Washington


Reisebericht
Bildergalerie


07.06. - 16.06.2015  Vom Astoria über Castle Rock, Mount St, Helens NM,

Mount Rainier NP, Stanwood, Everett, Seattle, Aberdeen in den Olympic NP


Heute reisen wir übers Kid Valley in den Bundesstaat Washington. Die Fahrt geht weg von der Küste landeinwärts zum aktivsten Vulkan der USA. Wir können uns noch gut an die dramatischen Fernsehbilder aus dem Jahr 1980 erinnern, als dieser Ausbrach eine Spur der Verwüstung zurückliess. Nach inzwischen
35 Jahren seit dem verehrenden Ereignis, wollen wir uns mit eigenen Augen ein Bild vom Ort des Geschehens machen. Im Visitor Center in Silver Lake holen wir uns Kartenmaterial und Infos für unseren Ausflug zum Vulkan. Auf einem prächtig angelegen Pfad durch Wald und Sumpflandschaften mit Seerosen erblicken wir ein erstes Mal den Mount St. Helens aus der Ferne. Die Wetterbedingungen könnten nicht besser sein. Deshalb unternehmen wir eine mehrtägige Tour, in der wir zuerst von Nord-Westen, dann von Süden und schliesslich von Nord-Osten in den Park hineinfahren und Wanderungen unternehmen wollen. Über die 504 geht es auf einer gut ausgebauten Passstrasse mit Aussichtspunkten bis zum Johnston Ridge Observatorium in eine Höhe von  ca. 1'400 m. Auf informativen Schautafeln und in einem Kurzfilm erfahren wir mehr vom  Ausbruch in den 80er Jahren. Der Gipfel des Mount St. Helens ragt etwa 1'100 m über die umliegenden Bergrücken auf. Der Vulkankegel hat einen Durchmesser von knapp 10 km. Die Eruptionsgeschichte des Schlotes beginnt mit den ersten nachweisbaren Aschenablagerungen, die sich auf ein Alter von über 40'000 Jahren datieren lassen. Insgesamt konnten neun grosse Eruptionsphasen nachgewiesen werden. Wegen seines geringen Alters hatten Verwitterung und Erosion nur wenig Zeit, um den Berg anzugreifen: Vor dem Ausbruch 1980 war der Mount St. Helens ein ebenmässiger Vulkan und wurde mit dem japanischen Fujisan verglichen. Mit
damals 2'950 m war er der fünfthöchste Berg Washingtons und ist dies auch nach dem Verlust von 400 m seit dem letzten Ausbruch weiterhin. Einige Fakten zum Ablauf der Ereignisse vom 18. Mai 1980: Um 7 Uhr morgens meldete sich per Funk der Vulkanologe David A. Johnston, der die Samstagnacht-Schicht im Observationsposten etwa 10 km nördlich des Berges übernommen hatte und gab die Resultate einiger Laservermessungen durch. Die Aktivitäten des Mount St. Helens zeigten keinerlei Veränderungen gegenüber den vorherigen Tagen. Um 8.32 Uhr erfolgte ohne
Vorwarnung ein Erdbeben der Stärke 5,1 direkt unterhalb der Nordseite des Berges. Etwa 10 Sekunden nach diesem Erdstoss löste sich die gesamte Nordflanke und mit einer Geschwindigkeit von 175 bis 250 km/h rutschte sie über den westlichen Ausläufer des Spirit Lake, was eine Flutwelle bis zu einer Höhe von 180 m auslöste. Nachdem gewaltigen Bergsturz war das Vulkaninnere einem drastisch abgesunkenen Umgebungsdruck ausgesetzt. Hierdurch explodierte das geschmolzene Gestein  und der unter hohem Druck stehende Dampf
darüber. Der resultierende pyroklastische Strom in Form einer dunkelgrauen Wolke, die aus vulkanischen Gasen, Asche, Bimsstein und Lava bestand, raste zunächst mit einer Geschwindigkeit von etwa 350 km/h , dann mit über 1'000 km/h den Berg hinunter. Die Druckwelle, die sich mit Schallgeschwindigkeit bewegte, richtete bis zu einer Entfernung von 30 km eine weitreichende Zerstörungen an. Die Wucht dieser Welle wird eindrucksvoll durch grosse Bäume demonstriert, die ähnlich Grashalmen unter einer Sichel an ihrem Stamm abknickten und exakt parallel ausgerichtet über Berghänge verstreut liegen. Insgesamt wurde ein keilförmiges Gebiet von 20 km Breite und 32 km Länge durch die Druckwelle verwüstet. Als der pyroklastische Strom auf die ersten Menschen traf, war er noch immer rund 360° C heiss und mit erstickenden Gasen und scharfkantigen Gegenständen angereichert. In der Verwüstungszone hielten sich 65 Personen auf – darunter Holzfäller, Camper und Wanderer – 57 von ihnen starben. Autopsien an den aufgefundenen Leichen haben gezeigt, dass die meisten nach dem Einatmen der feinen Asche an einem Pfropfen aus Schleim und vulkanischem Staub erstickten. Wären sie nicht der Erstickung zum Opfer gefallen, hätten die erlittenen Verbrennungen zum Tod geführt. Exemplarisch für die während des Ausbruchs ums Leben gekommenen Menschen sind vier Holzfäller, die sich 19 km vom Gipfel entfernt aufhielten und dort ihrer Arbeit nachgingen. Sie hörten das Donnern der pyroklastischen Woge, die durch den Wald auf sie zukam. Als sie die Männer erreichte, wurden diese zu Boden geworfen und in sengende Hitze und Dunkelheit gehüllt. Die Verbrennungen, die sie erlitten, betrafen zwischen einem Drittel und der Hälfte ihrer Hautoberfläche. Nur einer der vierte Holzfäller überlebte dank mehrerer Hauttransplantationen. Während die Gerölllawine und der initiale pyroklastische Strom sich noch immer ausbreiteten, wuchs eine Aschesäule oberhalb des Vulkans heran, die innerhalb von 10 Minuten eine Höhe von 19 km erreichte. Die Wucht  dieses Ausbruchs entspricht der
Energie von ca. 24 Megatonnen TNT – etwa das 1'600-fache der Hiroshima-Atombombe. Es ist unglaublich was für schöne Dinge die Natur schafft und hervorbringt, es ist aber ebenso erstaunlich mit welcher Kraft und Wucht sie wieder alles zerstören kann. Das führt uns einmal mehr deutlich vor Augen, wie klein, schwach und hilflos wir Menschen doch eigentlich sind.  Das tragische Ereignis von 1980 hat nicht nur Menschenleben gekostet sondern auch über 6'500 Hirsche und 12 Mio. Kleinsäugetiere, Reptilien und auch Vögel verendeten während und nach dem Ausbruch. Doch die Natur regeneriert sich steht's von Neuem. Obwohl die Narben der Verwüstung noch immer deutlich sichtbar sind, gibt es nach gut 35 Jahren wieder spärlichen Pflanzenwuchs ja sogar Blumen auf den Schuttablagerungen. Trotzdem wundern wir uns, dass dieser Neubeginn so lange dauert. Auf einer Wanderung überqueren wir Flächen aus Lavagestein, Asche und Sand wo noch keine Spuren von Vegetation zu finden ist. Immer wieder blicken wir hoch zum schneebedeckten Kraterrand des Vulkans, wo aus Schloten ab und an Rauch aufsteigt. Zum heutigen Übernachtungsplatz fahren wir auf der 504 talwärts, bevor wir am anderen Tag über Cougar zum Südeingang des Mount St. Helens National Monument
weiterreisen. Auf dem Lava-Canyon-Trail, ein Lavafluss, der durch den Muddy River ausgewaschen wurde, ist die Struktur der Lava gut zu erkennen. Der Rundweg führt über schön angelegte Holzstege und Hängebrücken an und über den Fluss zu Aussichtspunkten. In der Tiefe die tosenden Wassermassen und in der Höhe der schneebedeckte Vulkan – ein erhabener Anblick. Am Wanderweg entlang treten die Schichtungen der unterschiedlichen Lavaströme deutlich zum Vorschein. Weil Strassen und Naturpisten in einem eher schlechten Zustand sind, wir also langsam vorankommen und der
Zugang zum Nord-Osten-Eingang über eine kurvenreiche Passstrasse führt, übernachten wir auf einer Anhöhe mit Blick auf den majestätischen Mount St. Helens. In der Morgendämmerung wird er von der Sonne angestrahlt und leuchtet tiefrot. Wieder sehen wir kleine Rauchschwaden am Kraterrand aufsteigen.  Heute machen wir unseren letzten Abstecher zum Vulkan. Abermals gilt es für „Gecko“ eine steile Strasse zu bewältigen bevor wir in ein  Hochtal gelangen, das exakt in Richtung der damaligen Druckwelle steht. Obwohl wir hier ca. 20 km vom Vulkan entfernt sind ist kein lebender Baum zu sehen. Die meisten sind ebenmässig abgerissen und modern vor sich hin, einige wenige Baumleichen stehen noch, sind aber ebenfalls totes Holz. Sie sind zwar damals nicht umgeknickt aber wurden von der enormen Hitze vollständig verkohlt. Beim Windy Ridge Viewpoint erklimmen wir über nicht enden wollende Treppen einen Bergrücken von dem wir einen grandiosen Blick auf den Spirit Lake haben. Im Spätsommer 1980 waren fast alle Stillgewässer am Mount St. Helens umgekippt. Entgegen der Erwartung, dass es Jahrzehnte dauern würde, bis sich der Nährstoffkreislauf wieder stabilisieren würde,
reichten bereits die Niederschläge und Temperaturzyklen zweier Winter, um die Sauerstoffversorgung der Seen in Gang zu bringen und die überschüssigen Nährstoffe auszuspülen. Auch 35 Jahre nach dem Ausbruch sehen wir auf dem grossen See noch hunderttausende Baumstämme schwimmen. Auf einer mehrstündigen Wanderung  marschieren wir ins Herz der Zerstörung am Fuss der einstigen Nordflanke. Auf halbem Weg befindet sich eine Station mit seismographischen Geräten, die den Vulkan überwachen. Die Gegend gleicht einer Mondlandschaft. Es sind keine Tiere zu sehen, auf der Erde voller Asche, Sand und Lavagestein gibt es vereinzelte Vegetation aus sogenannten Pionierpflanzen. Auf einer Schulter unterhalb des Kraters erblicken wir in der Ferne den Mount Adams, ebenfalls ein Schichtvulkan wie der Mount St. Helens, der aber nicht mehr aktiv ist. Der dritte Berg in diesem Bunde ist der Mount Rainier, den wir nun besuchen.   Mit fast 4'500 m Höhe beherrscht er den Horizont. Deshalb sehen wir ihn schon lange bevor wir den Nationalpark erreicht habe. Die eigentlich ebenfalls stattlichen Zweitausender um ihn herum erscheinen winzig gegen diesen Riesen. Der Mount Rainier ist das Geschöpf von Feuer und Eis. Heute untätig, entstand er vor über einer halben Mio. Jahren auf einem Lavasockel, die ältere Vulkane geschaffen hatten. Weil wir ein paar tüchtige
Steigungen nicht scheuen, begeben wir uns auf den rund 10 km langen Skyline Trail. Es liegt noch sehr viel Schnee an den Bergflanken des Vulkans und so wird aus dem anfänglichen Sonntagsspaziergang eine veritable hochalpine Wanderung. Überall wo das Weiss des Winters abgeschmolzen ist bringen sonnige Tage eine reiche Pflanzenvielfalt zur Blüte. Die Wiesen verwandeln sich zu einem dichten Blumenteppich. Murmeltiere, die aus dem Winterschlaf erwacht sind, fressen sich an den jungen Trieben satt. Im Gegensatz zu den bei uns lebenden Arten sind sie recht zutraulich und wir können
uns problemlos nähern, ohne dass sie gleich in ihren Erdlöchern verschwinden. Je höher wir gelangen, desto steiler wird das Gelände. Bald sind alle aperen Stellen verschwunden und wir gehen nur noch über Schnee und Eis. Der Anstieg geht weiter bis an den Rand der Gletscherzungen. Immer wieder hören wir dumpfes Grollen, wenn sich Eismassen lösen und in die Tiefe donnern. Auch Lawinenabgänge beobachten wir aus sicherer Entfernung. Beim Abstieg gilt es abermals Schneefelder zu überqueren. Wir marschieren durch
prächtige Blumenwiesen und hüpfen „elegant“ über kleine Bachläufe. Ziemlich geschafft, weil wir die ganze Tour etwas unterschätzt haben, kommen wir nach ein paar Stunden zum Ausgangspunkt zurück. Dachten wir zumindest, doch wo ist denn unser „Gecko“. Eine geschlagene halbe Stunde suchen wir unseren Camper bis wir begriffen haben, dass es 500 m weiter oben einen zweiten, identischen Parkplatz gibt. Was soll's – das Ergebnis zählt, wir haben schlussendlich unser fahrendes Zuhause gefunden. Resümierend stellen wir fest: Der Skyline Trail ist eine anstrengende aber absolut lohnenswerte Wanderung – eine der schönsten, die wir in den letzten Monaten gemacht haben. Bei der Talfahrt gibt es immer wieder schöne Aussichtspunkte von denen längere und kürzere Pfade zu weiteren Viewpoints führen. Obwohl schon etwas müde zieht uns die grandiose Landschaft immer wieder in ihren Bann und wir raffen uns zu weiteren Wanderungen zu idyllischen Seen und rauschenden Wasserfällen auf. Aus der Höhe sehen wir den Wildtieren zu, wie sie auf den Bergwiesen rund um die unzähligen Gewässer nach Nahrung suchen. Nach einem Übernachtungsstopp in Stanwood fahren wir früh los nach Everett. Heute geht für mich ein Bubentraum in Erfüllung.  Schon immer wollte ich mir eine Produktionsstätte eines grossen Flugzeugbauers ansehen. Heute ist es soweit. In Everett baut Boeing seine Flugzeuge der Baureihe 747, 767 und 777. Auch der neue
787 Dreamliner entsteht hier. Im Aviation Center buchen wir eine Besichtigungstour. Zuvor streifen wir durch das hauseigene Museum. In der Ausstellung „Future of Flight“ feiert der Konzern ganz unbescheiden seine Geschichte und Innovationskraft. Neben Flugsimulatoren, Originalcockpits und Flugzeugmotoren der neusten Generation von Rolls-Royce und General Electric, gibt es informative Schautafeln und Design-Studien über das künftige Aussehen der Passagierkabinen. Endlich geht die Rundtour in die Werkhallen los. Doch zuerst gibt es die in Amerika üblichen Sicherheitskontrollen. Es dürfen
keine Taschen oder Rucksäcke mitgenommen werden und es gilt ein striktes Fotografierverbot. Ein Bus bringt uns zum volumenmässig grössten Gebäude der Welt (30 Mio. Kubikmeter). Über 30'000 Boeing-Mitarbeiter sind hier im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr beschäftigt. Durch unendlich lange Tunnels und über Aufzüge gelangen wir auf Aussichtsterrassen, wo wir die Endmontage der unterschiedlichen Passagierflugzeuge beobachten dürfen. Ich könnte hier stundenlang verweilen und staunend zusehen, wie aus dem vermeintlichen Wirrwarr von Einzelteilen ein Flugzeug entsteht. Doch die charmante Hostess von Boeing drängt zum Weitergehen. Die anschauliche Führung dauert rund 1,5 Stunden. Bereitwillig wird auf Fragen geantwortet, wie z.B. über Produktionsmengen. Wir erfahren, dass jährlich rund 500 Passagierflugzeuge die Produktionsstätten von Boeing verlassen. Das ist enorm viel, nur Airbus produziert noch mehr Flugzeuge für die Zivilluftfahrt. Gerne hätte ich natürlich noch den militärischen Bereich des Konzerns besucht. Doch das ist aus verständlichen Gründen (Geheimhaltung) leider nicht möglich. Trotzdem war es für mich und Martha ein toller und aufschlussreicher Tag bei Boeing. Wenige
Kilometer von Everett entfernt befindet sich Seattle, die grösste Stadt im Nordwesten der Vereinigten Staaten. Der Hafen ist ein bedeutender Knotenpunkt für den Handel mit Asien, Alaska und Hawaii. Die wichtigsten ansässigen Industrien sind die Luft- und Raumfahrt, Eisen- und Stahlindustrie sowie die Holzverarbeitung. Als bauliches Wahrzeichen von Seattle gilt der für die Weltausstellung 1962 errichtete Turm „Space Needle“. Wir suchen uns an der Waterfront einen Tagesparkplatz und erkunden zuerst zu Fuss die Piers, an denen Kreuzfahrtschiffe festgemacht haben. Shops, Cafés und kleine, einfache aber ausgezeichnete Restaurants finden wir am Wasser. Der Duft nach frischem Seafood lässt unsere Mägen knurren. Dem kann abgeholfen werden. Immer der Nase nach gehen wir in ein „Beizli“ und genehmigen uns „Fish & Chips“. Wie langweilig werden viele vielleicht denken. Doch der perfekt zubereitete Fisch (Lachs), schön glasig in der Mitte, ist ein Hochgenuss. Frisch gestärkt geht es zum alles überragenden Turm „Space Needle“ und zum angrenzenden „Experience Music Project“, einem farbenprächtigen Bau, der von Paul Allen gestiftet wurde, einem der Mitbegründer von Microsoft. Auf Schritt und Tritt begegnen uns moderne
Skulpturen, die das Stadtbild mitprägen. Der International District ist eines der grössten asiatischen Viertel der US-Westküste, in dem neben der chinesischen auch viele andere Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Herkunft in einem Stadtviertel zusammenleben, insbesondere Japaner, Philippiner und Vietnamesen. Über Treppen gelangen wir von der Waterfront zum „Pike Place Market“. Im ältesten Wochen- und Fischmarkt der USA ist immer ein riesiges Gedränge. Über mehrere Blocks erstrecken sich Hallen, in denen an zahllosen Ständen frische Lebensmittel angeboten werden. Aber auch schöne
Blumengebinde bekommt man hier für gerade mal 10 USD. Auf unserem weiteren Rundgang gelangen wir zur „Central Library“. Ihr auffälligstes Merkmal ist die futuristisch gestylte Glasfassade, durch die das Tageslicht in die grosszügigen Lesesäle fällt. Beim Schlendern durch die riesigen Räume geniessen wir immer wieder neue Ausblicke auf die Stadt und den Hafen. In einem Park, wo eine Liveband  rassigen Jazz spielt, treffen sich Hundefreunde mit ihren vierbeinigen Lieblingen. An Ständen werden tolle Outfits für die Hunde verkauft, die reissenden Absatz finden. Die etwas „schrägen Amis“ finden Hundebekleidung einfach klasse. Nach den zwar spannenden Aufenthalten in Städten zieht es uns immer wieder in die Natur. Zurück an der wilden Pazifikküste fahren wir Richtung Norden in den Olympic Nationalpark. Dank der Lage auf der Olympic Peninsula hat der Park drei unterschiedliche Ökosysteme: die felsige Küste, die mit Wiesen und Bäumen bewachsenen Berghänge und den feuchten Regenwald. Zum Olympic gehören 100 km ursprüngliche Küste. Wir besuchen zuerst im Süden die breiten und sandigen Strände bevor es in den zerklüfteten Norden geht. Vorgelagerte Felsen, die durch Erosion von der Küstenlinie abgetrennt wurden haben hier schon manches Schiff versenkt. An der US 101 führt uns ein
Schild zum „Big Cedar Tree“. Einer der grössten Bäume seiner Gattung. Er wirkt in der Umgebung von eher kleinwüchsigen Bäumen wie hergezaubert. Er hat einen Umfang von gewaltigen 20 Metern. Wir übernachten heute auf einem Campground im Hoh Rain Forest, den wir über eine Stichstrasse erreichen. Am späten Nachmittag unternehmen wir eine Wanderung durch einen fantastischen Märchenwald. Die bis zu 90 m in die Höhe ragenden Bäume stehen auf einem schwammigen Teppich, der durch Farne und Moose gebildet wird. Stämme und Äste sind mit Flechten und anderen
Grünpflanzen überwuchert. Wir sehen alte Baumriesen die auf mächtigen stelzenartigen Wurzeln stehen. Die ganze Szenerie wirkt wie in einem Fantasyfilm. Am Abend kommen mächtige Roosevelt-Wapitis, eine bis zu 450 kg schwere Hirschart, zum Grasen dicht an unseren Stellplatz heran. Aus sicherer Entfernung beobachten wir die eigentlich friedlichen Geweihträger. Am nächsten Morgen fahren wir wieder an die Küste. Das Treibholz, über das wir am Ruby Beach klettern, wuchs einmal in den Bergwäldern des Hinterlandes.Von Winterstürmen
gerissen, vom Hochwasser eines Baches unterspült, poltern die Stämme flussabwärts ins Meer, wo sie schlussendlich von der Flut an den Strand gespült werden und Jahrzehnte liegenbleiben. Das letzte der drei Ökosysteme des Parks befindet sich am „Hurican Ridge. Auf rund 25 km steigt die Strasse aus den Tieflandwäldern bis zur Baumgrenze auf ca. 1'500 m ü.M. Wir begeben uns auf den „Huricane Hill Trail“, wo Wildblumen gedeihen und uns herrliche Ausblicke auf die umliegenden Bergketten erwarten. Die etwas über 200 Höhenmeter sind leicht zu schaffen und lohnen sich auf jeden Fall. Die Fernsicht von ganz oben ist gigantisch. Plötzlich entdeckt mein Schatz ein pelziges, weisses Wesen, dessen Kopf wir zunächst nicht erkennen können, weil er in einem Gebüsch steckt. Langsam gehen wir näher und machen mit Geräuschen auf uns aufmerksam. Tatsächlich, das unförmige Ding hat einen Kopf, der allerdings im Gegensatz zum massigen Körper viel zu klein geraten ist. Es handelt sich um einen Gebirgsziegenbock, der bis zu 140 kg wiegen kann. Mit einem sonderbaren knurren gibt er uns zu verstehen, dass wir nicht näher kommen sollen. Als wir im Internet nach dem sonderbaren Tier „googlen“ sticht uns sofort ein Bericht ins Auge, wonach ein Mann
in diesem Park von einer solchen Ziege angegriffen und getötet wurde. Also war unsere Entscheidung wohl richtig, das grasende Vieh in Ruhe zu lassen. Wir verbringen nochmals eine Nacht im Olympic Nationalpark und fahren eine steile und enge Schotterpiste bis zum „Obstruction Point“. Am Ende des Weges gibt es ein Plateau mit einem sagenhaften Panorama. Hier werden wir übernachten. Nach einem  Abendspaziergang kehren wir zu unserem Camper zurück und entdecken grasende Hirschkühe. Beim Nachtessen können wir aus dem Fenster zusehen, wie sie immer näher kommen und schlussendlich
unmittelbar bei uns stehen bleiben. Wir finden es grossartig und schauen ihnen gebannt zu. Irgendwann werden wir müde und richten unser Bett her. Es wird eine eiskalte, sternenklare Nacht, in der unsere Heizung für gemütliche Behaglichkeit sorgt. Doch plötzlich schrecken wir auf. Kratzgeräusche und ein leichtes schütteln des „Geckos“ haben uns aus den Träumen geholt. „Was zum Teufel ist das?“, frage ich Martha. Wir können uns zunächst keinen Reim darauf machen. „Da, schon wieder“, sagt darauf mein Schatz ganz aufgeregt. Schnell schlüpfe ich in die Schuhe und stürme nach draussen. Trotz Dunkelheit erkenne ich, wie zwei Hirsche davonrennen. Mit der Stirnlampe suche ich das Auto nach Spuren ab. Mir sticht sofort die mit einem schleimigen Sekret versabberte Beifahrertür ins Auge. Die Erklärung liegt auf der Hand. „Gecko“ ist in den letzten Tagen an der Küste in feuchter, salzhaltiger Luft gestanden. Diese Ablagerung sind für die Hirsche unwiderstehlich. Noch siebenmal in dieser Nacht renne
ich, wie von der Tarantel gestochen,  aus dem Wagen um die „sch....“ Viecher zu verjagen. Denn wenn man sie gewähren lässt ruinieren sie mit ihrer rauen Zunge den Lack. Nach wenig Schlaf, dafür mit toller Aussicht, fahren wir am nächsten Morgen die Piste zurück bis zur asphaltierten Strasse. Unser Ziel ist die Fähre in Port Angeles. Übers Internet haben wir eine Passage nach Vancouver Island gebucht. Das Verladen am Hafen ist nur noch eine Formsache. Mit der Voranmeldung haben wir einen Code erhalten, der bei der Einfahrt zu den Terminals abgefragt wird.  Nach einer kurzen Wartezeit werden wir in den Bauch des Schiffes gelotst. Alles geht schnell aber trotzdem ruhig und unaufgeregt. Die Überfahrt auf die Insel dauert ca. 1,5 Stunden. Damit sagen wir vorübergehend den USA adieu und betreten erstmals beim Verlassen der Fähre kanadischen Boden. Die USA haben uns bis auf wenige Ausnahmen ausserordentlich gut gefallen. Begünstigt von meist perfektem Reisewetter haben wir die grossartige Natur des Westens, die interessanten Stätte und die liebenswerten Menschen kennengelernt. Wenn wir nach unserem Trip durch den Hohen Norden wieder in Nevada in die USA einreisen, erwarten uns sicherlich noch viele Naturschönheiten in den einmaligen Nationalparks der Vereinigten Staaten.


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