Utah

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie


18.09. - 27.09.2015  Vom Bear Lake zum Antilope State Park, Salt Lake City,

Bonneville, Park City, Capitol Reef NP, Grand Staircase-Escalante NM,

Dead Horse SP in den Canyonlands NP


Heute reisen wir von Wyoming in den Bundesstaat Utah. Der Beiname dieses Staates lautet „The Beehive State“ – der Bienenstaat. Die Namensgebung erklärt sich daraus, dass die gründenden Mormonen den
Bienenkorb als Symbol des Fleisses zum Leitmotiv des Territoriums machten. Das Bienenkorbsujet ziert sogar die meisten Strassenschilder von Utah. Als einzige der US-Staaten haben Utah, Colorado, New Mexico und Arizona einen gemeinsamen Grenzpunkt „Four Corners“. In Utah herrscht extremes Steppenklima, d. h. es gibt verhältnismässig heisse Sommer und kalte, schneereiche Winter. Viele der populärsten Nationalparks im Südwesten der USA befinden sich in Utah. Deshalb werden wir genügend Zeit einplanen, um auf ausgedehnten Touren diese Naturschönheiten zu entdecken. Wenn man mit dem Camper unterwegs ist kommt man oft mit Gleichgesinnten ins Gespräch und es werden rege Reiseerfahrungen ausgetauscht. So haben wir von einem State Park erfahren, der besonders schön sein soll und vom Tourismus noch weitgehend verschont geblieben ist. Dieser befindet sich vor den Toren von Salt Lake City auf Antelope Island, einer Insel im Grossen Salzsee. Dieser ist über einen befahrbaren Damm mit dem Festland verbunden. Am Kassenhäuschen erkundigen wir uns nach Übernachtungsmöglichkeiten auf der Insel. Die nette Rangerin zeigt uns auf einer Karte zwei Campgrounds und gegen eine Gebühr von 10 Dollar
reserviert sie einen schön gelegenen Standplatz direkt am Wasser. Im 115 km² grossen Naturreservat leben u.a. Bisons, Pronghorn-Antilopen, Maultierhirsche und Dickhornschafe. Da es auf der Insel auch Raubtiere wie Kojoten, Luchse und Adler gibt, hält das natürliche Räuber-Beute-Verhältnis die Populationen in Grenzen. Ausgedehnte Wegenetze für Wanderer führen zu Stränden der Buffalo Bay, der Bridger Bay oder der White Rock Bay. Beim Aussichtspunkt Egg Island Overlook führt ein schmaler Pfad an blühenden Wiesen mit Buschsonnenblumen vorbei auf einen Hügel, von dem aus wir die ganze Insel überblicken. Im Tal erkennen wir Bison- und Antilopenherden, die auf salzhaltigen Weiden grasen. Das ganze Szenario ist eingebettet in eine von türkisblauem Wasser umgebener  Küstenlandschaft des Grossen Salzsees. Auf unbefestigten Strassen fahren wir zu weiteren Aussichtspunkten und begegnen dabei Cowboys und -girls, die hoch zu Ross die Insel erkunden. Auf der Ostseite von Antelope Island fahren wir zur 1848 erbauten Fielding Garr Ranch. Im Ballenberg ähnlichen Betrieb (teils Farm, teils Museum) zeigt man den Besuchern auf anschauliche Weise das einfache und harte Leben während der Siedlerzeit. Zu vorgerückter Stunde erreichen wir unseren Campground in der White Rock Bay. Er gehört zu den Campingplätzen mit wenig Infrastruktur, ohne Strom und Wasser. Das spielt aber keine Rolle, denn wir sind autark unterwegs und können uns während Tagen weitgehend selbst versorgen. Martha ist überglücklich, dass wir WC und Dusche im Camper haben, denn bei einem Blick aus dem Fenster bemerkt sie, dass sich rund um unser
„Womo“ eine Bisonherde häuslich eingerichtet hat und hier ebenfalls nächtigen wird. Obwohl die stattlichen Tiere in der Regel friedliebend sind ist es ratsam, ihnen nicht zu nahe zu kommen. So verbringen wir einen gemütlichen Abend im Wohnmobil mit Blick auf die weidenden Bisons und die am Horizont langsam untergehende Sonne. Eine sternenklare, kalte Nacht legt sich über den State Park. Am nächsten Morgen fahren wir über den Damm zurück ans Festland und verlassen Antelope Island Richtung Salt Lake City. Die Hauptstadt des US-Bundesstaates Utah zählt rund 200'000 Einwohner. Der weitaus grössere Teil der Menschen (1 Mio.) lebt in den Vororten der Metropole, die von unansehnlichen Industrieanlagen wie z.B. einer Ölraffinerie geprägt sind. Salt Lake City wurde 1847 von Mormonen gegründet. Auch heute noch gilt die Stadt als Zentrum der Kirche „Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“. Die Gebäude der Innenstadt sind eine beeindruckende Sammlung alter und neuer Strukturen. Einerseits gibt es Hochhäuser aus Stahl und Glas mit 20 Stockwerken, daneben Bauwerke des 19. Jahrhunderts aus Ziegelstein. Der höchste Bau der Stadt ist die 26-stöckige Verwaltungszentrale der
Kirche. Salt Lake City gehört neben Israel weltweit zu den beliebtesten Reisezielen des Religions-Tourismus – nicht zuletzt aufgrund des Temple Squares, der im Herzen der Innenstadt liegt. Mit jährlich drei bis fünf Millionen Besuchern ist der religiöse Platz des Mormonentums die am meist besuchte Attraktion Utahs. Was uns auf anhieb auffällt sind die breiten Strassen, die schachbrettartig angelegt sind. Die meisten verlaufen genau von Norden nach Süden oder Osten nach Westen. Alles ist akkurat und sauber. Wir sehen kein einziges sanierungsbedürftiges Gebäude. Die Gartenanlagen sind
perfekt gepflegt und hergerichtet. Die Leute (Mormonen) sind adrett gewandet, Frauen und Mädchen in hübschen Kleidern, Männer und Jungs im Anzug mit Krawatte. Wir in unserer Outdoor-Fashion kommen uns etwas „underdresst“ vor. Das von Kirchengebäuden dominierte Zentrum repräsentiert die Macht der Glaubensgemeinschaft. Junge, äusserst engagierte Mormonen bieten Führungen (inkl. Bekehrungsversuche) ins Reich der HLT-Kirche an. Martha und ich, beide Atheisten, verzichten bewusst auf diesen Gratisservice. Wir möchten uns nicht auf fruchtlose Glaubensdiskussionen einlassen, die für beide Seiten nicht zielführend wären. Stadtessen nehmen wir uns die Zeit und schlendern durch Einkaufspassagen und gelangen schlussendlich auf den Capitol Hill zum eindrücklichen Parlamentsgebäude, das über der Stadt thront. Momentan ist Sessionspause und so können wir das ganze Anwesen von innen und aussen ohne die sonst üblichen Sicherheitskontrollen besichtigen. Das monumentale Gebäude mit der weitläufigen Parkanlage passt perfekt zu den pompösen Kirchenbauten in der City. Unweit der in einem Talkessel gelegenen Hauptstadt liegt Park City, das wir über eine abwechslungsreiche Passfahrt erreichen. Wintersport ist die Haupteinnahmequelle der vom Tourismus lebenden Stadt. Im Rahmen der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City fanden hier die Snowboard- sowie Slalomwettbewerbe statt. Auf der Bob- und Rodelbahn werden regelmässig internationale Wettkämpfe durchgeführt. In den Bergregionen liegt momentan noch kein Schnee. Das hält
jedoch die Skiakrobaten nicht davon ab, uns ihr akrobatisches Können zu beweisen. Im Trainingszentrum der amerikanischen Nationalmannschaft holen sich die Athleten den letzten Schliff für die kommende Saison. Von einer Terrasse aus beobachten wir die waghalsigen Kunstspringer, wie sie über drei unterschiedlich grosse Schanzen Anlauf holen und auf spektakuläre Art und Weise ihre Saltos und Schrauben drehen, bevor sie mehr oder weniger sanft im wohl temperierten Schwimmbecken landen. Wir sind von der Eleganz und Perfektion der sprunggewaltigen Skiakrobaten hell begeistert. Einmal im
Wasser angelangt ist es jedoch vorbei mit der Eleganz. Denn mit Skis an den Füssen schwimmt man nicht besonders ästhetisch. Nach der Springkonkurrenz präsentiert BMW, der Hauptsponsor der Athleten, die neuen Modelle des bayrischen Fahrzeugbauers. Das futuristische Sportcoupé mit zukunftsweisendem Elektroantrieb ist der Publikumsmagnet. BMW beweist mit diesem Fahrzeug, dass Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit gepaart mit einem pfiffigen Styling das Kundeninteresse wecken kann. Der amerikanische Autobauer Tesla, der Vorreiter moderner Elektrofahrzeuge, beweist mit seinen revolutionären Modellen schon seit Jahren, dass sich Ökologie verpackt in einem schönen Design sehr gut verkaufen lässt. In der Nähe von Salt Lake City gibt es für Motorsportinteressierte eine jährlich wiederkehrende Veranstaltung, die man nicht verpassen sollte. Die legendären Bonneville Salt-Flats-Speed-Weeks finden in ein paar Tagen auf dem Grossen Salzsee im
nördlichen Teil des US-Bundesstaates statt. Es handelt sich dabei um Geschwindigkeitsrekorde von Fahrzeugen und Motorräder mit Verbrennungsmotoren und Strahltriebwerken. Bei der ersten Austragung im Jahr 1914 beschleunigte der Rennfahrer Teddy Tetzlaff seinen Blitzen-Benz auf 228 km/h. 1935 stellt Sir Malcom Campell mit 484 km/h in seinem Blue Bird einen Kolbenmotor-Rekord auf. 1970 fuhr Gary Gabelich mit seinem Raketenauto Blue Flame mit über 1000 km/h über den Salzsee. Leider fällt die Veranstaltung dieses Jahr im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Untypisch für die Jahreszeit regnet es in der besagten Gegend schon seit einigen Wochen und die Oberfläche des sonst knochentrockenen Salzsees ist völlig aufgeweicht. Es ist deshalb unmöglich bei diesen Verhältnissen auf Rekordjagd zu gehen. Ein herber Rückschlag für meine Rennfahrerseele. Erfreuen wir uns halt nicht an den Wundern der Technik sondern an den Schönheiten der Natur und fahren Richtung Capitol Reef Nationalpark. Dieser Park zeichnet sich durch eine geologische Besonderheit namens „Waterpocket Fold“ aus. Eine gigantische, gekrümmte Falte in der Erdkruste
erstreckt sich über 160 km. Diese eindrucksvolle Felsenwölbung ist vor 65 Millionen Jahren durch gewaltige tektonische Kräfte entstanden. Der Park besteht aus spektakulär erodierten bunten Klippen, in den Himmel ragenden Spitzsäulen, starren Monolithen, sich windenden Schluchten und anmutigen Felsbögen. Wir erkunden den Park auf einer 40 km langen Schotterpiste. Über dieser Panoramastrasse erheben sich schillernd gefärbte Felsen und weisse Steindome. Entlang der Piste gibt es Aussichtspunkte und Wanderwege zu abgelegenen Schluchten und eindrücklichen Steinbögen.
Wir unternehmen zwei mehrstündige Wanderungen zum „Grand Wash“ (Grosses Schwemmland), und in die „Capitol Gorge“ (Kapitol Schlucht). Die Pfade führen in tiefe, gewundene vom Wasser geschliffene Schluchten mit senkrecht aufragenden Wänden. Indianer lebten schon 700 n. Chr. in dieser Gegend. Sie gingen auf die Jagd sammelten Beeren bauten aber auch Mais, Bohnen und Kürbisse an. Sie hinterliessen nur wenige Spuren. Einzig Felsenmalereien (Piktographen) und Ritzzeichnungen (Petroglyphen) an den Canyonwänden sind Zeitzeugen ihrer vergangenen Kultur. Zwischen dem Captitol Reef Nationalpark und dem Grand Staircase-Escalante National Monument, unserer nächsten Destination, liegen nur ca. 50 km. Auf halbem Weg suchen wir uns einen naturbelassenen Campground im Dixie National Forest. Die meisten State Park Campingplätze haben eine sogenannte Selbstregistrierung. Das funktioniert folgendermassen: Man sucht sich einen geeigneten Standplatz, geht anschliessend zur Registratur beim Campingplatzeingang, füllt ein bedrucktes Kuvert mit Stellplatz- und Kontrollschildnummer, Aufenthaltsdauer und einigen persönlichen Daten aus. Legt den zu bezahlenden Betrag ins Kuvert und wirft dieses in den dafür vorgesehenen Briefkasten. Doch beim „Singletree“ Campground, unserem heutigen Übernachtungsplatz, können wir trotz intensiver Suche keine entsprechende Zahlstelle finden. Zum Glück fahren nach geraumer Zeit zwei junge Parkranger in ihrem Pickup vor. Martha geht sofort auf sie zu und erkundigt sich nach den Zahlungsformalitäten für den Campingplatz. An unserem Kontrollschild erkennen die beiden aufgestellten Ranger sofort, dass wir aus der Schweiz sind. Sichtlich erfreut darüber, dass wir die USA im eigenen Camper bereisen sagen sie nach kurzer Beratung, dass wir nichts bezahlen müssen, sprich gratis übernachten dürfen. Sie wünschen uns einen schönen Aufenthalt und verabschieden sich freundlich. Einfach toll die Gastfreundschaft der „Amis“. Am nächsten Morgen sind es nur noch wenige Kilometer zum Grand Staircase-Escalante. Dieser Park ist nochmals eine Spur rauer und wilder als der Capitol Reef NP. Hierher „verirren“ sich nur wenige Touristen. Gerade deshalb ist das Naturerlebnis noch eindrücklicher. Von der spektakulären Grand Staircase mit seinen Felsen und Terrassen, über das raue Kaiparowits Plateau bis zu den Wundern der Escalante Flussschluchten bieten die weiten Landschaften den Besuchern ein besonderes Erlebnis. Grosse
Entfernungen, enorm schwieriges Gelände und eine Abgeschiedenheit, die es in den USA ausserhalb von Alaska nur selten gibt, zeichnen diese Region aus. Auf der Burr Trail Road cruisen wir zu den Naturschönheiten, unternehmen kleine Wanderungen und fahren auf spektakulären Pisten und staubigen Passstrassen wieder in den südlichen Teil des Capitol Reef NP. Endlich findet die Rüttelpiste über Stock und Stein ein Ende und wir haben wieder eine asphaltierte Strasse unter den Rädern. Unsere nächsten Ziele heissen Canyonlands NP und Arches NP. Zwei Parks für die man sich genügend Zeit
nehmen sollte. Um die Anfahrtswege kurz zu halten ist es von Vorteil, direkt in den Naturschutzgebieten zu campieren. Leider sind die Campingplätze auch ausserhalb der Saison auf Wochen hinaus ausgebucht. Weil wir spontan reisen und uns nicht lange im voraus auf Ziele festlegen wollen, müssen wir uns notgedrungen ausserhalb der Nationalparks einen geeigneten Stellplatz suchen. „Wild“ campieren ist in der Nähe von touristischen Zentren wie z.B. Moab fast nicht möglich. Nach einigem Suchen finden wir aber einen strategisch gut gelegenen Campingplatz nur einige Minuten ausserhalb des Canyonlands NP. Wir haben grosses Glück und können uns einen Stellplatz mit toller Fernsicht ergattern. Wir gönnen uns einen „freien“ Nachmittag und frönen dem „Dolce far niente“ in dem wir in der Sonne liegen, die Beine hoch legen und bei einem kühlen Drink die Landschaft geniessen. Am nächsten Morgen fahren wir zunächst zum Dead Horse Point State Park. Von der südlichen Spitze geniessen wir einen tollen Ausblick auf den über 600 m tiefer gelegenen Colorado River, der an dieser Stelle eine 180°-Kehre macht. Der Name des Gebiets ist auf die Nutzung im 19. Jahrhundert
zurückzuführen, als Cowboys und Pferdediebe das Hochplateau als natürliche Koppel benutzten. Pferde für die Zucht wurden aussortiert und mitgenommen. Für die zurückgelassenen Tiere endete die Gefangennahme tödlich, weil es auf der kargen Fläche kaum Nahrung und Wasser gab. Sie verdursteten elendiglich, während 600 m unter ihnen der Colorado vorbeifloss. Unmittelbar an den State Park grenzt der Canyonlands Nationalpark. Inmitten des Colorado Plateau gelegen, umfasst dieser eine riesige Wildnis aus Fels und Stein. Wasser und die Gesetze der Schwerkraft waren die Hauptarchitekten dieser Landschaft, die aus flachen Sedimentschichten hunderte farbige Schluchten, Tafelberge, Steinsäulen und -bögen schufen. Im Herzen dieser Landschaft befinden sich zwei grosse Täler, die durch den Green und Colorado Fluss geformt wurden. Von Island in the Sky reicht der Blick von den Tiefen Canyons bis zu den hohen Bergspitzen. Von hier aus hat man eine fantastische Panoramasicht von unglaublicher Dimension. Direkt beim schön gestalteten Visitor Center führt eine verschlungene, extrem steile Piste (Shafer Trail Road) in engen Serpentinen zum 600 m tiefen
Colorado River. Ich sehe mir von oben diese verrückte Piste an. Martha bemerkt offenbar das Funkeln in meinen Augen und sagt sogleich: „das ist nur etwas für handliche und kleine Geländewagen – garantiert nichts für ein Wohnmobil“. Eigentlich müsste ich beipflichten doch der Reiz ist gross, es zumindest zu versuchen. „Was heisst hier versuchen“, sagt mein Schatz aufgeregt. „Wenn wir es nicht schaffen, können wir auf der engen Piste keinesfalls wenden“. „Ja das ist so – ich will ja nicht mitten im Steilhang wenden sondern ganz hinunter fahren“, sage ich beschwichtigend. Nach einiger Überzeugungsarbeit
willigt meine bessere Hälfte schweren Herzens ein und wir fahren die Piste hinunter. Weil das Kreuzen nur an wenigen Stellen möglich ist muss man vorausschauend fahren und auf evtl. entgegenkommende Fahrzeuge achten. Doch wir haben Glück, es kommt uns niemand entgegen. Ganz vorsichtig im Schritttempo geht es talwärts und nach ca. 20 Min. haben wir es geschafft und sind wohlbehalten am Fuss des Canyons angelangt. Auf einer anspruchsvollen Piste fahren wir behutsam ostwärts Richtung White Rim. Die Perspektive von unten auf die Tafelberge ist gigantisch. Ausser Kakteen und Steppengras gedeihen hier nur wenige Pflanzen. Nur in unmittelbarer Nähe von Wasser ist die Flora artenreicher. Obwohl der Canyonlands Nationalpark ein Touristenmagnet ist, begegnen uns auf dem ausgedehnten Off-Road-Trip gerade mal zwei Fahrzeuge. Weil wir heute noch eine grössere Wanderung im Nationalpark unternehmen wollen fahren wir nach einem kurzen Picknick wieder zurück. „Gecko“ meistert die steile Piste hinauf zum Visitor Center ohne zu murren. Plötzlich kommt uns aber im dümmsten Moment ein Jeep, besetzt mit vier gut gelaunten Frauen, entgegen. Kreuzen ist nicht möglich, doch wenn die Mädels ein paar Meter zurückfahren würden, sollte es eigentlich gehen. Doch dazu können sie sich mangels Fahrpraxis nicht entschliessen. Sie fürchten sich vor den steil abfallenden Felswänden. Also müssen wir ca. 30 m zurücksetzen und bis wenige Zentimeter an den Abgrund heran fahren. Das Manöver ist kein grosses Kunststück, denn im Rückspiegel sieht man das eigene Hinterrad und kann genau bis zur Strassenkante manövrieren. Nichts desto trotz stösst Martha beim Zurückfahren panikartige Naturlaute aus, was wesentlich zur guten Stimmung beiträgt. Beim „Grand View Point Overlook“, dem letzten Aussichtspunkt des heutigen Tages, unternehmen wir eine letzte Wanderung. Entlang der Abbruchkante
führt der Weg über Steinbögen am Kliff entlang. Die grandiose Sicht auf das Gebiet des „White Rim“ ist bei untergehender Sonne doppelt spektakulär. Es begegnen uns kaum Leute. Deshalb geniessen wir die beeindruckende Szenerie still und leise für uns alleine. Wieder ist ein ereignisreicher Tag zu Ende und wir gehen heute ausnahmsweise früh zu Bett, denn am Nächsten Morgen fahren wir bereits in den nächsten Park. Von unserem Campground aus ist es gerade mal eine halbe Stunde Fahrt in den vor den Toren  Moab's gelegenen Arches Nationalpark. Er besitzt an die 2000 natürliche
Steinbögen. Doch angesichts der majestätischen Landschaft sind Zahlen nicht entscheidend. Überall erblicken wir Felsenbögen, riesige Pilzsteine, Türme, Zinnen und Kuppeln aus glattem Slickrock, die in den Himmel ragen. Hoch über dem Colorado River bildet der Park eine weitläufige Landschaft, die durch Erosion geformt wurde. Die meisten Felsbildungen im Arches NP sind aus weichem, roten Sandstein, die vor 150 Mio. Jahren entstanden sind. Die Landschaft scheint unzerstörbar, doch der Schein trügt. Die Millionen Besucher pro Jahr gefährden das sensible Ökosystem der Hochwüste. Wer die Einsamkeit sucht, wird sie im Arches Nationalpark definitiv nicht finden. Viele Tagestouristen, vor allem aus dem asiatischen Raum, strömen täglich zu tausenden in den Park. Insbesondere die Chinesen fallen uns unangenehm auf. Sie sind laut, unanständig und äusserst arrogant. Aber die Macht des Geldes zwingt die Tourismusindustrie sich der unerfreulichen asiatischen „Kultur“ anzupassen. Wir jedenfalls suchen jeweils das Weite, wenn Chinesen bussweise zu den Sehenswürdigkeiten „gekarrt“ werden. Da es im Arches viele Wandermöglichkeiten gibt, können wir der
asiatischen Invasion elegant ausweichen. Denn sobald ein Aussichtspunkt weiter als ein paar Hundert Meter Fussmarsch entfernt ist, sind kaum mehr Chinesen zu sehen. Entlang der Pfade verschiedener Länge und Schwierigkeitsgraden, gelangen wir zu den Highlights des Parks, wie z.B. dem „Balanced Rock“ oder „Delicate Arch“, den wir über eine schweisstreibende Wanderung bei brütender Mittagshitze erreichen. Bei diesem Sandsteinbogen (36 m breit und 88 m hoch) hat sich die Natur in ihrer Schönheit selbst übertroffen. Der Weg zu diesem Schmuckstück ist zwar anstrengend aber absolut
lohnenswert. Mit Öffnungen von einem Meter Länge, bis hin zur längsten Steinbrücke der Welt, dem Landscape Arch, dessen Spannweite 93 Meter beträgt, gibt es im Arches Nationalpark alles zu sehen. Auch heute noch bilden sich stetig neue Steinbögen, während die alten zunehmend verfallen. Erosion und Verwitterung schreiten nur langsam aber unaufhaltsam voran. Das Landschaftsbild ist einer endlosen dynamischen Veränderung unterworfen. Am heutigen Tag sind wir unter dutzenden Steinbögen gestanden und an ihnen hochgeklettert. Immer wieder sind wir von der Schaffenskraft der Natur begeistert und es wundert uns, dass die oftmals fragilen Gebilde nicht schon längst zusammengebrochen sind. Die Panoramastrasse führt uns zum „Fiery Furnace“. Hier stehen dicht gestaffelte Felsbrocken und bis zu 60 m hohe Steinplatten. Leicht kann man sich im Labyrinth tiefer Kerben und schmalen Passagen ohne erkennbaren Ausgang verirren. Aus Sicherheitsgründen darf man diese Naturschönheiten seit ein paar Jahren nur noch unter Führung eines Rangers besuchen. Um den ganzen Park zu erkunden benötigt man mindestens zwei Tage. Wir lassen uns von dem regen Publikumsinteresse nicht abschrecken. Trotz der vielen Menschen finden wir immer wieder ein ruhiges Plätzchen und sind vom Nationalpark mit den gewaltigen Steinbögen fasziniert. Auf dem Weg Richtung Monticello fahren wir nochmals in den Canyonlands Nationalpark. The Needles, so heisst der Distrikt, ist eine erstaunliche
Landschaft gebildet aus Felssäulen, Natursteinbögen und Schluchten. Hierher verirren sich nur wenige Touristen. Die dominierenden Formationen sind aber die Needles selbst: rötlich-weiss gestreifte Felszinnen. Erdbewegungen haben dem Gestein zugesetzt und Erosion durch Wasser, Wind und Frost haben die heutigen Felsformationen geschaffen. Grasflechen wie der 4 km² grosse Chesler Park bilden einen auffallenden Kontrast zu den nackten Felsen. Wie schon im Arches National Park befinden sich im Needles-Distrikt eine stattliche Anzahl faszinierender Natursteinbögen. Kurz vor dem Visitor Center gelangen wir zu einigen Gesteinsformationen mit gut erhalten Felsenmalereien der Urbevölkerung. Auf einer Wanderung gelangen wir über Felsleitern zu ehemaligen natürlichen Unterständen und Behausungen der Indigenen Bevölkerung. Die gewaltigen Felsüberhänge boten Schutz vor Wind und Wetter. An den Steilwänden sprudeln z.T. noch heute Trinkwasserquellen. Heute ist mal wieder wildes Campieren angesagt. Es wird eine spezielle, sternenklare Nacht mit einer spektakulären Mondfinsternis. Langsam schiebt sich der Schatten der Erde über die kreisrunde Scheibe des Mondes. Für kurze Zeit tauchen wir in völlige Dunkelheit ein. Nach fast einer Stunde ist das Spektakel vorbei. Der Erdschatten gibt den Erdtrabanten wieder frei und der Vollmond erhellt die majestätische Landschaft von Neuem. Ein tolles Erlebnis, das uns tief in der Seele berührt. Für die nächsten Tage unternehmen wir einen kurzen Abstecher nach Colorado, wo wir weitere Nationalparks im Südwesten der USA besuchen.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Colorado (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.