New South Wales


Reisebericht
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Videoclips


17.4. - 24.4.2012  Von Jindabyne über Wagga Wagga, Gundagai, Yass, Canberra,

Batemans Bay, Nowra, Shoalhaven Heads, Kiama nach Shellharbour


Der Westen von New South Wales ist geprägt durch Farmland und alpine Nationalparks. Der Herbst hat sich inzwischen mit aller Macht breit gemacht und beschert uns farbenprächtige Laubwälder. Allerdings ist es in höheren Lagen in der Nacht empfindlich kalt und wir können nicht verheimlichen, dass wir gerne ein paar von den 45° Celsius, die wir am Anfang unserer Reise in Perth hatten, zum aufwärmen zu uns rüber beamen möchten. Aber eigentlich können wir punkto Wetter gar nicht jammern. Die ersten drei Monate in Neuseeland gab es wenig Regen und hier in Australien hatten wir bis jetzt vorwiegend ein warmes  resp. heisses und trockenes Klima. Die nächsten paar Wochen wird es aber bestimmt die eine oder andere Schlechtwetterperiode geben, das ist an der Ostküste ganz normal. Weil unser Australienaufenthalt ein ganzes Jahr dauert, bewegen wir uns auch hier in den vier Jahreszeiten. Dies sind für die nächsten Monate Herbst und Winter. Natürlich bedeutet das nicht zwangsläufig Schnee und Eis aber es wird nicht das Bilderbuchwetter sein, das man von Down Under gewohnt ist. Frühling und Sommer werden wir dann im Norden und zum Abschluss nochmals im Westen des Kontinents erleben. Aufgrund der klimatischen Vielfalt Westaustraliens blühen in diesem Bundesstaat an rund fünf Monaten im Jahr über 12’000 verschiedene Wildblumenarten – das Gebiet besitzt somit eine der längsten Blütezeiten Australiens. Darauf
freuen wir uns jetzt schon. Der heutige Weg führt uns zunächst durch eine voralpenähnliche Landschaft nach Tumbarumba. Auf der Fahrt sticht uns da und dort beissender Rauch in die Nase, der von den unzähligen, z.T. heftigen Bränden in der Gegend herrührt. Unser Tagesziel ist Wagga Wagga, die grösste Binnenstadt des Bundesstaates. Sie liegt am Ufer des Murrumbidge River und ist ein gut florierendes landwirtschaftliches Zentrum. Wir unternehmen längere Spaziergänge in der herbstlichen Natur und sind von der fantastischen Tier- und Pflanzenvielfalt begeistert. Mitten in farbenprächtigen Herbstwäldern gedeihen Orchideen und andere exotische
Blüten, als stünde der Frühling vor der Tür. Selbst Zitrusfrüchte reifen hier im Herbst. Auf dem Weg nach Canberra besuchen wir den kleinen Ort Gundagai. Das Städtchen ist ein Kleinod, und wenn man es zu Fuss durchstreift, findet man viele alte und schön erhaltene Häuser entlang der Hauptstrasse. Erbaut ist der Ort auf einem Hügel. Zum Teil führen sehr steile Strassen in eine Flussniederung hinunter, die von zwei langen Brücken überspannt wird. Eine Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1903 und eine alte Strassenbrücke, die zwischen 1866 und 1869 erbaut wurde und früher ein Teil des Hume Highway bildete. Beide Brücken sind heute für den Verkehr gesperrt. Die Eisenbahn fährt hier seit 1986 nicht mehr. Die alte Strassenbrücke aus dicken Holzbohlen konnte man bis vor einigen Monaten zu Fuss überqueren. Nach den heftigen Überschwemmungen der vergangenen Wochen ist der Viadukt einsturzgefährdet und seitdem auch für Fussgänger gesperrt. Noch immer sind überall die Schäden der Unwetter zu sehen. Strassen werden neu gebaut, baufällige Gebäude abgerissen oder aufwendig saniert. Wir folgen weiter auf unserer geplanten Route und erreichen am 18. April Canberra, die Hauptstadt Australiens. Das umgebende Australian Capital Territory, kurz ACT, misst nur knapp 2400 Quadratkilometer und ist somit ein Winzling innerhalb der sonst grossräumigen Verwaltungsgliederung auf dem Kontinent. Nach einem ersten Augenschein sind wir ehrlich gesagt von dieser biederen Metropole etwas enttäuscht. Als Hauptstadt kann sie weder von der Grösse noch vom Charme mit Perth, Adelaide oder Melbourne konkurrieren. Zudem wirkt alles etwas unaufgeräumt und schmuddelig. Trotzdem gibt es
natürlich etliche Sehenswürdigkeiten, die wir uns gerne ansehen. Die erste Visite gilt dem National Museum. Auf der in den See hinausragenden Acton Peninsula liegt das 2001 eröffnete Ausstellungsgebäude prominent am Wasser. Die moderne Konzeption vermittelt alles Wissenswerte über Australien. Unterhaltsamer kommt man der Nation nirgends näher. Kunstliebhaber dürften von den unzähligen Galerien begeistert sein. Im Science und Technology Center gibt es über 200 interaktive Exponate, die einem die Funktionsweise von technischen Abläufen veranschaulicht. Unseren nächsten „Boxenstop“
machen wir beim New Parliament House, das 1988 für rund 1,1 Mia. Dollar erbaut wurde (entspricht dem Bundeshaus in Bern). Hier tagt das Parlament im Plenarsaal und leitet die Geschicke Australiens. Beim Besuchereingang werden wir höflich empfangen und zur Eingangskontrolle geleitet. Der Sicherheitsstandard in diesem Gebäude ist enorm und ebenso mühsam wie auf den Flughäfen. Gepäckkontrolle: Laptop und Kamera aus dem Rucksack, Taschen leeren und anschliessend alles zur Röntgenanalyse auf ein Förderband legen. Natürlich habe ich als Eidgenosse ein Mehrzweckwerkzeug mit Messer von Victorinox im Gepäck. Ein Sicherheitsbeamte bemerkt dies und nimmt es mir mit bösem Blick ab und murrt, dass ich die „Waffe“ beim Ausgang nach dem Besuch des Regierungssitzes wieder abholen kann. So ist Australien zum Glück nochmals von einem fürchterlichen Attentat verschont geblieben! Das New Parliament House ist architektonisch geschickt in eine Hügelkuppe eingebunden. Das Dach ist mit Gras bepflanzt und begehbar. So kann jeder Australier seinen Volksvertretern im wahrsten Sinne des Wortes aufs Dach steigen. Im Eingangsbereich (Wandelhalle) stehen riesige Säulen. Sie sind aus grauem und grünem Marmor und symbolisieren einen Eukalyptuswald. Die Terrasse bietet einen schönen Blick hinab zum neoklassizistischen Old Parliament House. Erkundungstouren machen hungrig so bereitet Martha im Bushcamper eine kleine Zwischenverpflegung zu. Unser Home auf vier Rädern ist zwar praktisch eingerichtet aber gleichzeitig sehr eng. Wir müssen stets aufpassen, nicht gegen
irgendwelche Ecken und Kanten zu laufen. Diesen Grundsatz hat Martha kurz ausser Acht gelassen und schon nimmt das Unheil seinen Lauf. Sie stösst sich den Kopf fürchterlich an einer der besagten Kanten. Nach einem Moment der Benommenheit (technischer K. O.) greift sich mein Schatz mit schmerzverzehrten Gesicht an die Stirne. Eine dicke Beule bildet sich und beginnt sich blau und rot zu verfärben. Ähnlich wie ich in Neuseeland hat auch Martha nach einem innigen tête-à-tête mit unserem fahrbaren Untersatz ein hübsches Andenken. Dieses kleine Malheur kann unseren Unternehmungsgeist jedoch nicht bremsen. Es gibt in dieser Stadt noch einiges zu entdecken resp. zu erkunden. Wir fahren zum Captain Cook Memorial Wather Jet. Eine mächtige Fontäne im See, die zur Erinnerung des legendären Kapitäns, 140 Meter in die Höhe schiesst. Von dort aus begeben wir uns auf einen Stadtbummel ins Zentrum der City. Diese ist autofrei und so lässt es sich gemütlich flanieren. Im Canberra Centre, Einkaufscenter mit über 300 Läden und Shops, kann man sich, so man will, einen ganzen Tag lang verweilen. Am nächsten Morgen fahren wir zuerst zum War Memorial,
eines der meistbesuchten Museen des Landes. Es beherbergt tausende Kriegsutensilien wie Panzer, Kanonen, U-Boote, Flugzeuge usw. und ist gleichzeitig Gedenkstätte australischer Kriegstoten. Auf riesigen Ausstellungsflächen, die auf unterschiedliche Hallen verteilt und über Passagen miteinander verbunden sind, wird die Geschichte des ersten und zweiten Weltkriegs aufgearbeitet. Unser letzter Besuch in Canberra gilt dem Telstra Tower (195 m hoher Fernsehturm) auf dem Black Mountain. Vom Drehrestaurant hat man einen tollen Blick auf die Stadt. Wir wollen heute noch über den Kings Highway nach Batemans Bay an die Pazifikküste fahren. Nach ca. einer Stunde Wegstrecke lesen wir auf einem Leuchtdisplay, dass die Strasse wegen Aufräum- und Belagsarbeiten gesperrt ist. Da werden immer noch die „Nachwehen“ von den kräftigen Unwettern weggeräumt. Wir wählen eine alternative Route über die Berge. Allerdings sind dies samt und sonder Gravel Roads. Wieder einmal sind wir froh, ein „potentes“ Allradfahrzeug zu besitzen. Auf der über 50 km langen Strecke fahren wir auf passähnlichen Strassen, die verschlammt und mit Schlaglöchern durchsetzt sind. Immer wieder überqueren wir kleine Bäche, die zum Glück kein Hochwasser führen. So können wir diese gefahrlos durchfahren. Problematisch für uns wären nur Wasserstände jenseits der Ein-Meter-Marke. So treffen wir mit einiger Verspätung gesund und munter am Bestimmungsort ein. In den nächsten Tagen
besuchen wir einige Nationalparks der Region. Der erste ist der Morton Nationalpark in den Southern Highlands of New South Wales. Kleine und enge Passstrassen, die wir eigentlich so in Australien gar nicht erwartet hätten, führen in den Park. Unterwegs fahren wir durch das Kangaroo Valley, dem nur wenige andere Täler in New South Wales an Lieblichkeit nahe kommen. Den Kangaroo River überquert man auf der 1898 erbauten, von 28 Stahlseilen getragenen Hampden Bridge. Kurz darauf beginnt der Morton National Park. Im mehr als 500 Millionen Jahre alten Sedimentgestein haben sich durch Erosion tiefe Schluchten gebildet. Obwohl die sandige Erde des
Plateaus relativ unfruchtbar ist, gedeihen verschiedenartige Eukalyptusbäume. Dort, wo die Erdschicht nur noch sehr dünn ist siedeln sich Kräutergewächse und Wildblumen an. Der dichte Wald ist die Heimat von Leierschwänzen, Papageien und dem vom Aussterben bedrohte Braunkopf-Lackvogel. Verschiedene Arten der grossen Kängurus und der kleineren Wallabies, Schlangen und Eidechsen sind in diesem weiten Rückzugsgebiet sicher vor den Menschen. Wir begeben uns auf den West Rim Walking Track. Er bietet immer wieder schöne Blicke ins Tal und auf die Fitzroy (81 Meter hoch) und Twin Falls. Diese rauschen besonders eindrucksvoll nach heftigen Regenfällen donnernd in die Tiefe. In der Ferne liegt ein bläulicher Dunst über den Wäldern. Ausdünstungen der Eukalyptusbäume sind für dieses Naturphänomen verantwortlich. Es ist erstaunlich, welche Farbenpracht einzelne Pflanzen im dichten Regenwald hervorbringen. Wir entdecken einen Strauch, dessen intensiv rote Blüten wie Lämpchen im dunklen Dickicht leuchten. Ein paar Minuten später huscht tatsächlich ein Leierschwanz an uns vorbei. Ich zücke sofort die Kamera und drücke schnell auf den Auslöser. Für die richtigen Einstellungen am Fotoapparat bleibt leider keine Zeit. So entsteht ein mehr schlecht als recht gelungenes Bild vom selten gewordenen Federvieh. Am nächsten Tag fahren wir auf einem Scenic Drive Richtung Buderroo Nationalpark. In Berry fallen uns sofort einige originelle Häuser auf. Da gibt es ein Hotel, auf dessen Dach Ruderboote vertäut sind oder ein Bottle Shop, dessen Hausfassade ausrangierte Raddeckel zieren. Auch die Fussgängerzone mit den hübschen kleinen Läden ist sehenswert. In Kiama, das für feinsandige Traumstrände bekannt ist, machen wir einen Zwischenhalt. Leider sind diese paradiesischen Strände beim heutigen Sauwetter öd und leer. Auch ein schön angelegter Meeres-Swimmingpool kann uns bei dieser Kälte nicht begeistern. So begeben wir uns zum weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Blowhole. Bei starker Brandung erzeugt der Staudruck des Meeres eine bis zu 60 m hohe Fontäne aus dem durchlöcherten Felsen. Am heutigen Tag sind es ein paar Meter weniger. Nichts desto trotz ist es ein grandioses Schauspiel. Nach einer weiteren Passfahrt erreichen wir den Buderroo Nationalpark. Schöne Wasserfälle begeistern uns – so unternehmen wir eine kleine Wanderung zu den Carrington Falls. Der Kangaroo River fliesst durch üppigen Regenwald bevor er sich mit Getöse über 50 Meter in die Tiefe stürzt. Leider müssen wir nach dem Besuch der Wasserfälle die geplante Wanderung im Park abbrechen. Die Wege sind zum Teil überflutet und wir waten durch knöcheltiefen Sumpf und Matsch. Das macht nicht wirklich Spass! Also fahren wir zum heutigen Übernachtungsplatz nach Shellharbour. Das Wetter soll in den nächsten Tagen besser werden und so hoffen wir, dass Sydney sich von seiner schönsten Seite präsentieren wird.


25.4. - 2.5.2012  Von Shellharbour über Wollongong, Bulli, Helensburgh,

Royal Nationalpark, Blacktown in den Blue Mountains Nationalpark


Am späteren Nachmittag des 17. April treffen wir in Shellharbour ein. Das Küstenstädtchen liegt an der Pazifikküste in der Region Illawarra etwa 100 km südlich der Metropole Sydney und 220 km nordöstlich der
australischen Hauptstadt Canberra. Direkt am feinsandigen Strand finden wir einen schönen Campground. Dieser ist nur einen kurzen Spaziergang vom charmanten Shellharbour Village mit seinen Cafés, Restaurants und Geschäften entfernt. Typisch für diese Region sind Meerwasserpools, die wunderschön in die Küste eingebaut und von allen kostenlos benutzt werden können. Die grössere Anziehungskraft als Shellharbour hat Wollongong, die drittgrösste Stadt in New South Wales. Entlang der Küstenlinie finden sich über ein Dutzend von Rettungsschwimmern überwachte Strände. Sie befinden sich in laufweite von Geschäften, Bars und Hotels. Rad- und Wanderwege führen über 60 Kilometer von der Bulli Beach im Norden bis zum Illawarra See im Süden der Stadt. Auch Surfer kommen an den Stränden von Wollongong auf ihre Kosten. Der Kern der Stadt liegt etwas erhöht über dem Meer. An der Beachfront stehen exklusive Wohnungen und Häuser
zum Verkauf, deren Preise durchaus das Niveau von Schweizer Immobilien in den bevorzugten Regionen Zürich oder Genf erreichen. Es ist toll, dass man selbst hier immer leere und kostenfreie Parkplätze findet und dann auf kleinen Spaziergängen die Sehenswürdigkeiten erkunden kann. So schlendern wir gemütlich zum Hafen in dem von Fischerbooten aus der frische Fang direkt an Passanten oder an die Feinschmeckerlokale der Region verkauft wird. Überall duftet es nach köstlich zubereitetem Seafood. Als einziger Hafen in New South Wales besitzt Wollongong zwei Leuchttürme. Auf diese sind die Einheimischen besonders Stolz. Das eine Lighthouse steht auf einem kleinen Hügel umgeben von mehreren antiken Kanonen, die früher zur Sicherung des Hafens gedient haben. Von hier oben haben wir einen schönen Blick auf die Stadt und die untergehende Sonne über dem heute etwas rauen Pazifik. Am nächsten Morgen besuchen wir als erstes den Nan Tien Temple. Es ist der grösste Buddhisten-Tempel der südlichen Hemisphäre. Wir sind zwar überzeugte
Atheisten, trotzdem interessieren uns fremde Kulturen, deren Religionen und Gebräuche. Ob Kirchen, Kathedralen, Moscheen oder Tempel, die Bauwerke sind meistens beeindruckend und die unterschiedlichen Glaubensrichtungen, die das verhalten der Gläubigen massgebend prägt, hoch interessant. So ergreifen wir gerne die Gelegenheit, beim Besuch dieser Kultstätte Konfuzius und Buddha etwas näher zu kommen. Der 1995 erbaute Tempel steht auf einem riesigen Grundstück, das von der australischen Regierung zur Verfügung gestellt wurde. Der Tien-Komplex wurde mit traditionellen Techniken und Materialien von chinesischen Handwerkern erbaut. Neben diversen Tagungsräumen und einem Museum werden auch Übernachtungsmöglichkeiten angeboten. Es gibt ein Restaurant mit vegetarischer Küche. Die Architektur des Komplexes ist bemerkenswert, weil es die Eigenschaften mehrere Stile des Buddhismus integriert. Die Pagode ist deutlich chinesisch geprägt, die wichtigsten Tempel orientieren sich am tibetischen Baustil. Die Höfe verfügen über japanische Gärten, während die Statuen und Schreine südostasiatischer Herkunft sind. Natürlich müssen wir beim Betreten der grossen Gebetshalle die Schuhe ausziehen. Im Innern duftet es nach Räucherstäbchen, die von den Gläubigen angezündet und zu Füssen der riesigen Buddha Statuen in kleine mit Sand gefüllte Gefässe gesteckt werden. In den Innenräumen ist das Fotografieren tabu. Das respektieren wir selbstverständlich. Wir möchten nicht, dass sich die Betenden belästigt, gestört oder beobachtet fühlen. Als Europäer sind wir inmitten von Asiaten die reinsten Exoten. Trotzdem ist man als Nicht- oder Andersgläubiger akzeptiert. Der Buddhismus mit seinen unterschiedlichen Facetten ist eben
eine tolerante und weltoffene Religion. Wir fahren weiter auf dem Grand Pacific Drive nordwärts. Die abwechslungsreiche Route führt durch Regenwald, liebliche Dörfer an der unglaublich schönen Küste entlang. Eines der vielen Highlights ist ein Wunder der Ingenieurskunst, die Sea Cliff Bridge. Eine atemberaubende Brückenkonstruktion führt die Strasse hoch über die Klippen entlang am Meer. Bei Bald Hill genissen wir auf einer Anhöhe die wärmenden Sonnenstrahlen bei einem Cappuccino und einem Softice. Der Blick schweift ein letztes Mal über die paradiesische Küstenregion, bevor wir über eine kurvenreiche Strasse nach Helensburgh gelangen. Auch in dieser Stadt ergreifen wir die Möglichkeit, eine Kultur- und Religionsstätte einer weiteren Glaubensrichtung zu besuchen. Es handelt sich um den Hindu Tempel Sri Venkateswara. Leider ist es uns nicht vergönnt, das Innere des Heiligtums zu betreten. Führungen sind nur an Wochenenden möglich. Trotzdem können wir uns auf dem Gelände umsehen und die Bauwerke wenigsten von aussen betrachten. Zuvor heisst es aber wieder Schuhe und Socken ausziehen, denn das
Betreten dieser Anlage ist nur baren Fusses gestattet. Strahlend weiss steht der Hindu-Tempel zu Ehren des Lord Venkateswara an diesem paradiesischen Ort. Sehr zur Freude der immer grösser werdenden Hindu Gemeinde wurde das Bauwerk 1985 eingeweiht. Die Gläubigen besuchen den Tempel, da sie an diesem Ort ihrem Gott nahe sind. Hier bedanken sie sich für Gesundheit, Glück, erfüllten Kinderwunsch und alles was ihnen gelungen ist. Um einen echten Tempel zu sehen, braucht man also gar nicht nach Indien zu reisen; das spart uns Geld und Zeit! Südlich von Sydney befindet sich der Royal Nationalpark. Er ist nach dem Yellowstone der zweitälteste Nationalpark weltweit. Der ganze Park ist von Wanderwegen durchzogen. Der Bekannteste ist wohl der Coast Track, der über 30 Kilometer entlang der Küste führt. Ansonsten kann man auf kürzeren Wegen den relativ kleinen Park durchstreifen. Eine passähnliche Strasse führt uns mitten durch dieses Naturreservat. Wir nächtigen in einem städtischen Ort etwas westlich von Sydney. Von hier aus wollten wir eigentlich tags darauf in die Mega-City fahren. Doch der Wettergott lässt uns noch eine weitere Option offen. Die nächsten Tage soll es in der ganzen Region relativ trocken und sonnig bleiben. Nachdem wir schon in den Snowy Mountains vom Wetterglück begünstigt worden sind, haben wir nochmals die Möglichkeit in die Berge zu fahren. Wir entschliessen uns für den Abstecher in die etwas über 100 km
entfernten Blue Mountains. Von Katoomba aus, dem Hauptort der Bergregion, wollen wir während einer Woche zu Fuss und mit unserem „Bushi“ den Blue Mountains Nationalpark erkunden. Als erstes begeben wir uns auf eine veritable 4WD Strecke, die uns über eine 20 km lange Piste bergauf und bergab durch Eukalyptuswälder des Parks führt. Erst am Endpunkt der Holperstrecke begegnet uns ein weiterer Geländewagen, der sich den Weg durchs Unterholz bahnt. Ich bin ein begeisterter Off Road Fahrer und je ungemütlicher das Terrain wird, desto mehr Spass macht das Fahren. Diesmal bin ich aber von den vielen Schlaglöchern gar nicht begeistert. Ich habe mir vor ein paar Tagen bei einer unglücklichen Aktion eine Rippe gequetscht. Das ist zwar völlig harmlos aber halt leider ziemlich schmerzhaft und jede Unebenheit im Gelände bekomme ich deutlich zu spüren. Aber was soll’s. Indianer kennen keinen Schmerz oder lassen sich zumindest nichts anmerken. Ganz zum Aussichtspunkt können wir nicht fahren. Den letzten Kilometer zum McMahons Lookout bewältigen wir zu Fuss. Während dem Marsch sind wir am Rätseln, was es hier mitten im Bush zu sehen gibt. Plötzlich wird der Wald lichter und wir kommen auf eine Anhöhe. Der Anblick lässt unseren Atem stocken. Wir sehen über eine gewaltige Naturlandschaft auf den mehrere hundert Meter tiefer gelegenen Lake Burragorang. Minutenlang bleiben wir staunend und schweigend stehen, so überwältigend ist die Aussicht. Auf der Rückfahrt (wieder 20 km Holperstrecke) sind wir uns schnell einig, dass es sicher noch viel Sehenswertes in diesem Nationalpark gibt. Wir werden in den kommenden Tagen erleben, dass der Blue Mountains Nationalpark zwei Gesichter hat. Das laute und touristische und das stille, das man in völliger Einsamkeit
erleben kann. Rund um Katoomba „steppt der Bär“. Junge Leute feiern hier feuchtfröhlich und laut bis in die frühen Morgenstunden. Carweise werden Besucher (vorwiegend Asiaten) zu den Aussichtsplattformen geführt, wo diese max. 50 bis 100 Meter zu Fuss, die jungen Damen z.T. auf High Heels unter lautem Gekicher durch den Morast watend, zurücklegen. Fünf Minuten lang wird dann geknipst was das Zeug hält, bevor der Bus zur nächsten Attraktion weiterfährt. Im Zentrum von Katoomba gibt es drei Bahnen, die für den Kurzbesucher die Blue Mountains etwas näher bringen sollen. Die „Scenic Railway“ (steilste Standseilbahn der Welt, 52% Gefälle) fährt die Touris begleitet von der Indiana Jones Musik ins Jamison Valley. Ein zugegeben schön angelegter Holzsteg führt 2,8 km durch den Regenwald. Hinauf geht es mit der Luftseilbahn „Flyway“. Oben angelangt kann man von der Gondel „Skyway“ aus die Canyonlandschaft aus der Vogelperspektive betrachten. Wir sind selbstverständlich auch mit diesen Bahnen gefahren und sollten uns also nicht über die Touris lustig machen. Richtig kennen lernen kann man den Blue Mountains Nationalpark allerdings nur zu Fuss auf z.T. schweisstreibenden Wanderungen. Die Anstrengungen lohnen sich aber auf jeden Fall. Während fünf Tagen haben wir Tracks entlang des Rims (an der Kante des Canyons), auf einem Pfad auf halber Höhe in
der Canyon Wand (wurde 1912 mühsam mit Pickel und Schaufel in den Fels gehauen) und schlussendlich im tiefen Regenwald am Grund des Canyons unternommen. Jede dieser Ebenen hat ihren eigenen Reiz und ist durch unterschiedliche Flora und Fauna geprägt. Die Wanderungen am Rand des Canyons sind nicht so anstrengend und belohnen einen alle paar hundert Meter mit fantastischen Aussichtspunkten. Der vierstündige National Pass Track in der Canyon Wand ist schon kräfteraubender. Steile, enge und glitschige Wege führen hinab und wieder hinauf. Es tropft von den hohen Felswänden und man kommt auf keinen Fall trockenen Fusses ans Ziel. In den Canyons sehen wir weisse Kakadus und farbige Papageien. Ihre Schreie hallen durch die Schluchten. Einige dieser Prachtexemplare können wir aus kurzer Distanz beobachten. Sie wissen genau, dass wir nicht vom schmalen Pfad abrücken können und für sie deshalb keine Gefahr sind. Also bleiben sie bei unserem Vorbeigehen ruhig auf Felsvorsprüngen oder kleinen Bäumen in der Canyon Wand sitzen. Spannend sind auch die Wanderungen in der Tiefe der Canyons. Diese beanspruchen die Physis am stärksten, geben aber einen grossartigen Einblick in die Natur des Regenwaldes. Auf dem ca. vierstündigen Grand Canyon Walking Track steigen wir 400 Höhenmeter zu diesen Niederungen hinunter, durchqueren unzählige Flussläufe, waten durch Sumpf und Morast durch riesige Farn- und Eukalyptuswälder, steigen an Felswänden hoch wo Wasserfälle immer wieder für Nass von oben sorgen. Die Geräusche, die Atmosphäre und den Geruch dieses Urwalds kann man nicht beschreiben, das muss man selber erleben. Man ist nach einem solchen Trip zwar feucht bis auf die Knochen, das Hochgefühl über das Erlebte lässt einen dieses Unbehagen schnell vergessen. Wir sind in diesen paar Tagen in den Blue Mountains weit über 50 km gewandert und brauchen sicher noch Wochen um all die gesammelten Eindrücke zu verarbeiten. Es ist nun Zeit für uns, von dieser Region Abschied zu nehmen. Nach einem weiteren „kleinen“ Abstecher von ca. 2400 km werden wir dann wie ursprünglich vorgesehen nach Sydney fahren.


3.5. - 12.5.2012  Vom Blue Mountains NP zu den Jenolan Caves, in den Mungo NP,

Mildura, Broken Hill, Silverton, Mutawintji NP, White Cliffs in den Warrambungle  NP


Wer nie im Outback war, hat Australien nicht gesehen. Bevor wir uns ins Grossstadtgetümmel von Sydney begeben, zieht es uns tief ins Outback von Australien. Das zum Teil karge und fast menschenleere Gebiet mit seinen grandiosen Naturlandschaften und den unendlichen Weiten hat es uns besonders angetan. Wir fahren zunächst auf kleinen und engen Passstrassen über Berg und Tal (Tourist Drive) nach Jenolan. Der
Ort ist für seine gewaltigen Tropfsteinhöhlen bekannt – die grössten von ganz Australien. Es handelt sich bei diesen Höhlen mit einem Alter von 340 Millionen Jahren um die ältesten offenen Kalkstein-Höhlen der Welt. In einem gemütlichen Kaffee im schmucken Ortskern genehmigen wir uns den obligatorischen Cappuccino. Plötzlich vernehmen wir aus den engen Schluchten lautes Motorengeräusch, das wie Musik in meinen Ohren klingt. Der Ferrari Club aus Sydney macht einen Ausflug zu den Jenolan Caves und trifft mit ca. dreissig roten und gelben Flitzern aus Maranello ein. Auf dem Parkplatz ein Bild der Kontraste. Unser „Bushi“ umgeben von den italienischen Schönheiten. Für einen kurzen Moment könnte man bei dem Anblick unserem 4WD untreu werden. Doch was nützt einem der schönste Ferrari im Outback? Die Vernunft obsiegt und wir fahren nicht mit dem heissblütigen zwölf, sondern mit bedächtigen aber zuverlässigen sechs Zylindern weiter. Der Weg ist noch weit und bevor wir das ca. 900 km entfernte Mildura erreichen, machen wir einen Übernachtungsstopp in West Wyalong. Nach einer kalten Nacht brechen wir früh auf und cruisen auf dem Mid Western Highway Stunde um Stunde auf endlosen Geraden. Immer wieder machen Schilder auf besondere Einfuhrbestimmungen von Gemüse und Früchten Aufmerksam. Es drohen empfindliche Strafen (max. Penalty 11'000 Dollar), wenn man sich nicht regelkonform verhält und unerlaubte Ware mit sich führt. Das Ganze ist so Absurd, dass man fast alle 100 km alles wegschmeissen, am neuen Ort wieder lokale
Produkte kaufen und nach einer weiteren Wegstrecke wieder wegwerfen müsste. Wir ignorieren inzwischen diese Warntafeln und sind gut damit gefahren. Am späten Nachmittag kommen wir in Mildura an. Die aparte Kleinstadt am Murray River ist Zentrum von Sunraysia, einer Region, die sich selbstverliebt „Land der Sonnenstrahlen“ nennt. Tatsächlich scheint hier fast unablässig die Sonne. Die Sommer sind heiss, die Winter mild und es regnet so gut wie nie. Doch dem wüstenähnlichen Klima zum Trotz hat sich Mildura zu einem Schlaraffenland entwickelt: Rebstöcke tragen schwere saftige Trauben und Obstbäume hängen voller Früchte. Das ist nur dank einer künstlichen Bewässerung aus dem Murray River möglich. So entstand eine fruchtbare Oase mitten in der Mallee-Halbwüste. An der Mildura Wharf legen reich verzierte Raddampfer an, auf denen man nostalgische Flussfahrten erleben kann. Wir planen von Mildura aus einen Abstecher in den Mungo Nationalpark. Beim Studium des Kartenmaterials wird uns schnell klar, dass nur lange Off Road
Strecken in diesen Park führen. Wir programmieren das Navi und sehen uns etwas ratlos an. Für die etwas über einhundert Kilometer Wegstrecke errechnet es fast 9 Stunden. Das kann doch nicht sein. Die Pisten sind zwar im Outback oft schwer befahrbar aber wir kommen bestimmt zügiger ans Ziel. Schnell den Computer anschmeissen und im Internet nachsehen. Google Maps berechnet für die gleiche Strecke „nur“ vier Stunden. Das ist zwar bedeutend schneller jedoch immer noch nicht flott genug. Auf jeden Fall heisst es früh aufstehen damit wir genug Zeit  im Nationalpark verbringen können. Kurz nach Mildura beginnt die unbefestigte Arumpo Road. Nun wird sich weisen, wie schnell wir wirklich vorwärts kommen. Die Route führt direkt in den Nationalpark und man kann damit ca. 80 km Wegstrecke abkürzen. Offenbar wird diese Strasse nicht viel befahren, denn wir sind alleine Richtung Norden unterwegs. Auf den 88 km kommen uns gerade mal zwei Fahrzeuge entgegen. Dann heisst es jeweils einen kurzen Moment anhalten, denn man sieht im aufgewirbelten Sand des vorbeifahrenden Wagens absolut nichts mehr. Wir kommen zügig voran, brettern mit unserem „Bushi“ mit 80 km/h über die Gravel Road und ziehen eine hunderte Meter lange Staubfahne hinter uns her. Mein Grinsen im Gesicht wird immer breiter. Wenn das so weiter geht sind wir in ein bis anderthalb Stunden am Ziel. Unterwegs sehen wir unzählige Kängurus und Strausse. Bei solchen Begegnungen ist Vorsicht
geboten. Oftmals queren diese Wildtiere bei der Vorbeifahrt unvermittelt die Strasse. Nach einer Fahrzeit von knapp anderthalb Stunden treffen wir bereits im Mungo Nationalpark ein. Im modernen Visitor Center besorgen wir uns alle wichtigen Informationen. Der Park hat eine Fläche von 2700 km2 und ist die spektakulärste Landschaft in der Region nordwestlich von Mildura. Diese heute unwirkliche Gegend war zu früheren Zeiten einmal ein Land des Überflusses. Als sich vor ca. 15’000 Jahren das Ende der letzten Eiszeit ankündigte, änderte sich auch hier das Klima und die flachen Seen trockneten aus. 500 km ist man hier vom Meer entfernt. Der Nationalpark liegt zwischen 64 und 100 Metern über dem Meeresspiegel. Das bedeutet, die Landschaft ist topfeben. In den fruchtbareren Zeiten lebten Menschen während Jahrtausenden am Ufer des Lake Mungo. Es wurden prähistorische Herdstellen, Muscheln und Fossilien längst ausgestorbener Tiere gefunden, zudem entdeckten Forscher die ältesten Beweise menschlicher Existenz in Australien. Wir begeben uns auf den 60 km langen „one way“ Rundkurs, der uns zunächst durch den Dünenbereich der Chinesischen Mauer
(Wall of China) führt. Auf der holprigen Piste vernehmen wir plötzlich ein seltsames Geräusch im Heckbereich des Wagens. Ich halte an und steige aus. Nun kann ich den Grund des bollerns an der Hinterachse erkennen. Ein „slow puncture“ (schleichender Plattfuss) am rechten Hinterrad. Die vielen Schlaglöcher bei der Anfahrt haben Spuren hinterlassen. Da nützt alles Aufpumpen nichts mehr – das Rad muss gewechselt werden. Wir sind zum Glück für solche Vorfälle gut gerüstet. Ich hohle den High Jack Wagenheber (Spezialwagenheber für hochbeinige Geländewagen) aus dem „Bushi“, löse die Radmuttern und wuchte den Wagen mit Pumpbewegungen hoch. Das treibt einen schon ein paar Schweisstropfen auf die Stirne. Das defekte Rad von der Nabe heben und das Reserverad von der Hecktüre schrauben und montieren ist ebenso anstrengend. Die Dinger wiegen gefühlte 100 kg. Der Boxenstopp dauert etwas länger als bei der Formel 1 aber nach 25 Minuten ist die Sache erledigt und die Fahrt kann Richtung Walls of  China weiter gehen. Eigentlich ist die Düne relativ niedrig und sanft ansteigend. Aber durch die flimmernde Hitze entwickeln sich in dem flachen Becken des ehemaligen Seebodens Spiegelungen wie bei einer Fata Morgana. Dadurch wirkt die Düne aus der Entfernung wie eine senkrechte Mauer aus Stein oder Beton, mit Türmen und Zinnen, doppelt so hoch wie in Wirklichkeit. In Tat und Wahrheit sind die bizarren Gebilde sehr fragil aus Sand und Ton geformt und brechen schon bei der kleinsten Berührung auseinander. Deshalb dürfen diese nur noch an ausgesuchten Orten in Begleitung eines Rangers gegen entsprechendes Entgelt besichtigt werden. Das gefällt uns natürlich gar nicht und so unternehmen wir einen längeren Fussmarsch über Sanddünen und gelangen auf einer anderen Seite zu der 33 km langen Walls of
China. Der Himmel hängt tief mit Wolken behangen über der Wüstenlandschaft. Die Szenerie ist einmalig schön und viel eindrucksvoller als bei strahlend blauem Wetter. Hier können wir nun diese formschönen Gebilde alleine aus nächster Nähe betrachten und mit der gebotenen Vorsicht zwischen ihnen hindurch marschieren. An einigen Stellen haben sich Wassertümpel gebildet an denen sich die Wüstenbewohner mit Flüssigkeit versorgen. Wir können Emus, Schakale, Adler, Echsen und Kängurus beobachten. An verschiedenen Aussichtspunkten unternehmen wir kleine Wanderungen im Innern der faszinierenden Parklandschaft. Auf der Rückfahrt nach Mildura lässt die tiefstehende Sonne die Piste aus rotem Sand hell erleuchten. Am nächsten Morgen fahren wir noch tiefer ins Outback. Die Route führt auf dem menschen- und fahrzeugleeren Highway 79 zum rund 300 km entfernten Broken Hill. Die Strasse durchquert eine Halbwüste mit Büschen und Steppengräsern, die sich links und rechts des Weges bis zum Horizont
erstrecken. Es sind auf dem ganzen Weg keine Häuser zu sehen, nur unendliche Weiten. Da geht einem das Herz richtig auf. Wir haben riesiges Wetterglück. Es ist zwar teilweise bewölkt aber es bleibt trocken und die Prognosen für die nächsten zehn Tage sind viel versprechend. Broken Hill ist eine charmante Kleinstadt im trockenen Westen von New South Wales und verblüfft dank künstlicher Bewässerung als grüne Oase mit blühenden Gärten und grünen Parkanlagen. Silberminen sorgen für Wohlstand, doch die ehemals reichen Vorkommen sind nahezu erschöpft. Die Erze werden per Bahn nach South Australia gebracht. Wegen der
wirtschaftlichen Ausrichtung zum Nachbarstaat gehen selbst die Uhren anders. Es gilt die in Südaustralien gültige Zeit, die der von New South Wales eine halbe Stunde hinterher hinkt. Für Kunstinteressierte hat die Stadt mit ihren unzähligen Galerien einiges zu bieten. Fünf Kilometer ausserhalb der City, auf einem kleinen Hügel, besuchen wir den Living Desert Sculpture Park. Hier haben 12 Künstler aus Mexico, Syrien, Georgien und Australien beeindruckende Skulpturen aus Sandstein geschaffen. Bei Morgen- resp. Abendsonne sehen diese Kunstwerke besonders spektakulär aus. Wir benutzen den Aufenthalt in Broken Hill, um bei einer Fachwerkstatt die beiden schon stark abgelaufenen resp. den einen defekten Hinterreifen zu ersetzen. Frisch bereift fahren wir nach Silverton 30 km nordwestlich von Broken Hill. Eigentlich ist der Ort eine Geisterstadt, wären da nicht eine handvoll Avantgardisten, die zwischen brüchigem Mauerwerk sehr eigenwillige Kunst ausstellen. Die Stadt, um 1885 Boomtown der Goldgräber, ist eine beliebte Kulisse für Kinofilme. Kultfilme wie "Mad Max 2" haben das 100-Einwohner Städtchen weltberühmt gemacht. Besondere Berühmtheit hat das Silverton Hotel erlangt – je nach Film bekam es jedoch unterschiedliche Namen.
Kinoregisseure schätzen das Städtchen wegen seinem rauen Charme, wegen dem kargen Outback, das bei den Mundi Mundi-Plains eine kaum fassbare Weite zeigt, und wegen dem einzigartigen Licht, das über dieser Landschaft leuchtet. Auf der Rückreise nach Broken Hill treffen wir am Wegesrand auf Dromedare. Auf den ersten Blick ein Kuriosum in Australien. Tatsächlich leben aber ca. 1 Mio. wilde Dromedare in Down Under. Und weiter geht die Fahrt – nochmals tiefer ins Outback. Das Ziel ist der relativ kleine Mutawintji Nationalpark. Das Park-Gebiet wurde einst von den Aborigines besiedelt. Seinen ursprünglichen Besitzern wurde das Land 1998 in einer grossen Zeremonie wieder übergeben. Seitdem trägt der National Park den offiziellen Namen Mutawintji National Park. Im Park selbst können keine Nahrungsmittel eingekauft werden, noch gibt es Möglichkeiten Diesel oder Feuerholz zu erwerben. Es ist daher ratsam sich vor dem Besuch mit genügend Proviant einzudecken. Wenn die einzige direkte Zufahrtsstrasse durch Regen nicht benutzbar ist, kann man weder in noch aus dem Park fahren. Daher
sollte die Ausrüstung immer vollständig sein. Wir haben von allem reichlich an Bord und sogar wieder ein einsatzfähiges Reserverad. Die Anfahrt führt, wie kann es anders sein, über eine staubige Gravel Road. Was den Fahrer (Guido) so richtig freut und ihm einen riesen Spass macht (im Dreck fahren) treibt dem Chef Innendienst (Martha) einige Runzeln auf die Stirne. Der Landcruiser ist zwar ein toller Geländewagen aber alles andere als Staubdicht. So gelangt auf den Off Road Pisten der feine rote Sand durch die mehr oder weniger grossen Ritzen ins innere des Wagens. Das bringt dann meinen ordnungs- und sauberkeitsliebenden Schatz schon mal auf die berühmte Palme. Das kommt aber höchstens alle zwei bis drei Tage vor. Weil wir früh dran sind geht es gleich auf Erkundungstour. Eine ca. 10 km lange 4WD-Strecke führt zu den roten Felsformationen des Parks. Nach etwa 1,5 km der Wegstrecke kommen wir zu einer Abschrankung. Die Piste ist wegen den heftigen Unwettern der vergangenen Monate gesperrt (Road closed). Sind wir jetzt den ganzen Weg zu diesem Park vergebens gefahren? Natürlich nicht – Martha räumt verbotenerweise die Abschrankung (Döggali) weg und wir fahren einfach weiter. Schon bald sehen wir, warum die Piste gesperrt ist. Das Vorwärtskommen wird immer schwieriger. Ausgetrocknete mit grossen Steinen übersäte Bachläufe müssen durchquert werden, tiefe Sandfurchen und extreme Geländesteigungen bringen unseren „Bushi“ an seine Leistungsgrenzen. Bei einer weiteren Bachüberquerung mit extrem spitzen Felsbrocken haben wir (ich) es dann übertrieben. Das Ergebnis ist ein weiterer Reifenschaden. Einer der erst zwei Tage alten Pneus hat schlapp gemacht. Also ist wieder ein Radwechsel angesagt. Wir haben ja inzwischen Übung und so ist das Rad in Rekordzeit gewechselt. Jetzt haben wir aber noch einen heiklen Rückweg vor uns, denn die Piste ist
nun definitiv nicht mehr befahrbar. Wir müssen den ganze Weg zurück. Wenn wir jetzt noch einen Plattfuss einfahren sind wir total angesch.....! Jetzt ist uns auch klar, warum manche Fahrzeuge zwei oder drei Ersatzräder mit sich führen. Glücklicherweise gelingt die Rückfahrt ohne weitere Panne. Wir beschliessen, die Nacht im Park zu verbringen. Das Campieren in freier Natur ist halt einfach grossartig. Es  muss noch Brennholz gesammelt werden damit wir in der kalten Nacht ein wärmendes Feuer haben. Nach dem Abendessen genehmigen wir uns ein Bier (ich ein Bier und Martha eine Cola) am inzwischen heimelig knisternden Lagerfeuer. In stockdunkler Nacht leuchtet der unendlich weite Sternenhimmel über uns. Ein besonderes Erlebnis fernab jeglicher Zivilisation. Am nächsten Morgen fahren wir früh aus dem Nationalpark raus, denn viele Wanderwege wurden ebenfalls von den Unwettern betroffen und sind nicht mehr begehbar. Die Strecke führt über eine weitere ca. 130 km lange menschenleere Off Road Strecke (hoffentlich ohne Reifenschaden) nach White Cliffs. Im weiten Umkreis der kargen Opalgräbersiedlung gleicht der Boden einer Mondlandschaft. Krater an Krater, dazwischen mächtige Erdhaufen. Seit über 100 Jahren kehren hier Edelsteinsucher das Unterste zuoberst. Zu Anfang des Opal-Booms bevölkerten bis 4500 Menschen den
entlegenen Flecken. Heute leben hier noch knapp 200 Seelen und hausen der sommerlichen Hitze und häufigen Sandstürme wegen überwiegend in unterirdischen Wohnungen (Dugouts). Einige Minen kann man besichtigen oder mit entsprechender Genehmigung darf jeder in den Abraumhalden verlassener Schürflöcher eigenhändig nach Opalen suchen. White Cliffs wird in Werbebroschüren und diversen Reiseführern als absolut sehenswert beschrieben. Das können wir leider nicht bestätigen. Für uns war die Fahrt hierher der berühmte Schuss in den Ofen. Also machen wir uns nach dem Besuch dieser Erdhaufen auf den Weg zum Warrumbungle Nationalpark. Die Strecke von 730 km (wieder auf asphaltierten Strassen) legen wir mit einer Übernachtung in Cobar zurück. Der Warrumbungle Nationalpark gehört nicht mehr zum Outback, sondern zur Region „Heart of Country“. Schon von weitem sehen wir die wie von Riesenhand hingestreuten Felskuppeln und -türme, die uns ans Monument Valley erinnern. Als harte Magmakerne und Lavablöcke längst erloschener Vulkane haben die bizarren Felsformationen über Jahrmillionen der Erosion getrotzt. In der faszinierenden Naturlandschaft stossen das trockene westliche Hochland- und das feuchte Küstenklima aufeinander. Entsprechend Artenreich ist die Vegetation.  Das beliebte Wanderparadies ist Heimat für Papageien und Sittiche. Wir haben schon seit ein paar Tagen keine grossen Wanderungen unternommen.
Also ist es höchste Zeit für eine zünftige Bergtour. Auf dem Programm steht der 14,5 km lange und steile “Breadknife and Grand High Tops Circuit“. Wir haben uns vorher im Internet über die Tour erkundigt. Den Berichten zu folge soll es eine sehr beschwerliche und kräfteraubende Wanderung sein. Also früh ins Bett, damit wir am Morgen fit sind. Wir campieren mitten im Park und so ist die Anreise zum Ausgangspunkt der Tour sehr kurz. Bei den ersten Sonnenstrahlen sind wir schon unterwegs. Der Weg geht zuerst relativ eben durch Eukalyptuswälder bevor er stetig ansteigt und immer steiler wird. Es herrscht weiterhin Traumwetter und so macht das Wandern natürlich besonders Spass. Entgegen den Ankündigungen aus dem Internet steigen wir relativ leicht hoch bis wir nach etwas über zwei Stunden den höchsten Punkt erreichen. Von oben hat man einen sagenhaften Ausblick auf den Nationalpark und die mächtigen in den Himmel ragenden Felsformationen. Auf unserem Weg begegnen  uns unzählige Kängurus, die im Dickicht des Waldes auf Nahrungssuche sind. Um die
roten Felsen kreisen Adler, deren rufe in den weiten Canyons widerhallen. Nach einer längeren Rast wählen wir zum Abstieg eine alternative Route. Die versprochenen Koalabären bekommen wir auf dieser Wanderung nicht zu Gesicht, die sonst reiche Fauna und Flora hat uns aber dafür entschädigt. Für die ganze Tour haben wir ca. fünf Stunden benötigt und fühlen uns noch relativ fit. Also geht es zu einigen weiteren Lookouts, von denen aus die Roten Riesen aus anderer Perspektive bestaunt werden können. Am Abend kehren hunderte Kakadus unter lautem Gekrächtse zu den Nachtquartieren im Park zurück. Relativ früh verschwindet die Sonne hinter den Bergkämmen –  Dunkelheit und eine absolute Stille legt sich über den Warrumbungle Nationalpark. Wie geplant werden wir nun tatsächlich nach Sydney reisen und für ein paar Tage das Kontrastprogramm einer Grossstadt geniessen. Resümierend hat sich der Abstecher von mehr als 2500 km ins Outback alleweil gelohnt. Wir haben viel Schönes und Spannendes erlebt  und können mittlerweile in Rekordzeit Räder wechseln. Wir sind jedoch nicht unglücklich, wenn wir dies in den nächsten Wochen nicht wieder unter Beweis stellen müssen.


13.5. - 23.5.2012  Vom Warrumbungle  NP über Dubbo, Singleton nach Sydney


13.5.2012, 7.15 Uhr – ein strahlend kalter Morgen begrüsst uns im Warrumbungle Nationalpark. Die Fahrt Richtung Sydney könnte jetzt eigentlich losgehen. Beim Entsorgen des Infomaterials vom Park entdecken wir auf einer Karte eine Wanderung, die man bei diesem Traumwetter noch hätte machen können. Wir sehen uns gegenseitig kurz an und schon ist sich der Ältestenrat einig, dass wir nochmals einen Tag hier bleiben. Das ist der Vorteil, wenn man genügend Zeit hat  – der Spontanität sind dann kaum Grenzen gesetzt. Wir packen schnell die nötigen Utensilien für diese ca. vier Stunden dauernde Tour zusammen.
Der Rundwanderweg ist sehr steil und rutschig und ist nur geübten Tourengängern zu empfehlen. Wir gelangen zu verschiedenen Aussichtspunkten wo man grandiose Panoramablicke auf den ganzen Nationalpark hat. Der Weg führt über 13 Mio. Jahre altes Vulkangestein, das der Erosion getrotzt hat. Bäume krallen sich an steilen Wänden in zerklüfteten Felsen fest. Es ist manchmal kaum zu glauben, wo die Wurzeln auf dem steinigen Untergrund den nötigen Halt finden. Beim Abstieg durch ein schmales Couloir können wir tief unten unseren Campground zwischen den Eukalyptuswäldern erkennen. Der zusätzliche Tag im Nationalpark hat sich für uns auf jeden Fall gelohnt und so geht es tags darauf „endlich“ nach Sydney. Auf dem über 700 km langen Golden Highway machen wir einen Übernachtungsstopp in Dubbo, wo wir das defekte Rad bei einer Reifenreparaturwerkstatt flicken lassen. Die Räder des Bushcampers benötigen konstruktionsbedingt Schläuche in den Reifen. Bei einem Reifenschaden muss also fast immer der Schlauch ersetzt werden, so auch diesmal. Uns und den Leuten in der Werkstatt ist das grosse Loch im defekten Schlauch ein Rätsel, denn der Reifen ist okay, also völlig unversehrt. Mit repariertem Rad fahren wir nun hoffentlich morgen beruhigt weiter Richtung Osten. Vorher füllen wir den einen der beiden fast leer gefahrenen Dieseltanks. Obwohl sich unser „Bushi“ mit durchschnittlich 15 Liter Diesel auf 100 km begnügt, sind bei diesen riesigen Distanzen immer wieder Tankstopps angesagt. Der Treibstoff ist einer der grössten Kostenpunkte auf unserer Reise. Deshalb lohnt es sich, immer Ausschau nach günstigem Diesel zu halten. Bei der Weiterfahrt nach dem Tankstopp moniert mein Schatz einen seltsamen Benzingeschmack im Auto. „Ist ja logisch, dass es nach dem Tanken nach Benzin riecht“, sage ich höhnisch. Erst später dämmert es mir. Wir haben ja Diesel im Tank, wie kann es denn nach Benzin riechen. Ein Schnüffeltest am Einfüllstutzen bringt es an den Tag. In einem Dieseltank ist Benzin. Zum Glück habe ich vor der Weiterfahrt auf den zweiten Tank umgestellt, der reinen Diesel enthält. Irgend so ein „Scherzbold“ hat an der Zapfsäule absichtlich oder versehentlich die Tankschläuche vertauscht und in die jeweils falsche Säule eingehängt. So habe ich also Benzin statt Diesel getankt. Was bedeutet das? Im Internet schnell mal Rat hohlen. Schon bald wird mir klar, dass das Diesel-Benzin-Gemisch raus muss, da sonst ein kapitaler Motor- resp. Einspritzpumpenschaden droht. Also einen Schlauch besorgen und den Kraftstoff aus dem Tank absaugen. Denkste – der Einfüllstutzen ist so verwinkelt, dass mit dem Schlauch kein Durchkommen ist. Jetzt bleibt nur noch der Gang zur Werkstatt. In Singleton fahren wir zu einer „Hinterhofgarage“. Ich erkläre dem Chef unser Missgeschick und er sagt mit tiefer Stimme: „this is not good“! Er kriecht unter den Wagen und meint wir hätten Glück. Der Tank habe eine Schraube und der gepanschte Treibstoff könne so abgelassen werden. Nach einer geschlagenen Stunde ist der Saft draussen. Zum Abschied drückt uns der kurlige aber hilfsbereite Mechaniker eine Flasche mit einem Treibstoffzusatz in die Hand. Wir sollen in beide Tanks etwas von dem Elixier einfüllen, das reinige die Einspritzanlage und dann meint er grinsend, es nütze aber nur, wenn wir Diesel und nicht wieder Benzin tanken würden. Wir sind also nochmals mit einem blauen Auge davongekommen. Ich werde in Zukunft garantiert bei jedem Tankvorgang genau nachsehen ob die Schläuche in den richtigen Säulen hängen. Die Reise geht weiter durch den Wollemi Nationalpark. Beim schmucken Städtchen Windsor legen wir für ein Picknick einen Zwischenstopp ein. Ich öffne die Fahrertür und vernehme ein lautes Zischen. Das fürchterliche Geräusch stammt vom dem verdam.... Hinterrad, das wir zum x-ten Mal repariert haben. Schnell eine ebene Fläche suchen, wo wir das Rad wechseln können. Das erweist sich in dieser Stadt als ziemlich schwierig und als wir es endlich geschafft haben ist bereits die ganze Luft aus dem Reifen raus. Martha regt sich fürchterlich über die Unfähigkeit der Pneuhäuser auf, die offenbar nur schlampige Arbeit leisten. Es nützt alles nichts. Das defekte Rad muss runter und das Ersatzrad wieder drauf. Das geht inzwischen auch mitten in der Stadt in windeseile und stählt zudem meine Oberarme. Nach geleisteter Arbeit haben wir uns nun das Picknick redlich verdient. Die restliche Teilstrecke des heutigen Tages führt uns nach Narrabeen, einem hübschen Vorort von Sydney. Hier werden wir ca. eine Woche bleiben und von da aus Sydney erkunden. In der 4 Mio. City selbst gibt es keine Campingmöglichkeiten. Am nächsten Morgen begeben wir uns zur nahe gelegenen Bussstation und lösen beim Chauffeur eine Tageskarte. Mit
dieser können wir einen ganzen Tag lang sämtliche öffentlichen Busse, Bahnen und Fähren rund um und in Sydney benutzen. In Manly, ca. 14 km von Sydney entfernt, steigen wir auf eine der besagten Fähren um, die uns ins Herz der Stadt bringen wird. Die Fahrt dauert ca. eine halbe Stunde. Schon von weitem erkennen wir die Skyline der Mega-City. Vom Wasser aus ist die Sicht auf die Stadt am eindrucksvollsten. Die einst einfache Keimzelle europäischer Auswanderer ist zur grössten Stadt Australiens gewachsen. Sydney begeistert heute als Viel-Völker-Metropole ohne Allüren und Eitelkeiten. Die Fähre legt am Circular Quai an und wir betreten zum
ersten Mal die pulsierende Stadt. Die Kulisse mit den Hochhäuserfronten, dem Sydney Opera House und der mächtigen Harbour Bridge ist beeindruckend. Am Quai spielen Strassenmusikanten (Aborigines) auf Didgeridoo’s begleitet von einem elektronischen Soundmix für eine handvoll Dollars der Touristen. Unser erster Besuch, wie könnte es anders sein, gilt dem Opera House. Das architektonische „Weltwunder“ konnte 1973 nach enormen bautechnischen und finanziellen Problemen eröffnet werden. Es ist seit 2007 Unesco Weltkulturerbe, ist Haupttouristenattraktion und lockt Künstler aus aller Welt an. Mit seinen hell glasierten Keramikkacheln auf den gewölbten Dächern ist das Wahrzeichen weithin sichtbar. Im Innern bieten Opernbühne, Konzertsaal und Theater 4700 Sitzplätze für interessierte Besucher an. Am angrenzenden botanischen Garten nehmen wir einen kleinen Lunch ein. Das bleibt der Vogelwelt nicht verborgen. Sofort kommen Ibise und andere gefiederte Freunde und verlangen nach Fressbarem, das wir ihnen aber aus guten Gründen verweigern. An den Bäumen hängen hunderte von Flughunden, die erst gegen Abend zu ihren Nahrungsgründen fliegen. Wir spazieren der Maquarie Street entlang. Hier befinden sich einige sehenswerte Gebäude. Als da sind die State Library of New South Wales (mit Säulen geschmückter Steinbau aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts), Parliament House (schlichter Kolonialbau, Regierungssitz von NSW; rein kommt man nur nach penibler Sicherheitskontrolle), Sydney Hospital (1894 erbaut und dient bis heute als Klinik. Das berühren der Wildschweinschnauze der Bronzestatue beim Eingang soll Glück bringen), Hyde Parks Barracks (wie Strafgefangene in der Verbannung auf engstem Raum zusammengepfercht wurden – so wie wir im „Bushi“ –  kann man hinter den dicken Mauern des Baudenkmals bestaunen). Die angrenzende St. Marys Cathedral mit Sitz des Erzbischofs des Erzbistum Sydney ist eine der grössten und schönsten Kirchen Australiens. Unser weg führt uns am 305 Meter hohen Sydney Tower vorbei. In sekundenschnelle
erreichen die Aufzüge das Observation Deck. Bei klarem Wetter garantiert das 360° Panoramablicke bis zu den fernen Blue Mountains. Damit ist unser Tagespensum erreicht und wir machen uns auf den 1,5 stündigen Heimweg via Fähre und Bus. An den kommenden Tagen geht die Erkundungstour durch Sydney weiter. Absolut sehenswert ist das Queen Victoria Building. Selbstbewusst bezeichnen es die Einheimischen als das „schönste Einkaufszentrum der Welt“. Das in den 80er Jahren aufwendig restaurierte Gebäude im viktorianischen Stil beherbergt auf drei Etagen Edelboutiquen, Souvenirshops und Cafés. In der Nähe besuchen wir die ebenfalls in viktorianischer Architektur erbaute Town Hall. Das Sahnehäubchen des Hauses ist die mit weit über 8000 Pfeifen ausgestattete Orgel. „Leider“ sind Renovierungsarbeiten im Gange und so können wir nur einen kurzen Blick aus der Ferne auf das Schmuckstück werfen. Ganz in der Nähe und gut zu Fuss erreichbar ist Chinatown. Wem der Weg zu weit ist, nimmt die Monorail. Bei Besuchern ist die Bahn beliebt, weil der Rundkurs über der Stadt unter anderem zu Touristenattraktionen wie Darling Harbour und die besagte Chinatown führt. Intensive, fremdartige Essensdüfte entströmen aus den zahlreichen Restaurants und Nudelbars. In den Imbissstuben hängen glänzend knusprig gebackene Enten an den Haken und in den kleinen Geschäften herrscht ein kunterbuntes Durcheinander. Absolut sehenswert finden wir Paddy’s Markets. Sydneys beliebtester Flohmarkt. Hier bekommt man alles, nur keine Originalprodukte. Fälscherware von teuren Luxusuhren bis zu Designer-Klamotten, Handtaschen und Schuhen für die Damenwelt bekommt man für wenige Dollars. Allein deshalb lohnt sich ein Spaziergang
durch Chinatown. Über den Tumbalong Park mit originellen Wasserspielen gelangen wir zum nationalen Maritime Museum. Die grosszügige Ausstellung verdeutlicht den Stolz, eine bedeutende Seefahrernation zu sein. Draussen am Quai können u.a. ein Kriegsschiff und ein U-Boot besichtigt werden. Das gegenüber liegende Harbour Side Shopping Center mit hübschen Läden und einladenden Restaurants verführt zum Geldausgeben. Rund um das Harbourside Shoppingcenter und die King Street Wharf gibt es die angesagtesten Lokale in Darling Harbour. Über die Pyrmont Bridge, die nur der Monorail und den Fussgängern vorbehalten ist, gelangen wir auf die gegenüberliegende Seite des lebhaften Hafenviertels. Mit seiner spektakulären Lage am Fuss der Wolkenkratzer bietet Darling Harbour viele Touristenattraktionen wie z.B.: Sydney Aquarium – eines der grössten der Welt mit 11’000 Arten australischer Meeresbewohner oder die so genannte „Wildlife World“, ein australischer Tiergarten. Abends lädt das LG IMAX Theatre, das 3D Kino mit dem grössten Bildschirm der Welt, zu einem Filmerlebnis der Extraklasse ein. Das Eintrittsgeld ist jedoch um einiges höher als in herkömmlichen Kinos. Wir spazieren entlang der Uferpromenade an einem luxuriösen Kreuzfahrtschiff vorbei, das im Hafen vor Anker liegt. An der Walsh Bay befindet sich das Wharf Theatre, ein moderner Schauspielkomplex und Heimat der Sydney
Theatre Company. Nur wenige Meter weiter gelangen wir zum Dowes Point. Hier am Wasser bietet sich ein besonders schönes Panorama des Hafens bis hin zum Opera House. Von hier aus haben wir ebenfalls einen tollen Blick auf die Harbour Bridge, einem weiteren Wahrzeichen der Stadt. Bis zum Durchstoss des Sydney Harbour Tunnels war die Brücke die einzige Verbindung zwischen City und North Sydney. 1932 wurde der 503 Meter lange Koloss fertig gestellt. Fussgänger, Rad- und Autofahrer teilen sich die Brücke. Sie ist zwar nicht die längste, dafür aber die grösste Stahlbrücke der Welt. 52’800 Tonnen wiegt allein die Stahlkonstruktion. Weil man nach ein paar Tagen Stadtbummel etwas müde wird machen wir einen Abstecher ins idyllische Manly. Der Stadtteil Manly liegt zwischen einem ruhigen Hafenstrand zu der einen und einem beliebten Surfstrand am Pazifik zur anderen Seite. Er verbindet auf gelungene Weise den entspannten australischen Lebensstil mit exklusiven Lokalen und eleganten Einkaufsmöglichkeiten. Der von Palmen gesäumte Corso führt zur Steyne Promenade, auf der man direkt am Ozean spazieren gehen kann. In den stilvollen Cafés herrscht schon früh am Morgen emsiges Treiben. Am Strand vergnügen sich die Leute bei verschiedenen Wassersportarten oder beim Volleyballspielen im feinkörnigen Sand. An unserem letzten Tag in der Region besuchen wir einige Ausgesuchte Orte etwas ausserhalb der City. Weil wir dem Outback gewohnten „Bushi“ auch mal eine Grossstadt zeigen wollen, verzichten wir auf öffentliche Verkehrsmittel und fahren mit
unserem 4WD mitten ins Herz der Stadt. Einmal über die Harbour Bridge und einmal durch den Harbour Tunnel. Vorher haben wir Balmoral Beach besucht. Ein idyllisches Städtchen an extravaganter Wohnlage. Dank einer vorspringenden Felsnase wird der stadtnahe Strand von der sonst heftigen Brandung verschont. Da kommt beim Planschen im türkis farbigen Wasser richtig Freude auf. Unser nächstes Ziel heisst Nielsen Park. Hauptmerkmal: Wild wucherndes Grün und eine geschützte Badebucht, in der ein Netz mögliche Haie fern hält. Die bezaubernde Küste in der Shark Bay bietet eine herrliche Panoramasicht auf die Skyline der Stadt. Nur wenige Kilometer weiter befindet sich Watsons Bay. Im Schutz der hoch aufragenden Klippen können der Sandbucht die ruppigen Meereswogen und die steife Brise nichts anhaben. Ein verschwiegenes, lauschiges Plätzchen an dem in Feinschmeckerlokalen erlesenes aus der Fischküche angeboten wird. Eigentlich standen heute noch weitere Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. Im Gewühl des Grossstadtverkehrs haben wir aber mehr Zeit liegen gelassen als geplant. Den Besuch von Bondi Beach wollen wir uns allerdings nicht entgehen lassen. Das mondäne Seebad mit dem sichelförmigen Strand
gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen. Bondi Beach ist der berühmteste Strand in Australien – ein Kilometer goldener Sand, auf dem die Schönen in knapper Bekleidung flanieren. Hier gilt das Motto „Sehen und gesehen werden“, und je sonnengebräunter, schlanker oder muskulöser desto besser. Hinter dem Strand, an der Campbell Parade entlang, reihen sich Strassencafés und Eisdielen aneinander. Zahlreiche Spitzenrestaurants buhlen um zahlungskräftige Kundschaft. Da momentan nicht Hochsaison ist läuft alles ein bisschen gesitteter und ruhiger ab. Nach den eindrucksvollen und aufregenden Tagen in Sydney werden wir an der Ostküste entlang langsam nordwärts fahren. Für uns ist und war die Stadt am Südpazifik allemal eine Reise wert. In den acht Tagen haben wir aber nur einen kleinen Eindruck dieser Mega-City erhaschen können. Man bräuchte Wochen oder gar Monate um nur annähernd sagen zu können, man kenne Sydney. Was ist das Geheimnis dieser Metropole? Sydney ist eine Mischung aus unzähligen Shoppingangeboten, einem aufregenden kulturellen Leben und einer natürlichen Atmosphäre. Eine unglaubliche Lockerheit beseelt die Leute. Selbst im grössten Verkehrsgewühl bei unserer Heimfahrt (rush hour) bleibt man cool und gelassen. Die Menschen mit ihrer lebensbejahenden Mentalität machen die Stadt zu einem besonderen Erlebnis. Übrigens, das linke Hinterrad am „Bushi“ haben wir inzwischen wieder reparieren lassen. Wir sind gespannt, wann es das nächste Mal pffffffffff macht!


24.5. - 2.6.2012  Von Sydney über Stockton, Tomaree NP, Port Sephens, Myall Lakes NP

nach Tamworth


Auf der Weiterreise Richtung Norden gelangen wir nach ca. 180 km zu unserem heutigen Etappenziel Stockton. Diese mittelgrosse Industriestadt ist touristisch wenig attraktiv und dient meistens nur als Übernachtungsort. Einige Sehenswürdigkeiten sollen aber nicht unerwähnt bleiben. Gleich hinter dem Strand beginnt die Stockton Bight, die längste Wanderdüne der südlichen Hemisphäre (35 km lang). Für
uns ist der Morgenspaziergang bei regnerischem Wetter auf dem Pier am Hafen ein eindrückliches Erlebnis. Man kann hautnah mitverfolgen, wie mächtige Ozeanriesen von Schleppern durch eine schmale Fahrrinne aufs offene Meer hinaus begleitet werden. Sie transportieren Kohle, die im Tagebau mit riesigen Schaufelradbaggern gewonnen wird. Ein schönes Fotomotiv bietet ein gestrandetes Schiff, von dem nur noch das rostige Stahlskelett übrig geblieben ist. Der Zahn der Zeit hat mächtig am Wrack genagt und in ein paar Jahren wird wohl nichts mehr davon zu sehen sein. Nachdem wir uns in Sydney und Umgebung eine Woche lang in sehr urbanen Gebieten aufgehalten haben, zieht es uns wieder mächtig in die Natur. Da kommt uns der kleine Tomaree Nationalpark sehr gelegen. An der Shoal Bay unternehmen wir eine erste kurze Wanderung. Leider ist das Wetter immer noch durchwachsen und so fallen die Ausblicke auf die bei sonnigen Verhältnissen sicher schöne Küstenregion eher bescheiden aus. Am Zenith Beach werden wir für das
Ausharren bei Wind und Wetter belohnt. Der wunderschön gelegene Strand begeistert mit feinkörnigem Sand und glasklarem, türkisfarbigem Wasser. Dieser Anblick lässt unsere Mimik wieder in gewohnter Manier erstrahlen. Der Wettergott hat für die nächsten Tage ein Einsehen mit den leidgeplagten Touris und meldet der Bodenstation ein kleines Hochdruckgebiet. Wir fahren also der Sonne entgegen nach Port Stephens. Der kleine Ort beansprucht den Titel „Delfin-Hauptstadt Australiens“ für sich. In der Bucht leben rund 150 Tümmler. Mehrere Tour-Anbieter in Nelson Bay veranstalten Ausflüge zur Delfinbeobachtung. Diese verspielten Wassersäugetiere reiten oft nur wenige Meter vom Boot entfernt in der Bugwelle. Zwischen Mai und Juni passieren Buckelwale die Gewässer vor der Stadt auf dem Weg nach Norden und kehren zwischen September und November wieder zurück. Offensichtlich haben sie dieses Jahr Verspätung, denn wir bekommen kein einziges dieser eindrucksvollen Tiere zu Gesicht. Nichts desto trotz, weiss die Gegend mit ihrer Schönheit zu begeistern. Wir unternehmen ausgedehnte Wanderungen der Küste entlang auf endlos weissen Sandstränden. Traumhaft schön gelegene Ferienhäuser stechen uns sofort ins Auge. Gepflegte Grünanlagen umgeben die Grundstücke, die direkt an diesen besagten Stränden liegen. Wieder
so ein Ort, an dem man gerne für immer bleiben möchte. Für heute ist unser Bewegungsdrang gestillt. Morgen geht es auf eine 4WD-Tour in die Stockton Beach Sand Dunes. Wir sind schon früh auf den Beinen und machen uns auf den Weg zu dieser „Sandpartie“. Eine Abzweigung führt Richtung Strand. Das Befahren von Sanddünnen oder generell von Sandpisten ist mit Risiken behaftet. Durch Sandverwehungen sind die Bedingungen täglich anders. Was heute noch problemlos befahrbar ist, kann am nächsten Tag unpassierbar sein. Wir verfügen zwar über einen guten 4WD mit Diff-Sperre, unsere Pneus sind aber für den Allround-Einsatz gemacht und eignen sich nicht für Fahrten durch weichen und tiefen Sand. Dafür sind die Räder einfach zu schmal. So gehen wir immer mit gemischten Gefühlen in besagtes Terrain. Die ersten paar Hundert Meter schaffen wir ohne grosse Probleme und unser „Bushi“ stampft wacker durch den „Sandkasten“. Der Regen der letzten Tage hat in der wüstenähnlichen Landschaft einige Seen entstehen lassen. Wenn wir an den Strand gelangen wollen müssen wir diese durchqueren. Nun stellt sich die Gretchenfrage, a) wie tief ist das Wasser und b) wie ist die Beschaffenheit des Untergrundes? Es bläst eine starke Brise vom Meer her und das Wasser kräuselt sich an der Oberfläche. So kann man die Wassertiefe nicht einschätzen. Unter dem Motto: „frisch gewagt ist halb gewonnen“, fahren wir vorsichtig im Schritttempo in den kleinen Tümpel hinein. Wir versuchen möglichst in Ufernähe zu bleiben, da hier das Wasser hoffentlich nicht zu tief ist. Der Sand am Grund scheint kompakt zu sein, und so kommen wir gut vorwärts. Ab und zu bildet sich eine kleine Bugwelle und wir haben das Gefühl in einem Boot zu sitzen. Nach etwa 200 Metern sind wir mit ein paar Schweissperlen
auf der Stirne an der gegenüberliegenden Seite des Sees angekommen. Nun ist der Weg frei bis zum Strand. Die Piste ist gut befahrbar und nach wenigen Minuten gelangen wir an den Beach. Leider ist die Flut schon wieder etwas am steigen. Deshalb können wir nicht die ganzen 35 km am Strand entlang „brausen“. Es ist ein tolles Gefühl, allein in freier Natur an dieser Küste zu fahren, auf der einen Seite der Ozean, auf der anderen Seite die Sanddünen. Wer weiss, in ein paar Jahren ist das unter Umständen nicht mehr erlaubt. So geniessen wir diese Augenblicke in vollen Zügen, ohne natürlich die nötige Aufmerksamkeit zu verlieren. An einigen Stellen haben sich gefährliche Sandverwehungen gebildet. Diese sollte man tunlichst umfahren, wenn man nicht im wahrsten Sinne des Wortes in ihnen „absaufen“ möchte. Es gibt einige Passagen, wo man leicht in die Brandung des Meeres hinausfahren muss um diesen Sandbunkern zu entweichen. Auch das ist ein spezielles Erlebnis, wenn die Wellen das Salzwasser bis auf die Scheiben des Wagens spritzt. Nach weiteren Sand- und Wasserdurchfahrten gelangen wir wieder zum Ausgangspunkt unserer 4WD-Tour zurück. Fazit: einfach „geil“! Den Nachmittag gehen wir etwas beschaulicher an. Nach einem kleinen Picknick in der Tilligerry Peninsula begeben wir uns per Pedes auf den Koala Track. Die Wanderung führt an der Küste entlang. Hier soll es angeblich nur so von Koalas wimmeln. Wir halten fleissig Ausschau nach den possierlichen Tierchen und können nach langem Suchen nur grad einer dieser flauschigen Eukalyptus-Fresser entdecken. Dafür wimmelt es von Papageien und Sittichen. Ein riesiger Schwarm weisser Kakadus kommt über eine Meerenge direkt auf uns zugeflogen und versammelt sich mit lautem Gezeter auf einem Baum. Pärchenweise sitzen sie auf den Ästen und kraulen sich gegenseitig. Ein schönes Bild. Nach ein paar weiteren Wanderkilometern gelangen wir an eine entzückende Bucht. An diesem idyllischen Ort
werden wir heute Nacht bleiben. Gesagt – getan. Wir kehren zu unserem Bushcamper zurück und fahren an dieses verschwiegene Örtchen. Es ist Herbst und der Winter schon sehr nahe. Um 17.00 Uhr beginnt bereits die Dämmerung und eine halbe Stunde später ist es dunkel. Die Tagesplanung müssen wir diesen Gegebenheiten anpassen und entsprechend früh ein Nachtquartier beziehen. Mein inzwischen campingerprobter Schatz montiert dann jeweils die Stirnlampe und bereitet uns draussen in absoluter Dunkelheit das Abendessen zu. Nachts hören wir die Geräusche der Tiere im angrenzenden Wald. Plötzlich vernehmen wir ein
Rascheln, das stetig näher kommt. Im fahlen Licht des Mondes entdecken wir zwei putzige Opossums. Sie schleichen langsam an unseren Camper heran. Wir gehen mit dem Fotoapparat hinaus und bleiben regungslos stehen. Die beiden, eine Sie und ein Er, kommen immer näher. Selbst das Blitzen beim Fotografieren scheint sie nicht zu stören. Sie haben uns natürlich schon längst entdeckt und schauen uns mit ihren riesigen Augen furchtlos an. Eines der beiden Beuteltiere ist so frech und klettert ungeniert an meinem Hosenbein hinauf. Das geht dann doch zu weit und mit einem kleinen Ruck entledige ich mich des vorwitzigen Krabblers. Am anderen Morgen werden wir von hunderten Papageien, die hier auf den Bäumen ihr Nachtquartier bezogen haben, mit ihrem typischen „Gesang“ geweckt. Wir fahren zum 80 km entfernten Myall Lakes Nationalpark. Dieser besticht durch lange, einsame Pazifikstrände und seine Seenplatte, das grösste Küstenseesystem in New South Wales. Hier kann man die australische Natur hautnah erleben. Das Wasser der Seen ist leicht salzig und lädt zu Wassersportaktivitäten aller Art ein: Angeln, Bootfahren und Schwimmen. Es werden auch Hausboote vermietet, mit denen sich die Seen befahren lassen. Zugang zu den langen, einsamen Stränden gibt es nur an wenigen Stellen im Park. Das Befahren der Strände mit dem Auto ist allerdings erlaubt. Wer nicht über ein vierradgetriebenes Gefährt verfügt, der sollte von diesem Abenteuer hingegen Abstand nehmen, da er wahrscheinlich nicht sehr weit kommen würde. Ich fühle mich nach dem gestern erfolgreich bestandenen Test in den Sanddünen und den Wasserdurchfahrten schon als kleiner Profi. Doch Hochmut bekommt ja bekanntlich vor dem Fall. Die Anfahrt auf den Strand schaffen wir in der bekannt souveränen Manier. Der „Bushi“ pflügt sich bravourös durch den tiefen weichen Sand. Weil ich schon etwas mutiger geworden bin weiche ich nicht mehr jedem Sandbunker aus. Mit All-Rad und Diff-Sperre kann dir nichts passieren. Denkste – plötzlich gräbt sich unser Camper in einem Sandloch richtiggehend ein. Bevor ich es realisiert habe, stehen wir mit den Achsen, den
Differenzialen bis nahe am Bodenblech im tiefen Sand. Es geht weder vor noch zurück. Nur die Ruhe bewahren. Ich steige aus und mein „fachmännischer“ Blick verrät mir, die Karre muss ausgegraben werden. Martha meint zwar, dass ich da ohne fremde Hilfe nicht mehr raus komme. Doch Frauen verstehen von solchen Dingen halt nicht so viel. Also nichts wie los, buddeln wie die Weltmeister und die Räder vom Sand befreien. Ein neuer Versuch. Ich steige in den Wagen und gebe langsam Gas. Der Motor heult zwar auf, doch der „Bushi“ bewegt sich keinen Zentimeter. Das Ergebnis der Übung, der Wagen steckt noch tiefer bis ganz zum Bodenblech im Sand. Nun dämmert es auch mir, dass ich hier alleine nicht mehr raus kommen werde. Wenn wenigstens ein Baum oder sonst etwas in der Nähe wäre, wo man mit der Seilwinde arbeiten könnte. Leider Fehlanzeige, nur ein weisser langer Strand mit ein paar armseligen Grasbüscheln. Nun ist guter Rat teuer. Während ich so sinniere taucht am Horizont ein weiterer Landcruiser auf. Er nähert sich uns und ich gebe zu erkennen, dass wir Hilfe benötigen. Der Wagen hält und zwei Jungs steigen aus. Sie schauen sich die Sache an und fragen, ob wir das erste Mal auf Sand fahren? Ich gebe zu, dass mich diese Frage schon etwas gekränkt hat. Ich verstehe aber was sie gemeint haben. Man fährt natürlich mit solch schmalen Reifen nicht durch so tiefen Flugsand, so was muss zwangsläufig schief gehen. Die zwei Aussis haben an ihrem Fahrzeug doppelt so breite Spezialreifen und können solche Manöver ohne Probleme bewältigen. Die beiden sind sehr zuvorkommend und helfen dem Greenhorn (Guido) gerne aus der Patsche. An allen Reifen etwas Luft ablassen verbessert die Traktion. Doch der Wagen steckt so tief im Sand, dass auch dies nichts bringt. Also hole ich den Bergegurt aus der Werkzeugkiste. Wir befestigen ihn an beiden Fahrzeugen. Ich sitze in den „Bushi“ und gebe Gas, bis sich die Räder im tiefen Sand drehen. Einer der beiden Jungs setzt sich in seinen Wagen und fährt einwenig zurück, so dass das Seil lose am Boden liegt. Nun gibt er Vollgas und mit einem kräftigen Ruck ist der „Bushi“ aus dem Sandloch raus. Profis halt! Wir bedanken uns ganz herzlich bei den beiden und möchten sie für ihre spontane Hilfe entschädigen, was sie aber kategorisch ablehnen. Hier in Australien hilft man einander unentgeltlich, das ist Ehrensache, sagt der eine mit einem Lächeln. So hat das kleine Abenteuer für uns einen versöhnlichen Abschluss gefunden. Was lernen wir (ich) daraus? Sei vorsichtig bei losem, tiefem und weichem Sand. Ich werde das natürlich beherzigen, jedoch nicht auf Fahrten in Sanddünen verzichten. So kann es gut sein, dass ich halt die Karre (Marthas ganzer Haushalt) wieder mal im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand setzen werde. Unsere nächste Herausforderung ist
und bleiben steile Sanddünen, die allerdings mit keinem 4WD zu schaffen sind. Es geht zu Fuss, Schritt für Schritt im losen Untergrund aufwärts, bis die erste Anhöhe geschafft ist. Von oben bekommen wir einen Eindruck von den gewaltigen Wanderdünen. Durch den stetigen Wind hat sich hier die Oberfläche etwas verfestigt und so kommen wir auf unserem Marsch Richtung Küste zügig voran. Irgendwo im Osten muss das Meer sein. Nach einer halben Stunde entdeckt Martha das ersehnte blaugrün schimmernde Wasser am Horizont. Nach einer weiteren halben Stunde erreichen wir den Ozean. Leider können wir den Anblick dieses Bilderbuchstrandes nicht
lange geniessen. Es ziehen bedrohlich dunkle Gewitterwolken auf, die sich immer mehr verdichten. Nun heisst es im Eiltempo zurück marschieren (rennen), wenn wir nicht in ein Unwetter geraten wollen. Wir sind froh, dass der Rückweg abwärts geht. Mein Schatz hüpft wie von der Tarantel gestochen die Dünen hinunter und schreit: „do chond öppis!“. Hechelnd erreicht sie als erste unser Heim auf vier Rädern. Kaum ist alles im „Bushi“ verstaut öffnet Petrus die Schleusen und es giesst wie aus Kübeln. Es wird die nächsten Tage nicht bei diesem einen Regenschauer bleiben. Für den ganzen Osten ist mächtig Nass von oben angesagt. Ausgerechnet jetzt wo wunderschöne Küstenregionen auf unserem Reiseprogramm stehen. Was tut der Pfadfinder in der Not? Richtig, er sucht sich eine Ausweichrute. Das bedeutet ein weiterer Abstecher, ca. 300 km landeinwärts, ist angesagt. In dieser Region wird es die nächsten fünf Tage nicht regnen und bis dann hat sich vielleicht die Wettersituation am Pazifik entlang wieder gebessert. Wir fahren über die Gebiergszüge der Great Dividing Range, die als Wetterbarriere fungiert, westwärts nach Tamworth. Zum unübersehbaren Wahrzeichen der „Hauptstadt der australischen Country Music“ gehört eine 12 m hohe Gitarre. Alljährlich im Januar wird der sonst eher beschauliche Ort täglich von bis zu 50'000 musikbegeisterten Anhängern der amerikanischen Volksmusik „heimgesucht“. Leider sind wir hierfür ein paar Monate zu spät angereist. Dafür findet gegenwärtig einer der grössten Westernreit-Events Australiens statt. Das müssen wir natürlich unbedingt sehen und so pilgern wir ins Equine Livestock & Event Centre, wo während 10 Tagen Cutting-Horse-Wettkämpfe stattfinden. Wie läuft so ein Wettbewerb ab? Die Aufgabe
des Cuttingreiters besteht darin, ein Rind von der Herde abzusondern und ihm den Weg zur Herde zurück abzuschneiden (cut). Hierfür hat der Reiter zweieinhalb Minuten Zeit. In dieser Frist darf er so viele Rinder aus der Herde holen wie er will. In der Regel sind es zwei bis vier. Dem Cutter stehen vier Helfer zur Seite. Zwei „Herdholder“ bei der Herde und zwei „Turnbacks“ im Cuttingbereich. Diese versuchen dem Cutter eine möglichst optimale Unterstützung zu geben, damit er viele erfolgreiche Aktionen lancieren kann. Schnelligkeit und Reaktionsvermögen des Pferdes entscheiden über Sieg und Niederlage. Schiedsrichter werten jeden Lauf nach einem komplizierten Punktesystem. Rund um die Wettkampfstätte gibt es Stände (wie an der Luga) wo man Reitutensilien, Kleider, Cowboy-Stiefel und -Hüte, Trailer für Pferd und Reiter und sogar landwirtschaftliche Fahrzeuge kaufen kann. Natürlich ist auch für das leibliche Wohl gesorgt. Vom deftigen Hamburger bis zum feinen Seafood wird alles angeboten. So vergehen die Stunden wie im Flug und bei der abendlichen Heimfahrt schmieden wir schon wieder Pläne für die nächsten Tage. Wir werden im sonnigen Tamworth noch einige Zeit verweilen, Wanderungen und Stadtspaziergänge unternehmen um dann, vorausgesetzt die Wetterverhältnisse haben sich an der Ostküste gebessert, an die Traumstrände am pazifischen Ozean zurückkehren.


3.6. - 14.6.2012  Von Tamworth über Armidale, Oxley Wild Rivers NP, Dorrigo NP, 

Coffs Harbour, Yuraygir NP, Gibraltar Range NP, Glen Innes,  zum Bald Rock NP


Am 3.6.2012 brechen wir unsere „Zelte“ in Tamworth ab und fahren auf dem Oxley Highway Richtung Osten mit dem Ziel Port Macquarie am Pazifik. Gemäss Wetterprognose soll es in den nächsten Tagen nicht nur an der Küste sondern auch im Landesinneren regnen. Also wählen wir das kleinere Übel und reisen in eine Stadt am Meer. Hier kann man mit „Lädele“ oder dem Besuch von Museen oder anderen Sehenswürdigkeiten auch bei schlechtem Wetter einiges unternehmen. Während wir in der letzten Woche landeinwärts dem Tiefdruckgebiet entrinnen konnten, müssen wir uns nun den nassen Tatsachen stellen. Nach rund anderthalb Stunden Fahrt führt uns eine viel versprechende Hinweistafel (Apsley Falls) zu einem
kleinen Abstecher in den Oxley Wild Rivers Nationalpark. Nach wenigen Kilometern auf der gut ausgebauten Zufahrtsstrasse gelangen wir zu einem Infostand. Auf einer Schautafel sind sämtliche Wanderrouten zu verschiedenen Lookouts aufgeführt. Trotz leichtem Nieselregen packen wir ein kleines „Fresspäckli“ in den Rucksack und begeben uns auf einen der Trails. Schon nach kurzer Zeit gelangen wir zum McMillan Lookout. Auf einer Aussichtsplattform erblicken wir auf der gegenüberliegenden Seite die spektakulären Apsley Falls. Die Wasser des Rivers sammeln sich nach einem über hundert Meter hohen Freifall in einem Becken, bevor der Fluss in die Apsley Gorge mündet. Von dort setzt er seinen Lauf nach Norden fort, wo er 24 km südwestlich von Lower Creek, mitten im Nationalpark, in den Macleay River fliesst. Beeindruckt von dem Gesehenen gehen wir weiter, bis eine Abschrankung unserem Wandertrieb ein jähes Ende bereitet. Auch in dieser Gegend haben die Unwetter vom letzten Frühling ihre Spuren hinterlassen. Viele Wege sind weggeschwemmt worden und müssen mühsam wieder hergerichtet werden. So auch der Pfad an der Schlucht entlang, der uns auf die andere Seite des Tals hätte bringen sollen. Also müssen wir unverrichteter Dinge wieder zu unserem Bushcamper zurückkehren. Inzwischen hat uns die Landschaft im Nationalpark so eingenommen, dass wir unsere Reiseroute abermals ändern. Wie schon des Öfteren erwähnt, begeistern uns Wasserfälle. Hier und jetzt haben wir nun die einmalige Chance auf einer Strecke von 191 km (Waterfall Way), einige der spektakulärsten Wasserfälle von Australien zu besuchen. Ausserdem liegen einige kleine aber bestimmt sehenswerte Nationalparks an dieser Route. Also fahren wir trotz Regen nicht an die Küste, sondern etwas nordwärts nach Armidale, ein idealer Platz zum Übernachten; erstens weil es dort Campingplätze mit Stromanschluss gibt, damit wir bei Temperaturen um die Nullgradgrenze in der Nacht einen kleinen Elektroofen betreiben können und es so kuschelig warm im „Bushi“ haben; zweitens ist dieser Ort für Ausflüge in die Nationalparks strategisch perfekt gelegen. Bei immer noch bedecktem Himmel machen wir uns tags darauf wieder auf den Weg in den Oxley Wild Rivers NP. Der 120’000 ha grosse Park entstand durch die Zusammenfassung des Aspley Gorge National Park und des Yarrowitch Gorge National Park. Wie ein Flickenteppich erscheinen daher die einzelnen Gebiete auf der Landkarte, die wilde Flüsse, viele Wasserfälle und tiefe Schluchten beherbergen. Offene Laub-Wälder, trockener Regenwald und Buschland sind ebenfalls Teil dieser Region. Einer dieser Wasserfälle (Dangers Falls 120 m hoch) erreichen wir nach einer ca. 10 km langen Fahrt über eine vom Regen aufgeweichte Gravel Road. Entsprechend chic sieht der „Bushi“ aus, er liebt Schlammbäder. Die bei Niedrigwasser nicht so spektakulären Fälle befinden sich am Anfang von ausgedehnten Wanderpfaden. Nebelschwaden ziehen von Winden getrieben tief an der Canyonwand vorbei. Unser Weg führt über eine Wasserlandschaft, die mit kleinen Brücken versehen ist. Auf den roten Felsen haben sich üppig grüne Moosflächen gebildet und an den Bäumen lässt das feuchte Klima Grünpflanzen mit feinen Tentakeln
gedeihen, die den Tau aus dem Nebel aufnehmen. Auf unserer einsamen Wanderung treffen wir immer wieder auf Kängurus und deren kleinen Artgenossen, die Wallabys. Aus dem Wald vernehmen wir exotische Vogelstimmen. Nur selten bekommt man einer dieser gefiederten Sänger zu Gesicht. Wir staunen nicht schlecht, als wir einen farbenprächtigen Papagei entdecken, der ein grosses Repertoire an wohlklingenden Melodien vorträgt. Normalerweise schreien oder krächzen diese Vögel, dass es einen schaudert. Nach ca. 6 km gelangen wir zum McDirty's Lookout mit Blick auf die Mihi Falls. Leider sind diese mangels Wasser zu einem Rinnsal verkümmert und deshalb nicht besonders sehenswert. Der ganze Park ist durch massive Zäune und Tore von der umgebenden Landschaft getrennt. Offenbar gibt es hier Wildhunde (Dingos), die ohne diese Schutzvorrichtungen jagt auf Kängurus, Strausse und allerlei Kleinlebewesen machen würden. Auf dem Rückmarsch lassen uns Ausblicke in die tiefen Schluchten (Gorges) immer wieder innehalten. Völlig alleine und ungestört können wir diese Landschaftsbilder in uns aufnehmen. Am nächsten Morgen geht es
in die Gara Gorge (16 km östlich von Armidale). Die Schlucht und der Fluss laden zu Wanderungen und kleinen Kletterpartien ein. Schöne Picknickplätze mit phantastischen Pools und Kaskaden lassen uns verweilen. Bei wärmeren Temperaturen hätte man hier das grösste Badevergnügen. Das Wetter hält sich wacker und wir können am heutigen Tag noch weitere Sehenswürdigkeiten meist trockenen Fusses besuchen. Wir fahren weiter und gelangen zu den Wollomombi Falls, mit 220 m einer der höchsten Wasserfälle Australiens. In der Nähe befinden sich auch die Chandler Falls. Beide befinden sich etwa 40 km östlich von Armidale nahe dem Waterfall Way. Die tiefen Schluchten sind zwar beeindruckend, doch auch hier kommen die Wasserfälle wegen dem niedrigen Pegelstand in den Flüssen nicht richtig zur Geltung. Ganz andere Verhältnisse treffen wir tags darauf bei den Ebor Falls an. Die vom Guy Fawkes River mit reichlich Wasser gebildeten Fälle (insgesamt 300 m hoch), die in zwei Kaskaden über steile Sandsteinfelsen in eine Schlucht stürzen, sind absolut sehenswert. Bei nun richtig schönem Wetter begeben wir uns in den Dorrigo Nationalpark. Im
Naturreservat leben die Hälfte aller in Australien vorkommenden Tier- und Pflanzenarten. Inmitten von Zedern, Teebäumen, Pinien, Eukalyptusbäumen, Sassafras, Minzen, Rosenholz, Feigen und Holzapfelbäumen kreuzen hin und wieder Dingos, Koalas, Beuteldachse, Truthähne, Kakadus oder Wallabys durchs Unterholz. Am Anfang unserer Wanderung treffen wir bereits auf die besagten Truthähne (Brush Turkey). Sie sind relativ zutraulich und lassen sich bereitwillig fotografieren. Auf zwei unterschiedlichen Touren durchstreifen wir einen Teil des über 1000 ha grossen Parks.  Auf unserem ersten Walk geht es in den völlig naturbelassenen Regenwald. Über z.T. morastige und verschlungene Wege wandern wir (wieder völlig alleine) durchs Dickicht. Über 1000 Jahre alte Urwaldriesen, die früher für kommerzielle Zwecke massenweise geschlagen wurden, stehen hier unter Naturschutz und sind Zeugen einer längst
vergangenen Zeit. Die mächtigen Baumstämme werden von Schmarotzer- und Schlingpflanzen überwuchert. Alles reckt sich in die Höhe, dem Sonnenlicht entgegen. Zum Waldboden gelangt nur wenig Tageslicht. Umso erstaunlicher ist es, dass alles mit dichtem Grün überzogen ist. Unsere zweite Wanderung führt uns auf einem gut ausgebauten Weg durch eine nicht minder eindrucksvolle Flora und Fauna. Auf einer Rundtour geht es an den Coachwood- und den Zedern-Wasserfällen vorbei. Bäume mit den typischen lappenartigen bis zu 10 Meter hohen Brettwurzeln stehen am Wegesrand. Lianengewächse müssen da und dort in einer Kletterpartie überwunden werden. Martha schwingt sich im Stile der berühmten „Jane“ an einer Liane über einen kleinen Graben. Es ist manchmal im wirren Wurzelgeflecht kaum auszumachen, was nun wirklich zum Baum resp. zur Schlingpflanze gehört. An manchen Stellen fühlt man sich in die Urzeit des „Jurassic Park“ zurück versetzt. Nicht umsonst ist dieser Nationalpark auf Grund seiner natürlichen Schönheit und seines Wertes für die Wissenschaft, in die Liste des Weltnaturerbes aufgenommen worden. Nachdem das Wetter an der Küste nun endlich ein bisschen freundlicher daher kommt, machen wir uns auf den Weg über Urunga und Sawtell nach Coffs Harbour. Am Pazifik ist es momentan zwar trocken, aber heftige Winde bringen das Meer in Ufernähe im wahrsten Sinne des Wortes zum Kochen. Riesige Brandungswellen treffen mit Urgewalt auf die Strände. Bei einer kleinen Wanderung auf der Mutton Bird Island werden wir von heftigen Windböen erfasst, so dass wir uns kaum mehr auf den Beinen halten können. Der Sturm trägt die Gischt bis zu 20 Meter hoch und wir werden von einer feinen salzhaltigen Lauge zugedeckt. Die Wassertröpfchen bilden im Sonnenlicht einen herrlichen Regenbogen. In den gewaltigen Brechern sehen wir tatsächlich einige
waghalsige Surfer. Selbst die absoluten Cracks geraten bei diesen Verhältnissen an ihre Grenzen. Oftmals erleben sie den einen oder anderen unbeabsichtigten Spülgang im unberechenbaren Gewässer. Coffs Harbour ist eingebettet in ausgedehnte Bananenplantagen, die zu den grössten in Australien zählen. Strände wie „Diggers Beach“, „Park Beach“ oder „Jetty Beach“ laden zum Baden ein. Allerdings nicht beim momentanen Wind- und Wellengang. Wir fahren weiter der Küste entlang nordwärts und machen einen kurzen Abstecher in den Yuraygir Nationalpark. Dort gibt es einen Coast Walk, auf dem wir ein kurzes Stück am Meer entlang wandern. Je nach Saison kann man von hier aus Wale, die Richtung Norden schwimmen, beobachten. Anfangs Juni ist es aber dafür noch etwas zu früh. Am Horizont ziehen bereits wieder dunkle Wolken auf, die uns veranlassen, die neusten Wetterprognosen im Internet abzurufen. Diese fallen, wie befürchtet, vernichtend aus. Der Ältestenrat hat deshalb nach einer kurzen Sitzung beschlossen, nochmals ins Landesinnere zu fahren. Über Grafton führt uns der Weg in den Gibraltar Range Nationalpark. Der 17’000 ha grosse Park im New England Plateau beeindruckt durch seine wilde Berglandschaft mit tiefen Schluchten. Die Vegetation
reicht von trockener Heide bis zum Regenwald. Vom Gwydir Highway führt die Mulligans Road (9 km lange Schotterpiste) zum „Mulligan's Hut Picnic Area“. Von dort aus begeben wir uns auf den Track zu den Felsformationen „The Needles“. Nach einer Stunde Marsch durch den Regenwald erreichen wir die bizarr geformten Steine, die auf einer Anhöhe wie Nadeln in den Himmel ragen. Auf einer weiteren Wanderung im Nationalpark gelangen wir zu den Felsgruppierungen namens „Anvil Rock“ rund 1000 m ü.M. Der Weg ist von riesigen Termitenhaufen gesäumt. Mehrere Millionen der kleinen Krabler hausen in einem solchen Nest. Den Namen „Anvil Rock“ (Ambossstein) verdankt die Felsformation einem speziell geformten Stein, der einem Amboss gleicht und zuoberst auf einem grossen Monolith liegt, den man aber leider nicht besteigen kann. Auf dem Rückmarsch beschliessen wir, die nächsten Tage weiterhin im Inland zu verweilen und über Glen Innes nach Tenterfield zu fahren. Die Entscheidung war im Nachhinein betrachtet wieder einmal goldrichtig. Während an der Küste immer noch ein Tiefdruckgebiet sein Unwesen treibt haben wir hier inzwischen prächtiges Wetter. So können wir am anderen Tag bei eitel Sonnenschein in den Bald Rock Nationalpark fahren. Vom Rastplatz führt der 2,5 km lange „Bungoona Walk“ zum grössten Granitfelsen Australiens. Der Monolith Bald Rock ist 750 m lang, 213 m hoch und 500 m breit. Schon beim Aufstieg über die farbenprächtigen Flanken beeindruckt dieser Titan mit schierer Grösse. Immer wieder wandern wir an, um, über und unter gewaltigen von Wind und Wetter geformten Felsbrocken vorbei resp. herum resp. durch. Vom Gipfel (1341 m ü.M.) des 220 Mio. Jahre alten Felsens hat man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung und bei gutem Wetter sieht man bis nach Queensland. Im Park leben viele Kängurus, Wombats
und Wallabys. Auf dem „Dach“ des monströsen Felsens liegen gewaltige Brocken wie von Menschenhand hingelegt. Ein ausgedehntes Picknick „on the top“ rundet diese grandiose Tour ab. Beim Abstieg, wir sind immer noch nicht müde, hängen wir gleich noch eine 6 km lange Zusatzschleife zum „Little Bald Rock“ an. Der Weg bis zum kleineren Bruder des Steinkolosses ist nicht sehr abwechslungsreich. Dieser Trail wird wohl eher selten begangen und an einigen Stellen ist er völlig von Pflanzen überwuchert. Wir müssen immer wieder mühsam nach dem richtigen Pfad suchen. Es liegt eine absolute Stille in der Luft, die man förmlich hören kann. Nur ab und zu vernehmen wir Tierlaute und exotische Vogelgesänge aus dem weiten Bushland. Urplötzlich erhebt sich ein nicht ganz so grosser aber ebenfalls beeindruckender Monolith über die Baumwipfel des Waldes. Ein relativ flacher Aufstieg über diesen lang gezogenen Felsen bringt uns immer näher zum höchstgelegenen Punkt. Es kommt uns vor als würden wir auf dem Rücken eines überdimensionalen Wales marschieren. Oben angekommen sind wir von der grandiosen Rundumsicht überwältigt. Ohne ein Wort zu verlieren, nur die Stimmung auf uns wirken lassend, verharren wir in minutenlanger Stille. Weit und breit kein Mensch oder gar eine menschliche Behausung zu sehen. Vermutlich hat sich hier seit tausenden von Jahren nichts verändert. So wird uns wieder einmal unsere eigene kurze Lebenszeit bewusst und wir sind froh und glücklich, dass wir hier und jetzt das alles erleben und geniessen dürfen. Vorläufig ein letztes Mal die Atmosphäre dieser grandiosen Natur in uns aufnehmen, denn im weiteren Verlauf unserer Reise stehen wieder ganz andere und sehr urbane Gebiete wie Surfers Paradise oder die pulsierende Millionenstadt Brisbane auf dem Programm.


Die weiteren Berichte sind jetzt unter der Rubrik Queensland (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.