Queensland


Reisebericht
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15.6. - 22.6.2012  Vom Bald Rock NP über Ballina, Bayron Bay, Tweed Heads,

Surfers Paradise, Brisbane, Bribie Island, Hervey Bay nach Fraser Island


Nach rund zwei Monaten im sehr abwechslungsreichen New South Wales wechseln wir in den nordöstlich gelegenen Bundesstaat Queensland. Die Aufschrift auf den Nummernschildern der Fahrzeuge (Queensland - The Sunshine State) ist ja schon mal ein Versprechen für die Zukunft. Obwohl Australien ca. 190 Mal grösser als die Schweiz ist und die Distanzen enorm sind, erstaunt es uns immer wieder, wie schnell man von der absoluten Einsamkeit im Outback mitten in einer pulsierenden Stadt ist. Wir fahren vom Bald Rock Nationalpark bei wolkenbruchartigen Regenfällen an die Ostküste nach Ballina. Die Strassen stehen teilweise unter Wasser und bei der Durchfahrt erzeugt „Bushi“ riesige Wasserfontänen. Mir soll’s recht sein, denn unser 4WD braucht nach den Fahrten im tiefen und schweren Gelände der Nationalparks dringend eine Unterbodenwäsche. Nach weiteren heftigen Regenschauern erreichen wir Bayron Bay und siehe da, unser Bushcamper erstrahlt in jungfräulichem Weiss, was ihm übrigens ausgezeichnet steht. Der Badeort am Pazifischen Ozean war in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein verträumtes Fischerörtchen. Heute beherbergt er vorwiegend junge und jung gebliebene Gäste. Wer hier her kommt mag vor allem Sonne, Sand, Surfen und Spass haben. Im Sommer sind die Tage am Strand ebenso heiss wie die langen Nächte in den zahlreichen Bars und Biergärten. Wir sind anfangs Winter hier und es regnet weiter in Strömen. Entsprechend kühl und ungastlich wirkt die Atmosphäre. Vom Trubel in den Sommermonaten ist jetzt nicht viel zu spüren und die sicherlich schönen Strände bleiben bei diesem Wetter verwaist. Uns hält es hier auch nicht lange und wir fahren weiter an der Küste entlang nordwärts und erreichen bei Tweed Heads den südlichsten Punkt der berühmten Gold Coast. Breite Strände, die bis 40 km nach Norden reichen sind das Markenzeichen der Region. Hier im beschaulichen Süden ist noch nichts vom Trubel zu spüren, den es in der Hauptsaison in Surfers Paradiese
gibt. Schon von weitem ist die Skyline mit bulligen Hotelburgen und den hoch aufgeschossenen Appartementblöcken zu sehen. Vergleiche mit dem spanischen Benidrom oder Miami in Florida drängen sich zwangsläufig auf. Allein der breite goldfarbene Strand ist sehenswert. Inzwischen hat der Himmel ein Einsehen und erstrahlt in wolkenlosem Blau, so wie wir es lieben. Es macht richtig Freude einen ausgedehnten Spaziergang zu unternehmen. Obwohl es jetzt Winter ist vergnügen sich die Leute bei weit über 20° Celsius an den nicht enden wollenden Stränden. Baden ist aber wegen des momentan relativ hohen Wellengangs untersagt. Die
Lifeguard achtet penibel darauf, dass sich niemand ins Wasser begibt. Sollte doch mal der eine oder andere Lust auf ein Badevergnügen bekommen, sind die Jungs von der Baywatch sofort mit ihren Quads zur Stelle und beordern die Leute wieder an Land zurück. Vom Meer her ist der Blick auf die Wolkenkrater noch beeindruckender. Auf der einen Seite faszinierende Architektur, auf der anderen Seite Bausünden, wie wir sie auch von bekannten Ferienorten aus der Schweiz kennen. Surfers Paradise verfügt seit 1991 über einen Stadtkurs namens Surfers Paradise Street Circuit – ähnlich dem in Monte Carlo – der extra für die Rennen aufgebaut wird. Der Kurs, der zirka zu 2/3 seiner Länge durch den Stadtteil Surfers Paradise verläuft, ist 4,5 Kilometer lang und verfügt neben sehr schnellen langen Geraden auch über extrem langsame Kurven. Gegenwärtig zählen die Rennen der V8 Supercars und das Champ Car World Series Rennen zu den wichtigsten Motorsportereignissen. Surfers Paradise verfügt über ein ausgeprägtes Nachtleben und gilt seit den 1960er Jahren als Australiens heimliche Hauptstadt der Unterhaltung. Speziell um die „The Esplande“ am Strand sowie rund um die „Cavill Avenue“ und „Orchid Avenue“ befinden sich zahlreiche Clubs, Pubs und Table Dance Bars. Bedingt durch die zahlreichen Touristen und Backpacker sind die Clubs gut besucht. Weit verbreitet sind darüber hinaus auch Pub und Club Cralws, bei denen gegen einen Pauschalpreis in der Regel 5 bis 6 Lokale betreten werden können und es meist noch Freigetränke gibt. Etwas für junge Leute halt und nichts für Frührentner, wie wir es sind. A propos Frührentner; beim Spaziergang durch die City fallen uns die vielen älteren Menschen auf, die hier wegen dem ganzjährig warmen Klima ihren Lebensabend verbringen – ähnlich wie in Florida. Obwohl man viele Betonburgen sieht gibt es auch beschauliche Einkaufsstrassen und Grünanlagen, wo man auf öffentlichen Grillplätzen ein gemütliches Picknick veranstalten kann. Ausnahmsweise drängt die Zeit und wir müssen uns auf den Weg nach Brisbane machen. Hier wollen wir eine der grössten Caravan- und Camping-Ausstellungen Australiens besuchen. Morgen ist der letzte Tag dieser Veranstaltung. Bestimmt können wir uns dort ein paar Anregungen für unser Gefährt, dass wir für die Reise durch Kanada und Amerika benötigen, holen. Das Ausstellungsgelände befindet sich nur unweit der City und so gestaltet sich
die Anfahrt im Morgenverkehr in die 2 Mio. Menschen zählende Hauptstadt Queenslands etwas anstrengend. Wir benötigen für eine relativ kurze Strecke mehr als eine Stunde. Als wir endlich vor Ort sind geht der Kampf um einen freien Parkplatz los. Nach ca. halbstündigem Kreisen erhaschen wir einen der begehrten Plätze und können uns auf den kurzen Fussmarsch zum Ausstellungsgelände begeben. Weil die Australier richtige Camping-Freaks sind, ist das Angebot an Caravans, Mobilehomes und Zelten gewaltig. Von den Luxusfahrzeugen, die 400'000 und mehr Franken kosten bis zu rudimentären Outback-Trailern ist alles zu sehen. Uns fällt auf, dass das Preisniveau ungefähr demjenigen der Schweiz entspricht, also alles relativ teuer ist. Vielen Australiern geht es wirtschaftlich sehr gut. Entsprechend ist das Lohn- und Preisgefälle. Die Lebenshaltungskosten bewegen sich auch sonst im Bereich des Schweizer Niveaus. Ganz im Gegensatz zu Neuseeland, das wirtschaftlich mehr zu kämpfen hat und es dadurch bestimmt 25 bis 30% günstiger ist als in der Schweiz. Wir entdecken einige Fahrzeuge, die für unseren Überseetrip geeignet wären. Leider
werden diese nicht in die Schweiz exportiert. Die Abgasbestimmungen in Europa sind viel schärfer als hier und so bekommen Fahrzeuge, wie z.B. unser Landcruiser (einfach aber absolut zuverlässig und praktisch unzerstörbar) keine Zulassungsbewilligung. Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben. Aber wenn man bedenkt, dass unser „Bushi“ 520'000 km auf dem Buckel hat und dies unter schwersten Bedingungen, ist das schon ein toller Leistungsausweis. Wir haben inzwischen etwa 25'000 km zurückgelegt ohne das kleinste technische Problem (abgesehen von den paar Reifenpannen). Wir fahren von Service zu Service ohne einen Tropfen Öl nachfüllen zu müssen. Das sagt alles über die Qualität dieses Wagens. Aber alles jammern nützt nichts. Wir müssen unseren geliebten Bushcamper wohl oder übel in Australien zurücklassen und uns nach etwas anderem umsehen. Morgen ist mal wieder einer der besagten Service-Arbeiten fällig und so können wir die City von Brisbane mit öffentlichen Verkehrsmitteln, was auch viel entspannter ist, besuchen. Was gibt es über diese Stadt zu sagen? Subtropische Temperaturen und im Schnitt sieben Sonnenstunden pro Tag zeichnen die Hauptstadt des „Sunshine State“ aus. Das sonnige Gemüt stellt sich also von selbst ein. Die Anfänge von Brisbane (auch „Brissie“, „Bris Vegas“ oder „Brisneyland“ genannt) waren alles andere als glänzend. Denn wie mancherorts in Australien nahm die Besiedelung ihren Anfang mit einem berüchtigten Strafgefangenenlager. Doch diesen unrühmlichen Beginn hat Brisbane unter subtropischer Sonne längst ausgeschwitzt. Heute präsentiert sie sich als Metropole, in der eine mediterrane Gelassenheit herrscht. Wir sitzen unter schattenspendenden Sonnensegeln in Strassencafés, flanieren am begrünten Ufer des Brisbane River vorbei und erfreuen uns auf der autofreien Mall an Strassenkünstlern und bummeln ausgiebig durch klimatisierte Einkaufspassagen. Die Innenstadt Brisbanes lässt sich leicht zu Fuss erkunden. Genussfreude und entspannte Lebensart stehen dabei im Vordergrund, weniger eine Fülle sensationeller Sehenswürdigkeiten. Wir schlendern durch den Botanic Gardens mit seinen alten und mächtigen Bäumen,  überqueren die Goodwill Bridge und gelangen zu den Southbank Parklands. Ein 17 ha
grosser Vergnügungspark erstreckt sich am rechten Ufer des Brisbane River. Das Naherholungsgebiet punktet mit schönen Grünflächen und einer künstlich angelegten Bade-Lagune. Wie auf einer Südseeinsel lässt es sich hier auf dem aufgeschütteten Sandstrand unter Palmen an der Sonne dösen. Selbst „Baywatch“ fehlt nicht. Rettungsschwimmer halten stets ein Auge auf die Badenden. Jenseits der Victoria Bridge, nur wenige Gehminuten vom Konsumzentrum an der Queen Street Mall entfernt, schlägt das kulturelle Herz der Stadt. Schulklassen treffen sich zu einem Meeting auf den vorgelagerten Grünanlagen. Sie wirken in ihren unterschiedlichen Schuluniformen wie Schmetterlinge im weiten Parkgelände. Wir spazieren an der Riverfront entlang. Der futuristisch gestaltete Gebäudekomplex aus Riverside Centre und Eagel St. Pier ist hier der Eyecatcher. Zwischen den glasverbrämten Bürogebäuden sorgen Cafés und Restaurants selbst nach Feierabend für Leben. Es legen Schaufelraddampfer an und laden zu gemächlichen Sightseeng-Touren auf dem Brisbane River ein. Beim Überqueren der Story Bridge geniessen wir einen tollen Ausblick auf die Skyline der Stadt. Nach ein paar Tagen in diesen städtischen Gebieten zieht es uns immer wieder mit aller Macht in die aussergewöhnliche und vielfältige Natur Australiens. Ein kurzer Abstecher (ca. 75 km) führt uns auf Bribie Island. Auf einer Brücke, die über die Pumicestone Passage führt, welche die Südspitze des Festlandes mit der Insel verbindet, erreichen wir die Orte Bellara und Bongaree. Es gibt nur wenige asphaltierte Strassen auf der Insel. Der Rest des Eilandes steht unter Naturschutz. Vor allem im Norden erstrecken sich Kilometerlange Sandstrände. Besonders für Wanderer lässt sich das Inselparadies durch
zahlreiche Spazier- und Wanderwege erkunden. Bei einem Abendspaziergang auf der Welesby Parade begeben wir uns an den feinsandigen Strand. Vereinzelt treffen wir auf Fischer, die im seichten Gewässer angeln. Plötzlich sehen wir in der Abendsonne spiegelnde Reflexe auf dem flachen Sandstrand. Bei näherer Betrachtung entdecken wir angeschwemmte Quallen. Es handelt sich um „Jelly Blubber“, die bei Berührung ein Brennen auf der Haut verursachen. Sie liegen hier zu hunderten herum und wir müssen aufpassen, dass wir beim Barfussgehen nicht auf eine dieser gallertartigen Meeresbewohner
stehen. Wir übernachten auf der Insel und fahren am nächsten Morgen nach Woorim am Südende des Eilandes. Im Nationalpark leben Kängurus, Wallabys, Emus, Dingos, zahlreiche Reptilien und Schlangen. Auf der Insel sind etwa 200 verschiedene Vogelarten zu finden und in den Gewässern um die Insel leben Delphine.Touristisch ist der Park gut erschlossen. Es gibt mehrere Picknick- und Campingplätze, die mit Allradfahrzeugen oder per Boot zu erreichen sind. Auf einer Strecke, die nur mit Geländewagen zu befahren ist, gelangen wir an einen mehrere Kilometer langen Traumstrand. Dieser darf an vielen Stellen mit dem 4WD befahren werden. Allerdings benötigt man eine Erlaubnis, die bei der Nationalparkverwaltung oder den lokalen Behörden erworben werden kann. Wir sind also verbotener Weise und ohne diese Genehmigung auf dem Strand gefahren, haben die Campingstühle ausgepackt und so richtig die Seele baumeln lassen. Jeweils am Abend, nach dem Nachtessen, werten wir das Fotomaterial des Tages aus. In heissen Diskussionen wird dann ausgesucht, was in die Homepage kommt und was „gespült“ wird. Anschliessend werden die Bilder mit einem passenden Kommentar versehen. Das machen wir ab und zu bei einem guten Glas Wein (Martha ein Glas und ich den Rest der Flasche). Erstaunlicherweise bin ich dann immer noch Fit doch bei meinem Schatz stellen sich nach dem Genuss dieses einten Glases Rebensaft schnell Ermüdungserscheinungen ein. Mitten beim Fotos sortieren und beschriften legt sie sich von einer Sekunde auf die andere hin und schläft ohne ein Wort zu sagen seelenruhig ein. An mir bleibt dann der ganze Rest der Arbeit hängen. Aber ich will ja nicht jammern, Martha ist sonst ein sehr fleissiges Mädchen. Am nächsten Morgen fahren wir etwa 60 km ins
Landesinnere nach Glass House Mountains. Schon von der Ferne sehen wir einige der insgesamt zwölf grün bewaldeten Hügel. Es handelt sich um die Überbleibsel längst erloschener Vulkane. Wir besorgen Kartenmaterial beim Info Center und begeben uns auf eine Wandertour zum Mount Tiborgargan. Der Trachyte Circuit führt uns durch morastiges Bushland zu verschiedenen Viewpoints, von denen wir jeweils schöne Ausblicke auf die benachbarten Vulkankegel haben. Anschliessend fahren wir auf einem Scenic Drive verschiedene Lookouts an, die ebenfalls prächtige Weitblicke ins Gelände gewähren. Nach dem Besuch dieser Mini-Berge cruisen wir wieder zurück an die Küste nach Hervey Bey. Von dort aus werden wir am nächsten Tag mit der Auto- und Personen-Fähre auf die grösste Sandinsel der Welt (Fraser Island) übersetzen. Bevor wir das tun können muss zuerst administrativer Kram erledigt werden. Wir wollen mehrere Tage auf der Insel bleiben und müssen ein Permit (Fahrbewilligung für unseren „Bushi“ / 40 Dollar) einholen. Ausserdem benötigen wir Tickets für die Fähre und die Campgrounds für zwei Nächte, die ebenfalls vorreserviert und bezahlt werden müssen. Internet sei Dank geht das relativ easy. Leider können wir die Fährtickets nicht mehr buchen, dafür sind wir zu spät dran. Da der Kahn, der Fahrzeuge (ausschliesslich vollwertige Geländewagen) und Personen auf die Insel bringt, relativ klein ist, müssen wir damit rechnen, zum gewünschten Termin nicht mitgenommen zu werden. So fahren wir am anderen Morgen ohne Fahrkarten nach River Heads, der Ablegestelle der Fähre. Wir sind früh dran und nach einigem hin und her bekommen wir tatsächlich die begehrten Tickets für uns und den Bushcamper (155 Dollar retour). Pünktlich um 9.00 Uhr legt die Fähre ab und nach einer Stunde erreichen wir Fraser Island. Auf der Insel gibt es keine befestigten Strassen nur Sandpisten und z.T. extreme 4WD Tracks.
Nachdem wir (ich) bereits schon mal mit unserem „Bushi“ im Sand abgesoffen sind, gehen wir mit etwas gemischten Gefühlen an die Sache ran. Die Fahrt von der Fähre bei der Kingfisher Bay verläuft problemlos. Vorsichtshalber habe ich noch während der Überfahrt den Reifendruck auf ca. ein Bar reduziert. Nun sieht es aus, als hätten wir an allen vier Rädern einen Plattfuss. Auf sandigem Untergrund haben wir aber so bedeutend mehr Traktion. Mal sehen, ob sich das in der Praxis auch bewahrheitet. Tatsächlich kraxelt unser 4WD ohne zu murren die steilen und mit tiefen Löchern durchsetzten Tracks hinauf und hinunter. An manchen Stellen ist der Sand so tief, dass er bis an Achsen und Differenziale reicht. Gewisse extreme Geländeübergänge können nur mit Diff-Sperre bewältigt werden. Die Sandpisten sind stellenweise so eng, dass sich dicke Äste hörbar am Lack unseres Fahrzeuges zu schaffen machen. Ab und zu (ganz selten) sehen wir andere Geländewagen, die sich ebenfalls mühsam vorwärts kämpfen. Die meisten von ihnen haben doppelt so breite Reifen wie wir aufgezogen und können so die Sache etwas entspannter angehen. Nach über einer Stunde Fahrt durch dichten Dschungel kommt uns wie befürchtet ein 4WD entgegen. Nun gilt es ruhig Blut bewahren. An einer Stelle, die kaum gross genug für ein Auto ist, müssen nun zwei aneinander vorbei kommen. Ich setze den Wagen langsam zurück, bis ich eine kleine Nische entdecke. Ich zwänge den „Bushi“, in nun noch tieferem
Sand, in diese kleine Lücke. Und tatsächlich es reicht. Mit der nötigen Vorsicht gelingt das Kreuzungsmanöver. Zum Glück müssen wir während des weiteren Aufenthalts auf der Insel dieses „Kunststück“ nicht wiederholen. Wir sind von nun an immer allein in den Wäldern unterwegs. Fraser Island, die 120 km lange Düneninsel verdankt ihr Bestehen aus dem Umstand, dass der Sand über Jahrtausende vom Meer her angeschwemmt wurde und immer noch wird. Naturfreunde lieben die facettenreiche Landschaft mit der ihr eigenen Tierwelt. Off-Road-Enthusiasten geraten angesichts weicher Pisten und befahrbarer Strände leicht ins Schwärmen. Nach ca. 20 km Fahrt erreichen wir den 75 Mile Beach auf der gegenüberliegenden Seite. Der 100 km lange Sandstrand kann z.T. nur bei Ebbe befahren werden. Deshalb haben wir uns eine Gezeitentabelle besorgt, damit wir möglichst optimale Bedingungen vorfinden. Die Fahrt auf dem je nach Wasserstand breiteren oder schmaleren Strand ist ein tolles Erlebnis. wir haben bei Petrus für all die Tage auf der Insel Traumwetter bestellt. Nach etwa 15 km Wegstrecke Richtung Norden sehen wir Raubvögel, die sich offenbar an etwas Fressbarem zu schaffen machen. Wir fahren hin und entdecken einen gestrandeten Buckelwal, für den Fraser Island vor ein paar Tagen Endstation seiner Lebensreise geworden ist. Kein
schöner Anblick, diesen Koloss da liegen zu sehen. Weitere Kilometer nordwärts taucht ein rostendes Wrack am Horizont auf.  Das Frachtschiff „Maheno“ wurde 1935 von einem Wirbelsturm an den Strand geschleudert. Weitere 5 km später gelangen wir zu den Pinnacles. Es handelt sich um erodierte Sandsteinformationen, die in unterschiedlichen Farbtönen im gleissenden Sonnenlicht leuchten. Diverse Bachläufe (Creeks) fliessen von höher gelegenen Teilen der Insel in den Ozean. Diese sind vom Fahrzeug aus kaum zu erkennen. Es ist deshalb grosse Vorsicht geboten, denn an der Abbruchkante haben sich die kleinen Bäche bis zu einem Meter tief in den Sand hinein gefressen. Das Queren dieser Creeks muss je nach Wasserstand mit aller Sorgfalt vorgenommen werden. Bei einem dieser kleinen Wasserläufen („Eli Creek“) machen wir halt. Im Sommer ein ideales Gewässer zum Baden. Doch jetzt im Winter, eine Idee zu kalt. Für ein ausgedehntes Kneipbad reicht es aber allemal. Die Flut ist schon wieder am Steigen und so fahren wir am Strand entlang zu unserem Campground „Dundubara“ im nördlichen Teil der Insel. Nur einige Meter oberhalb des tosenden Meeres schlagen wir unser Nachtquartier auf. In vielen Gegenden des Eilandes leben australische Wildhunde (Dingos). An sich sind diese keine Gefahr für den Menschen. Durch das Fehlverhalten einiger Touristen, die diese Tiere gefüttert haben, ist es aber schon zu Unfällen gekommen. Die Hunde sind aggressiv geworden und haben das eine oder andere Mal zugebissen. Deshalb sind einige Campgrounds in der
Region (so auch unsere) durch Zäune vor Übergriffen der Dingos geschützt. Wir werden in der ganzen Zeit auf der Insel leider keinen einzigen dieser Wildhunde vor die Linse bekommen. Am Morgen fahren wir über eine kleine Senke wieder hinunter an den Strand. Dort können wir anhand der Pfotenabdrücke im weichen Sand erkennen, wo sich die Hunde während der Nacht rumgetrieben haben. Am heutigen Tag fahren wir wieder teils am Strand und teils auf schwierigen Pisten im Innern der Insel. Auf dem Central Lakes Drive gelangen wir zum Lake „McKenzie“, dem vielleicht schönsten Gewässer auf der Insel. Dieser Süsswassersee liegt idyllisch im Bushland, umgeben von feinpuderigem Sand. Leider ist auch hier das Wasser zum Baden etwas zu kalt. Aber ein erfrischendes Fussbad in einer solchen Kulisse ist auch was Tolles. Auf der Weiterfahrt gelangen wir einige Kilometer später noch zum „Lake Benaroon“, einem weiteren von ca. 200 Süsswasserseen auf der Insel. Die Gezeitentabelle zwingt uns wieder zum Aufbruch und so erreichen wir noch vor Einbruch der
Dunkelheit den Campground der Central Station im Innern der Insel. Es erwartet uns eine stockdunkle Nacht, in der ausser den Stimmen des Waldes nichts zu hören ist. Es ist eiskalt und natürlich gibt es hier keinen Elektroanschluss für unseren Heizstrahler. Der Pyjama alleine genügt nicht mehr. Wir ziehen zusätzlich spezielle Thermo-Wäsche an. Am nächsten Morgen sind wir früh auf den Beinen und fahren über einen schwierigen Off-Road-Trail zurück an die Kingfisher Bay. Im luxuriösen Ressort gleichen Namens und seinen fantastischen Poolanlagen gönnen wir uns ein paar vergnügliche Stunden, bevor uns die Fähre wieder ans Festland von Australien zurückbringt. Fraser Island mit seiner unvergleichlichen Natur, seinen unendlich langen Stränden und seinen kristallklaren Süsswasserseen im Inneren hat uns tief beeindruckt. Unser „Bushi“ hat sich wacker geschlagen und hat uns auf den verrücktesten Pisten mehr oder weniger sanft quer über die Insel getragen und sicher wieder zum Ausgangspunkt zurück gebracht. Ich werde bei meinem Schatz ein gutes Wort für ihn einlegen, dann darf er bestimmt mal wieder in einem grossen Sandkasten spielen gehen.


23.6. - 3.7.2012  Von Fraser Island über Bundaberg, Biloela, Rolleston, Emerald,

Rockhampton, Mackay, Eungella NP, Airlie Beach zum Whitsunday Island NP


Nachdem wir Fraser Island bei prächtigstem Wetter geniessen durften, verdüstern sich die Meteovorhersagen für die Küstenregionen zusehends. Das ist aber weiter nicht schlimm, denn unser nächstes Ziel ist Bundaberg. Seit 1888 wird in der Stadt hochprozentiger Zuckerrohrschnaps, der so genannte „Bundy“, gebrannt. Das richtige Getränk für nasskalte Tage. Den Rohstoff für die Bundaberg Rum Distillerie liefern die endlosen Zuckerrohrfelder, die sich bis weit in den Norden Queenslands erstrecken. Wir besuchen das originell gestaltete Ausstellungs- und Verkaufsgebäude der Brennerei, das einem
Barriquefass nachempfunden ist. An der Theke können die edlen Tropfen ausgiebig probiert werden. Wem übrigens Rum pur nur schwer über die Lippen kommt, sollte „Dark & Stormy“ probieren, eine Mischung aus alkoholfreiem Ingwer-Bier (Ginger Beer) und Zuckerrohrschnaps. Etwas für Mädchen, Männer mögen den Schnaps natürlich unverfälscht und pur. Auf wackligen Beinen geht es anschliessend in den schön angelegten Botanischen Garten. Auch jetzt im australischen Winter sind einige Pflanzen in voller Blüte. Wem der Rundgang auf dem Gelände zu anstrengend ist, kann in der parkeigenen Dampflok durchs Areal tuckern. Auf ihren Sohn, Bert Hinkler, ist Bundaberg besonders stolz. Dem Flugpionier gelang 1928 der erste Alleinflug von England nach Australien. Im Botanischen Garten können wir das Haus des Flugenthusiasten besichtigen. Das englische Domizil wurde nach seinem Tod akribisch zerlegt, nach Australien verschifft und hier wieder aufgebaut. Die nächsten Tage wird es an der Küste heftigen Regen geben. Unsere inzwischen bewährte Methode, ins Landesinnere zu fliehen, scheint auch diesmal viel versprechend zu sein. Wir haben uns eine mehrtägige Tour zusammengestellt, die uns in den Carnarvon Nationalpark führen wird. In dem schroffen, weitgehend unzugänglichen Bergland gibt es spektakuläre Sandsteinformationen und eine imposante Schlucht, die 30 km lange Carnarvon Gorge. Seltene Palmen und Farne wachsen hier, Orchideen und Moosarten, die sonst nirgendwo vorkommen. Anschliessend werden wir nach Blackall fahren. Den Ort hat Jackie Howe zu Ruhm und Ehren verholfen. Vor mehr als 100 Jahren hat der stämmige Schafscherer 321 Tieren in nur sieben Stunden und 40 Minuten mit der Blattschere die Wolle abgeschnitten. Lange ein ungebrochener Weltrekord, bis jemand mit der neu entwickelten, elektrisch betriebenen Schere schneller war. Dann soll es weiter nach Barcandile gehen. In diesem verträumten Ort wurde 1891 der erste grosse Schafscherer-Streik Australiens ausgerufen. Über 1000 Männer schlossen sich dem Protest gegen die Ausbeutung durch die Viehzüchter an. Seit dem gab es auf der Insel eine Arbeiterbewegung, die zur Gründung der Labour Party führte. Ein weiterer Abstecher wird uns weiter landeinwärts nach Longreach führen. Die aufstrebende Kleinstadt fesselt Besucher mit zwei
Hauptattraktionen. Da wäre zunächst das Stockman’s Hall of Fame & Outback Heritage Center, eine einzige Omage an die Pioniere des Outbacks.  Das zweite Highlight ist ein riesiger rot-weisser Jumbo Jet. Das ausgemusterte Flugzeug gehört zum Qantas Founders Outback Museum, das natürlich nicht zufällig dort steht. Denn auf einem kleinen Flughafen in Longreach startete in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts das erste Passagierflugzeug der heutigen Qantas Airlines. Auf der Rückreise zur Küste werden wir Emerald besuchen. Edelsteinsucher hohlen in den Minen Saphire aus dem Boden. Die Edelsteinfelder haben eine Grösse von ca. 10'000 ha mit den reichsten Saphirvorkommen der Erde. Den bisher schwersten (400 g Saphir) fand ein Junge beim Spielen. Die Schlussetappe wird uns dann wieder zurück an die Küste nach Rockhampton bringen. Hier ist die Grenze zwischen den Tropen im Norden und den Subtropen im Süden. Rund um die „Rinderhauptstadt“ grasen über 2,5 Mio. Stück Vieh. So hätte eigentlich unsere Tour ins Outback aussehen sollen. Hätte – wäre – wenn! Leider ist alles ganz anders gekommen. Das Wetter hat sich, entgegen der Prognosen, nicht nur an der Küste verschlechtert, sondern auch und vor allem im Landesinnern. Wer schon mal im Outback war, weiss was das bedeutet. Wolkenbruchartige Regenfälle überschwemmen Felder und Strassen. Innert Stunden sind viele Verbindungsachsen nicht mehr passierbar. Gravel-Roads werden zu schlammigen und rutschigen Pisten. Und es regnet immer weiter. Zum ersten Mal seit unserer Reise hat das Ausweichmanöver ins Landesinnere nicht funktioniert. Es ist sozusagen total in die Hose gegangen. Aber es kommt noch besser. Auf dem Weg nach Biloela leuchten plötzlich fast sämtliche Lämpchen im Armaturenbrett unsers Wagens auf. Es funkelt wie an Weihnachten, dabei ist es erst Juni. Wir fahren sofort an die Seite und stellen den Motor ab. Nach der Durchsicht des Handbuchs sind wir auch nicht schlauer geworden. Es werden zwar die Funktionen der einzelnen Warnlichter erklärt, aber was zu unternehmen ist, wenn fast alles aufleuchtet, steht nicht geschrieben. Ich starte den Motor erneut, wieder leuchtet es in der Instrumententafel wie an einem Christbaum. Offenbar ist aber alles voll funktionsfähig. So entschliessen wir uns, weiterzufahren. Nach ca. 100 Kilometern läuft immer noch alles einwandfrei und der Diesel nagelt in gewohnt beruhigender Art vor sich hin. Vermutlich wurde die Fehleranzeige durch die hohe Feuchtigkeit hervorgerufen und hat so die Lämpchen zum Leuchten gebracht. Wir werden es aber in der nächsten Garage überprüfen lassen. Zunächst fahren wir, zu nun vorgerückter Stunde, auf einen Campground. Nach den üblichen Eincheck-Formalitäten steige ich in den Wagen und starte den Motor. Es ist aber beim Drehen des Zündschlüssels nur ein „dädädädädä.....“ des Anlassers zu hören. Der Motor gibt kein Lebenszeichen von sich. Ein paar junge, leicht angesäuselte „Aussies“ kommen lachend auf uns zu und wollen bereitwillig helfen. Es ist inzwischen später Abend und keine Werkstatt hat mehr geöffnet. Also schieben die netten Jungs unseren „Bushi“ auf den vorgesehenen Platz auf dem Campground. So können wir hier wie geplant übernachten und uns am nächsten Morgen nach einer Werkstatt umsehen. Zum Glück ist Biloela ein etwas grösser Ort und nur ca. fünf Gehminuten von unserem Campingplatz entfernt befindet sich sogar eine Toyota Garage. Wir erklären der netten Dame am Empfang unser Begehren und nach wenigen Minuten fahre ich mit einem Mechaniker im Servicewagen zu unserem „Bushi“. Im letzten Reisebericht habe ich mich noch so lobend über den Landcruiser geäussert und prompt macht jetzt die Karre schlapp. Offenbar kocht auch Toyota nur mit Wasser und selbstverständlich geht auch bei ihren Fahrzeugen mal etwas kaputt. Nachdem der Servicetechniker vergebens versucht hat durch überbrücken den Motor zu starten, gesellt sich nun der Chefmechaniker zu uns. Der alte Hase riecht den Braten und vermutet das Problem beim Anlasser. Wir schieben den Wagen kurz zurück und dann wieder nach vorn, in kleinen Rüttelbewegungen. Er setzt sich in den Bushcamper, startet den Motor und der springt bereitwillig an. Er erklärt mir, dass der Anlasser beim Abstellen nur in zwei möglichen Positionen still steht. Von der einen kann man den Motor noch starten, von der anderen eben nicht mehr. Deshalb war das Rütteln erfolgreich und so kann ich die paar Meter zur Garage problemlos fahren. Der Anlasser muss natürlich ersetzt werden – das wird nicht billig, meint der Chefmechaniker grinsend. Am Lager haben sie das Ersatzteil natürlich nicht und so wird es sofort in Brisbane bestellt.
Glücklicherweise ist es noch früh am Morgen und man glaubt es kaum, denn der Anlasser wird zusammen mit anderen Ersatzteilen noch am selben Tag eingeflogen. Wenn alles klappt, können wir unseren Wagen heute Abend wieder abholen. Nach dem wir den ganzen Tag durch das kleine Shoppingcenter im Städtchen geschlendert sind (jeden Laden mindestens zehn Mal angesehen) finden wir uns zum vereinbarten Zeitpunkt wieder in der Garage ein. Die Motorhaube des „Bushis“ ist immer noch offen und die Mechaniker am Schrauben. Man erklärt uns, dass der Anlasser wie besprochen eingebaut ist und einwandfrei funktioniert. Sorgen bereite ihnen aber der Alternator, der lediglich noch 5 Volt abgibt und die Starterbatterie, die ihre besten Tage auch schon gesehen hat und wohl bald ein Museumsstück sei. Also wird alles länger dauern und auch entsprechend teuerer werden, denn diese Teile müssen ebenfalls ersetzt und eingebaut werden. Die beiden Anbauteile (Alternator und Anlasser) sind bei tiefen Flussdurchfahrten meistens Unterwasser und deshalb extremen Bedingungen ausgesetzt. Es ist für mich daher nicht verwunderlich, dass diese nach einigen Jahren den „Geist“ aufgeben. Die Mechanikercrew legt für uns freiwillig eine Nachtschicht ein und garantiert uns, dass der Wagen am nächsten Morgen startklar sei. Es ist bereits stockdunkel und wir machen uns zu Fuss auf die Suche nach einem Nachtquartier. Viele Motels und Hotels, z.T. völlig heruntergekommene, sind gut belegt und haben keine Zimmer mehr frei. Nach ca. einer halben Stunde werden wir fündig und können ein „Cabin“ (kleines Häuschen nur für uns alleine) beziehen. Seit bald sechs Monaten schlafen wir das erste Mal wieder in einem richtigen, breiten Bett mit viel Platz. Die ernüchternde Bilanz am anderen Morgen. Wir haben zwar nicht schlecht geschlafen, aber im beengten „Bushi“ ist es viel kuscheliger und auch gemütlicher. Mit gemischten Gefühlen machen wir uns auf den Weg zur Garage. Zu unserer Erleichterung steht der Bushcamper schon abfahrtsbereit auf dem Parkplatz. Der Garagechef kommt auf uns zu und erklärt, was während der Nacht alles gemacht wurde. Nach einer kurzen Inspektion geht es nun zur Kasse wo wir die Rechnung begleichen „dürfen“. Auf der zweiseitigen Faktura ist alles minutiös aufgeführt. Ein neuer Anlasser, ein neuer Alternator, eine neue Batterie, mit allen Tests (Diagnose-Checks) und den Montagearbeiten 8,5 Stunden Arbeitszeit – macht genau 1540 Dollar (etwas weniger als 1500 Franken). Das ist ja halb geschenkt, denken wir uns. Tatsächlich haben sie uns ihre Arbeitszeit kaum berechnet und die Neuteile fast zum Selbstkostenpreis überlassen. Wenn man bedenkt, dass noch Nachtarbeit angefallen ist, verwundert der Preis gleich doppelt. Offensichtlich wirken wir mit unserem schon etwas betagten Gefährt etwas hilfsbedürftig. Nur so können wir uns das generöse Entgegenkommen der Werkstatt erklären. Uns freut’s natürlich. Zum einen haben wir unseren „Bushi“ runderneuert zurück, zum anderen wird die Reisekasse nicht so arg strapaziert. Inzwischen hat sich auch an der Wetterfront etwas getan. Es wird nicht wie erwartet schöner, im Gegenteil. Es regnet nämlich noch heftiger und das wird auch die nächsten Tage so bleiben. Sämtliche Parks im weiteren Umkreis sind gesperrt und nicht mal mit
Geländewagen befahrbar. So sind wir also die paar hundert Kilometer von der Küste hierher vergebens gefahren. Während der Weiterreise landeinwärts besuchen wir jedes Touristeninformations-Center und erkundigen uns nach den neusten Updates. Leider bekommen wir immer wieder die gleiche Auskunft. Es tut uns sehr leid, aber alle für euch interessanten Routen oder Wanderpfade sind nicht befahr- resp. begehbar. Inzwischen (schon wieder ein verlorener Tag) ist es bereits wieder Abend geworden und wir suchen uns in Rolleston ein Übernachtungsplätzchen. In diesem kleinen Ort befindet sich der einzige Campground im weiten Umkreis. So erstaunt es nicht, dass bei unserer Ankunft schon viele Camper um Einlass für ein Nachtquartier nachfragen. Es ist Ferienzeit und viele sind nun hier (wie wir) gestrandet, weil die Nationalparks geschlossen sind. Entsprechendes Gedränge ist vorprogrammiert. Im sonst so weiten Australien geht es plötzlich sehr beengt zu. Nachdem wir einen Augenschein vom Campingplatz genommen haben (alles steht unter Wasser und man steht bis zu den Knöcheln im Schlamm), entschliessen wir uns trotzt einbrechender Dunkelheit weiterzufahren. Natürlich könnten wir irgendwo in der „Pampa“ übernachten. Wir haben ja schliesslich alles dabei. Leider nur fast alles. Denn bei diesen nasskalten Nächten, bei Temperaturen um die Nullgrad, brauchen wir Strom, um unseren Heizstrahler im Wagen betreiben zu können. Nach einer guten Stunde Fahrt durch die Dunkelheit gelangen wir zu einem weiteren Campingplatz in der Nähe von Emerald. Dieser ist zwar auch ausgebucht, aber das überaus freundliche Personal findet für uns trotzdem ein Plätzchen und eine der begehrten Steckdosen, wo wir unseren „Bushi“ anschliessen können. Nach einem guten
Nachtessen sieht dann die Welt schon wieder etwas rosiger aus. Bei einem gemütlichen Glas Wein besprechen wir anschliessend unser Reiseprogramm für die nächsten Tage, das wir wetterbedingt völlig umkrempeln müssen. Wir werden auf einer nördlichen Route zurück an die Ostküste nach Rockhampton fahren. Gesagt – getan. Schon früh am Morgen sind wir wieder auf Achse und gelangen bei Blackwater zum schönen Blackdown Tabelland Nationalpark. Müssig zu sagen, dass wir bei Regen und inzwischen dichtem Nebel nicht viel von den prächtigen Aussichten in die Ferne, für die der Park bekannt ist, nur wenig mitbekommen. Am Abend erreichen wir Rockhampton. Inzwischen hat der Himmel von dunkelgrau tatsächlich auf hellgrau gewechselt und am nächsten Morgen bekommen wir die ersten Sonnenstrahlen seit Tagen zu sehen. Es wird schön und warm werden im Australischen Winter. Wir fahren nach Emu Park und begeben uns auf einen ausgedehnten Strandspaziergang. Die Sonne scheint vom inzwischen fast wolkenlos blauen Himmel. Auf der Weiterfahrt gelangen wir nach Yeppoon. In diesem Ort können wir auf kleinen Wanderrouten in der nähren Umgebung die prächtige Landschaft geniessen, bevor es auf einer
längeren Etappe nach Mackay geht. In der von Zuckerrohrfeldern eingefassten Stadt wird ein Drittel des australischen Zuckers produziert. Die eindrucksvollen Verladeterminals im Hafen gehören zu den grössten der Welt. Während der Erntezeit, also gegenwärtig im Juli, hängen dichte Rauchschwaden über der Gegend. In unzähligen Zuckergewinnungs-Fabriken wird jetzt rund um die Uhr gearbeitet. Ein effizientes Schienennetz verbindet die Zuckerrohrplantagen mit der verarbeitenden Industrie. Für uns ist Macky Ausgangspunkt für einen Besuch in den Eungella Nationalpark. Unseren ersten Zwischenstopp machen wir bei der Finch Hatton Gorge. Auf der Anfahrt sind einige Bachdurchfahrten zu bewältigen, die aber trotz ergiebiger Regenfälle in der letzten Woche problemlos zu meistern sind. Auf einer kleinen Wanderung gelangen wir zu den Araluen Cascades. Ein kleiner Wasserfall, dessen Fluten sich in verschiedenen Pools sammeln und die im Sommer bei erträglichen Wassertemperaturen zum Baden einladen. An manchen Orten führt der Wanderweg über Bäche, die mangels Brücken auf glitschigen Steinen überquert werden müssen. Über eine steile Strasse geht es hoch nach Eungella. Der Ortsname bedeutet übersetzt "Berge des Nebels". Wir haben Glück und können alles bei prächtigem Sonnenschein geniessen. Bei Broken River begeben wir uns auf zwei Bushwanderungen. Am Flusslauf des gleichnamigen Rivers entdecken wir im seichten Wasser
Schildkröten, die gemächlich an uns vorbeipaddeln. Die Hauptattraktionen des Parks sind die ausgeprägten tropischen Regenwälder, die bei über 2’000 mm Jahresniederschlag über 860 Pflanzenarten aufweisen. Besonders beeindruckt sind wir von den riesigen Palmen, die bis zu zwanzig Meter hoch werden. Der grösste Teil des Nationalparks ist allerdings völlig unzugänglich. Auf dem abendlichen Rückmarsch sehen wir in einem grösseren Tümpel eines der seltenen und sehr scheuen Schnabeltiere. Der Körperbau des Schnabeltieres ist flachgedrückt und stromlinienförmig. Es hat gewisse Ähnlichkeiten mit einem flach gebauten Biber und hat
auch einen vergleichsweise platten Schwanz. Der Körper und der Schwanz sind mit einem braunen, wasserabweisenden Fell bedeckt. Die vorderen und hinteren Füsse tragen Schwimmhäute. Die putzigen Tierchen erreichen eine Grösse von 30 bis 40 cm. Die Besonderheit dieses urtümlichen Wesens ist der Umstand, dass es sich um ein eierlegendes Säugetier handelt. Unser Nachtquartier schlagen wir heute hoch in den Bergen mit prächtiger Weitsicht auf, gleich neben einem Früchte tragenden Mandarinenbäumchen. Am Morgen erleben wir von hier oben einen traumhaften Sonnenaufgang über dem Nebelmeer tief im Tal. Wir fahren wieder ans Meer in den Cape Hillsborough Nationalpark. Unter Berücksichtigung der Gezeiten wandern wir der Küste entlang teils am Beach und dann wieder auf höher angelegten Pfaden über erloschene Vulkankegel. Verschiedene Plattformen bieten einmalige Aussichten auf Strand und Meer. Von einem Aussichtspunkt aus entdecken wir sinnigerweise am „Turtle Beach“ eine grosse Meeresschildkröte. Leider habe ich das grosse 750er Teleobjektiv nicht dabei. So fallen die Aufnahmen dieser Begegnung etwas dürftig aus. Nebst einer Vielzahl verschiedener Vogelarten gibt es auch prächtige Schmetterlinge in den unterschiedlichsten Farben zu bewundern. Auf einem von der Ebbe freigelegten Pfad gelangen wir von einer kleinen vorgelagerten Insel zurück an den Hauptstrand. Am Nachmittag geht die Fahrt der Küste entlang nordwärts nach Airlie Beach. Wir buchen eine Schiffspassage an den berühmten „Whitehaven Beach“. Der angebliche Traumstrand mit feinem Silikatsand befindet sich auf der grössten der insgesamt 74 Inseln zählenden Gruppe im Nationalpark „Whitsunday Island“. Er gilt mit einem Quarzgehalt von nahezu 99 % als einer der weissesten Strände der
Welt. Zum sechsstündigen Ausflug werden wir tags darauf von einem Bus abgeholt. Mit einer Motoryacht (Katamaran) geht es zwischen den Inseln, auf denen sich z.T. exklusive Resorts befinden, an den besagten Strand. Die See ist mehr oder weniger ruhig, nur an engen Passagen zwischen den Inseln wird es ab und zu etwas ruppig. Wir können aber das Morgenessen ohne weiteres bei uns behalten. Nach ca. zwei Stunden Fahrt sehen wir schon von weitem den 7 km langen Beach. Mit einem Beiboot werden wir in kleinen Gruppen an den feinkörnigen Sandstrand gefahren. Die letzten paar Meter müssen aber alle ins nicht ganz warme Wasser steigen
und zu Fuss an Land waten. Es ist wirklich ein schönes Fleckchen Erde und wir verleben ein paar schöne Stunden, leider nicht ganz alleine, am türkisblauen Wasser. Das grosse ah und oh müssen wir uns aber verkneifen. Denn wir haben auf unserer Reise schon weit schönere (weissere, feinsandigere, einsamere) Strände gesehen und erlebt. Unsere Favoriten bleiben die wirklich einmaligen Strände von Esperance in Western Australia. Zur vereinbarten Zeit bringen uns die Beiboote wieder auf die Yacht. Bei untergehender Sonne fahren wir Richtung Festland. Plötzlich nimmt der Kapitän ein Fernglas zur
Hand. Er schaut auf eine kleine Durchfahrt zwischen zwei Inseln, die wir offenbar passieren müssen. Seine lakonische Bemerkung: „diese Passage wird kein Vergnügen werden“. Tatsächlich können wir jetzt auch schon weisse Schaumkronen auf dem aufgewühlten Wasser entdecken. Offenbar sind bei den momentan herrschenden Gezeitenniveaus die Fliessgeschwindigkeiten des Wassers extrem hoch. Wie näher wir zu dieser Meerenge kommen, umso schneller wird die Fahrt. Es sieht nun so aus, als ob wir uns auf einem rasant fliessenden Fluss bewegen würden. Zu allem Überfluss kommt nun noch eine Gegenströmung aus einer anderen Richtung und bringt die aufgewühlte See richtig zum Kochen. In unglaublich hohen Wellen (bis zu 6 oder 7 Metern) wird das Boot hin und her geworfen. Bänke, Stühle und andere Einrichtungsgegenstände fliegen von einer Ecke in die andere. Wer jetzt nicht irgendwo eine sichere Sitzgelegenheit hat wird zu Boden geworfen. Die Abdeckung der Klimaanlage wir aus der Verankerung gerissen. Die Wellen schlagen nun am Bug mit aller macht über das Boot hinweg. Der Kapitän drosselt die Motoren weil sonst ein tiefes Eintauchen in die Wellen droht. Die Rüttel- und Schüttelpartie geht noch ein paar Minuten weiter bevor wir endlich aus diesem aufgewirbelten Fahrwasser gelangen. Die Crew ist inzwischen auf allen Decks und befragt die Passagiere nach ihrem Befinden. Aber ausser Übelkeit nach dem heftigen Wellengang ist offenbar nichts Ernsthaftes passiert. Der Kapitän sagt, auch etwas kleinlaut geworden, dass dies eben mit die grössten Wellen waren, die er hier in seiner 15-jährigen Karriere gesehen hat. Nach diesem kleinen Abenteuer können wir bestätigen, die Whitsunday Islands sind wirklich eine Reise wert. Nachdem sich unsere Mägen wieder einigermassen beruhigt haben, verspüren wir sogar etwas Hunger. Nach einem leichten Nachtessen begeben wir uns auf festem Boden zur Nachtruhe. In den Nächsten Tagen reisen wir weiter der Küste entlang Richtung Norden und begeben uns auf eine Schiffstour zum einmaligen Great Barrier Reef. Bei hoffentlich angenehmen Wassertemperaturen werden wir über farbigen Korallen schnorcheln gehen.


4.7. - 20.7.2012  Vom Whitsunday Island NP nach Bowen, Townsville, Ingham,

Mount Surprise, Undara, Georgetown, Atherton, Yungaburra, Milla Milla nach Cairns


Am Morgen des 4. Juli machen wir einen „Städtchen-Bummel“ in Airlie Beach. Die australische Kleinstadt liegt an der Ostküste im Bundesstaat Queensland. Der Ort nahe Brisbane hat sich ganz und gar dem Tourismus verschrieben, was angesichts der einzigartigen Natur nicht verwundert. Aber auch das Nachtleben kommt nicht zu kurz in Airlie Beach, denn einige der Bars und Bistros bieten eine grosse Auswahl der besten heimischen und importierten Wein- und Biersorten an. Besonders gefällt uns das wunderbar angelegte Freibad in Form einer künstlichen Lagune. Und so wird es auch bezeichnet; The Airlie
Beach Lagoon. Die Wassertemperatur ist angenehm warm und die prächtige und äusserst gepflegte Anlage steht allen Besuchern kostenlos zur Verfügung. Wir fahren nahe der Küste entlang Richtung Norden und gelangen nach rund 80 km zum Örtchen Bowen. Bowen liegt in der bekannten Region der Whitsunday Islands. Tropisches Klima und feinsandige helle Strände machen die Gegend zu einem lohnenden Ziel. Die Whitsunday Region umfasst 74 Inseln und wurde von James Cook 1770 entdeckt. Er benannte die Inseln nach dem Pfingstsonntag – Whitsunday Islands. Die Eilande sind als eines der besten Segelreviere der Welt bekannt. Der idyllische Ort Bowen hat in jüngster Zeit sogar Filmgeschichte geschrieben, denn er wurde als Set für den Hollywood-Streifen „Australia“ ausgewählt. Im historischen Film mit den Schauspielergrössen Nicole Kidman, David Wenham und Hugh Jackman in den Hauptrollen, fand rund ein Drittel des gesamten Drehs in Bowen statt. Für uns ist der Ort aber nur ein kleiner Zwischenstopp auf der Fahrt nach Townsville. Die grösste Stadt in Nord-Queensland wird aufgrund Ihrer vielen Gärten und Parks auch häufig als "Garden
City" bezeichnet. Sie ist geprägt von mediterranem Flair. Die Umgebung ist Zuckerrohranbaugebiet. Doch nicht nur das viele Grün, die Küste und das Meer machen den Reiz dieser australischen Stadt aus, sondern auch ein eigener Hausberg, der 286 Meter hohe Castle Hill gehört zum Stadtbild und überragt Townsville. Eine steile, gewundene Strasse führt hinauf zu den Aussichtspunkten. Auf verschiedenen kleinen Pfaden sehen wir auf die weit verzweigte City und die nähere Umgebung aus unterschiedlichen Perspektiven. Doch der Ort selbst hat noch einiges mehr zu bieten. Bei einem entspannten
Spaziergang entlang der Uferpromenade „The Strand“erliegen wir dem Charme der idyllischen Hafenstadt. Der Blick über die Bucht auf Magnetic Island lädt zum Träumen, viele kleine Bars, Cafés und Picknick-Plätze laden zum Verweilen ein. In aufwendig gestalteten Wasserspielplätzen vergnügen sich Jung und Alt, natürlich kostenlos. Im „Reef HQ“ (grösstes Korallenriff-Aquarium der Welt) bestaunen wir die Unterwasserlandschaft des Great Barrier Reef. Viele bunte Fische, Haie, Rochen, Schildkröten, Korallen usw. sehen wir in einer fast natürlichen Umgebung. Zudem begleitet uns auf der Tour durchs Aquarium eine Volontärin, die uns alles Wissenswerte von den Meeresbewohnern auf verständliche und anschauliche Art vermittelt. Auf der Weiterfahrt entlang der Küste erreichen wir Ingham. Der kleine Ort ist ländlich geprägt. Die Region ist vor allem für den Anbau von Rohrzucker und Wassermelonen bekannt. Weitere Wirtschaftszweige sind die Rinderzucht und Holzproduktion. Für uns ist der Ort Ausgangspunkt zu
verschiedenen Nationalparks. Als erstes besuchen wir den kleinen Paluma Range Nationalpark. Hauptattraktion sind die Jourama Falls. Bei der Anfahrt müssen wir einen Bach durchqueren, der jetzt dank tiefem Wasserstand problemlos passiert werden kann. In dieser Gegend sind starke Regenfälle nicht selten. Dann schwellen Flüsse und Bäche um ein vielfaches an. Der Zugang zum Highway kann tagelang blockiert sein. Also sich immer vor einer Tour über das momentane Wetter informieren! Auf einer kleinen Wanderung erreichen wir die eindrucksvollen Cascaden-Wasserfälle. Am Fuss
befinden sich herrliche Bade-Pools. Um an diese zu gelangen müssen wir zuerst über Felsbrocken klettern. Aber diese Kraftanstrengung lohnt sich auf jeden Fall. Unser nächstes Ziel ist der Girringung Nationalpark. Bekannt ist dieser vor allem wegen seiner reichhaltigen Tier- und Pflanzenwelt. Elseya Schildkröten, Buntwarane und verschiedene Würgeschlangen teilen sich das geschützte Refugium. Besonders artenreich ist die dort heimische Vogelwelt. Helmkasuare, Kakadus, andere Papageien- und Sitticharten tummeln sich in diesem ca. 142’000 Hektar grossen Paradies. An Besonderheiten der Pflanzenwelt ist vor allem der Riesenfarn zu nennen. Seine Blätter können bis zu sieben Meter lang werden und versetzen uns immer wieder in Erstaunen. Doch schon alleine eine Wanderung durch den atemberaubend schönen Regenwald, der hier noch weitgehend in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben ist, lohnt den Besuch. Die absolute Hauptattraktion des Parks sind aber eindeutig die Wallaman Falls. Dieser Wasserfall (höchster Wasserfall Australiens) erreicht eine Höhe von fast 300 Metern und bietet uns ein imposantes Schauspiel. Es ist möglich auf einem ca. zwei Kilometer langen Pfad direkt am Fall hinabzusteigen und so hautnah das Spektakel mitzuerleben. Leider ist dieser Track bei den letzten Unwettern verschüttet worden und bleibt bis auf weiteres gesperrt. So müssen wir schweren Herzens auf dieses sicherlich einmalige Erlebnis verzichten. Als wir vor nicht allzu langer Zeit in Queensland eingereist sind ist uns das Nummernschild dieses Bundesstaates „Queensland the Sunshine State“ sofort sympathisch gewesen. Leider hat sich bis jetzt dieses Versprechen in keinster Weise bewahrheitet. Statt dem versprochenen Sonnenschein bekommen wir mehr als genug nur den bewölkten Himmel zu sehen, der zu allem Überfluss immer wieder seine Schleusen öffnet und uns mit dem ungeliebten Nass von oben eindeckt. In den Tropen sind kurze Regengüsse nichts Aussergewöhnliches. Momentan mutiert das Ganze aber zusehends zum Dauerregen, der einem schon dann und wann aufs Gemüht schlägt. Campieren ist eine tolle Sache, bei schönem Wetter wohlgemerkt. Bei tagelangem Regen hält sich unsere Begeisterung dafür in Grenzen. So praktisch unser kleiner, handlicher und wendiger „Bushi“ ist, so ungeeignet ist das Fahrzeug bei länger andauernden Regenfällen. Wenn man sich fast ausschliesslich nur drinnen aufhalten kann wird die sonst so gemütliche Intimität des kleinen Raums zur Belastung. Immer wieder überprüfen wir im Internet die Klimadiagramme der Region, welche uns aufzeigen, dass mit ca. 5 Regentagen im Monat Juli die beste Reisezeit für Queensland ist. Aber alle Langzeit-Statistiken werden momentan über den Haufen geworfen. Das bestätigen uns die Aussagen der einheimischen Landsleute. Offenbar hat sich in den letzten Jahren das Klima drastisch verändert. Nebst der Regenzeit, in der es immer sehr viel Niederschlag gibt, setzt sich das unbeständige Wetter mehr und mehr auch in den Wintermonaten fort, also jetzt. Eigentlich wäre unser nächster Etappenort Cairns gewesen, doch die Wetterprognosen für die
nächsten sieben Tage sind sehr besch.....eiden. Im Landesinneren ist zwar auch nicht wolkenloser Himmel angesagt, aber die Aussichten auf etwas Sonne erheblich besser. Also ab ins Outback! Auf der Lava Plains Mt. Fox Road (200 km unbefestigte Strasse) geht es über Stock und Stein westwärts. Trotz Dauerregen ist es eine spannende Fahrt durch fast völlig unbewohntes Gebiet. Wir sind wieder mal den ganzen Tag alleine unterwegs und ausser schönen Begegnungen mit den Tieren des Outbacks (Kängurus, Emus, Wallabys, Papageien, Wasservögel, Echsen, Schlangen) immer wieder freilaufenden Rindern und da und dort eine Herde Wildpferde treffen wir keine Menschenseele an. Nach ca. fünf Stunden Rüttelpartie (wir kommen bei diesen Verhältnissen nur sehr langsam voran) gelangen wir zur Kennedy Road, einer asphaltierten Nebenstrasse. Unser „Bushi“ hat von den unzähligen Schlammbädern wieder seine rötliche Patina angenommen. Dafür hat es inzwischen tatsächlich aufgehört zu regnen. Auf den restlichen Kilometern nach Mount Surpise klart das Wetter auf und wir bekommen am Zielort einen fast wolkenlosen Himmel zu sehen. Das motiviert zusätzlich für die morgige Tour in den Undara Volcanic Nationalpark. Die Anreise in den Park ist relativ kurz. "Undara" stammt aus der Sprache der Aborigines und bedeutet "langer Weg". Neben der längsten Lavarröhre befindet sich in diesem Park auch der längste Lavafluss der Welt mit einer Gesamtlänge von über 160 km. Das Lavaröhrensystem entstand vor mehr als 190’000 Jahren durch einen Vulkanausbruch des Undara-Vulkans in der McBride-Provinz. 69 dieser Lavaröhren sind begehbar, aber mehr als 300 sind inzwischen eingestürzt. Die Basalttunnel können nur in einer geführten Tour besichtigt werden. Also gehen
wir ins ansässige Informationsbüro und besorgen uns die Tickets für einen organisierten Ausflug am Nachmittag. Die nette Dame am Schalter erledigt alle Formalitäten und wir zahlen einen stolzen Betrag für die knapp zweistündige Tour. Bis zur Abfahrt des Off-Road-Busses haben wir noch etwas Zeit. Wir erkundigen uns nach Wandermöglichkeiten und bekommen eine Karte mit ein paar Trails, die wir bis zum vereinbarten Termin begehen können. Es sind Pfade, die durch typisches Outback-Gebiet führen. Von karger bis zu sehr üppiger Vegetation, bunte Blumen und exotische Pflanzen erfreuen das Auge
des Betrachters. Pünktlich um 13.00 Uhr sind wir zurück und gehen mit einer kleinen Gruppe und einem Führer per Bus zu den besagten Lavaröhren. Während der Fahrt erklärt uns der „Savannah Guide“ in einem langatmigen Vortrag alles Wissens- und Unwissenswerte zu dieser Region. Nach einem kurzen Fussmarsch gelangen wir über Holzkonstruktionen ins Innere der Höhlen. Diese sind wirklich sehr eindrücklich und in ihren Ausdehnungen gigantisch und absolut sehenswert. Leider haben auch hier die Unwetter im Frühling Schaden angerichtet und somit ist nur ein kleiner Teil der beiden zur Besichtigung freigegebenen Röhren begehbar. Einige Tunnels sind immer noch Unterwasser und müssen zuerst wieder saniert werden. Das hat man uns natürlich vor der Buchung verschwiegen. Während einem weiteren langweiligen Monolog des Guides geht es wieder zurück zum Bus und mit der Ankunft im Camp ist die zwei Stunden dauernde Führung zu Ende. Wie ich an dieser Stelle schon mehrmals erwähnt habe, sind die wirklichen Attraktionen in diesem grossartigen Land völlig kostenlos. Immer resp. meistens wenn man für etwas Berappen muss ist man mit dem Gebotenen nur mässig oder gar nicht glücklich. So auch diesmal. Die Höhlensysteme sind einmalig und auf jeden Fall einen Besuch wert. Es wäre schöner gewesen, wenn wir sie alleine und ohne das unnötige Palaver eines Führers hätten besichtigen können. Sehenswert ist die Undara Experience Lodge. Ein pittoresk in die Wildnis platzierter Komplex aus alten, zu Hotelzimmern umfunktionierten Eisenbahnwaggons, Zeltunterkünften, Restaurants und einem angegliederten Bush-Campground. Zu nun vorgerückter Stunde werden wir auf diesem Campingplatz mit nur wenig Komfort aber in einer wunderschönen Landschaft übernachten. Das schlechte Wetter an der Küste breitet sich nun mehr und mehr ins Landesinnere aus. Also fliehen wir noch tiefer ins Outback und fahren auf dem sehr schönen, z.T. unbefestigten Savannah Way (verbindet Cairns und Broom) nach Georgetown. 140 km dieser Strasse sind ebenfalls den Unwettern zum Opfer gefallen und müssen neu gebaut werden. Wie sich am Abend herausstellt war die Flucht Richtung Westen vergebens. Die Schlechtwetterfront hat uns eingeholt und es giesst nun auch hier in wolkenbruchartigen Regenfällen. Eigentlich hätten wir gerne von Georgetown aus den Bulleringe Nationalpark und die Cobbold Gorge besucht und ein paar Wanderungen unternommen. Das macht aber nur bei einigermassen passablem Wetter Sinn. Wie schon des Öfteren berufen wir den Ältestenrat ein und
checken die Lage. Noch weiter landeinwärts fahren bringt nichts, denn das Outback bei Dauerregen ist wirklich trostlos. Zudem wollen wir dem Great Barrier Reef einen Besuch abstatten und das liegt ja bekanntlich östlich von uns. Wir wählen die weniger schlechte von zwei schlechten Lösungen. Zurück an die Ostküste, auch wenn es regnet. Lieber ein bis zwei Wochen in Cairns bleiben, in der Hoffnung, dass der Wettergott irgendwann ein Einsehen hat. Gesagt, getan! Auf dem Savannah Way (natürlich bei Regen) Richtung Osten. Am Wegesrand fallen uns hunderte, z.T. über fünf Meter hohe Termitenhaufen auf. Unglaublich, was die kleinen Baumeister zustande bringen. Unser Ziel, das Atherton Tableland. Dank der Hochlage sind die Tropen hier angenehm temperiert. Ein fruchtbares, mit zahlreichen Hügeln durchsetztes Land, in dem Milch, Honig und viel Wasser fliessen. Wir übernachten in Atherton, einer typischen australischen Kleinstadt am Hang eines Vulkanes. Am nächsten Morgen fahren wir zunächst nach Yungaburra. Warum die Aborigines den Ort „Yungaburra“ (Feigenbaum) nannten, erklärt der Curting Fig Tree 2 km südlich. Die Luftwurzeln der über 500 Jahre alten Würgefeige hängen wie Gardinen von ausladenden Ästen. Beim Wandern durch den Bush erspähen wir eines
der sehr seltenen Lumholtz-Baumkängurus, das sich nur kurz zeigt und gleich wieder in den Blättern der Baumkronen verschwindet. Auf dem Palmerston Highway begeben wir uns auf den Waterfalls Circuit. Auf einem 16 km langen Rundkurs besuchen wir die reizvollen Milla Milla Falls, die Zillie Falls und die Ellinjaa Falls – natürlich bei Regen und Nebel. Nun geht es aber endgültig nach Cairns. Bereits vor tausenden von Jahren war die Gegend um Cairns bevorzugtes Siedlungsgebiet der Aborigines. Als erster Europäer erkundete James Cook um 1770 das Gebiet von Cairns. Jedoch erst 100 Jahre später, im Zuge des beginnenden Goldrausches, wurde Cairns gegründet und wuchs rasch zu einem bedeutenden Umschlagplatz für Holz und Gold heran. Die rund 120'000 Einwohner zählende Touristenmetropole ist gleichermassen idealer Ausgangspunkt für Inselbesuche, das Great Barrier Reef als auch für Ausflüge ins dicht bewaldete Hinterland. Breite Einkaufsstrassen mit Cafés, Restaurants, Hotels und Touranbietern gestalten das moderne Zentrum rund um den City Place. Nachtschwärmer erleben auf der beliebten Esplanade tropisches Nightlife. An dieser Uferpromenade befindet sich ein riesiges Freiluftbecken umgeben von Grünflächen zum „Sönnele“ und BBQ Areas zum Grillieren. Eine Dienstleistung der Stadt, die gratis zur Verfügung gestellt wird. Man kann hier locker einen gemütlichen Tag verbringen. Nur einige Minuten ausserhalb der City können wir kleine Wanderungen in tropischen Regenwäldern unternehmen. Die Pflanzenvielfalt (Formen und Farben) in diesen Breitengraden ist unglaublich. Allerdings müssen wir beim
Durchstreifen des Bushs sehr aufmerksam sein. Viele Schlangen und Spinnen sind gut getarnt und kaum erkennbar. Manchmal entdeckt man sie erst, wenn sie unsere nahenden Schritte bemerken und sich dann bewegen. Viele Arten verharren aber regungslos an Ort und Stelle. Diese sind dann kaum auszumachen. In der Nähe von Gewässern gilt unser Hauptaugenmerk den Krokodilen.  Auch diese sind nicht immer gleich erkennbar. Das "Leistenkrokodil" (auch bekannt als "Saltie" oder "Salzwasserkrokodil") ist mit einer Länge von über sieben Metern und einem Gewicht bis rund 1’000 kg, das grösste Krokodil der Erde. Es ist ein überraschend
schneller Jäger, nicht nur im Wasser, sondern auch in Ufernähe. Die Krokodile kommen in ganz Nordaustralien vor. Man findet sie eher in etwas trüberen als in klaren Gewässern (verlassen würden wir uns aber nicht darauf!). Es ist absolut davon abzuraten, in Nordaustralien in einem offenen Gewässer (ausser Swimming-Pool) zu baden. Ganz besonders ist in Ufernähe Vorsicht geboten, insbesondere wenn Warnschilder aufgestellt sind. Ab Cairns Central Station führt die Kuranda Scenic Railway hinauf nach Kuranda. Die Eisenbahnverbindung von Cairns nach Kuranda wurde zu Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Mit altertümlichen Waggons rollt man noch heute die 34 Kilometer lange Strecke von Cairns in die Berge. Während der Fahrt kann man sowohl die Wunder der Natur als auch die inzwischen veraltete Technik bewundern. Auf kurzer Wegstrecke werden 300 Höhenmeter überwunden. Die Reise führt über 40 Brücken, durch 15 Tunnels und windet sich um 98 Kurven vorbei an den beeindruckenden Barron Falls im tropischen Regenwald. Nach gemütlichen eineinhalb Stunden mit herrlichen Ausblicken
erreicht man den Bahnhof von Kuranda. Und noch einmal wartet eine Überraschung auf uns, denn die von tropischer Vegetation umgebene Endstation erinnert mehr an eine Parkanlage als an einen Bahnhof. Der kleine Ort war noch vor einigen Jahren wegen seines bunten Marktes ein Geheimtipp. Heute bietet dieser leider nur noch Allerweltssouvenirs an. Kuranda ist deutlich vom Tourismus geprägt und ist deshalb für uns nur noch bedingt sehenswert. Deshalb beschliessen wir tags darauf, eine Regenwaldwanderung im angrenzenden Barron Nationalpark zu unternehmen. Auf einer sehr anspruchsvollen ca. 7-stündigen Bergtour (Douglas Track) geht es in die Barron Gorge. Steil bergauf, steil bergab, hinauf und wieder hinunter bis einem die Knie wackeln. Über diverse Flussläufe, die zum Glück nicht so viel Wasser führen, waten wir mangels Brücken ans gegenüberliegende Ufer. Es soll angeblich hier oben keine Krokodile geben, erst weiter unten im Barron River. Wir haben jedenfalls keine gesehen. Der Regenwald ist wegen des tropischen Klimas sehr artenreich. Noch nie zuvor haben wir eine derartige Vegetation erlebt und sind vom Gesehenen begeistert. Von diversen Lookouts geniessen wir Weitblicke ins Tal bis nach Cairns und den Pazifischen Ozean. Wegen eines Fehlers des Chefnavigators Meier sind am Ende des Tages noch ein paar zusätzliche Kilometer Wegstrecke dazu gekommen. Trotz der tollen Eindrücke würden wir vermutlich diese Wanderung nicht noch einmal machen. Wir waren danach einfach zu „kaputt“.  Zur Erholung fahren wir am anderen Tag nach Trinity Beach. Diese tropische Idylle, nur wenige Minuten von Cairns entfernt, hat sich einen ganz eigenen Charme und eine
ländlich-familiäre Atmosphäre bewahrt. Es ist eine Oase für Urlauber, die Ruhe und Entspannung suchen, so wie wir heute. Unter Palmen am Strand liegen mit Blick auf die Coral Sea, wo sich Delfine häufig in Ufernähe tummeln, baden im herrlich warmen Wasser, ab und zu ein kleiner Spaziergang entlang der Promenade mit farbenfrohen Souvenirshops und Cafés, die zum Verweilen einladen. So machen wir heute mal urlaub vom Urlaub. Das Wetter hat sich seit ein paar Tagen beruhigt und so entschliessen wir uns für den Schnorchel-Tripp zum äusseren Great Barrier Reef. Per Internet buchen wir bei „Silver Series“ eine Tagestour zu den bis 90 km entfernten Tauchrevieren. Masken, Schnorchel und Flossen werden vom Veranstalter zur Verfügung gestellt. Wir werden an drei verschiedenen Riff-Abschnitten schnorcheln gehen. Für Verpflegung an Board ist ebenfalls gesorgt. Der schnelle Katamaran bringt uns in knapp 1,5 Stunden an den äusseren Rand des Riffs. Dort sollen Korallen und Fische besonders farbenprächtig sein. Das Great Barrier Reef erstreckt sich auf einer Länge von mehr als 2000 km östlich des australischen Kontinents in einer Entfernung von bis zu 300 km von der Küste. Im Süden beginnt es in der Nähe des südlichen Wendekreises bei Lady Elliot Island
und reicht im Norden bis zur Torres Strasse, die Australien von Neu Guinea trennt. Es ist das grösste
Riffsystem der Erde und gleichzeitig das grösste von lebenden Organismen geschaffene Bauwerk. Manch einer bezeichnet das Great Barrier Reef als das grösste Lebewesen der Erde, und in der Tat ist es die einzige lebende Struktur, die man vom Weltraum aus sehen kann. Zum Erhalt dieses einzigartigen Naturraumes und Ökosystems wurde das Great Barrier Reef zum Welterbe ernannt. Schon am frühen Morgen geht das Gewusel beim Reef Fleet Terminal am Hafen los. Bootstouren zu den vorgelagerten Inseln oder zum Great Barrier Reef ziehen hunderte von Touristen an, die alle hier einchecken. Hoffentlich gibt es auf dem Boot und beim anschliessenden Schnorcheln keinen Massenandrang, sagen wir lakonisch zueinander. Doch schon beim betreten unseres Express-Katamarans werden unsere Befürchtungen zerstreut. Eine aufgestellte Crew begrüsst uns freundlich. Das Schiff bietet jede Menge Platz, wo man verweilen und seine Utensilien verstauen kann. Obwohl viel mehr Leute mitgenommen werden könnten belässt man die Zahl bewusst bei 40 bis 50 Tauchern und Schnorchlern. An der Bar wird Kaffe und Tee ausgeschenkt und feine Häppchen (Krabben-Brötchen und Muffins) gereicht. Dann geht’s auch schon los. Mit einem „Affenzahn“ (90 km in 1 Stunde und 20 Minuten = rund 70 km/h) braust der Katamaran über die aufgewühlte See. Durch die hohe Geschwindigkeit nimmt man den Wellengang nicht so wahr und es werden nur wenige Leute an Bord Seekrank (schade um die Krabben-Brötchen). Auf der Fahrt instruieren uns die Schnorchel- und Tauch-Guides über das richtige Verhalten am Riff. Das Wetter ist prächtig, die Sonne lacht von einem fast wolkenlosen Himmel und bei der Ankunft beim ersten Riff ist der Wellengang nur noch minim. Hervorragende
Bedingungen also. Die ruhige Meeresoberfläche bricht das Licht nur schwach und es gelangt viel Helligkeit auch in tiefere Zonen. Die Farbenpracht der Korallen und Fische kommt so noch viel besser zur Geltung. Unser Touranbieter hat Exklusiv-Rechte am Riff und muss nicht vorbestimmte Tauchplattformen anfahren, auf denen es sehr eng und hektisch zu und her geht. Wir paar Nasen haben den ganzen Riffabschnitt für uns allein. Nur in weiter Ferne ist ein anderes Boot auszumachen. Martha und ich fassen unser Schnorchelequipment und gelangen über die hydraulische Plattform des Bootes direkt in das angenehm temperierte Wasser. Was wir dann zu sehen bekommen verschlägt uns fast den Atem. Eine Unterwasserwelt in einer einmalig leuchtenden Farbenpracht. In absolut glasklarem Wasser mit Sichtweiten bis zu 60 m, scheinen die Fische im Raum zu schweben. Eine absolut intakte Welt. Keine abgestorbenen Korallen, kein Fisch ist von Parasiten befallen – ein wirklicher Garten Eden auf Erden. Schildkröten, kleine Riffhaie, Garnelen, Langusten, Riesenmuscheln usw. usw. Eine kaum enden wollende Vielfalt an Lebewesen und Pflanzen. Es erstaunt, dass sich die Fische durch uns überhaupt nicht gestört fühlen. Sie nehmen uns gar nicht wahr und bewegen sich völlig unaufgeregt in ihrer natürlichen Umgebung. Wir schwimmen ganz nah an sie heran, einige grosse Exemplare können wir sogar berühren. Die Formen und Farbenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt Unterwasser ist einzigartig und überwältigend. Nach einer Stunde, die Zeit vergeht wie im Fluge, ertönt das Schiffshorn, was uns wieder an Bord beordert. Intensiv wird über das Gesehene diskutiert, während es zum nächsten Riff weitergeht. An Deck wird ein köstliches Lunchbuffet bereitgestellt mit Seafood und anderen Leckereien, denn Schnorcheln und Tauchen macht bekanntlich hungrig. Wir sind fast den ganzen Nachmittag an zwei weiteren Tauchgründen im Wasser und bekommen immer wieder neue aufregende Einblicke in das komplexe Riffgebilde, dem grössten lebenden Organismus der Erde. Wir hatten hohe Erwartungen ans Great Barrier Reef, diese sind aber bei weitem übertroffen worden. Schade, dass wir keine Unterwasserkamera haben, es hätte tolle Aufnahmen gegeben. Aber Fotos können ja bekanntlich das Erlebte nur bedingt wiedergeben. Wir haben die unvergesslichen Bilder stattdessen in unserem Kopf und unserem Herzen gespeichert. Bei der Heimfahrt, bei Kaffe und Kuchen, sind wir uns einig, dass sich dieser Ausflug in jeder Hinsicht gelohnt hat und dass wir hier sicher einige der schönsten Momente auf unserer Reise erleben durften. Als kleiner Bonus können wir vor dem Einlaufen in Cairns Buckelwale auf der Reise vom Polarmeer in tropische Gewässer beobachten. Unser nächstes Ziel ist das Cape York. Wir werden ca. 14 Tage lang tausende staubige Pistenkilometer von der Zivilisation entfernt unterwegs sein. Diese Strecke gilt als eine der schwierigsten von ganz Australien und ist nur mit Allradfahrzeugen zu befahren. Ab und zu gibt es kleine Läden, wo man das Nötigste einkaufen kann. Wasser ist bestimmt das Wichtigste. Mal schauen, was uns alles erwartet.


21.7. - 31.7.2012  Von Cairns über Port Douglas, Cape Tribulation/Daintree NP, Cooktown,

Seisia, Cape York , zurück nach Bramwell, Weipa, Musgrave, Lakefield NP nach Mareeba


Wir haben in Cairns einige sehr schöne Tage verbracht und gleichzeitig den optimalen Zeitpunkt abgewartet um bei besten Wetterbedingungen den Trip mit dem Ziel Cape York zu starten. Vor ca. einer Woche beklagten wir uns noch über das ungewöhnlich viele Nass von oben. Offenbar ist unser Missfallen über das Wetter im „Sunshine State“ an höchster Stelle bekannt geworden. Denn die Meteo-Situation hat sich schlagartig geändert. Für die nächsten zwei Wochen und sogar darüber hinaus soll es nur noch eitel Sonnenschein geben und die Temperaturen gegen 30° Celsius steigen. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass es jetzt Winter ist. Auf dem Cook Highway fahren wir am Meer entlang Richtung Norden. Die Route gilt als eine der schönsten Küstenstrassen und sie wird ihrem Ruf vollauf gerecht. Strände, einer schöner
als der andere, reihen sich hier aneinander. Von erhöhten Aussichtspunkten aus geniessen wir herrliche Blicke auf die Trinity Bay. Nach ca. 70 km gelangen wir nach Port Douglas. Mächtige Palmen säumen die Zufahrtstrasse. Exklusive Appartementanlagen und ein Luxushotel mit eigenem Golfplatz machen mächtig Eindruck. Der mondäne Ferienort weiss sich zu präsentieren. Wir schlendern durch die Macrossan Street im Zentrum. Modische Läden, elegante Restaurants und gestylte Bars verführen zum Geld ausgeben. Selbst der Strand hat Chic: Vor einer Kulisse aus dichter tropischer Vegetation
erstreckt sich der blendend weisse Four Mile Beach. Am schmucken Yachthafen deutet rein gar nichts darauf hin, das Port Douglas einmal ein kleines Fischerdorf war. Über Mossman fahren wir zum Daintree River, wo wir mit der Fähre den krokodilreichen Fluss passieren und in den gleichnamigen Nationalpark „Cape Tribulation / Daintree NP“ gelangen. Diese paradiesische Natur wurde nicht von ungefähr der UNESCO zum "World Heritage Park" (Erbe der Menschheit) deklariert. Auf wenigen Kilometern Luftlinie kommt man vom tropischen Meeresklima zum Bergregenwald mit einer Höhe von ca. 1400 m. Tropischer Urwald stösst direkt an den unbebauten langen weissen Sandstrand. Die artenreichste Region Australiens (ca. 3500 Pflanzenarten) übertrifft damit die gesamte Vielfalt Europas und Nordamerikas. Ungefähr 430 verschiedene Vogelarten leben hier, 10 davon sind endemisch (gibt es sonst nirgends auf der Welt). Der Park war bis Anfang der 80er Jahre nur auf dem Wasserweg zugänglich. Vom Alexander
Lookout geniessen wir beim heutigen Prachtswetter den Weitblick bis hinaus zum Great Barrier Reef. Namensgeber für das Cape Tribulation war übrigens wieder einmal James Cook. Als sein Schiff hier an einem Riff Leck schlug, taufte er die kleine Halbinsel „Kap des Missgeschicks“. Wir begeben uns auf eine Wanderung durch den tropischen Regenwald und sind von Flora und Fauna begeistert. Der Daintree Rainforest ist mit 135 Millionen Jahren der älteste Regenwald der Welt. Der Waldboden besteht hauptsächlich aus Sumpf. Moose und Flechten aller Farbschattierungen überziehen den Morast
und moderndes Holz. Bäume bilden Wurzeln, die wie kleine Schnorchel aus dem feuchten Untergrund ragen, um an den benötigten Sauerstoff zu gelangen. Kleine, langsam fliessende Gewässer durchziehen den Urwald. Es wimmelt von Leben in den bräunlich schimmernden Bächen. Im nährstoffreichen Wasser tummeln sich verschiedene Fischarten. In einer Pfütze entdecken wir eine 30 cm grosse Krabbe, die den Schlamm nach Fressbaren durchwühlt. Der Dschungel ist so dicht, dass abseits des Pfades für uns Menschen kein Durchkommen wäre. Nicht so für die Kasuare. Diese halten sich fast ausschliesslich in diesem Dickicht auf. Man bekommt sie deshalb nur sehr selten zu sehen. Heute lacht uns das Glück, denn ca. zehn Meter vor uns schleichen ein schlichtes Kasuarweibchen gefolgt von ihrem auffälligen Männchen durch den Bush. Die flugunfähigen Helmkasuare, vor allem das  Männchen sieht aus, als käme es von einem anderen Stern. Blau leuchtet der federlose Hals mit roten Hautlappen, über dem Kopf wölbt sich ein Helm aus Horn. Das schwarze Gefieder ist strähnig, von den Schwungfedern sind nur noch steife Kiele übrig. Bei den bis zu 2 m grossen Laufvögeln muss man sehr vorsichtig sein und sie auf keinen Fall bedrängen. Wenn ein grosser Kasuar zutritt, vermag er mit seiner etwa zehn Zentimeter langen Klaue an der Innenzehe tiefe Stich- und Fleischwunden zu reissen. Er gehört mit dem Strauss zu den einzigen Vögeln, von denen bekannt ist, dass sie Menschen zu töten vermögen. Wir haben uns natürlich völlig korrekt verhalten und diese aussergewöhnlichen Tiere in gebührendem Abstand beobachtet. Nach einer halben Stunde durch den dichten Bush sehen wir etwas Sonne durch die Bäume blinzeln und gelangen direkt vom Urwald an einen weissen Traumstrand. „Where the rainforest meets the reef“, lautet ein touristischer Slogan, der nicht zuviel verspricht und genau das beschreibt, was wir hier vorfinden. Unser Übernachtungslatz ist heute mitten im Bush. Am frühen Morgen fahren wir weiter der Küste entlang durch den Nationalpark und gelangen zum Bloomfield Track. Er verbindet Cape Tribulation mit dem Bloomfield River und ist eine ausgesprochene Allradstrecke voller Hindernisse: teilweise fehlt es an Schotter auf der Fahrbahn, einige Bachüberquerungen sind unbebaut, steile Anstiege und unzählige Schlammlöcher gilt es zu bezwingen. Was für Überraschungen der Weg tatsächlich bereithält, lässt sich kaum vorhersagen. Nachdem es aber schon seit Tagen nicht mehr geregnet hat kommen wir gut voran. Es gibt zwei happige Anstiege und Abfahrten auf der Strecke: Donovan's Range mit 20% und Cowie Range mit bis zu 33%. Rechtzeitig zu schalten ist das A und O um solche Steigungen zu erklimmen, denn am Hang den Gang zu wechseln macht keinen Spass. Die Abfahrten sind noch tückischer als die Anstiege. Auch hier ist neben einem vorsichtigen Tempo die Gangwahl entscheidend. Die Motorbremse muss als Ergänzung so viel wie möglich eingesetzt werden. Auf die reguläre Bremse allein ist ohnehin kein Verlass bei solch steilen Abschnitten. Wenn der Wagen ins Rutschen gerät, macht Bremsen die Sache nur noch schlimmer. Um das Gefährt wieder in den Griff zu bekommen muss in diesem Fall beschleunigt werden. Uns gelingen diese heiklen Passagen gut und das
stimmt zuversichtlich für die schweren Prüfungen der kommenden Tage. Nach etwas entspannteren Kilometern auf der „Dirt Road“ gelangen wir in einem grünen Tal zum „ The Lions Den Hotel“. Es wurde im Jahre 1875 am Ufer des Kleinen Annan Fluss gebaut, umgeben von 100 Jahre alten Mangobäumen und tropischen Landschaften. Berühmt ist es vor allem für seine schrulligen Dekorationen. Der perfekte Ort, um richtige „urchige“ Australier zu treffen. Nach ein paar weiteren Kilometer Wegstrecke erreichen wir den Black Mountain Nationalpark. Charakteristisch für den Park sind die namensgebenden Berge aus eigentlich hellgrauem Granit. Die dunkle Farbe wird durch den Bewuchs mit Blaualgen hervorgerufen. Vor etwa 260 Millionen Jahren erstarrte hier Magma tief unterhalb der Erdoberfläche. Darüberliegendes weicheres Gestein erodierte im Laufe der Zeit und gab den Granit frei. Weitere Verwitterung, besonders das Aufeinandertreffen von kaltem Regen und von der Sonne erhitztem Gestein führte dann zum heutigen zerklüfteten Erscheinungsbild. Es ist ein heiliger Ort der Aborigines und sollte nicht betreten werden, was wir selbstverständlich respektieren. Nach weiteren 40 km erreichen wir Cooktown. Die kleine Stadt wird oft als erste europäische Niederlassung in Australien bezeichnet. Im Jahre 1770 lief James Cooks Schiff Endeavour auf ein Riff. Zur Reparatur des Rumpfes blieb der Kapitän mit einigen Crewmitgliedern in dem
Gebiet des heutigen Cooktown. Ihre Blütezeit hatte die Stadt während des Goldrausches im 19. Jahrhundert und zählte damals rund 30'000 Einwohner. Heute leben noch knapp  1’500 Menschen in Cooktown. Dennoch konnte die Stadt viele der Bauwerke der Kolonialzeit bewahren. Ein Grund dafür mag die Lage des Ortes sein. In der Regenzeit ist Cooktown bis auf Telefon- und Internetverbindungen von der Aussenwelt abgeschnitten. In der Hauptstrasse, der Charlotte Street, fühlt man sich wie im Wilden Westen. Die meisten Häuser haben eine Veranda, auf der zum perfekten Klischee nur ein alter Bewohner im Schaukelstuhl fehlt. Um einen besseren Überblick auf die Stadt und das Umland zu bekommen fahren wir zum Grassy Hill Lookout. Von hier oben haben wir  einen exzellenten Blick auf Cooktown und den Endeavour River. Auf einem kleinen Spaziergang der Küste entlang treffen wir auf verschiede Zeitzeugen der Geschichte (Schiffskanonen usw.) und auf die Bronzestatue von James Cook, auf diese die Einwohner besonders stolz sind. Nach einer Übernachtung im hübschen Städtchen begeben wir uns auf den Battle Camp Track. Er führt von Cooktown über rund 110 Kilometer entlang des Südteils des Lakefield Nationalparks nach Laura. Die Piste, die jetzt in der Trockenzeit problemlos zu befahren ist, führt durch typisch australische Landschaften. Einige Flussdurchfahrten bieten zusätzliche Abwechslung, sind aber wegen dem tiefen Wasserstand keine besondere Herausforderung. In Old Laura machen wir einen kleinen Zwischenhalt. Die Überreste einer Farm geben einen guten Eindruck vom Leben der so genannten Pioniere aus den 30-iger Jahren. Laura ist
ein kleiner Ort, in dem gut 200 Menschen leben. Viele, die Richtung Norden unterwegs sind, besuchen die prähistorischen Fels-Zeichnungen der Aborigines in der näheren Umgebung. Kurz nach Laura beginnt die Peninsula Developmental Road, welche auf fast 800 km ungeteerter Fahrbahn zum Cape York führt. Eine Reise nach Pajinka (Cape York) ist wie eine kleine Expedition. Worin besteht die Faszination, am nördlichsten Punkt eines Kontinents anzukommen? Eine Antwort darauf ist schwer zu finden. Es ist vermutlich die Herausforderung überhaupt dorthin zu gelangen. Cape York gilt immer noch als eines der letzten Australienabenteuer. Eine kompromisslose Natur beschert der über 200'000 km2 grossen Region, in der lediglich rund 10'000 Menschen leben, abwechselnd Dürren und Überschwemmungen. Dünn besiedelt, wenig erforscht und schwer zugänglich, gilt die Cape York Peninsula als eines der letzten grossen Wildnisgebiete der Welt. Daran ändern weder einige riesige Rinderfarmen noch die Schotterpiste Richtung Norden etwas. Obwohl die Region im australischen Tropengürtel liegt, ist die Halbinsel nicht wie erwartet von Dschungel mit Farnen, Lianen, Schlingpflanzen und Urwaldriesen bewachsen. Im Innern der Cape York Peninsula
wechseln Grassteppen, aus denen Termitenburgen ragen (wir haben bis zu 6 m hohe gesehen), mit Baumsavannen und Bush sowie Sumpfebenen. Die Mangrovenwälder am Gulf of Capentari sind Lebensraum der gefürchteten Salzwasserkrokodile. Auch jetzt in der Trockenzeit muss man sich vor diesen Echsen der Urzeit rund um und in den Gewässern in Acht nehmen. Nach ca. 100 km auf der z.T. elenden Wellblechpiste erreichen wir ziemlich abgekämpft das Hann River Roadhouse. Obwohl die sanitarischen Anlagen zum Schreien sind, übernachten wir hier. Die nächsten Tage werden wir unsere Ansprüche, was die Hygiene betrifft, etwas zurückstecken müssen, das wussten wir aber bereits vor Antritt dieser Tour. Das gehört halt zu einem Abenteuer-Urlaub. Zum Glück können wir in unserem „Bushi“ übernachten und müssen nicht auf eines der „reizenden“ Cabins zurückgreifen, die hier angeboten werden. Geschlafen haben wir ausgezeichnet und wir machen uns am nächsten Morgen auf den Weg zu einer weiteren Etappe von 300 km auf der verrückten Holperstrecke. Ab und zu kreuzt uns ein Road Train (Lastwagen mit bis zu drei Anhängern / 50 - 70 m lang). Aufgewirbelte Steine fliegen uns entgegen und wir werden in eine dichte rote Staubwolke gehüllt. Sichtweite gleich null – weiterfahren
unmöglich – warten bis sich die Lage entspannt hat – und los geht’s, bis zur nächsten Begegnung mit diesen Ungeheuern. Das Befahren dieser Pisten ist schon bei trockenen Bedingungen, wie wir sie jetzt haben, kein reines Vergnügen. Viel extremer wird es bei nassen Verhältnissen. Dann ist alles eine unberechenbare Rutschpartie. In Coen füllen wir nochmals beide Dieseltanks mit dem begehrten Saft, denn je nördlicher man kommt desto teurer (bis zu gut einem drittel) wird der Sprit. Am späteren Nachmittag erreichen wir Archer River und nächtigen auf dem Campground des Roadhouses. Wir haben hier zwar keinen Strom, doch die WC’s und Duschen sind entgegen unseren Befürchtungen ganz in Ordnung. Die Tage im hohen Norden sind heiss und die Nächte schwülwarm. So macht ausgiebiges Duschen doppelt Spass. Heute fahren wir eine längere Etappe bis nach Seisia. Beim Bramwell Roadhouse muss man sich zwischen zwei Routenvarianten entscheiden. Weiter auf der Developmental Road fahren, oder den berüchtigten Old Telegraph Track wählen. Was steckt hinter diesem
sagenumwobenen „OTT“? Der Old Telegraph Track hinauf zum Cape York ist eines der grossen Abenteuer in Australien. Er diente früher als Weg für die Streckeninspektion der Telegraphenleitung. Heute ist es eine extreme 4WD Strecke mit Flussdurchfahrten und Sektionen mit äusserst schwierigen Geländepassagen. Was spricht für eine Fahrt auf dem Teufelspfad? Die Abenteuerlust, unser guter Geländewagen, der mit Seilwinde und Schnorchel (unverzichtbar) ausgestattet ist. Was spricht dagegen? Wir sind alleine unterwegs. Denn diese Tour sollte zumindest mit zwei Fahrzeugen durchgeführt werden. Das Gewicht des „Bushi’s“ mit dem ganzen Haushalt, den gefüllten Diesel- und Wassertanks ist das Gefährt doch ziemlich schwer. Die schmalen Reifen, vorne schon grenzwertig abgefahren. Die Höhe des Fahrzeuges (2,9 m) ist bei extremen Schräglagen problematisch. In harten Verhandlungen mit meinem Schatz habe ich mich auf einen Kompromiss eingelassen. Wir fahren den „OTT“, lassen aber die Passagen aus, die für unseren Wagen am ungeeignetsten sind. Man kann die meisten dieser Stellen auf einem etwas einfacheren Weg umfahren. Gesagt getan. Schon bald stellen wir fest, dass dieser Track schon sehr anspruchsvoll ist. Aber unser geliebter „Bushi“ legt sich mächtig ins Zeug und
kämpft sich über Stock und Stein, durch Flüsse und schlammige Wasserfurten. Bei den schönen Eliot und Twin Falls gönnen wir uns eine Pause. Eine Touristengruppe nimmt ein ausgiebiges Bad in dem ca. 25 Grad warmen Wasser. Wir queren den Fluss etwas oberhalb der Falls auf dem nördlichen Teil des Old Telegraph Track. Das Ufer ist steil, der Fluss selbst felsig mit einigen tiefen Löchern versehen, in denen ein Auto leicht stecken bleiben kann. Aber wo sind die flachen Stellen? Das erfährt nur, wer vorher durchs Gewässer watet. "First walk, then drive through the river", so lautet
die Regel. Die Stelle ist zwar etwas kritisch, doch ich denke, dass sie ohne eine Streckenbegehung machbar ist. Die Flussdurchfahrt haben wir mit ein paar haarigen Manövern geschafft und kämpfen uns auf der anderen Seite über Felsvorsprünge die Uferböschung hinauf. Es geht dann noch ca. 20 Meter durch ein kiesgrubenartiges Terrain bis wir vor einem unüberwindlichen Steinbrocken stehen. Eine vorherige Streckenbesichtigung wäre wohl doch ratsam gewesen, meint Martha ziemlich gestresst. Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Ich steige aus und erkunde die nähere Umgebung und entdecke eine Passage, die sowohl für die Flussdurchquerung als auch die anschliessende Steigung viel einfacher gewesen wäre. Ich finde schlussendlich einen kleinen Bypass, der uns aus dem Dilemma retten könnte. Denn rückwärts über den Fluss zurück zum Ausgangspunkt fahren, ist unmöglich. In einigen grenzwertigen Manövern (Martha ist am schreien) gelingt es mir, den Wagen in die richtige Position zu bringen. Mit etwas Schwung und etwas Glück schaffen wir es über einen beachtlichen Steinhaufen, auf den eigentlich richtigen Pfad. Schwein gehabt! So kämpfen wir uns weiter auf dem „OTT“ nordwärts und entschliessen uns, für die Überquerung des Jardine River die Fähre zu nehmen. Der Fluss führt trotz Trockenzeit viel
Wasser. Eine Durchfahrt währe vielleicht möglich, garantiert würde aber der ganze Haushalt im Wagen hin und her schwimmen, zur Freude vom Chef Innendienst. Wir müssten auch damit rechnen, dass es so tief ist, dass der Motor trotz Schnorchel Wasser schluckt, was dann das Ende der Aktion bedeuten würde. Mit den Krokos um die Wette ans Ufer schwimmen ist auch nicht gerade ein prickelnder Gedanke. Also wählen wir die sichere Variante, die mit der Kabel-Fähre. Die Distanz von Ufer zu Ufer ist nur ca. 50 m. Der alleinige Betreiber verlangt für diese Dienstleistung den stolzen Wucherpreis von 88 Dollar (Hin- und Rückfahrt). Die restlichen 70 km nach Seisia geht es wieder auf der Peninsula Developmental Road. Wir schlagen unser Nachtquartier bei einem Campground direkt am Meer an vorderster Beachfront auf. Ein prächtiger Sonnenuntergang rundet diesen erlebnisreichen Tag ab. Viele spektakuläre Bilder gibt es von der Fahrt auf dem „OTT“ nicht. Dafür müsste man mit zwei Fahrzeugen unterwegs sein. Dann könnte man sich gegenseitig wunderbar fotografieren. Zudem bekam der Hausfotograf Martha bei den brenzligen Situationen jeweils Schnappatmung und war am Quietschen wie ein kleines Schweinchen und sah sich ausserstande, auch noch tolle Bilder zu schiessen.
Ist ja nicht so schlimm! Am nächsten Morgen nehmen wir den letzten Teilabschnitt zum Cape in Angriff. Wir fahren zunächst nach Bamaga und suchen fieberhaft den richtigen Weg für die restlichen 32 km. Wegweiser sind hier oben Mangelware und das Navi kann man in diesen Gegenden auch abschreiben. Schliesslich finden wir tatsächlich die Piste, die zu „The Tip of Australia“ führt. Überflüssig zu sagen, dass es sich um eine holprige Gravel Road handelt, die aber durch wunderschönen Regenwald führt und uns nochmals resp. den „Bushi“ durchs tiefe Wasser führt. Dann endlich ist es geschafft. Wir sehen eine Waldlichtung und dahinter einen breiten, langen und weissen Sandstrand. Ein paar 4WD’s sind schon vor uns angekommen und stehen aufgereiht an der menschenleeren Küste. Wir stellen unseren „Bushi“ auch dazu. Den allerletzten Kilometer muss man zu Fuss zurücklegen. Dank Ebbe geht es zum grössten Teil einen bezaubernden Strandabschnitt entlang. Eine letzte Kraftanstrengung über eine kleine Anhöhe, von der man bis nach Papua Neuguinea sieht, dann ein kleiner Abstieg bis zu der Tafel auf der geschrieben steht: „YOU ARE STANDING AT THE NORTHERNMOST POINT OF THE AUSTRALIEN CONTINENT“. Es ist geschafft: „Yes, we did it!“ Wir stehen nach strapaziösen Tagen tatsächlich
am nördlichsten Punkt von Australien (Festland). Die Spitze der Cape York Halbinsel liegt nur etwa 140 Kilometer von Neuguinea entfernt. Dazwischen befindet sich eine mit kleinen Inseln gespickte Meerenge, die den Namen Torres Strait trägt. Der östliche Teil der Cape York Halbinsel wird durch weitgehend unberührte Regenwälder gebildet, in denen eine seltene und einmalige Flora und Fauna zu finden ist. Wir verbringen ein paar schöne Stunden an dem malerischen Küstenabschnitt, bevor wir die Rückfahrt antreten. In mehreren Tagesetappen geht es südwärts, nicht mehr über den „OTT“ sondern über den Bypass. Wir machen einen Abstecher nach Weipa. Die Stadt ist umgeben von den Wetlands, einem Sumpfgebiet, in dem sich seltene z.T. endemische Pflanzen angesiedelt haben. Die Flüsse in der Umgebung sind ein idealer Ort zum Fischen. Die Geschichte der Stadt Weipa und der Ureinwohner kann man im Western Cape Cultural Center erfahren, in dem zu den Themen Geschichte, Traditionen oder Industrie interessante Sammlungen zusammengetragen wurden. Da die Gegend um Weipa schwer zugänglich ist und daher von Touristen kaum besucht wird, nennt man die Region auch „das bestgehütete Geheimnis Australiens“. Nach einem Tagesaufenthalt fahren wir weiter südwärts auf der bekannten Peninsula Developmental Road. Wir übernachten in Musgrave und fahren tags darauf durch den Lakefield Nationalpark. Der Park ist mit einer Grösse von 540'000 ha der zweitgrösste Nationalpark in Queensland. Vor allem wegen seines Tierreichtums und der wilden Natur sind wir von diesem Naturreservat begeistert. Die Tiere leben hier in ihrem natürlichen Umfeld und die Fauna des Parks zeigt, wie vielfältig Queensland ist. Es begegnen uns immer wieder Kängurus und Wallabys. Ein besonderes Muss ist der Saltwater Creek: hier leben die sehr seltenen Salzwasserkrokodile, die aber offenbar in den Ferien sind, denn wir haben keines angetroffen. Nicht nur üppigen Urwald und herrliche Seen gibt es in diesem Park. So hat man im Nifold Plain eine Ebene vor sich, die die Weite des Nationalparks erahnen lässt. Nach einem weiteren Übernachtungs-Stop in Cooktown fahren wir Richtung Mareeba. Hier bleiben wir ein bis zwei Tage und bringen alles wieder auf „Vordermann“. „Bushi“ haben die letzten Wochen schon etwas zugesetzt. Darum bekommt er eine Komplett-Reinigung. Martha pflegt ihn von innen, ich von aussen. Den schäppernden Auspuff (Aufhängung ist gebrochen) habe ich vorerst notdürftig repariert. Ausserdem haben wir unserem treuen Begleiter ein paar richtig „fette“ Vorderreifen spendiert. Jetzt guckt er schon wieder etwas glücklicher aus der Wäsche und ist für die kommenden Abenteuer richtig motiviert.  Resümierend können wir sagen, dass sich der Trip zum Cape York für uns gelohnt hat. Trotz oder gerade wegen der ca. 2'000 km anstrengenden, harten und sehr anspruchsvollen staubigen Pisten, die von Mensch und Fahrzeug alles fordern, war es für uns ein einmaliges und unvergessliches Erlebnis. Die einzigartige Natur in dieser menschenleeren Gegend hat uns tief beeindruckt. Es ist grossartig, dass solche Regionen in ihrer Ursprünglichkeit erhalten und geschützt werden. So können hoffentlich noch weitere Generationen dieses Abenteuer in der wildromantischen Cape York Peninsula erleben.


1.8. - 9.8.2012  Von Mareeba über Atherton, Oasis Roadhouse, Hughenden,  Cloncurry,

Mount Isa, Boulia, Jervois nach Alice Springs


Unsere Zeit im stets sonniger werdenden Queensland läuft bald ab. Bevor wir aber ins Northern Territory wechseln fahren wir ins heisse Herz Australiens. In den nächsten Tagen werden wir z.T. sehr lange Tagesetappen auf meist unbefestigten Pisten Richtung Süden zurücklegen. Der Weg führt uns zunächst in
den Mount-Hypipamee-Nationalpark, der ca. 25 km von Atherton entfernt ist. Dieser Park ist Teil der Wet Tropics of Queensland. Eine kurze Wanderung bringt uns an den Rand eines 80 m tiefen Kraters, der durch eine Gasexplosion entstanden ist. Der mit Regenwasser gefüllte Vulkansee leuchtet in einem extremen Grünton. Wasser-Liliengewächse verleihen der Oberfläche diese intensive Färbung. Auf dem Kennedy Highway fahren wir zu einem wunderschönen Wasserfall, der idyllisch in ein kleines Tal eingebettet ist. Unser Tagesziel, das völlig abgelegene Oasis Roadhouse, erreichen wir am späteren Nachmittag. An dieser Raststätte, die zugleich einen einfachen Campingplatz unterhält, stoppen meistens nur riesige Road Trains. Die Fahrer der „Ungetüme“ gönnen sich eine kurze Kaffeepause, bevor sie sich wieder auf die endlosen Highways begeben. Wir übernachten hier und geniessen bei einem guten Glas Wein den prächtigen Sonnenuntergang. Am nächsten Morgen fahren wir auf der staubigen Kennedy Development Road 260 km durch ausgedehntes Farmland bis nach Hughenden. Den Dutton River können wir dank niedrigem Wasserstand problemlos queren. Auf einem kleinen Abzweiger müssen wir allerdings nach kurzer Wegstrecke wieder wenden. Die Piste ist von einem mehrere Quadratkilometer grossen trüben Gewässer zugedeckt. Es ist nicht zu erkennen wo der Weg eigentlich weiterführt und wir können auch nicht abschätzen wie tief die „Pfütze“ ist. Also zurück zur Hauptachse, auf der wir am frühen Nachmittag den Porcupine Gorge Nationalpark erreichen. Im Zentrum des Parks befindet sich eine Schlucht, die als Grand Canyon Australiens bezeichnet wird. Das ist natürlich etwas hochgegriffen, denn
die Dimensionen sind nicht vergleichbar mit dem monströsen Original in den USA. Aber eine gewisse Ähnlichkeit wollen wir der Gorge schon zugestehen. Die imposante Felsschlucht enthüllt Sedimentschichten aus Hundertmillionen Jahren geologischer Geschichte. Eine dünne, aber sehr feste Basaltschicht aus relativ jungen vulkanischen Aktivitäten hat an vielen Stellen die darunter liegenden Felsen geschützt. An anderen Abschnitten wurden durch die Aktivität des Wassers tiefe Schluchten in das Gestein gerissen. Wir begeben uns auf den einstündigen Abstieg bis hinunter zum Flinders River. Mit den länger werdenden Schatten wagt sich eine Vielzahl
von Tieren aus ihren Verstecken, die wir zumindest akustisch wahrnehmen. Am Grund der Schlucht angelangt sind wir von den beeindruckenden Felsformationen begeistert. Der Fluss hat sich in Jahrmillionen tief in den Fels gefressen. Gletschermühlenartige Löcher sind über mehrere hundert Meter verteilt. Grössere und kleinere Wasserlöcher beherbergen Fischschwärme, Kröten, Wasservögel und viele Kleinlebewesen. Das Wasser ist kristallklar und wer Lust hat gönnt sich in dem nicht ganz warmen Nass eine erfrischende Abkühlung. In einigen Becken hat sich das Wasser wegen den Sedimenten rotbraun gefärbt. Die nun immer tiefer stehende Sonne bringt das Farbenspiel des Gesteins so richtig zur Geltung. Helle Basalt- und erdtonfarbene Sandsteine ergeben einen tollen Kontrast. Am Ende der Schlucht steht die über hundert Meter hohe Natur-Pyramide, die das Erscheinungsbild des Canyons prägt. Ein aussergewöhnlicher Ort, an dem wir gerne ein paar Stunden verweilen. Der anschliessende Aufstieg ist bei den sehr warmen Temperaturen schweisstreibend. Wir sind nicht unglücklich als wir nach einer weiteren Stunde Marsch den oberen Rand der Schlucht erreichen. Der letzte Teilabschnitt unserer heutigen Reise führt uns nach Hughenden. Die Kleinstadt liegt am Ufer des Flinders River und ist Verwaltungszentrum des Flinders Shire. Die Gegend um Hughenden ist geprägt von grossen Rinder- und Schafzuchtfarmen. Die Anzahl der Tiere ist von Jahr zu Jahr stark schwankend, da das Angebot an Futter direkt von den Niederschlägen abhängt. So sind längere Trockenperioden einerseits und Fluten nach heftigem Regenfall andererseits normal in dieser Gegend. Aus diesem Grund wird ausser der Tierzucht auch kaum Landwirtschaft betrieben. Beim Spaziergang durch den fast menschenleeren Ort fallen uns die unzähligen Dino-Skulpturen auf. Im Zentrum steht eine Nachbildung eines Muttaburrasaurus. Ein Skelett dieses Dinosauriers wurde 1963 bei Muttaburra südlich von Hughenden gefunden. Wie immer, wenn wir mal Internetverbindung haben, checken wir die Mails und erkundigen uns nach den neusten Wetterdaten. Wir setzen uns auf eine Bank im Dorfkern und starten den „Läppi“. Ein vorbeigehender Farmer bemerkt das Surfen im Internet und kommt direkt auf uns zu. Er spricht uns an und fragt, ob wir auf der Suche nach Arbeit sind. Er hätte da etwas Interessantes für uns. Wir lehnen dankend ab sind aber sehr erfreut, dass wir offenbar noch nicht wie Rentner aussehen. Auf dem Scenic Basalt Byway begeben wir uns auf eine 4WD-Tour in der nähren Umgebung von Hughenden. Die 90 km lange Rundtour zeigt die typische
Flora und Fauna der Region. Kängurus und Strausse kreuzen unseren Weg. Die Laufvögel sind einerseits sehr schreckhaft und fliehen beim kleinsten Annäherungsversuch, andererseits sind sie aber auch sehr neugierig. Wenn man sich absolut ruhig verhält kommen sie langsam bis ca. 20 Meter an uns heran und beäugen alles aufmerksam. Über hügeliges Gelände mit schönen Aussichtspunkten kommen wir an einer Rinderherde vorbei. Ohne es zu wollen, treiben wir diese eine ganze Weile im Schritttempo vor uns her. Mir ist ein junger Stier aufgefallen, der sich etwas abseits aufhält. Ich steige aus dem Wagen und gehe langsam auf ihn zu. Im ersten Moment scheint er zu fliehen, dann stoppt er und stellt sich der Situation, schliesslich ist er ja ein Stier, wenn auch nur ein kleiner. Jetzt ist er hin- und hergerissen. Soll er angreifen oder zurückweichen. Er entscheidet sich weder fürs eine noch fürs andere und bleibt ganz einfach stehen. Erst als ich wieder im Wagen sitze rennt er „mutig“ auf uns zu. Auf einer kleinen Anhöhe halten wir Ausschau nach Wildtieren. Martha entdeckt in der Ferne ein paar storchenartige Vögel. Wir nähern uns langsam und erkennen die sehr scheuen Brolgakraniche. Diese grauweissen, am Kopf rot gezeichneten Vögel, werden bis zu 1,3 m gross und erreichen eine Flügelspannweite von 2,4 m. Auf dem Flinders Highway, auch Overlander’s Way genannt, gelangen wir über Richmond nach Julia Creek. Vor den Toren des Städtchens befindet sich eine wunderschöne Parkanlage mit einem künstlich angelegten See in dem sich Wasservögel tummeln, diverse Grillstellen und ein Kinderspielplatz mit verschiedenen Wasserspielen. Wir, die grauen Panter, entdecken auf dem Playground Wasserkanonen und versuchen uns mit dem eher müden Wasserstrahl zu treffen, sprich nass zu machen, was schlussendlich auch gelingt. In Julia Creek sind die Landwirtschaft (insbesondere Rinder- und Schafzucht) und der Bergbau, der hauptsächlich um die Billiton-Mine in Cannington betrieben werden die Haupteinnahmequellen. Die Stadt ist ein wichtiges Viehhandelszentrum. Vor der Verlängerung der Eisenbahn in die weitaus grösseren Städte Cloncurry und Mount Isa war Julia Creek auch einmal wichtiger Umschlagbahnhof für Fracht- und Personentransport. Heute führt die Kleinstadt abgesehen von etwas Tourismus ein eher beschauliches Dasein. Unser nächstes Ziel ist Cloncurry. Eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres in diesem sonst beschaulichen Ort ist das „Curry Merry Master Festival“. Drei Tage Rodeo und Country Music – und wir sind dabei. Mit Mühe und Not haben
wir noch einen der letzten Stellplätze auf einem Campground ergattert. In der Nacht gibt es im Inneren des Kontinents nach wie vor Temperaturen zwischen 0° bis 4° Celsius, da sind wir froh wenn wir unseren kleinen Elektroofen betreiben können. Jetzt, am frühen Nachmittag steigt das Thermometer auf 25° Celsius und wir können im Sommerlook zum Rodeo gehen. Die Eintrittspreise sind moderat, Erwachsene bezahlen 18 Dollar, Kinder 8 Dollar und Rentner gar nur 5 Dollar. An der Kasse angelangt sage ich: „zwei Karten für Erwachsene bitte.“ Das Cowgirl hinter der Theke sieht uns an und fragt: „Seniors?“ (Rentner?). Ich sehe den
ökonomischen Vorteil und nicke freudig (13 Dollar pro Person gespart), Martha hingegen beschäftigt der emotionale Schaden (also sehen wir doch bereits aus wie Rentner). Die Veranstaltung ist gut besucht, trotzdem gelingt es uns, noch zwei Sitzplätze zu erhaschen. Die erste Disziplin am heutigen Nachmittag heisst Kälbchen einfangen. Das Kalb rennt los, zwei Reiter (Reiterinnen) folgen mit schwingendem Lasso dem davon stürmenden Jungtier. Das eine Lasso um die Hörner, das zweite Lasso um die Hinterläufe – dann wird die Zeit gestoppt. Hier ist Teamwork und Geschick gefragt und so gelingt nur in den seltensten Fällen eine perfekte Aktion. Die zweite Disziplin ist „Horse Riding“. Der Ritt auf einem ungezähmten Pferd, das durch einen Lendengurt zusätzlich wild gemacht wird, ist schon eine gehörige Mutprobe und es gelingt nur den routinierten Profis, länger auf einem bockenden Gaul zu sitzen. Die Hauptattraktion ist jedoch das „Bull Riding“. Das ist wirklich nur etwas für die Hartgesottene. Der Ritt auf einem kräftigen wilden Stier (Gewicht rund 1000 kg, ebenfalls mit Lendengurt gepuscht) ist die Königsdisziplin. An diese Aufgabe trauen sich nur wenige heran. Entsprechend hoch ist das Preisgeld. Auch bei diesem Wettbewerb trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Nur wenigen absoluten Spitzenkönnern gelingt es tatsächlich auf dem Bullen sitzen zu bleiben, obwohl sich dieser mit allen Mitteln wehrt. Es ist unglaublich welche Kraft und Beweglichkeit diese Tiere entwickeln, wenn es darum geht, den ungeliebten Passagier auf dem Rücken los zu werden. Einige nicht so geübte Reiter liegen schon nach weniger als einer Sekunde im Sand. Helfer versuchen dann das wütende Tier vom Gestürzten fern zu halten, was leider nicht immer gelingt. So sind z.T. schwere Verletzungen an der Tagesordnung. Den Stier nachher wieder in der weitläufigen Arena einzufangen ist auch kein Kinderspiel und verlangt ebenfalls sehr viel Geschick von Reiter und Pferd. Bei den haarigsten Situationen hält es Martha nicht mehr auf ihrem Sitz. Sie springt hoch und bringt sich hinter der Tribüne in Sicherheit. Sie glaubt wohl, dass der Stier über den 2 Meter hohen Zaun springt und ihr an die Wäsche will. Wir haben solche Veranstaltungen auch schon mal am Fernsehen betrachtet. Live vor Ort ist das auf jeden Fall noch viel aufregender. Natürlich muss man so etwas auch kritisch betrachten. Aus Sicht des Tierschutzes sind solche Anlässe mehr als Fragwürdig. Aber das gehört halt hier im Outback zur Tradition. Über den Flinders Highway geht unsere Reise weiter Richtung Westen. Nach rund 120 km gelangen wir zur Minenstadt Mount Isa. Der Hauptort im
Landesinneren von Queensland ist bekannt für den Zink-, Kupfer- und Silber-Bergbau. Mount Isa ist flächenmässig die grösste Stadt der Welt. Mit rund 41’000 km2 ist sie etwa so gross wie die Schweiz, zählt aber nur 24'000 Einwohner. Die Stadt selbst bietet sonst nicht viel Sehenswertes und so fahren wir nach einem Übernachtungs-Stopp auf einer Naturstrasse zum 300 km entfernten Boulia. Ein kleiner und typischer Ort im kargen Zentrum von Australien. Nur die nötigste Infrastruktur, sonst nichts als unendliche Weite. Das Klima ist sehr heiss und trocken (durchschnittlich mehr als 200 Tage pro Jahr über 30° Celsius). Auch im australischen Winter im Juni bis August (also jetzt) ist es mit 24° Celsius sehr warm. Trotzdem ist Nacht-Frost zu dieser Jahreszeit nicht unüblich. Der Ort bietet für Esoteriker ein besonderes „Schmankerl“. Die Gegend ist bekannt für ein Phänomen namens Min Min Licht. Reisende haben des Öfteren berichtet, dass sie in einiger Entfernung von einem Licht verfolgt wurden, das dann plötzlich auf mysteriöse Weise wieder verschwunden ist. Bisher gibt es keine wissenschaftliche Erklärung für diese Erscheinung. Wie ihr wisst, sind wir keine esoterischen Menschen und so hat uns das mystische Licht leider nicht verfolgt. Nach einer kurzen Nacht begeben wir uns auf den 800 km Gravel Road Trip (Naturstrasse) des Plenty Highway. Der Outbackway, wie die Strecke auch genannt wird, ist durchzogen von tiefen Schlaglöchern und Bulldust (feiner roter Wüstenstaub) und führt bis kurz vor Alice Springs. Auf der menschenleeren Piste gelangt man durch meist flache Buschlandschaften an den östlichen Mac Donnell Ranges vorbei. Nach ca. 200 km entdecken wir am Rand der Gravel Road einen prächtigen Varan. Ein so grosses Exemplar haben wir bis jetzt noch nie gesehen.
Vorsichtig nähern wir uns der Echse. Diese ist eigentlich nicht sehr aggressiv doch allzu nahe sollte man ihr nicht kommen, denn Schwanz und Klauen sind wirkungsvolle Waffen gegen aufdringliche „Touris“. Ab und zu liegen totgefahrene Kängurus am Rand der Piste. Wenn man Glück hat, wie wir, kann man einen der seltenen Keilschwanzadler beim Aas beobachten. Ausser den Schönheiten der Landschaft gibt es auf diesem Teilabschnitt nur wenige Sehenswürdigkeiten. Etwa in der Mitte der Strecke zwischen Boulia und Alice Springs steht, einige Kilometer vor Jervois, der Termite Mount. Ein durch seine enorme Grösse sehr beeindruckender Termitenhügel. Kaum zu glauben, welche gewaltigen Bauwerke diese kleinen Lebewesen zustande bringen. In Jervois selbst gibt es eine Tankstelle, ein sehr wichtiger Service hier draussen im Niemandsland (1 Liter Diesel kostet 2.15 Dollar statt der üblichen 1.45 Dollar). Nach den ersten strapaziösen 500 km ist Jervois unser heutiger Übernachtungsplatz. Auf dem mehr als bescheidenen Campground (WC und Dusche oder so was Ähnliches sind mehrere hundert Meter vom Stellplatz entfernt) verbringen wir eine sternenklare und kalte Nacht. Entsprechend frisch sind wir am nächsten Morgen für die zweite Etappe Richtung Alice Springs. Kurz nach Jervois fahren wir auf einem Abzweiger ins nördliche Simpson Desert. Die Wüstenlandschaft gilt als der grösste Nationalpark in Zentralaustralien mit den längsten Sanddünen
weltweit. Hier leben zahlreiche Reptilien sowie Säugetiere und ist Heimat von annähernd 200 Vogelarten. Der Norden der Wüste ist geprägt von Buschland mit kleinen Bäumen und Sträuchern. Einige wenige Blumen blühen bereits, es sind dies die Vorboten des nahen Frühlings. Sollte es in den nächsten Wochen regnen, erstrahlt die Wüste in einem Meer von Blumen. Damit die „Wildflowers“ überhaupt in dieser trockenen Region überleben können ist die Blütezeit nur sehr kurz. Auf unserem Trail in die Wüste gelangen wir zu einem zugesperrten Gatter. Auf grossen Tafeln wird darauf hingewiesen, dass man Aboriginal Land betritt und dass es unter Androhung hoher Strafen verboten ist, Alkohol oder pornografische Lektüre einzuführen. Circa die Hälfte des Northern Territory ist Aborigines Gebiet. Abgesehen vom Highway der durch ihr Land führt, darf man es nicht betreten bzw. muss eine Erlaubnis eingeholt werden. Sie haben das Recht sich abzuschotten und machen davon offenbar auch rigoros Gebrauch. Leider hat es Australien nicht sonderlich gut geschafft mit seiner Urbevölkerung, die mittlerweile nur noch 2% der Gesamtpopulation ausmacht, umzugehen. In wenigen kleinen Ortschaften im Wüstengebiet fristen die Aborigines ein trostloses Dasein. Wir fahren in ein solches Dorf und sind von den Zuständen schockiert. Es gibt vermutlich keine funktionierende Infrastruktur. Die Strassen und Vorgärten der Behausungen sind völlig zugemüllt und die Bewohner hocken beschäftigungslos herum. Der weisse Mann hat ihnen das Land und die Kultur geraubt. Sie finden sich in der neuen westlich orientierten Welt nicht zurecht. In einigen Gebieten Australiens hatten die Aborigines bis 1960 sogar kein Recht an ihren eigenen Kindern. Der Staat hatte das Besitzrecht, heute als “Stolen Generation” bezeichnet. Bis 1967 wurden sie auch nicht bei der Volkszählung erfasst. Eigentlich kein Wunder, dass die ersten Einwohner des Kontinents lieber unter sich bleiben. Inzwischen sind Alkohol-, Drogen-Probleme und die Kriminalität immens. Die Polizei patrouilliert regelmässig in den Ghettos. Irgendwie eine traurige Geschichte. Nach dem ersten Kurzbesuch im nördlichen Teil der Simpson Desert fahren wir nach Alice Springs. Dort werden wir ein paar Tage bleiben, einige weitere Touren in die Wüste unternehmen und unseren „Bushi“ wieder einmal zum turnusgemässen Service in kompetente Hände geben.


Die weiteren Berichte sind jetzt unter der Rubrik Northern Territory (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.