenstadt z.T. zerstört hat, auch nur ca. 300 km entfernt ist. Die Neuseeländer nehmen solche Ereignisse gelassen und so können wir den vorangegangenen Wackler im Camper beruhigt ad acta legen. Für den Montag haben wir uns ein tolles Schlechtwetterprogramm zusammengestellt. Wir wollen in der bekannten Weinregion Marloborough zur Weinprobe gehen. Viele Anbieter werben mit Halbtags- oder
Tagestouren zu den verschiedenen Weingüter. Wir aber fahren lieber alleine und haben uns eines der besten Weingüter der Region ausgesucht. Etwa 30 km östlich von Blenheim, in Seddon, ist die Yealands Estate Winery beheimatet. Schon von weitem sehen wir die mit Reben bepflanzten Hügel. Soweit das Auge reicht, nur Trauben von einem Produzenten. Yealands rühmt sich, obwohl hier im grossen Stil Wein angebaut wird, die besten Tropfen der Region zu produzieren. Das wollen wir natürlich mit dem eigenen Gaumen überprüfen. Eine lange Einfahrt mit Teichanlagen und schöner Bepflanzung führt uns zum
Eingang des Hauptgebäudes, das topmodern ist und so gar nicht an eine Weinkellerei erinnert. Wir werden freundlich empfangen und zur besseren Information können wir uns einen gut gemachten Film über das Weingut, die Produkte und deren Herstellung ansehen. Schnell wird uns klar, dass die heutige Weinproduktion, wenn sie rentabel sein soll, nichts mit der althergebrachten Weinbau-Romantik zu tun hat. Es werden modernste Produktionsanlagen eingesetzt, der Gärungsprozess automatisch überwacht. Der Winzer kommt im weissen Kittel nimmt Proben mit dem Reagenzglas, um diese anschliessend im Hightech-Labor zu überprüfen. Etwas desillusioniert geht es zum interessantesten Teil der Führung, zur Weinprobe. Edle Tropfen, wie Sauvignon Blanc, Pinot Gris, Chardonnay, Merlot oder Pinot Noir, um nur einige zu nennen, werden uns von der charmanten Brydie kredenzt. Sie ist Kellermeisterin des Weinguts und weiss zu jedem Tropfen alles Wissenswerte in blumigen Worten zu erzählen. Einige Weiss- und Rotweine munden uns exzellent und wir würden am liebsten ein paar Kisten davon kaufen. In unserem Campervan haben jedoch nur einige Flaschen Platz. So müssen wir uns auf wenige ausgesuchte Tropfen beschränken, die uns manchen gemütlichen Abend versüssen werden. Zurück auf dem Campingplatz packen wir unser Boggia aus. Nun beginnt das allabendliche Schauspiel. Martha wirft die erste Kugel, die kleine weisse. Das ist der Startschuss für alle Enten auf dem Campground, ca. 30 Stück an der Zahl. Wie von der Tarantel gestochen jagen sie dem kleinen Ball hinterher in der Meinung, dass dieser sicher zum Fressen sei. Nach einigen Pickversuchen bemerken sie dann den Irrtum. Doch das Gedächtnis dieses Federviehs reicht nicht weit. Am anderen Abend wenn wir wieder zum Boggia spielen auf die Wiese gehen beginnt die Jagd nach der weissen Kugel von neuem. Am Dienstag verlassen wir die Region um Blenheim und fahren der Ostküste entlang südwärts.


6.12 - 8.12.2011  Von Blenheim über Kaikoura nach Christchurch


Am Dienstagmorgen hat sich das Wetter noch mehr eingetrübt. Von gelegentlichem Nieselregen geht es in einen kräftigen Dauerregen über. Wir brechen unsere Zelte in Blenheim ab im Wissen, dass in den nächsten Tagen der Blues angesagt ist und dass die Sonne, die uns seit unserem Ankommen in Neuseeland ein treuer Begleiter war, für längere Zeit nicht zu sehen sein wird. Bis jetzt kennen wir das Camperleben also eher von der sonnigen Seite, wie hart wird es aber, wenn wir mehrere Tage nichts oder fast nichts Gescheites unternehmen können? Wir werden es in Kürze wissen. Unser heutiges Ziel ist das
frühere Walfänger Städtchen Kaikoura. Die Route führt südwärts in grossen Abschnitten direkt am Pazifik entlang. Eine Traumstrasse wie sie im Buche steht. Es wäre geradezu eine ideale Motorradstrecke mit weiten und engen Kurven, mit kurzen Geraden und viel Platz, um die beeindruckende Landschaft zu bewundern. Die Betonung liegt auf wäre. Wir sind momentan froh, dass wir ein festes Dach über dem Kopf haben, denn nun giesst es aus allen Rohren. Die Strasse wird regelrecht überflutet und wir müssen das sonst schon gemächliche Tempo drosseln, damit wir nicht von der Strasse rutschen. Dann und wann begegnen wir Radfahrern, die ebenfalls auf grosser Tour sind und die es wirklich hart trifft. Sie sind den Elementen völlig ausgeliefert und werden bei jedem Überholmanöver eines Autos oder Lastwagens so regelrecht abgeduscht. Zudem bläst ihnen ein kräftiger Wind entgegen, der auf langen Strecken sehr kräfteraubend ist. Da haben wir es in unserem
warmen und trockenen Wagen eigentlich richtig gemütlich. In Kekerungu machen wir unseren ersten Zwischenstopp. Im Restaurant „The Store“, das in vielen Reiseführern wegen seiner speziellen Inneneinrichtung erwähnt wird, nehmen wir unseren traditionellen Cappuccino zu uns. Das Ambiente in diesem Lokal ist wirklich aussergewöhnlich. Alles ist sehr heimelig und liebevoll eingerichtet. Man fühlt sich auf Anhieb sehr wohl. Ein mächtiger, urchiger Kamin dominiert den Raum. Überall brennen Kerzen. Im Dachgiebel ist ein storchenähnliches Nest, das von richtigen Vögeln bewohnt wird. Diese fliegen auch ungeniert durchs Restaurant. Eine riesige Fensterfront gibt den Blick auf das tosende Meer frei, dessen Wellen regengepeitscht ans Ufer donnern. Wir setzen unsere Fahrt an der Küste entlang fort, die uns stark an die Axenstrasse erinnert. Vor Rakautara treffen wir auf die erste
Seehundkolonie. An einem schmalen Ausstellplatz parkiere ich den Wagen. Es regnet immer noch in Strömen doch uns zieht es nach draussen zum Seehunde gucken. In Gruppen liegen sie am mit Steinen gesäumten Strand. Jeweils ein Männchen mit seinem Harem. Ich packe den Fotoapparat und klettere den steilen Abhang zu den Seehunden hinunter. Das passt den Paschas so ganz und gar nicht. Wild knurrend und mähneschüttelnd geben sie mir zu verstehen, dass ich hier nichts zu suchen habe. Die Weibchen sind da viel verständnisvoller und werfen sich in Pose. Schnell ein zwei Fotos schiessen und dann wieder zum Wagen hoch klettern. Klitschnass komme ich oben an doch die Schinderei hat sich wirklich gelohnt. Die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen, wild und nicht gezähmt wie in den Zoos, hat uns sehr beeindruckt. Der Weg führt weiter der Steilküste entlang, die überall wo der Mensch nicht hinkommt, von Seehunden belagert wird. Am frühen Nachmittag kommen wir in Kaikoura an. Bei einer neuen Destination fahren wir meistens ins Zentrum und erkundigen uns zuerst im Visitor Centre über allfällige Ausflugsmöglichkeiten und Wanderungen in der Region. Kaikoura
ist bekannt für seine Whale Watching Touren. Diese werden aber nur bei einigermassen gutem Wetter abgehalten, denn die relativ kleinen Boote schaukeln bei starkem Wellengang heftig und das bekommt den Mägen der Touris überhaupt nicht. Also wird es wohl die nächsten paar Tage nichts mit einem Ausflug zu den Giganten der Ozeane. Als Alternative bietet sich eine Küsten Tageswanderung an. Aber auch hierfür benötigen wir etwas besseres Wetter. Also was tun bis es Petrus wieder etwas gnädiger mit uns meint? Es gibt einige Dinge, die ich im und um den Camper wieder in Ordnung bringen muss, denn auch so ein Wagen braucht nicht nur ein gepflegtes Innenleben, das von meinem Schatz bravourös erledigt wird; nein, ab und zu sind auch kleine Wartungs- und Reinigungsarbeiten von aussen fällig, was wiederum in mein Ressort fällt. Zudem müssen wir unsere Buchhaltung optimieren, das heisst Änderungen im Excel vornehmen und die gewünschten Vorschläge von uns beiden ins Programm einfliessen lassen. Eine Heidenarbeit, die uns über einen Halben Tag auf Trab hält. Doch nun ist die Sache rund. Wir geben deshalb nicht weniger Geld aus doch wir können nun besser nachvollziehen für was die Kohle weg geht. Das ist wiederum schlecht für mein üppiges Wein- und Bierlager. Es könnte ja sein, dass der Verwaltungsrat diesen Etat eventuell kürzen könnte. Für den nächsten Tag ist nun endlich etwas besseres Wetter angesagt und wir können zwar keine
Whale Watching Tour unternehmen aber die geplante Wanderung antreten. Der Weg führt vom Visitor Centre der Küste entlang und bietet überall herrliche Ausblicke aufs Meer und die Landschaft. Eigentlich wäre Kaikoura von Schnee bedeckten Berggipfeln umgeben, doch diese haben wir wegen dem besch(eidenen) Wetter noch gar nicht gesehen. Trotzdem gibt es auf diesem Wanderweg vieles zu entdecken. Die ganze Wegstrecke ist von farbenprächtigen Blumen geschmückt. Wir kommen ob dieser Pracht kaum mehr aus dem Staunen raus. Es ist Ebbe und wir können längere Strecken auf dem felsigen Untergrund bis zur Wasserlinie gehen. Wenn das Wasser bei Ebbe zurückweicht bleibt in den Vertiefungen stets etwas Restwasser zurück in dem sich interessante Pflanzen, Muscheln, Schnecken und anderes Kleingetier sammeln. Wir verweilen so mehrere Stunden in diesem Küstenstreifen. Der Hunger treibt uns wieder auf festen Boden. Am Weg entlang haben einheimische Fischer kleine Imbissbuden aufgestellt und bieten ihren frischen Fang zum Verzehr an. Wer in der Gegend von Kaikoura ist, sollte unbedingt den für diesen Ort berühmten Crayfish (Languste) probieren. Es ist zwar nicht ganz billig aber die Dinger schmecken
einfach grossartig. Wir können der Versuchung nicht widerstehen und gönnen uns diesen Festschmaus. Frisch gestärkt gehen wir weiter zur Seal Colony (Seehund Kolonie), wo wir weitere prächtige Exemplare dieser Gattung bewundern können. Es folgt ein steiler Aufstieg zu den Klippen. Auf der Anhöhe gibt es verschiedene Viewpoints, die Ausblicke aufs Meer, auf zerklüftete Felswände und auf weites Farmland mit Schafen bieten. An einigen Stellen an dieser Steilküste führen schmale Pfade hinunter zum Strand. Einer bringt uns zur Vogel Kolonie der Red-billed gulls. Diese sehen unseren Möwen sehr ähnlich und veranstalten bei ihrer Brutpflege einen höllen Lärm. Sie kreischen, picken den Nestnachbarn mit ihren leuchtend roten Schnäbeln und stehlen wenn immer möglich Futter eines anfliegenden Vogels. Das ist viel effizienter, als selber aufs Meer hinaus zu fliegen um allerlei Getier zu fangen. Zudem verbreiten sie in der Masse einen übel riechenden süsslichen Geruch. Ein Ornithologe bewegt sich zwischen den Nestern. Emsig schreibt er in sein Notizbuch, während die Vögel um ihn herumschwirren und ihn völlig zukacken. Ein wirklich skurriles Bild. So erleben wir den ganzen Tag hindurch immer wieder Neues und Spannendes, das wir erst am Abend beim durchsehen und beschriften der Bilder richtig verarbeiten können. Am nächsten Tag werden wir uns auf den Weg nach Christchurch machen und hoffen, dass uns dann etwas besseres Wetter beschieden ist.


9.12 - 12.12.2011  Christchurch, Lyttelton und Akaroa


Am Freitag verlassen wir den Campground von Kaikoura pünktlich um 10 Uhr vormittags. Endlich können wir nun auch das Bergpanorama rund um dieses ehemalige Walfängerstädtchen bewundern. Der kräftige Wind hat Lücken in die Wolkendecke gerissen und gibt ein paar kurze Blicke auf die bis zu 3'000 Meter hohen Schneegipfel frei, bevor sie wieder von den schnell vorüberziehenden Regenwolken verdeckt werden. Das Wetter ist für die heutige Fahrt nach Christchurch bunt gemischt mit aufklarender Tendenz am Nachmittag. Ideales Reisewetter also. Wir cruisen Richtung Süden an der Ostküste entlang. Für die Fahrt von ca. 160 km können wir uns Zeit lassen und überall wo es etwas Spannendes zu sehen gibt stellen wir den Blinker und halten an. Viele Scenic Reserves befinden sich entlang dieser Route und laden zum verweilen ein. Wir fahren in parkähnliche Anlagen mit grossen Seen, die als Rückzugsgebiete für
Wasservögel dienen. Die Bäume sind in voller Blühte und der Duft des Sommers liegt in der Luft. Oft bewegen wir uns völlig allein in diesen grünen Oasen der Erholung. Tausende von Quadratmetern zur freien Verfügung. Manchmal nehmen wir ob der grandiosen Landschaft ein paar Kilometer Umweg in kauf. So genannte „Tourist Drives“ führen von der Hauptroute weg an schöne Aussichtspunkte. Wir geniessen diese Art des Reisens. Das „Rentnerleben“ hat diesbezüglich nur Vorteile. Früher hätten wir wegen der begrenzten Ferienzeit von ein bis zwei Wochen nie die Musse gehabt, die Dinge so intensiv und ausgiebig zu betrachten wie heute. Viele Routen wären aus Zeitgründen gar nicht machbar gewesen. Oftmals sind gerade die, welche in keinem Reiseführer beschrieben sind, die schönsten und interessantesten Strecken. Einer dieser Abstecher führt uns an die Gore Bay. Ein kleines Dörfchen mit schmucken Häusern, 99% mit unverbaubarem Meerblick, säumen diese Küstenregion. Ein Ort in dem man gerne leben möchte. Eine kleine Passstrasse führt uns auf eine Anhöhe zu einem Aussichtspunkt, der den Blick auf eine zerklüftete Felswand und den Pazifik frei gibt. Die
Felsformationen erinnern uns stark an den Price Canyon in Uta. Das Landschaftsbild ändert sich während dieser Etappe stetig. Mal ist man am Meer, mal in den Bergen oder fährt durch eine sanfte Hügellandschaft, die ideales Weideland für Schafe bietet. Am späteren Nachmittag kommen wir in den Vororten von Christchurch an. Wir gehen nach dem Erdbeben vom September 2010 und dem noch folgenschwereren vom Februar dieses Jahres mit gemischten Gefühlen in diese z.T. schwer zerstörte Stadt. Fast 200 Menschen mussten damals ihr Leben lassen. Das Navi führt uns, wie befohlen, in die Innenstadt. Doch schon bald müssen wir umkehren, denn das Stadtzentrum ist weiträumig abgeriegelt. Wir können aus dem Blickwinkel noch die schwer beschädigte „Christchurch Cathedral“ wahrnehmen. Wir müssen unseren Wagen etwas ausserhalb des Stadtzentrums parkieren. Den Weg in die Innenstadt legen wir per Pedes zurück. Es geht durch den riesigen Hagley Park, der von Anwohnern und Touristen wegen seinen Seen und Grünanlagen für allerlei Freizeitaktivitäten genutzt wird. Grosszügig angelegte Blumengärten „Botanic Gardens“ runden das schöne Gesamtbild dieses Parks ab. Wir gelangen über die Hereford Street etwas näher an die Innenstadt heran. Aber auch hier stehen wir schon bald vor Abschrankungen, die das Weitergehen verhindern. Wir können aber in weite Teile des zerstörten Kerns der Stadt hineinsehen. Es ist ein Anblick wie nach einem Bombenangriff. Obwohl schon sehr viel Aufräumarbeit in den vergangenen Monaten geleistet wurde, wird es noch Jahre dauern, bis die City wieder einigermassen hergestellt ist. Wir hätten nie gedacht, dass die Zerstörung so heftig gewesen ist. Viele Häusergruppen stehen zwar noch, diese sind aber in ihrer Grundstrucktur so beschädigt, dass sie abgerissen werden müssen. Dazu gehören auch einige Hochhäuser in denen Versicherungen und Banken ihren Sitz hatten. Die Neuseeländer machen das Beste aus der Situation und sind Meister der Improvisation. Sie stellen ausserhalb der gesperrten Zone Container auf, die über- und nebeneinander gestapelt wieder eine richtige Einkaufspassage bilden. Kaffees, Restaurants und Shops können so wieder ihre Dienstleistungen anbieten und die Zeit überbrücken, bis der Wiederaufbau abgeschlossen ist. Durch die Zerstörung im Innern der City hat die Stadt natürlich stark von ihrem Charme verloren. Es ist nun später Nachmittag und es wird Zeit, uns ein Plätzchen etwas ausserhalb des Stadtkerns zu suchen. Wir kommen mitten in den Feierabendverkehr und es dauert fast 45 Minuten, bis wir die ca. 10 km zum Campground zurückgelegt haben. Petrus ist immer noch sauer und so ist für den nächsten Tag wieder ein Schlechtwetterprogramm angesagt. Wir liegen aber nicht etwa auf der faulen Haut herum sondern begeben uns nach dem Frühstück an die Marine Parade, diese ist direkt an der Beach im Osten der Stadt. Hinter einem begrünten Erdhügel, der die Häuser vor den starken Winden schützt befindet sich ein kilometerlanger Standstrand. Uns bläst ein kräftiger und kalter Wind entgegen. Wir ziehen uns warm an und machen uns auf einen anderthalbstündigen Fussmarsch am Strand entlang. Schon bald sind am Himmel die ersten blauen „Störungen“ zu sehen und der Wind legt gleich noch einen Zacken zu. Das ist das Startsignal der Kitesurfer. Sie spannen ihre Drachen auf und stürzen sich mit dem Brett in die Fluten.
Pfeilschnell flitzen sie über die Brandungswellen, vollführen meterhohe Sprünge, um dann wieder full Speed dem Strand entlang zu brettern. Wäre ich doch ein „halbes“ Jahr jünger, dann wäre das genau der richtige Sport für mich. Am Nachmittag geht’ s ins Air Force Museum von Christchurch. Endlich mal was für Jungs. In einem modernen Bau präsentiert die Luftwaffe ihre Oldtimer, vom Blériot bis zum Skyhawk. In einer gelungenen Ausstellung werden die Exponate ins richtige Licht gerückt und ihren ehemaligen Einsatzzweck und Werdegang anschaulich beschrieben. Technik, auch wenn sie noch so alt ist, kann ja so faszinierend sein. Am nächsten Tag verlassen wir die Stadt und fahren ins nahe gelegene Lyttelton. Es liegt ca. 15 km ausserhalb von Christchurch und soll laut Reiseführer bei den jungen Leuten angesagt „hip“ sein. Zudem legen hier die grossen Fracht- und Passagierschiffe an, da Christchurch keinen Hafen für solch grosse Pötte besitzt. Wir fahren durch einen Tunnel Richtung Süden und kommen im Hafen von Lyttelton an. Von dem in Prospekten angekündigten Szene-Städchen ist allerdings weit und breit nichts zu sehen. Vielmehr gleicht der Hafen einer riesigen Baustelle und statt der versprochenen Kreuzfahrtschiffe ankern nur ein paar abgewirtschaftete Seelenverkäufer am Pier. Auch das Städtchen selbst wirkt völlig heruntergekommen. Wir fahren durch das Zentrum und parkieren vor einer baufälligen „Hütte“. Auf einem Zettel am Fenster lesen wir, dass das Geschäft wegen des Erdbebens bis auf weiteres geschlossen bleibt. Erst jetzt dämmert es uns, dass das Epizentrum des verheerenden Erdbebens gar nicht in der City von Christchurch sondern in
dem besagten Lyttelton war. Das erklärt auch die vielen Abschrankungen, die eingestürzten und zum grössten Teil unbewohnten Häuser. Die Strassen sind teilweise durch die heftigen Beben auseinander gerissen und nicht mehr befahrbar. An der Hafenstrasse ist die ganze Häuserfront eingestürzt oder so stark beschädigt, dass der stehen gebliebene Teil abgerissen werden muss. Das Ausmass der Zerstörung ist unglaublich. Im Städtchen selbst muss jedes zweite Haus saniert oder komplett neu aufgebaut werden. Wir sind ob diesem Anblick völlig erschüttert. Weil hier fast nichts mehr intakt ist, müssen wir uns einen anderen Platz zum campieren suchen. Die Fahrt geht der Bucht entlang und dann über einen kleinen Pass auf den südlichen Teil der Halbinsel. Das Wetter klart langsam etwas auf und der Wind lässt seine Muskeln spielen. Auf langen, dem Meer ausgesetzten Geraden bläst es uns wieder fast ab der Strasse. Doch wird sind uns das inzwischen gewöhnt und erschrecken deswegen nicht mehr so schnell. Der Weg führt uns am Lake Forsyth vorbei an unseren heutigen Bestimmungsort
Akaroa. Das Städtchen liegt idyllisch in einer Bucht und unser Campground an erhöhter Lage mit einem spektakulären Ausblick auf die umliegenden Berge und den Ozean. Im Hafen, der nun anstelle des zerstörten von Lyttelton genutzt wird, ankert ein Kreuzfahrtschiff. Shuttle Boote bringen die betuchten Gäste an Land, die sogleich die Shops, Souvenir- und Juweliergeschäfte stürmen. Es ist Eile geboten, denn in ein paar Stunden lichtet der Ozeanriese wieder die Anker. Wir schlendern ebenfalls durchs hübsch herausgeputzte Städtchen und erfreuen uns an den liebevoll gestalteten resp. dekorierten Läden und Restaurants. Die nächsten Tage ist besseres Wetter angesagt und so können wir eine Wanderung planen, die uns vorher im Visitor Center des Ortes als geeignet erschienen ist. Wir fahren über eine Passstrasse nach Pigeon Bay, um den gleichnamigen Walkway in einer einsam gelegenen Bucht zu begehen. Das Wetter ist prächtig und der Wind moderat. Die
Temperaturen steigen sehr schnell an und obwohl es hier nicht viele Steigungen resp. Gefälle gibt kommen wir schon bald ins Schwitzen. Der Pfad führt oberhalb der Küste 14 km durch privates Farmland. Ausser viel Natur und einer grandiosen Aussicht, da und dort ein paar Kühe oder Schafe, treffen wir auf dem gesamten Weg, der hin und zurück ca. 5 Stunden dauert, keine Menschenseele an und sehen auch kein einziges Haus. Die ganze Landschaft haben wir exklusiv für uns alleine; ein erhebendes Gefühl. Genau das ist das faszinierende an diesem Land. Es hat Platz in Hülle und Fülle. 4,5 Mio. Einheimische und ein paar Touristen teilen sich eine Fläche, die sechsmal so gross ist wie die Schweiz. Jeder hat genügend Freiraum für sich und seine Freizeitaktivitäten. Vielleicht sind die Neuseeländer genau deshalb so tolerante und lockere Menschen. Wir jedenfalls fühlen uns in diesem Land sauwohl.


13.12 - 17.12.2011  Von Timaru über Oamaru nach Dunedin


Laut Wetterbericht soll es heute nochmals schön und warm werden. Die Prognose für die weiteren Tage versuchen wir zu verdrängen, denn wer möchte schon bei Dauerregen und Temperaturen um 13 Grad campieren? Zu allem Elend soll noch ein kräftiger Südwind aufkommen, der uns dann gefühlte Temperaturen um den Gefrierpunkt bringen soll. Wir setzen auf das Prinzip Hoffnung im Wissen, dass sich auch Wetterfrösche ab und zu irren können. Wir verlassen Akaroa bei strahlend blauem Himmel und fahren auf der südlichen Seite der Halbinsel wieder eine kleine Strecke zurück Richtung Christchurch. Das Morgenlicht lässt das Meer und die saftig grünen Felder in kräftigen Farben aufleuchten und die Fahrt über die vorgelagerte Bergkette wird zu einem wahren Genuss. Nach ca. einer Stunde wird die Sonne mehr und mehr von einer nebelartigen Bewölkung verdeckt. Diese Art Wetter kennen wir auch aus der Schweiz. Wenn man sich bei Herbstwanderungen auf Bergkämmen und dann wieder in Alpentälern bewegt, wechseln sich oftmals Sonne und dichter Nebel ab. Der Weg führt uns vom Pazifik weg und die Sicht wird immer schlechter. Auf unendlich langen Geraden fahren wir Richtung Ashburton. Eine ländlich geprägte Kleinstadt, die sich trotz fehlender Attraktionen eifrig bemüht für Touristen noch anziehender zu werden.
Unser heutiges Etappenziel ist jedoch Timaru und so geht es nach einem Kurzbesuch in Ashburton weiter Südwärts etwas abseits der Küste. Je näher wir an den Ozean kommen, umso mehr klart das Wetter auf und an unserem Bestimmungsort, der direkt an der Küste liegt, herrscht phasenweise eitel Sonnenschein. Wenn Regenwetter angesagt ist suchen wir uns immer eine grössere Stadt aus um diese Schlechtwetterperioden auszusitzen. In einer urbanen Umgebung hat man viel mehr Möglichkeiten, auch bei Regen etwas zu unternehmen. Vorerst bereitet uns Petrus aber noch Freude und so können wir durch den riesigen Stadtpark schlendern, der für alle zugänglich ist und in dem man sich stundenlang verweilen kann. Vogelvolieren, Planschbecken für Gross und Klein, Fitnessgeräte und kilometerweise schön angelegte Wege führen durch diese Oase der Erholung. Die Innenstadt ist schön weihnachtlich dekoriert und die einladenden Shops und Kaffees werden uns am nächsten Tag genug Unterhaltung bringen, auch wenn es in Strömen giessen sollte. Am Freitag brechen wir unsere „Zelte“ in Timaru wieder ab und fahren Richtung Dunedin. Auf diesem Streckenabschnitt gibt es einiges zu sehen und so wird es Heute eine längere Etappe werden. Wir machen halt in Oamaru. Der Ort ist geprägt durch eine Fülle prächtiger Gebäude aus Kalkstein. Das historische Hafenviertel ist liebevoll saniert worden und das traditionelle Kunsthandwerk haucht im wieder Leben ein. Wir spazieren durch diese Gassen und man wird ob dem Anblick der Hausfassaden, Werbeschilder und Oldtimer Fahrzeugen um Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückversetzt. An der Beach entlang
spazieren wir zum Visitor Center der Blue Pinguin Colony. Für einen Obolus von 12 Dollar pro Person kann man die Aufzuchtstation dieser kleinen und seltenen Meeresbewohner besuchen und auf einem halbstündigen Rundgang an den Klippen entlang die Behausungen (Erd- und Felshöhlen) der ausgewachsenen Pinguine bewundern. Tagsüber sind diese wieselflinken Schwimmer auf dem Meer um Nahrung für sich und die daheim gebliebenen Jungen zu suchen und mit Einbruch der Dunkelheit kehren sie dann wieder mit gefüllten Mägen ans Land zurück. So haben wir nur einige Arbeitsverweigerer angetroffen, die statt zum Fischfang aufs offene Meer das gemütliche zu Hause vorgezogen haben. Hinweisschilder vordern Autofahrer zur Vorsicht auf. Viele Pinguine müssen nämlich bei ihrer Rückkehr aus den Fanggründen Strassen überqueren, um zu den Nistplätzen zu gelangen. Nach diesem aufschlussreichen Zwischenstopp in Oamaru geht es weiter und nach einer Fahrzeit von ca. 40 Minuten kommen wir zu den weltberühmten
Moeraki Boulders. Das sind kugelartige Felsblöcke, die bis zu drei Meter Durchmesser haben und z.T. halb versteckt im Sand verstreut am Strand herumliegen. Ein Phänomen der Natur um die sich Mythen und Geschichten ranken. Wissenschaftlich betrachtet ist es lediglich ein Festigungs- und Kristallisierungsprozess von schlammigen Unterwassersedimenten. Sie formen sich gewöhnlich schneller als das umliegende Sedimentgestein und werden immer härter und stabiler gegenüber Verwitterungsprozessen. Eigentlich schade, dass die Wissenschaft alles so genau erklären kann. Etwas „Erich von Däniken“ wäre bei solchen Kuriositäten der Natur doch viel spannender. Gegen Abend erreichen wir Dunedin, die zweitgrösste Stadt der Südinsel mit ca. 120'000 Einwohnern. Hier werden wir wohl die nächste Schlechtwetterperiode verbringen müssen. Nein, ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Wir haben uns für die kommenden Tage bereits ein Programm zusammengestellt, das witterungsunabhängig durchgeführt werden kann. Am Freitagmorgen ziehen wir beim Camper die Vorhänge auf und stellen fest, die Wetterfrösche hatten Recht, es ist ein richtiges Sauwetter. Wollen wir jetzt liegen bleiben und den Tag verschlafen, oder...? Wir haben uns für „oder“ entschieden. Wir ziehen unsere Heavywet-Bekleidung an und machen uns mit unserem Camper auf den Weg in die Otago Peninsula, ein Naturreservat in der östlich vorgelagerten Halbinsel von Dunedin. Eine schmale und kurvenreiche Strasse führt uns der Küste entlang bis zum Royal Albatros Center. Der Wind schlägt uns beim Aussteigen die Türe aus der Hand. Trotz warmer Kleidung spüren wir die Kälte bis auf die Haut. Wir begeben uns auf einen kleinen Rundweg auf der Klippenkante. In den Felswänden der windgepeitschten Küste brühten verschiedene Vogelarten. Wir beobachten den Anflug und die
akrobatische Landung eines Little Shag Weibchens, das in einer Felsnische seine ungeduldigen Jungen füttert. Für uns ist es ein Rätsel, wie es diese Vögel schaffen, bei dieser Windstärke punktgenau auf einem kleinen Felsvorsprung zu landen. Nach einer halben Stunde gespannten Beobachtens treibt uns die eisige Kälte wieder in den warmen Camper. Unser nächstes Ziel ist die Sandfly Bay. Ein Naturreservat, das vom DOC ausgeschildert ist. Wir fahren über passähnliche Strassen bis auf eine Anhöhe vor der Küste. Nach einem kurzen Fussmarsch können wir auf einen riesigen, menschenleeren Strand sehen. Hinter dem Sandstrand türmen sich Sanddünen auf, die bis 200 Meter hoch hinauf zu unserem Standpunkt reichen. Wir rutschen diese steilen Sandhügel hinunter im Bewusstsein, dass wir diese anschliessend wieder mühsam erklimmen müssen. Plötzlich entdecken wir auf dem riesigen Sandstrand einen kleinen Punkt, der sich Richtung Dünen bewegt. Ein Blick durchs Teleobjektiv schafft Klarheit. Mein Kennerblick verrät mir sofort, dass es ein Gelbaugen Pinguin ist (alles Bluff, ich habe vorher im Reiseführer nachgeschaut, es gibt an dieser Küste nur diese Spezies). Nun hat mich das Jagdfieber gepackt. Ich renne die Sandhügel hinunter an den Strand. Der Pinguin hat mich natürlich schon längst entdeckt und ist auf der Flucht Richtung Sanddünen, die mit z.T. hohem Gras bewachsen sind. Kaum zu glauben, wie schnell dieser kleine Kerl ist. In Windeseile hat er sich zwischen den Grasbüscheln versteckt. Mir bleibt ein „tolles“ Foto mit der Rückenansicht eines flüchtenden Pinguins. Martha hat inzwischen auch den Strand erreicht und ein
prächtiges Seelöwenweibchen beim Sonnenbaden entdeckt. Wir sind hier in dieser grandiosen Natur völlig alleine und so verwundert es nicht, dass die Seelöwin ob unserem Erscheinen völlig verunsichert ist. Ich rufe Martha zu: „zum Glück ist es ein Weibchen, da brauchen wir uns nicht so arg zu fürchten!“. Wir können uns dem prächtigen Tier bis auf wenige Meter nähern. So ein Seelöwe ist eine imposante Erscheinung, viel grösser und kräftiger als ein Seehund. Wir achten darauf, dass wir die Tiere nicht zu stark bedrängen. Nach kurzer Zeit der Beobachtung ziehen wir weiter dem Strand entlang und sind von der rauen und aufgewühlten See begeistert. Nach ca. zwei Stunden verlassen wir diesen traumhaft schönen Ort und fahren über die Highcliff Road zurück nach Dunedin. Am Samstag sehen wir uns, bei immer noch nicht berauschendem Wetter, die City an. Viele prächtige Gebäude im viktorianischen säumen die Strassen. Manche dieser Bauten sind heute zweckentfremdet und beherbergen Galerien und Museen. Wer Architektur liebt wird begeistert sein von dieser Stadt. Es ist den Planern gelungen, Altes und Neues in Einklang zu bringen und am Beispiel der St. Paul‘s Cathedral Bestehendes mit Modernem zu kombinieren. Ein kurzer Abstecher führt uns zur Baldwin
Street. Natürlich wollen auch wir diese steilste Strasse der Welt erklimmen, die im Guinnessbuch der Rekorde mit 19 Grad Steigung angegeben ist. Wie dem auch sei, es ist tatsächlich eine enorm steile Strasse und eine Herausforderung für jede Lunge. Ein weiteres „Schmankerl“ ist der Botanic Gardens. Auf einem weitläufigen Areal können wir Bäume, Blumen und Vögel aus verschiedenen Erdteilen bewundern. In einem Pavillon spielen und singen diverse Musiker bekannte Weihnachtslieder. Um den ganzen Park zu begehen braucht man locker einen ganzen Nachmittag. Doch diese Zeit ist gut investiert. Es ist für uns immer wieder erstaunlich welche Farben und Vielfalt die Natur hervorbringt. Für unsere nächsten Reisetage ist der Wettergott wieder freundlicher gestimmt. Wir hoffen also, dass wir für die Weiterfahrt in den Süden auch der Jahreszeit (es wäre ja eigentlich Sommer) entsprechende Kleidung tragen können.


18.12 - 22.12.2011  Von Dunedin den Catlins entlang nach Invercargill


Wer sagt’s denn – der Sommer hat nach einer Gedenkpause nun endlich auch die Südinsel von Neuseeland erreicht. Das ist für uns der Startschuss für die nächste Etappe, die man nur bei einigermassen gutem Wetter richtig geniessen kann. Die kurvenreiche Küstenstasse von Dunedin nach Invercargill führt durch eine Region, die unter dem Namen „Catlins“ bekannt ist. Die schöne Route führt durch Wälder und zerklüftete Küstenlandschaften. Es wird einige interessante Dinge, wie Sandstrände, Wasserfälle und Orte der Tierbeobachtung, am Wegesrand zu sehen geben. Wir fahren zunächst eine längere Strecke von Dunedin nach Balclutha, die keine grossen Highlights bietet und uns lediglich als Überführungsetappe dient. Balclutha ist der Ausgangspunkt für die geplante Dreitagestour. Wir sind, wie meistens, früh unterwegs und machen unseren ersten Halt am „Kaka Point“. Das ist ein kleiner „verschlafener“ Ferienort mit einem hübschen Sandstrand. Die Morgensonne spiegelt sich im türkisfarbenen Wasser. Ein Familienvater mit seiner kleinen Tochter und dem noch kleineren Sohn fahren mit dem Pickup vor. Heute
ist wohl die erste Lehrstunde in Sachen Wellenreiten angesagt. Die Kinder können es kaum erwarten und schlüpfen eilig in die Neoprenanzüge, um mit dem viel zu grossen Brett im sanften Wellengang das 1x1 des Surfens zu erlernen. Jeder Anfang ist halt schwer und jeder Topsurfer hat mal ganz klein angefangen. Wir fahren über eine Gravel Road mit z.T. heftigen Steigungen zu unserem nächsten „Point of Intrest“, dem „Nugget Point“ mit seinem blütenweissen Leuchtturm. Er trohnt hoch über den Klippen und ist auf einem abenteuerlichen Pfad mit felsigen Abgründen zu beiden Seiten des Weges zu erreichen. Der Himmel ist kitschig blau und es sind weit und breit keine Wolken zu sehen. In der aufgewühlten See können wir Robben beim Fischfang zusehen. Auf den vorgelagerten „Nuggets“ nisten verschiedene Vogelarten und ab und zu stürzt sich ein Zwerg- oder Gelbaugenpinguin in die tosende Brandung. Wir geniessen diese Bilder an der wärmenden Sonne und verbringen so ca. zwei Stunden an diesem traumhaft schönen Ort, bevor wir zur Surat Bay aufbrechen. Wir wollen nämlich heute das Weihnachtsfoto für unsere Frontseite der Homepage schissen. Dafür bietet sich
dieser grandiose Sandstrand mit seiner malerischen Bucht geradezu an. Es ist Ebbe und wir können den ganzen Weg zum Set auf dem feinen und weissen Sand gehen. Im seichten Wasser beobachtet uns aufmerksam ein Seelöwe. Er schwimmt immer wieder an uns vorbei und checkt die Lage. Wir lassen uns aber davon nicht beeindrucken, setzen unsere Weihnachtsmützen auf, positionieren die Kamera und mit dem Selbstauslöser haben wir nach einigen Fehlversuchen unser Weihnachtsbild im Kasten. Der neugierige Seelöwe wollte unbedingt auch noch mit aufs Bild. Wir beschliessen, heute in der Nähe der Surat Bay zu übernachten. Martha hat uns einen Campground ausgesucht, der mehr Absteige als Campingplatz ist. Sehr rudimentäre Einrichtung, nicht sauber, und alles baufällig – einziger Vorteil, wir sind fast alleine (ist ja auch kein Wunder). Der Rasen, der sicher schon mal bessere Zeiten gesehen hat, nicht gemäht und das vor Wochen geschnittene Gras liegt halb verfault herum. Da wird unser abendliches Boggiaspiel zur reinen Lotterie. Vermutlich will Martha gerade deswegen auf diesen Platz, damit sich endlich ihren Rückstand aufholen kann. In der Nacht hat es zu allem Überfluss noch geregnet. Der Weg zum WC und zur Dusche führt über
den besagten „Rasen“ und jedes Mal wenn wir wieder in den Camper einsteigen schleppen wir massenweise Gras in den Wagen. Das wiederum bringt Martha, die bekannt für ihre Reinlichkeit ist, auf die Palme. Ich bin heilfroh, dass nicht ich diesen Campingplatz ausgesucht habe. Unser heutiger Weg führt uns zu verschiedenen Wasserfällen, die jeweils über kurze Wanderungen durch den Bush zu erreichen sind. Es sind dies die Puranaki, Matai und McLean Falls. Je nach Wasserstand mal leise vor sich hinplätschernd oder dann rauschend und tosend in die Tiefe stürzend. Wir fahren weiter auf unserer Route den Catlins entlang und erreichen die Porpoise Bay. Von einer Aussichtsplattform können wir Seelöwen beobachten. Plötzlich huscht etwas putzig kleines aus dem Wasser auf einen Felsvorsprung. Das wird doch wohl kein Pinguin sein? Nach einem zweiten prüfenden Blick erkenne ich aber einen solchen. Einmal einen Pinguin von vorne oder von der Seite fotografieren, das war mir bis jetzt trotz vollem Körpereinsatz vergönnt geblieben. Also stürze ich mich den steilen Weg zum Wasser hinunter. Der Pinguin ist nach hoffentlich erfolgreichem Fischfang zurück zu seinem Nest. Und tatsächlich bin ich diesmal schnell genug um den kleinen Racker, es ist ein Gelbaugenpinguin, vor die Linse zu bekommen. Hurra, der Tag ist gerettet! Nach dieser erfolgreichen Jagd machen wir uns über eine lange unbefestigte Strasse zum südlichsten Punkt Neuseelands auf. Es ist dies der Slope Point, den wir nach ca. 30 minütiger Rüttelfahrt erreichen. Die Landschaft ist durch den immer während heftigen Südwind geprägt, der die Bäume stark gegen Norden neigt. Am südlichsten Punkt weisst uns ein Schild den Weg zum
Südpool; 4800 km, das ist uns, nachdem wir uns kurz beraten haben, doch etwas zu weit. Martha, die während unserer Reise schon viel mutiger geworden ist, setzt sich keck auf einen Felsvorsprung hoch über der Brandung und lässt die Beine über die Kante baumeln. „Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät.“ Der heutige Tag ist wieder wie im Flug vergangen und so wird es Zeit sich nach einer geeignetem Lagerplatz umzusehen, den natürlich diesmal ich bestimme. Wir fahren die staubige Strasse zurück an die Curio Bay. Der Campground, auch nicht luxuriös aber traumhaft gelegen, ist direkt am Meer. Nach dem Einchecken fahren wir einen Hügel hinauf, der uns einen einmaligen Blick über die ganze Bucht und den Strand bietet, holen unseren gut gekühlten Weisswein aus dem „Keller“ und geniessen unseren Apéro mit Logenplatz. Anschliessend machen wir einen längeren Strandspaziergang und erleben einen märchenhaften Sonnenuntergang. Die letzte Etappe entlang der Catlins führt uns nach Invercargill. Zuvor besuchen wir am frühen Morgen den Waipapa Point. Auch dieser, mit einem Lighthouse besetzten Aussichtspunkt am Meer,
ist nur über eine längere Gravel Road zu erreichen. Ein schmaler Weg schlängelt sich durch hohes Gras zum Leuchtturm. Plötzlich schreckt vor uns ein riesiges Seelöwenmännchen aus dem Dickicht auf und rennt knurrend und fauchend auf uns zu. Er kommt uns so nahe, dass wir seinen, nach Fisch riechenden Atem riechen können. Diesmal habe auch ich  mich tüchtig erschreckt und wir flüchten blitzschnell über eine kleine Anhöhe in Sicherheit. Etwas verunsichert suchen wir uns einen anderen Weg, der besser einsehbar ist. Der Strand leuchtet in der Morgensonne goldgelb. Die Beschreibungen in den Reiseführern haben also nicht übertrieben. Die speziell grobe Körnung und das Material des Sandes verleihen ihm diese tolle Farbe. Wir schlendern auf diesem Strand der Wasserlinie entlang. Urplötzlich werden wir kreischend von zwei Wasservögeln (Strandläufer) attackiert. Sie haben in der Nähe ihr Nest und wollen mit allen Mitteln
versuchen, uns von diesem fern zu halten. Nach ihren vergeblichen Drohversuchen stellt sich der eine Altvogel flügellahm um sich als Beute anzubieten. Wir als erfahrene Ornithologen (dass ich nicht lache) fallen natürlich nicht auf diesen Trick herein und stöbern ihr Nest auf, in dem sich tatsächlich drei Eier befinden. Wir berühren das Gelege natürlich nicht und entfernen uns schnell wieder ein paar Meter, damit sich die Vögel etwas beruhigen. Einige Minuten später erspäht mein Schatz ein gewaltiges Seelöwenmännchen, das sich tief im Sand eingebuddelt hat. Ein solch grosses Exemplar haben wir bis jetzt noch nie gesehen. Gemäss unseren Unterlagen können diese bis 700 kg schwer werden. Dieses ist bestimmt so ein Pfundskerl. Er ist sich seiner schieren Kraft bewusst und lässt sich deshalb von uns beiden nicht beeindrucken. Er bleibt nach einem kurzen kräftigen Knurren genüsslich im Sand liegen. Nach diesen schönen Erlebnissen fahren wir nun weiter nach Invercargill. Wir werden hier wohl ein bis zwei Tage bleiben müssen. Martha hat am grossen Zehen des linken Fusses eine schmerzhafte Entzündung bekommen, die beim Gehen stark behindert. Es ist also ein bisschen Ruhe angesagt und bei entsprechen liebevoller Pflege meinerseits wird sie wohl bald wieder rumhüpfen können wie zuvor.


23.12 - 26.12.2011  Von Invercargill über Te Anau nach Queenstown


Zuerst einmal herzlichen Dank für die zahlreichen Mails, in denen die besorgte(n) Familie, Freunde und Bekannte ihre Anteilnahme an Marthas lädierten Zehen zum Ausdruck gebracht haben. Ich kann alle beruhigen. Die Entzündung ist am Abklingen und wir können schon wieder kleine Wanderungen unternehmen. Die Ursache für den „dicken Zehen“ haben wir aber nicht herausgefunden. Es könnte vom Nagelbett herrühren oder ein hinterlistiges Insekt hat vergeblich versucht unsere Reispläne zu durchkreuzen. Nach ein paar Tagen der Ruhe in Invercargill, ein lebhafter Ort mit schmucken Häuserfassaden, sind wir wieder on the Road. Wir fahren etwas westwärts nach Riverton, der ältesten
Stadt der Südinsel. Der kleine Ort bezeichnet sich selbstbewusst als „Riviera des Südens“. Tatsächlich gibt es dort einige gut geschützte Kieselstrände mit einer relativ starken Brandung. Die vorgelagerten grünen Felsen sind eine Touristenattraktion. Unser heutiges Etappenziel ist Te Anau. Das malerische Städtchen liegt am gleichnamigen See, dem grössten Binnengewässer auf der Südinsel. Er ist Ausgangspunkt für Ein- oder Mehrtagestouren in den Fiordlands Nationalpark. Wir werden hier ein paar Tage bleiben und die Weihnachten verbringen. In Neuseeland haben die Sommerferien begonnen und so werden die Bescher auf den Campingplätzen immer zahlreicher. Bis jetzt haben wir auf Vorreservierung des Stellplatzes verzichtet und trotzdem immer Unterschlupf gefunden. So auch in Te Anau. Dieser hübsche, blühende Ferienort mit Blick auf die Berge ist üppig mit Restaurants, Cottiches und Hotels ausgestattet. Man merkt, dass hier der Rubel
resp. der Dollar rollt. Es wird sehr viel gebaut und die Liegenschaftspreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Das könnte aber manchem Touristenort zum Verhängnis werden. Obwohl wir jetzt Hochsaison haben sind viele Hotels bei Weitem nicht ausgebucht. Man befürchtet, dass die lahmende Weltwirtschaft und die Negativschlagzeilen der immer wiederkehrenden Erdbeben um Christchurch die Reiselust auf Neuseeland gebremst haben. Wir sind bis jetzt meistens von diesen Beben verschont geblieben und dass weniger Touristen unterwegs sind ist für uns ja auch nur ein Vorteil. So beschliessen wir den stark touristischen Milford Sound am
24. Dezember zu besuchen. Mit dieser Entscheidung haben wir voll ins Schwarze getroffen. Wir fahren früh am Morgen los und sind fast alleine auf dem 120 km langen Weg in den Sound. Diese Strecke wird als wohl schönste Autostrasse der Welt bezeichnet. Dort wo sich die Route den mächtigen Bergen des Parks nähert, reckt man unwillkürlich den Kopf aus dem Fenster, um den Anblick in sich aufzusaugen. Einige kurze Wanderungen ermöglichen es, die Pracht dieser Gegen gebührend zu würdigen. Wir machen einen Zwischenhalt bei den stillen Mirror Lakes. Im ruhigen Wasser spiegelt sich eindrücklich das umliegende Panorama der Berge mit ihrer üppigen Vegetation. Nach ca. 100 km Fahrt erreichen wir den Homer Tunnel. Nach einer Bauzeit von fast 20 Jahren wurde dieser 1954 eröffnet – seit dem ist der Milford Sound der Welt zugänglich. Die Strasse fällt nun steil ab durch das Cleddau Valley zum letzten Zwischenhalt vor dem Milford Sound, The Chasm. Ein herrlicher Rundwanderweg führt uns durch prächtige, moosbewachsene Wälder und tiefe, vom Fluss ausgewaschene Schluchten. Bei diesem Halt empfiehlt sich aber, den Wagen nicht lange unbeaufsichtigt zu lassen. Hier treiben nämlich die Keas ihr Unwesen. Das sind äusserst neugierige Vögel, die sich sofort über abgestellte Autos her machen. Mit ihren kräftigen Schnäbeln malträtieren sie mit Vorliebe Scheibenwischer und sämtliche Gummiteile an den Fahrzeugen. Nach unserer Rückkehr können wir
gerade noch das aufdringliche Federvieh vom Dach unseres Campervans vertreiben bevor es Unheil anrichten konnte. Nach einer reinen Fahrzeit von ca. 2 Stunden erreichen wir den Milford Sound. Er ist Fiordlands, ja vielleicht gar Neuseelands berühmteste Sehenswürdigkeit. Wir gehen zum Cruise Center und buchen eine zweistündige Rundfahrt durch den Sound. Ein riesiger Katamaran, den wir nur mit wenigen Touristen teilen müssen, bringt uns in den 16 km langen Meeresarm. Wir haben grosses Wetterglück. An 200 Tagen im Jahr giesst es hier in Strömen. Es hat zwar bedrohliche Wolken am Himmel, doch Regen fällt keiner.
Im Gegenteil, ein kräftiger Wind bricht da und dort die Wolkendecke auf und lässt die gleissende Sonne zum Vorschein bringen. Wir machen an verschiedenen Orten Zwischenstopps, um Wasserfälle und die Tierwelt auf den Felsen beobachten zu können. Die Rückfahrt führt an den Stirling Falls und dem über 2000 Meter hohen Mt. Pembroke vorbei, dessen Gletscher sich majestätisch auftürmen. Wir sind von den Bildern und der Atmosphäre tief beeindruckt. Auf der Heimfahrt mit unserem Campervan entdecken wir ein riesiges Blumenfeld. Die Abendsonne lässt die Farben der Blüten besonders kräftig
leuchten. Zum Abschluss dieses traumhaft schönen Tages bereitet mein Schatz ein exzellentes Nachtessen zu, das wir bei einem oder zwei Glas Rotwein genüsslich zu uns nehmen. Es ist der 24. Dezember und Weihnachten und in Gedanken sind wir bei unseren Liebsten zu Hause. Trotz den schönen Erlebnissen, die wir hier täglich auf unserer Reise haben, kommt in dieser Zeit schon einwenig Wehmut auf. Nachdem wir aber die Daheimgebliebenen via Skype und Telefon gesehen resp. gesprochen haben ist es uns wieder wohl ums Herz. Am 25-igsten geht die Fahrt weiter Richtung Queenstown. Wir müssen noch schnell auftankten, denn der Weg von 170 km schaffen wir mit unserem fast leeren Tank nicht mehr. Was wir nicht bedacht haben; am 25. Dezember ist eigentlich fast alles geschlossen, auch die Tankstellen. So verplempern wir fast zwei Stunden, fahren diverse geschlossene Zapfsäulen an bevor wir schliesslich an einer unbedienten Tankstelle am Automaten, nach geschätzten 20 misslungen Versuchen mit unserer Kreditkarte, an den begehrten Saft kommen. Endlich können wir uns auf den Weg nach Queenstown machen. Die kurvenreiche Scenic Route führt an prächtig blühenden Landschaften vorbei. Queenstown liegt an den Ufern des Lake Wakatipu unterhalb der zerklüfteten Berge, die so treffend „The Remarkables“ (die Bemerkenswerten) genannt werden. Der Sommer ist jetzt in seiner vollen Kraft spürbar und beschert uns Temperaturen um die 28° Celsius. Die Sonne lacht vom fast wolkenlosen Himmel und wir schlendern durch das Stadtzentrum, dieses von meist
jungen Touristen besuchten Ortes. Spass und Nervenkitzel, das verheisst Queenstown. Für den schnellsten „Thrill“ sorgt eine Jet-Boat-Fahrt über die wilden Wasser des Shotover River, immer haarscharf vorbei an den kantigen Felsvorsprüngen in der engen Schlucht. Oder man holt sich den Adrenalin-Stoss bei Bungee-Jumps aus über 130 Meter Höhe. Queenstown bietet aber auch entspannte Erholung und nach unserer langen Fahrt machen wir einen Spaziergang rund um die lauschige Halbinsel der Queenstown Gardens. Am 26. Dezember fahren wir mit der Skyline Gondola auf den Bob’s Beak. Von hier aus geniessen wir die prächtige Aussicht auf die Bergkette der Rmarkables und die Stadt. Auf einem kurzen aber steilen Wanderweg gelangen wir zum Start der Gleitschirmpiloten, die in Tandemflügen die meist junge Kundschaft bis in die Aussenquartiere der City fliegen. Queenstown ist eine laute und pulsierende Stadt im sonst so ruhigen Neuseeland. Und so freuen wir uns nach diesem zweitägigen Abstecher ins „Gewühl“ auf die ruhige Bergwelt an der Westküste der Südinsel.


27.12.2011 - 1.1.2012 Von Oueenstown  über Wanaka, Hawea, Haast, Glacier NP‘s nach Hokitika


Der Blick am frühen Morgen zum Himmel lässt und auf einen weiteren warmen Sommertag hoffen. Weil wir drei Monate in Neuseeland verbringen und dadurch genügend Zeit haben, können wir die Reiseplanung etwas dem Wetter anpassen. Im Westen der Südinsel ist Regen angesagt und so werden wir vorerst im Landesinneren bleiben. Heute geht es nach Wanaka, zum kleinen Queenstown, wie die Neuseeländer sagen. Auch sehr touristisch und pulsierend aber in etwas bescheidenerem Stil. Wer am herrlichen Südufer des Lake Wanaka ein Ferienhaus erworben hat, war gut beraten. Die Immobilienpreise sind im 5000-Seelen-Städtchen in wenigen Jahren ins Astronomische geklettert. Dabei hat der Urlaubsort nichts von seinem Charme verloren. Der See, Lake Wanaka, ist riesig, bis zu 42 km lang und 10 km breit. In Wanaka herrscht sommers wie winters Betrieb. Von Queenstown aus fahren wir auf der Crown Range Scenic Road
durch üppig grüne Landschaften. Bei Cardrona, dem bekannten Skigebiet, machen wir beim skurrilen aber originellen Cardrona Hotel einen Zwischenstop. Die Fassade ist hübsch herausgeputzt und vor dem Eingang steht ein Oldtimer aus den 30er Jahren. Im Inneren herrscht eine gemütliche Atmosphäre. Ledersofas im englischen Stil und ein schmucker Kamin laden zum gemütlichen Verweilen ein. Im grosszügig und schön angelegten Gartenrestaurant bedienen die aufgestellten Kellner die Kundschaft. In einigen offenen Gebäuden kann man weitere Oldtimer, die etwas Pflege bräuchten und Dinge des täglichen Gebrauchs, die auch aus der Vorkriegszeit stammen, bewundern. Von hier aus sind es nur noch 25 Minuten nach Wanaka. Eigentlich wäre für mich Ostern die beste Zeit, um diesen Urlaubsort zu besuchen. Denn alle zwei Jahre „stört“ die Flugshow „Warbirds over Wanaka“ die Ruhe dieser Gegend mit Schwadronen von historischen Kampfflugzeugen die halsbrecherische Flugakrobatik zeigen. Wir möchten gerne 3 Tage in diesem Ferienort verbringen, doch zum ersten Mal auf unserer Reise sind die Campingplätze ausgebucht und wir haben gerade noch ein Plätzchen für eine Nacht gefunden. Es ist noch früher Nachmittag und wir beschliessen auf ein paar kurzen aber durchaus anstrengenden Wanderungen die nähere Umgebung, die
landschaftlich einiges zu bieten hat, zu erkunden. Für den nächsten Tag ist eine grössere Tour (ca. 7 Stunden) in Hawea angesagt. Der Dingle Burn Peninsula Track führt bergauf und bergab an den Ufern des Lake Hawea entlang. Eine abenteuerliche Fahrt führt über eine kurvenreiche Gravel Road zum Ausgangspunkt der Wanderung. Es ist drückend heiss und die hohen Felswände, die von der intensiven Sonne beschienen werden, strahlen zusätzlich kräftig Wärme ab. So kommen wir bald tüchtig ins Schwitzen und hängen alle paar Kilometer an der Wasserflasche. Menschen und Häuser sucht man in dieser Gegend vergebens. Wieder einmal gibt es nur uns und die prächtige Natur. Nach der Hälfte dieses schweisstreibenden Marsches erreichen wir eine schöne Lagune und wir können uns im eiskalten Wasser des Sees die lang ersehnte Abkühlung holen. Das Wetter zeigt sich im Sonntagsgewand und es wird auch in den nächsten Tagen keine wesentlichen Änderungen geben. Weil wir in Wanaka nur eine Nacht bleiben konnten haben wir uns auf einem Zeltplatz in Hawea für drei Tage einen Stellplatz organisiert. Das war im Nachhinein betrachtet aber keine gute Entscheidung. Denn schon bald müssen wir zu unserem Ärger feststellen, dass hier vom frühen Morgen bis zum späten Abend gesoffen, gegrölt und laute Musik gehört wird. Nachtruhe ist ein Fremdwort und die Bässe der monströsen Soundanlagen hallen über den ganzen Campground. Nach einer Nacht, in der wir nicht viel geschlafen haben sind wir uns einig, dass wir hier nicht bleiben und trotz schlechten Wetterprognosen über die „Alpen“ an die Westküste ins Regengebiet fahren. Von der Zeitplanung her ist das auch Sinnvoll. Wir wollen ja in den Nationalparks des Westens noch ein paar schöne Wanderungen machen bevor wir am 10. Januar wieder mit der Fähre auf die Nordinsel wechseln. Der Weg führt uns bei immer noch tollem Wetter am Lake Hawea entlang zum Mount Aspering Nationalpark. Zahlreiche View Points am Wegesrand veranlassen uns immer wieder zu kleinen und
grösseren Fahrpausen. Bei den „Blue Pools“, einem Touristenmagneten machen wir ebenfalls halt. Auf einem halbstündigen Spaziergang kann man(frau) diese Pools besuchen. Im Gänsemarsch eilen alle schnell zu dieser Sehenswürdigkeit um ein Foto zu machen um dann ebenso schnell wieder zurück zum Wagen oder Bus zurück zu kehren. Für uns sind die „Blue Pools“, die zugegeben wunderschön sind, nur Ausgangspunkt einer ausgedehnten Wanderung am Young River entlang. Kaum sind wir fünf Minuten von diesem „Point of Interest“ entfernt, ist von den „Touris“ niemand mehr zu sehen. Wir
haben schon wieder die Ganze Natur für uns alleine. Über unzählige Hängebrücken führt der Weg durch Wiesen, dann wieder durch dichten Busch, an romantischen Flusslandschaften vorbei. Exotisches Vogelgezwitscher begleitet uns auf dem ganzen Weg. Da und Dort erhaschen wir einen schnellen Blick auf die gut durch das Dickicht getarnten Vögel. Es sind dies meistens Arten, die wir in Europa nicht kennen. Nach ca. vier Stunden Fussmarsch sind wir wieder bei unserem Campervan angelangt. Nun geht es also über die Berge nach Haast, in dem momentan ein Tiefdruckgebiet das Sagen hat. Martha nimmt es gelassen und macht auf Zweckoptimismus: „Es wird bestimmt nicht so schlimm werden“, sagt sie lächelnd. Ich vertraue da mehr den Meteorologen und liege diesmal damit völlig daneben. Marthas Optimismus zahlt sich aus. Kaum haben wir den Haast Pass überquert wird das sonst schon schöne Wetter noch besser. Ich traue meinen Augen nicht und vermute immer noch hinter dem nächsten Hügel eine Schlechtwetterfront, die aber weit und breit nicht in Sicht ist. Auf dem Campground in Haast sagt man uns an der Rezeption, dass auch die nächsten Tage eitel Sonnenschein herrschen wird. Wir sind schon zwei Glückspilze. Die Nationalparks bei schönem Wetter zu besuchen macht natürlich doppelt Laune. Wir verbringen eine ruhige Nacht und vermissen das dumpfe Grollen der Subwoofer vom Campground in Hawea nicht im Geringsten. Am nächsten Morgen sind wir früh, eine Stunde zu früh, weil ich mich beim Blick auf die Uhr um eine Stunde vertan habe (Alterssehschwäche) unterwegs. Der Reiseführer empfiehlt unbedingt Haast Beach zu besuchen, was wir auch prompt befolgen. Der Abstecher lohnt sich wirklich. Ein
eindrücklicher Strand mit einer durch den Wind aufgepeitschten See mit gewaltigen Wellen erwartet uns hier. Wir verharren stumm und staunend minutenlang bei diesem imposanten Schauspiel. Wir fahren weiter nordwärts, um am Waita River auf eine vom DOC ausgeschilderte Wanderung am Strand entlang zu gehen. Wir freuen uns riesig und schon die Anfahrt zum Track ist wunderschön. Schnell ziehen wir das richtige Schuhwerk an, packen die Rucksäcke und los geht’s. Nach ein paar Metern sehen wir einen grossen Schwarm Sandflies auf uns zukommen. Das sind lästige Blutsauger, deren Biss noch nach Tagen juckt und durch das zwangsläufige Kratzen Entzündungen entstehen können. Schon haben die ersten Biester erbarmungslos zugeschlagen. Fluchtartig rennen wir zum Camper zurück, reissen die Türe auf, stürmen ins Innere und schliessen die Türe blitzartig. Doch diese Parasiten haben sich schon an unserer Kleidung festgekrallt. Im Innern des Campervans tobt ein heftiger Kampf, den die Sandflies nach ca. einer halben Stunde verlieren. Wir haben sicher über Hundert dieser Biester zerquetscht. Die Sonne scheint erbarmungslos auf unseren Wagen und die Temperatur im Innern steigt rasant an. Dank den Netzen an den Fenstern können wir diese zur Kühlung öffnen. Nun schwärmen diese Viecher wieder heran und hängen von Draussen wie Kletten an diesen Netzen und am Auto. Wir sind uns schnell einig, dass es hier und heute keine Wanderung geben wird. Wir fahren weiter und nach ca. zehn km Fahrt mit Tempo 100 hängen diese Blutsauger immer noch krampfhaft am Fahrzeug. Solch aggressive Biester haben wir noch nie erlebt. Doch wir sitzen jetzt am längeren Hebel. Nach weiteren Kilometern geben sie wohl entkräftet auf und werden vom Fahrtwind endgültig weggeblasen. Von nun an beobachten wir jedes Mal prüfend die Umgebung bevor wir aus dem Camper aussteigen. Wir fahren am schönen Lake Moeraki und tiefblauen Lake Paringa vorbei bis wir an die Bruce Bay gelangen. Einige Leute suchen sich an diesem Kieselstrand einen schönen weissen vom Wasser geschliffenen Stein, schreiben Grüsse, Verse und Glückwünsche darauf und legen diese am Rand der Bay wieder nieder. Sie liegen hier zu hunderten und werden wohl immer hier liegen bleiben. Wir finden diese Idee wunderschön
und haben drei Steine gesucht und beschriftet und diese zu den anderen gelegt. Unser heutiges Etappenziel ist Fox Town. Von dort aus werden wir in einer kleinen Wanderung zum Fox Gletscher aufbrechen. Doch zuvor sehen wir im Vorbeifahren den grössten Berg Neuseelands, den Mount Cook mit seinen rund 3'750 Metern Höhe. Er ist fast wolkenfrei, was sehr selten zu beobachten ist und steht majestätisch im Panorama. Auf dem Fussmarsch zum Fox Gletscher sind wir natürlich nicht alleine. Viele Touristen werden hier Busweise heran gefahren und diese gehen dann im Gänsemarsch bis an den Fuss des Gletschers. Wir tun es ihnen gleich und sind nun auch Teil der Karawane. Als Schweizer, die wie wir den Aletschgletscher kennen, ist das hier Gezeigte nicht sehr spektakulär. Unsere weissen Riesen sind da viel imposanter. Doch sehenswert sind die Gletscher Neuseelands allemal. Deshalb machen wir uns am anderen Morgen auf den Weg und besuchen noch den zweiten Gletscher in dieser Region. Es ist dies der Franz Josef Glacier. Er ist sogar etwas kleiner als der Fox, dafür weiss er aber optisch mehr zu gefallen. Fazit nach zwei Tagen in der Gletscherwelt: Man kann sich das durchaus ansehen aber zwingend ist es nicht. Morgen werden wir weiter der Westküste entlang nordwärts fahren. Es stehen noch einige Nationalparks auf unserem Reiseprogramm, in denen wir tolle Wanderungen unternehmen können. Nebenbei bemerkt. Das Wetter ist immer noch traumhaft schön, das prophezeite Tief nirgends zu sehen und die nächsten Tage sind auch keine signifikanten Änderungen zu erwarten. Die Meteorologen haben diesmal die A....-Karte gezogen.


2.1.2012 - 5.1.2012  Von Hokitika über Greymouth, Westport nach Motueka


Den Silvester haben wir aus bekannten Gründen nicht gefeiert und sind bei Zeiten schlafen gegangen. Deshalb sind wir schon früh am Morgen munter und studieren gebannt die Wetterprognose für die nächsten Tage. Wir haben für die restliche Zeit auf der Südinsel ein Programm zusammengestellt, das Schwerpunkte setzt, die wir gezielt auf die sonnigsten Tage legen. Unser Timing ist bis jetzt perfekt aufgegangen. Martha will noch unbedingt einen Waschtag einlegen und das natürlich auch bei möglichst schönem Wetter, damit die Wäsche, die nicht in den Tumbler kommt noch am selben Tag trocken ist. Wir haben leider bereits ein paar Kleidungsstücke, die das beschleunigte Trocknen in der Maschine nicht schadlos überstanden haben und nun mindestens eine Grösse kleiner sind als vorher. Jetzt gibt es für uns nur zwei Möglichkeiten, entweder neue Kleider kaufen oder entsprechend abnehmen. Da wir jeden Tag sehr viel Bewegung haben fallen die „Kilos Woche für Woche“. Inzwischen passen wir sogar wieder in die eingelaufenen Kleidungsstücke. So hat alles schlussendlich auch sein Gutes. Heute ist also Grosskampftag in der Waschküche angesagt. Das bedeutet für mich a) weniger weit fahren, damit wir bei Zeiten auf einem Campingplatz sind, b) dass ich schneller die Füsse hoch legen kann und c) noch schneller ein oder zwei kühle Tui’s aus dem Kühlschrank bekomme. Halt, auch auf mich wartet noch Arbeit. Ich muss natürlich zuerst fachmännisch die Wäscheleine spannen. Es geht halt nichts über eine perfekte Arbeitsteilung. Am
schönen Strand in Hokitika bei ca. 25° C, einem wolkenlosen Himmel und einer leichten Brise vom Meer her hat an diesem Haushaltstag alles perfekt funktioniert. Übrigens, Hokitika ist ein hübsches Städtchen mit ausgesprochen schönen Gebäuden. In vielen kleinen Souvenir-, Kunst- und Kunsthandwerksläden wird von Glasbläserarbeiten bis zum Schmuck aus Muschelschalen alles für den zahlungskräftigen Kunden angeboten. Am berühmtesten ist Hokitika für seine Werkstätten der Jadeschnitzer. Es gibt kaum einen Ort in Neuseeland, der ein solch grosses Souvenirangebot hat. Wir setzen unsere Reise an der Westküste entlang fort und erreichen am späten Vormittag Shantytown. Ein kleines Städtchen im Stile des Freilichtmuseums Ballenberg, das Gebäude und Handwerksbetriebe des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt. Mit einer
historischen Dampflokomotive fahren wir durch dichten Busch zu einem Platz an dem der Besucher, gegen entsprechende Gebühr natürlich, Goldwaschen kann. Jeder wird „Glück“ haben und ein kleines Goldkorn beim Waschen in der Pfanne finden (wird vorher vom Personal hineingelegt), das wird vom Veranstalter garantiert. Im Städtchen selbst entdecken wir ein Gebäude, in dem sich eine Druckerei und eine Setzerei befinden. Paradestück dieser Ausstellung ist eine antike Setzmaschine aus den 30er Jahren. Auf einem ähnlichen Typ habe ich 1974 während meiner Lehrzeit auch gearbeitet. Bin ich wirklich schon soooo alt?!? Am späteren Nahmittag kommen wir auf unserem heutigen Campground in Greymouth an. Der Platz ist wunderschön an der Tasman See gelegen. Auf einem ausgedehnten Abendspaziergang erleben wir einen prächtigen Sonnenuntergang über dem vom Wind aufgewühlten Meer. Am nächsten Morgen trauen wir unseren Augen nicht. Es hat tatsächlich geregnet und der Blick gegen den Himmel kündigt weiteres Nass an. Wieder liegen die Wetterfrösche mit ihrer Prognose Meilenweit daneben, denn eigentlich müsste jetzt eitel Sonnenschein herrschen. Wir tragen es mit Humor und fahren auf dem State Highway Nr. 6 nordwärts. Vor Punakaiki kommen wir in den Paparo Nationalpark und siehe da, die Sonne scheint. Er ist mit 300 km2 der Kleinste
des Landes. Hauptattraktion dieses Parks sind die „Pancake Rocks“ (Pfannkuchen-Felsen). Die unterschiedlich stark erodierten Gesteinsschichten ähneln tatsächlich riesigen aufgestapelten Eierkuchen. Das „spritzige“ Naturschauspiel der „Blowholes“ darf man sich nicht entgehen lassen. Die Tasmanische See prallt mit mächtiger Dünung auf die pittoresk geformte Felsenküste. Aus so genannten „Blowholes“ zischen dann meterhohe Wasserfontänen. Wer sich allzu nahe heran wagt, wird schnell nass. Wind und Regen haben hier ganze Arbeit geleistet – und tun es weiterhin: Höhlen und Tunnel durchlöchern den spektakulären Küstenabschnitt. Wir fahren weiter am Meer entlang Richtung Norden. Etwa 20 km vor Westport führt uns die Wilsons Lead Road zum Cape Foulwind. Auf einem etwa 3-stündigen Klippenweg, der an einem Leuchtturm vorbei führt
und mit tollen Aussichten belohnt, gelangen wir zu einer Pelzrobben-Kolonie. Die Tiere sind mit der Aufzucht der Jungen beschäftigt, die ständig nach den Eltern schreien, wenn diese zur Nahrungssuche im vorgelagerten Küstenabschnitt unterwegs sind. Die Weibchen säugen die stets hungrigen Jungtiere und die Männchen sind mit Revierkämpfen und dem Zusammenhalt des Harems beschäftigt. Die Kräfte des Meeres treiben meterhohe Wellen unter Donnergrollen an die Strände und Felsen. Gegen Abend erreichen wir Westport. Die unspektakuläre Industriestadt, früher Kohle heute Zement (Holcim), tut sich schwer Touristen zu umgarnen. Doch die Innenstadt mit dem prächtigen Gemeindehaus und den z.T. sehr bunten Häuserfassaden haben wir uns auf einem kleinen Spaziergang gerne angesehen. Am 4. und 5. Januar sind die Wetteraussichten geradezu perfekt für einer unserer letzten Höhepunkte auf der Südinsel. Wir beschliessen daher am heutigen Tag eine längere Wegstrecke zu fahren, die uns landeinwärts über Murchison nach Nelson und schlussendlich nach Motueka an der Tasman Bay führt. Motueka ist eine lebhafte Kleinstadt und Ausgangspunkt für
Wanderungen im berühmten Abel Tasman Nationalpark. Es ist jetzt Hauptferienzeit und wir haben Glück, dass wir im angesagten Top 10 Campground für zwei Tage noch ein Plätzchen bekommen. Am Abend organisieren wir uns an der Rezeption eine Busfahrt, die uns am anderen Tag nach Kaiteriteri bringt. Von dort aus besteigen wir ein Wassertaxi, das uns an der Küste entlang (Drehort vom Kinofilm „Herr der Ringe“) bei grandiosem Wetter, 26° C und kitschig blauem Himmel an den von uns bestimmten Ort „Onethauti“ schippert. Eine wirklich eindrückliche Wanderung, die ca. 6 Stunden dauert, führt uns zwischen Buschlandschaften mit riesigen Baumfarnen,
rauschenden Gebirgsbächen und einsamen Lagunen an exotische Bilderbuchstrände. Wir überqueren bei Ebbe einige Meeresarme und müssen da und dort aus den Wanderschuhen steigen, um mangels Brücken kleinere Flüsse zu überqueren. Wir saugen diese einzigartige Natur richtig in uns auf und wir haben manchmal das Gefühl, dass das alles nur Traum und nicht Realität ist, so beeindruckend wirkt diese Landschaft auf uns. Am Abend holt uns das Wassertaxi am vereinbarten Treffpunkt in Anchorage ab und bringt uns wieder nach Kaiteriteri wo wir mit dem Bus zum Campground nach Motueka zurückkehren. Fazit: Abel Tasman muss man unbedingt gesehen haben. Es muss nicht gleich eine Mehrtageswanderung sein, denn sehr viel Weg führt durch den bekannten Neuseeländischen Bush, der zwar von der Pflanzenvielfalt toll ist aber nach mehreren Tage doch einwenig eintönig wird. So ist eine Tageswanderung genau das Richtige. Man bekommt von allem etwas, es wechseln sich Bush- und Küstenabschnitte ab und zwischendurch kann man an einem der zahlreichen Sandstränden die Seele baumeln lassen. In den nächsten und gleichzeitig unseren letzten Tagen auf der Südinsel werden wir Nelson besuchen und im Queen Charlotte Sound rund um Picton ein paar Wanderungen unternehmen – sofern es das Wetter zulässt.


6.1.2012 - 10.1.2012  Von Motueka über Nelson, Havelock, Linkwater, Picton bis Wellington


Mit ein bisschen Wehmut zeichnet sich langsam das Ende unserer Reise auf der Südinsel ab. Wir hatten in den vergangenen Wochen grosses Wetterglück und konnten eigentlich alles was wir unternehmen wollten bei prächtigem Sommerwetter realisieren. Unser erstes Etappenziel ist heute Nelson. Von grünen Hügeln
umgeben und direkt am azurblauen Meer gelegen (ca. 45'000 Einwohner), gilt Nelson als eine der lebenswertesten Städte Neuseelands. Im lebhaften Einkaufsviertel bieten viele kleine Läden originelles Kunsthandwerk feil. Auf den Strassen wird freudig musiziert. Eine tolle Blaskapelle spielt unterhalb der Christ Church Cathedral Melodien von Glenn Miller und ein paar Strassenzüge weiter eine farbenfrohe, aus verschiedenen Nationalitäten bestehende Band, rassige Südseeklänge auf ihren Xylophonen. Es herrscht eine lockere und aufgestellte Atmosphäre, die ansteckend wirkt. Das schöne Sommerwetter (Nelson ist eine der sonnigsten Regionen) trägt auch einen Teil dazu bei. Ich persönlich habe mir architektonisch etwas mehr von Nelson erwartet. Das Stadtbild ähnelt vielen anderen Neuseeländischen Orten mit z.T. originellen Häusern aber auch vielen „Bausünden“ aus den 60er und 70er Jahren, wie wir sie auch aus der Schweiz kennen. Unsere Reise geht weiter westwärts zum bekannten aber kleinen Ort Havelock. Das Fischerdörfchen beherbergt
eine der besten Greenshell-Muschelzuchten und gilt als ausgezeichnetes Fanggebiet für den leckeren Snapper. Im Bistro von „Heidi“ bekommen alle Heimweh-Schweizer und -Österreicher deftige Hausmannskost serviert. Wir fahren noch eine kleine Wegstrecke zu einem abgelegenen Campground bei Linkwater. Eine sympathische Bauernfamilie bietet auf ihrem Hof einfache aber ruhig gelegene Stellplätze an. Beim Einchecken bekommen wir als kleines Dankeschön zwei köstliche noch ofenwarme Muffins in einem hübschen Körbchen überreicht. So lässt es sich gut leben! Am nächsten Morgen geht’s zum legendären Queen Charlotte Track. Wir haben uns eine Tagestour auf dem über 70 km langen Walk ausgesucht, der bei dem kleinen Ort Anakiwa, der direkt am Sound gelegen ist, beginnt. Das Wetter ist immer noch gut aber die Luftfeuchtigkeit von bestimmt über 90% lässt uns schon bald heftig ins Schwitzen kommen. Der Pfad ist von dichtem undurchdringlichem Urwald umgeben. Exotische Vogelstimmen sind zu hören, wir klettern über riesige umgestürzte Baumfarne und überqueren kleine Bäche in denen es nur so von Fischen wimmelt. Der Weg führt am Sound entlang, mal direkt am Wasser mal wieder hoch oben durch den Dschungel. Ab und zu gibt das Dickicht einen tollen Blick auf den riesigen Meeresarm frei. An solchen Plätzen machen wir halt und nehmen einen Kräftigen Schluck aus der Flasche. Das ist auch dringend nötig. Der Wasserverlust bei
diesen tropischen Verhältnissen ist immens. Aber nur dank diesem feuchtwarmen Klima ist eine so grossartige Vegetation überhaupt möglich. Obwohl der ganze Track von den Leistungskilometern (Länge, Steigung, Gefälle) nicht so fordernd ist, sind wir am Abend völlig geschafft. Wanderungen in tropischen Regionen sind eben sehr anstrengend. Wir sind froh, dass wir nicht mehr weit zu unserem Campground fahren müssen. Nach einer ausgiebigen Dusche fühlen wir uns wieder wie neu Geboren. Am nächsten Morgen fahren wir die kurze Strecke nach Picton, bei relativ starker Bewölkung und bei heftigem Wind. Also werden wir die letzten beiden Tage auf der Südinsel und damit auch Marthas Geburtstag bei schlechtem Wetter verbringen. Ich hätte mein Herzblatt gerne zu einem gediegenen Nachtessen im Städtchen eingeladen, doch sie hat dankend abgelehnt und meint lächelnd: „Wir kaufen uns was Leckeres ein, machen es uns bei diesem Schmuddelwetter gemütlich in unserem Campervan und ich koche uns was richtig Feines.“ Das war eine gute Entscheidung, denn am Abend kommt tatsächlich die angesagte Regenfront mit kräftigen Windböen, die unseren kleinen Wagen heftig zum schaukeln bringen. Wir aber sitzen im Trockenen, geniessen unser Abendessen bei einer exzellenten Flasche Rotwein, skypen mit unseren Lieben zu Hause und nach dem Dessert spielen wir noch eine Runde Karten. Die Reiseplanung für die restliche Zeit auf der Nordinsel ist noch offen. Eigentlich möchten wir an der Westseite hinauf bis nach Auckland fahren. Es gibt dort noch einige Nationalparks und Sehenswürdigkeiten, die wir gerne besuchen resp. ansehen möchten. Dies macht aber nur Sinn, wenn das Wetter einigermassen mitspielt. Leider sind die Vorzeichen schlecht. Für die nächsten acht bis zehn Tage ist in dieser Gegend „Sauwetter“ angesagt. An der Ostküste prophezeien die Wetterfritzen bessere Bedingungen. So werden wir vermutlich noch etwas an der Ostküste verweilen und je nach Wetterentwicklung am Pazifik bleiben oder dann quer über die Insel an die Westküste fahren. Morgen, am 10. Januar werden wir früh an den Hafen von Picton fahren und mit der Fähre der Bluebridge wieder auf die Nordinsel schippern. Martha möchte ein hübsches Mädchen sein und beschliesst, heute noch zum Coiffure zu gehen. Sie sucht sich entsprechende Adressen aus dem Internet heraus, packt ihren Rucksack und macht sich auf den Weg ins Städtchen. Nach ca. anderthalb Stunden kommt sie lächelnd mit neuer „Frise“ zurück. Erst beim dritten Friseurladen ist ein Plätzchen frei gewesen. Nun ist wirklich alles bereit für die morgige Überfahrt. Übrigens, der Coiffeurbesuch hat 30 Dollar gekostet, ca. 21 Franken. Nur schon das wäre ein Grund zum Auswandern – nein, natürlich nicht. Am Nachmittag schlendern wir nochmals durchs hübsche Städtchen Picton, schlürfen in einem kuscheligen Café am Hafen unseren Cappuccino und
versuchen ein Stück viel zu süssen Kuchen zu essen. Anschliessend bereiten wir alles für die morgige Überfahrt vor. Nach einer kurzen Nacht, der Wecker klingelt um 6.00 Uhr, fahren wir mit unserem Camper in den Bauch der Bluebridge, die bereits seit gestern Nacht im Hafen liegt. Neben unserer Autofähre hat ein Kreuzfahrtschiff am Pier festgemacht. Es wirkt richtiggehend klein im Vergleich zur Fähre. Auf dem Oberdeck des schwimmenden Hotels nimmt die feine Gesellschaft gerade das Frühstück neben dem wohl temperierten Pool ein. Wir legen ab und werfen einen wehmütigen Blick auf die Südinsel. Was zurückbleibt sind ein paar feuchte
Augen und ein Sack voller grossartiger Erlebnisse und unendlich viele positive Eindrücke. Wir fahren durch den Queen Charlotte Sound. Eine mystische Morgenstimmung liegt über dem Meeresarm und an dessen Berghängen. Es klart auf und wir erkennen in den grünen Hügeln den Pfad des 71 km langen Queen Charlotte Tracks, auf dem auch wir z.T. gewandert sind. Das Meer ist ausgesprochen ruhig und im Gegensatz zur Hinfahrt auch nicht sehr windig. So geniessen wir die ganze Fahrt, die rund 3,5 Stunden dauert, auf dem Sonnendeck. Kurz vor Wellington können wir kleine Delphine beobachten, die in einem grossen Schwarm unserem Schiff folgen. Pünktlich um 11.30 Uhr legen wir in der Hauptstadt Neuseelands an. Wir werden noch ein bis zwei Tage im Grossraum Wellington bleiben und dann endgültig entscheiden (je nach Wetterlage) ob wir an der West-  oder an der Ostküste entlang nach Auckland zurück fahren werden.


Die weiteren Berichte sind von jetzt an unter der Rubrik Nordinsel (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.