Oregon


Reisebericht
Bildergalerie


01.06. - 06.06.2015  Vom Redwood NP über Crater Lake NP, Elkton, Florence

nach Astoria


Oregon liegt nicht auf der Route der Panamericana. Doch wie schon in den vergangenen Monaten weichen wir gerne mal von dieser ab, wenn wir glauben, etwas Sehenswertes zu entdecken. Diesmal lockt uns der Crater Lake Nationalpark. Wir haben im Reiseführer gelesen, dass niemand den Anblick dieses Sees vergessen wird, wenn er ihn einmal gesehen hat; tiefblau wie Tinte und von einem 600 m hohen Felsenring umgeben. Papier ist geduldig und nicht alles was darauf geschrieben steht entspricht der Wahrheit. Wir
wollen uns selber davon überzeugen und fahren zum sagenumwobenen Crater Lake. Der Südeingang des Nationalparks ist unser Ziel. Doch bevor man diesen erreicht, führt die Strecke fast 100 km durch dicht bewaldetes Gebiet. Das Wetter ist schon seit einigen Tagen mittelprächtig und je höher wir kommen desto trüber wird die Angelegenheit. Als wir schliesslich nach einer Übernachtung in besagten Wäldern den Park erreichen, stellen wir mit wenig Verwunderung fest, dass fast keine Besucher da sind. Im Reiseführer steht explizit,
dass sich der Anblick dieses Kratersees nur bei schönem und sonnigem Wetter lohnt. Wie dem auch sei, wir fahren die steile Passstrasse hinauf. Zum schlechten Wetter gesellt sich nun noch dichter Nebel hinzu. So haben wir uns diesen Ausflug eigentlich nicht vorgestellt. Hohe Schneemauern säumen die frisch geräumten Strassen. Der Park wäre normalerweise um diese Jahreszeit noch gar nicht geöffnet. Weil es aber ein extrem schneearmer Winter war, kann man heuer den Crater Lake bereits im Frühjahr besuchen. Bei Regen und heftigem Schneetreiben fahren wir bis zum Kraterrand hinauf. „Wie man sehen kann, sieht man nix“, sage ich etwas frustriert zu meinem Schatz. Sie trägt das alles mit Fassung, nimmt die detaillierte Karte hervor, die wir beim Parkeingang erhalten haben und zeigt auf den 53 km langen „Rim Drive“ entlang des Kraterrandes. Nach einigen Fahrminuten kommt ein erster Aussichtspunkt und was sehen wir?!? – Nebel, der sich jedoch unter heftigen Windböen langsam zu lichten scheint. Und tatsächlich erheischen wir, wie durch ein kleines Guckloch, einen ersten Blick auf „Wizard Island“, so benannt, weil sie dem Spitzhut eines Zauberers ähnelt. Die Insel, die über 230 m aus dem Wasser ragt, ist ein klassischer Aschekegel, aufgebaut aus rotglühendem Material vom Grund der Caldera, die lange nach dem Einsturz des ehemals 3'600 m hohen Mt. Mazama ausgestossen wurde. Mehr und mehr verschwindet der Nebelschleier und wir bekommen einen Eindruck von den gewaltigen Ausmassen dieses schlafenden Vulkans. Bei seinem letzten Ausbruch
vor ca. 8'000 Jahren spuckte er so viel Asche und Bimssteine aus, dass der Gipfel in sich zusammenbrach und nur eine Caldera übrig blieb. In dieser sammelte sich Regen- und Schmelzwasser zu einem See von  über 580 m Tiefe, dem tiefsten See der USA. Wildblumen und Kiefern gedeihen inzwischen auf den von Lava bedeckten Flächen; Schwarzbären, Luchse, Hirsche, Murmeltiere und Adler sind ins zerstörte Land zurückgekehrt. Mehr und mehr bekommen wir, bei aufklarendem Wetter, von dieser traumhaft schönen Landschaft zu sehen. Im
Sommer kann man den Krater auf einer gut ausgebauten Strasse umrunden. Leider ist diese noch nicht vollständig von den Spuren des letzten Winters (Schnee, Geschiebe, umgefallene Bäume) befreit und so endet unsere beabsichtigte Rundtour abrupt vor einer geschlossenen Barriere. Weil wir die Hoffnung auf besseres Wetter nicht ganz aufgeben beschliessen wir, die Nacht direkt am Kraterrand zu verbringen. Eigentlich ist das Übernachten ausserhalb von Campgrounds in den Parks nicht erlaubt. Doch wer soll das hier weit ab vom Schuss kontrollieren? Wir suchen uns einen geeigneten Platz mit perfekter Weitsicht auf den See und die kleinen Inseln. Es wird eine kalte, sternenklare Nacht bei -5° C. Am nächsten Morgen erwartet uns ein prächtiger Sonnenaufgang bei strahlend blauem Himmel. Wir haben die Natur und grossartige Szenerie in absoluter Stille ganz für uns alleine. Die Entscheidung einen weiteren Tag im Park zu verbringen war goldrichtig. Erst bei Sonneneinstrahlung kommt das unglaubliche Blau dieses Gewässers so richtig zur Geltung. So etwas haben wir bis jetzt noch nie gesehen. Diese fantastische Färbung bekommt der See wegen der Reinheit und der enormen Tiefe des mineralarmen Wassers. Wenn Sonnenlicht eindringt, absorbieren die Wassermoleküle alle Farben des Spektrums ausser Blau; das streut an die Oberfläche zurück und bei
absoluter Windstille (kein Wellengang) entsteht diese unglaubliche Färbung. Bei besten Bedingung fahren wir zu verschiedenen View Points und unternehmen ein paar kleine Wanderungen, bei denen wir schon die ersten Murmeltiere beobachten. Weil die Luft so rein ist beträgt die Sichtweite fast 200 km. Ca.150 km Wanderwege gibt es im gesamten Nationalpark. Leider sind einige besonders schöne Trails so früh im Jahr noch nicht begehbar. Wir haben den Crater Lake bei völlig unterschiedlichen Wetterbedingungen gesehen und sind froh, diese verschiedenen Stimmungsbilder erlebt zu haben. Resümierend können wir feststellen: der See ist bei sonnigem Wetter eine Wucht, aber auch an trüben Tagen versprüht er seinen Charme. Nach diesem absolut lohnenswerten Abstecher fahren wir abermals durch dichtes Waldgebiet aus dem Park Richtung Pazifikküste. Auf einigen grasbewachsenen Flächen beobachten wir weidende Hirsche, die sich von unserer Anwesenheit nicht stören lassen. Über Elkton und Reedsport gelangen wir zu den Oregon Dunes. Südlich von Florence erstrecken sie sich zwischen der Felsküste und den dichten Wäldern des Hinterlandes. Die bis zu 150 m hohen Sandberge dürfen nur in ausgewiesenen Bereichen betreten werden. Über 400 Tierarten leben im geschützten Gebiet. Dieser einzigartige Küstenabschnitt Oregons besteht nicht aus Vulkangestein, sondern aus durch Wellen und Wind geformten urzeitlichen Sand. Dieser wurde von Flüssen ins Meer gespült. Die starken Strömungen, die im Winter nordwärts und im Sommer südwärts gerichtet sind, halten die Ablagerungen aus den Flüssen küstennah. Die steil ansteigende Küstenlinie Oregons und die dahinter aufragende Coast Range verhindern, dass der Sand ins Landesinnere geweht wird. Wir haben einen schönen Stellplatz inmitten dieser einzigartigen Natur gefunden und erkunden das Gebiet auf schön angelegten Pfaden. Flüsse durchziehen die bewachsenen Dünen, dazwischen bilden sich kleine Seen umgeben von Sumpflandschaften. Ein Paradies und Rückzugsgebiet für Vögel. Auf einer Wanderung Richtung Küste sehen wir Hirsche, die wir hier überhaupt nicht erwartet hätten. Nach etlichen Kilometern durch tiefen Sand gelangen wir ans raue Meer, das meistens in leichten Nebel gehüllt ist. Ein
wirklich ungastlicher Ort, denn durch die starken Winde gelangt eiskalte und feuchte Luft vom Meer landeinwärts. Am Strand entdecken wir Robben, die faul herumliegen. Denen machen diese klimatischen Bedingungen offenbar gar nichts aus, denn sie dösen friedlich am Rande der aufgepeitschten See. Wir schleichen uns im Schutze der Dünen langsam an die Tiere heran und wollen ein paar Fotos schiessen. Aber einer der pelzigen Meeresbewohner hat aufgepasst und warnt die ganze Meute.  Im nu sind alle im Meer und beobachten uns aufmerksam. Ein lustiges Bild; nur die runden Köpfe mit
den grossen Glubschaugen ragen aus dem Wasser. Sie warten geduldig bis wir abziehen, bevor sie wieder an den Strand zurück „robben“. Der beschwerliche Marsch über die Dünen kommt uns auf dem Rückweg viel länger vor – vermutlich eine folge des Alters oder der mangelnden Kondition. Im nahegelegenen Florence fahren wir zu grossen, unbewachsenen Sandbergen, die für jedermann zugänglich sind und ein Eldorado für die Motorsport begeisterten „Amis“ ist. Ganze Familien haben sich mit ihren bulligen 4WD's mit Sandbereifung, Motorrädern mit
Stollenpneus und Quad's am Fuss der Dünen niedergelassen. Sie fahren die Sandberge in einem affenzahn hinauf und hinunter und haben sichtlich Spass. Die Jüngsten Sandraudies sind so zwischen vier und fünf Jahre alt und stehen ihren älteren Geschwistern in Sachen Waghalsigkeit um nichts nach. Ein Vergnügen, dem Treiben eine Weile zuzusehen. Wir fahren weiter nordwärts der Küste entlang, wo die Wogen des Pazifiks an den Felsen brechen oder an den weiten Sandstränden auslaufen. Bei Ebbe finden wir in den zurückbleibenden Tümpeln allerlei Meeresgetier in den schillerndsten Farben. Wir machen einen Halt am idyllischen Hafenstädtchen Newport. Nahe der monumentalen Bogenbrücke befindet sich die malerische Strandpromenade, an der fangfrischer Seafood in unzähligen kleinen Restaurants serviert wird. Auf Holzpontons liegen Seelöwen und geniessen die wärmende Sonne. Unsere letzte Station in Oregon ist die Hafenstadt Astoria, die ihre Entstehung einem deutschen Auswanderer verdankt. Der Gründervater Jakob Astor, der auch die Hotelkette „Waldorf-Astoria-Hotels“ ins Leben rief, liess sich 1811 am Columbia River nieder und wurde durch den Pelzhandel zum reichsten Mann seiner Zeit. Als Stützpunkt seines Unternehmens wählte er Astoria. Die erste dauerhafte Siedlung westlich des Mississippi wurde danach zum wichtigsten Handelshafen. Aus dieser Zeit stammen liebevoll restaurierte viktorianische Wohnhäuser. Noch heute ist Astoria ein Umschlagplatz für Güter. Die riesigen Frachtschiffe, die im Meerbusen vor Anker liegen zeugen von einer regen Handelstätigkeit. Morgen reisen wir bereits in den nächsten Bundesstaat, nach Washington. Dass wir nach sechs Tagen Aufenthalt in Oregon sagen könnten, wir kennen diesen Staat am Columbia River, wäre masslos übertrieben. Doch was wir gesehen haben, hat uns ausserordentlich gut gefallen. Wenn der restliche Teil dieses grünen Bundesstaates ebenso beindruckend sein sollte, wäre ein weiterer und evtl. längerer Besuch nicht nur wünschenswert sondern ein MUSS.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Washington (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.