Utah

Teil 2


Reisebericht
Bildergalerie


12.10. - 20.10.2015  Von Page zum Natural Bridges NM, Goosenecks SP,

Mexican Hat, Monument Valley, Bryce Canyon, Kodachrome Basin SP,

Cedar Breaks NM, Zion NP, Las Vegas nach Zürich

Nach dem kurzen aber lohnenswerten Trip in den Bundesstaat Colorado, fahren wir heute wieder nach Utah. Über Durango reissen wir zum Natural Bridge Monument. Es handelt sich um eine Region, die nur von wenigen Touristen besucht wird. Gerade deshalb ist sie für uns doppelt interessant. Drei riesige, von Flüssen ausgewaschenen Sandsteinbrücken locken uns zum entlegenen Park. Noch bevor wir die Natural
Bridges erreichen, fahren wir durch eine atemberaubend schöne Landschaf, die uns durch ihre Weite und Unberührtheit begeistert. Über eine Buckelpiste gelangen wir auf ein Plateau, wo wir die ganze Szenerie überblicken. Ein perfekter Übernachtungsplatz, bei dem ein prächtiger Sonnenuntergang die Wildnis zum leuchten bringt. Am Nächsten Morgen fahren wir in den Park, in dem eine 14 km lange Panoramastrasse Aussichtspunkte und Wanderwege verbindet. Im Laufe von Millionen Jahren haben plötzlich auftretende Springfluten Steinbrücken im ansonsten trockenen, rund 150 m tiefen Bachbett herausgearbeitet. Anasazi-Indianer nutzten bis vor 700 Jahren die oberen Felsüberhänge des Canyons zur Besiedlung. Reste der einfachen Behausungen besichtigen wir während einer Rundwanderung. Auf weiteren drei kurzen Trails gelangen wir an Klippen entlang über Felsleitern zu gewaltigen Felsbrücken, deren wahren Ausmasse erst zur Geltung kommen, wenn man direkt unter ihnen steht. Im Bachbett kämpfen wir uns durch dichtes Grün. Ein Farbtupfer in einer von Felsen dominierten Landschaft. Nach langem Suchen finden wir Felszeichnungen im schwer zugänglichem Gelände. Weil vor ein paar Tagen Hochwasser weite Regionen Unterwasser gesetzt haben, ist der Marsch über das schlammige Gelände kräftezehrend. Ab und zu sinken wir fast knietief in den Morast ein. Doch man muss das Ganze positiv sehen – Schlammbäder sollen ja äusserst gesund sein. Auf
unserer Weiterfahrt gelangen wir zum Goosenecks State Park. Er liegt im Südosten des US-Bundesstaates, nicht weit entfernt von Mexican Hat und dem Monument Valley. Vom Aussichtspunkt erblicken wir den San Juan River, der sich während Millionen Jahren 300 m tief ins Gestein gegraben hat. Der Fluss windet sich auf einer Länge von 8 km vor und zurück. Ein weiteres Fotomotiv ist der legendäre Mexican Hat, eine Felsformation, die einem mexikanischer Sombrero ähnelt. Von hier aus sind es nur noch wenige Kilometer bis zum aus Wildwestfilmen bekannte Monument Valley. Es liegt im Navajo Reservation und ist kein staatliches Schutzgebiet. Deshalb gilt hier unser Nationlparkpass nicht und wir müssen einen happigen Eintrittspreis berappen. Auch der schlichte Campinglatz im Innern des Parks kostet ein kleines Vermögen. Wir empfinden es aber nicht als Abzocke, schliesslich wurden die ansässigen Indianer von den Weissen über Jahrzehnte diskriminiert, abgeschlachtet und vertrieben. Es ist völlig in Ordnung, dass die indigene Bevölkerung nun wenigstens finanziell den Park vermarktet. Leider sind es aber nur wenige indianisch stämmige Familien, die das grosse Geld scheffeln. Der grösste Teil der Indianer gehen leer aus und muss ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Krimskrams an Touristen bestreiten. Haufenweise bieten sie Souvenirs „Made in China“ an. Keine andere Landschaft steht so für die Weite des amerikanischen Westens wie das Monument
Valley. Obwohl die Felsgebilde im Park atemberaubend schön sind, stören die unzähligen Verkaufsstände, die meist direkt vor den Fotomotiven platziert sind. Wir fahren mit unserem „Gecko“ auf der Valley Road ins Tal der Tafelberge. Eigentlich ist die Naturpiste für Wohnmobile gesperrt. Mit unserem Allradcamper dürfen wir jedoch bestimmte Teile des Parks selbständig erkunden. Die stark rötliche Färbung der Felsen wird durch Eisenoxid in den Gesteinsschichten hervorgerufen. Vor etwa 70 Millionen Jahren wurde das einstige Becken durch stetigen Druck von unten angehoben. Wind, Regen und
grosse Temperaturschwankungen haben danach durch Erosion die gewaltigen Tafelberge geschaffen. Besonders stimmungsvoll wirkt der rotglühende Sandstein in der Abendsonne oder wenn sich die Silhouette der Felstürme bei Sonnenaufgang gegen den sich aufhellenden Himmel abzeichnet. Im Winter kann das Tal aufgrund der Höhenlage mit Schnee bedeckt sein. Das Monument Valley ist für die Navajos ein heiliger Ort. Die wenigen Behausungen der Indianer am Fuss der Felsen dürfen aus religiösen Gründen nicht fotografiert werden. Nach
zwei Tagen verlassen wir den Park mit einem zwiespältigen Gefühl. Zum Einen werden uns die bezaubernden Tafelberge unvergesslich in Erinnerung bleiben zum Andern ist die unschöne, kommerzielle Vermarktung dieses „Heiligtums“ äusserst fragwürdig. Auf unserem Weg zum Bryce Canyon Nationalpark fahren wir auf einer Nebenstrasse zu den Coral Pink Sand Dunes im Süden Utahs. Diese zeichnen sich durch extrem feinen Sand mit einer intensiven Pinkfärbung aus. In der äusserst dünn besiedelten Gegend wurden Filme wie Ali Baba und die 40 Räuber (1943) und Timbuktu (1959), gedreht. Ansonsten bietet die Region nicht viel Sehenswertes. Unser Fazit lautet: Den Park muss man nicht unbedingt gesehen haben, dafür aber den Nationalpark, in den wir jetzt fahren. Vermutlich sind die Erosionskräfte nirgends greifbarer als im Bryce Canyon. Das Gewirr farbiger Felspyramiden (Hoodoos) zieht jedes Jahr fast 2 Mio. Besucher in ihren Bann. Die Felsnadeln erreichen eine Höhe von bis zu 60 Meter. Die so entstandenen Amphitheater erstrecken sich über eine Länge von über 30 km. Der Bryce-Canyon-Nationalpark befindet sich auf rund 2700 m ü.M. und liegt wesentlich höher als der nahegelegene Zion- und der Grand-Canyon-Nationalpark. Wasser hat die zerrissene Landschaft vom Bryce Canyon geschaffen. Es sprengt die Felsen, indem es in Spalten
gefriert und dabei ausdehnt. Was ist der Bryce Canyon? Versuche zur Beschreibung führen zu Paradoxien. Eine Höhle ohne Decke? Ein Wald aus Stein? Selbst der Begriff Canyon ist irreführend, da Bryce durch Frost-Tau-Zyklen, aber nicht durch einen Fluss geschnitzt wird. Die Wälder und Wiesen des Parks beherbergen viele Vögel und Säugetiere. Ein 29 km langer Scenic Drive führt zu insgesamt 13 Aussichtspunkten von denen aus zahlreiche Wanderwege unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrade führen. Bei allen Trails ist darauf zu achten, dass man sich im Hochgebirge in dünner Luft bewegt und im Sommer hohe Temperaturen erreicht werden. Entsprechende Kleidung und genügend Trinkwasser sind bei Wanderungen unabdingbar. Damit wir am kommenden Tag möglichst früh losmarschieren können, übernachten wir auf einem schön gelegenen aber spartanisch eingerichteten Campingplatz in der Nähe vom Parkeingang. Die Nächte sind in dieser Höhenlage und zu dieser Jahreszeit empfindlich kalt. In den frühen Abendstunden sinken die Temperaturen bis auf den Gefrierpunkt. Unsere Dieselheizung sorgt jedoch für ein wohliges Ambiente im Camper. Aussen an den Fenstern bilden sich erste Eisblumen. Die Luft im Bryce-
Canyon-Nationalpark ist so rein und die Gegend aufgrund fehlender Infrastruktur nachts so dunkel, dass man mit blossem Auge Tausende Sterne am Himmel sieht. Am kommenden Morgen fühlen wir uns fit und begeben uns auf eine über 20 km lange Tour, die uns an die tiefsten und höchsten Punkte im begehbaren Teil des Nationalparks führt. Zunächst steigen wir vom Rim in engen Kehren ein paar Hundert Meter hinunter. Obwohl es in der Nacht bitter kalt war steigt die Temperatur schnell auf plus zehn Grad am frühen Nachmittag werden gut zwanzig Grad gemessen. Wir tauchen in die
Wunderwelt des Bryce Canyon ein. Es herrschen perfekte Wetterbedingungen für unsere Tour. Die Sonne strahlt von einem kitschig blauen Himmel und lässt die fantastischen Steinsäulen in den schönsten Rottönen erstrahlen. Wir marschieren an Felswänden entlang durch höhlenähnliche Gebilde, zwängen uns durch schmale Gesteinsspalten und gelangen auf gut ausgebauten Pfaden zu tollen Aussichtspunkten im Labyrinth von abertausenden Hoodoos. Je weiter wir ins Innere des Parks wandern desto fantastischer wird die Szenerie. Das stetige auf und ab, die extrem trockene Luft und die steigenden Temperaturen zwingen uns zu häufigen Trink-Pausen. Natürlich haben wir mit je 1,5 Liter wieder einmal nicht ausreichend Wasser mitgenommen und das kostbare Nass wird schnell weniger. Weil es im Park schon länger nicht mehr geregnet hat sind die Bäche versiegt und die Trinkflaschen können nicht aufgefüllt werden. Also rationieren wir das restliche Wasser und trinken nur so viel wie absolut notwendig. Die tolle Landschaft entlang des Pfades entschädigt mehr als genug und lässt den gelegentlich auftretenden Durst in den Hintergrund treten. Nach einer rund fünfstündiger Wanderung durch die surreale Welt des Brice Canyon gelangen wir nach einem happigen Aufstieg wieder auf die Höhe der Abbruchkante. Doch mit diesem Kraftakt ist unsere Tour noch nicht zu Ende. Weil zu dieser Jahreszeit keine Shuttle-Busse fahren, sind noch über sieben Kilometer Rückmarsch auf dem Rim Trail zu bewältigen. Doch das Erlebte und die stets grandiose Sicht vom Canyonrand entlang des Weges erfreut unser Auge stets von Neuem. Nach einem reich erfüllten Tag schlafen wir jeweils tief und fest und sind am nächsten Morgen ausgeruht und zu neuen „Schandtaten“ bereit. Die Reise führt uns zum Kodachrome Basin State Park, der
nur wenige Kilometer südöstlich des Bryce Canyon liegt. Bei der Ranger Station direkt am Parkeingang entrichten wir den Eintritts-Obolus und erkundigen uns nach Übernachtungsmöglichkeiten. Es gibt nur zwei kleine Campgrounds im Parkgelände und diese sind „Wochenend sei Dank“ längst ausgebucht. Das ist auf der einen Seite schade, weil die Campingplätze in den Parks meistens sehr schön gelegen sind, auf der anderen Seite aber nicht so tragisch, denn es ist ein Wetterwechsel angesagt. Einige drohende Gewitterwolken sind bereits am Horizont zu sehen. Im Kodachrome Basin State Park gibt es fast ausschliesslich Naturstrassen. Diese sind nach heftigen Regenfällen und Überschwemmungen selbst für Allradfahrzeuge kaum passierbar. Für eine kleine Wanderung bleibt jedoch noch genügend Zeit. Im Kessel des State Parks befinden sich stark erodierte Felsformationen in unterschiedlichen Farbtönen von Rot, Gelb, Rosa, Weiss und Braun. Ergänzt wird dieses natürliche Farbspiel mit einer üppig grünen Vegetation. Eine Besonderheit im Parkgebiet ist das Vorkommen zahlreicher spitzer Felsnadeln und Felskamine. Sie sind das Werk ehemaliger Geysire. Der „Grand Parade Trail“ führt uns auf einem 3 km langen Rundweg an diesen Naturschönheiten vorbei. Die dunklen Wolken am Firmament mehren sich und wir entschliessen uns zum Übernachten in den 50 km entfernten Red Canyon zu fahren. Der Park liegt inmitten spektakulärer roter Sandsteintürme, die mit dem Grün der Pinien kontrastieren. Am Fuss des Canyons befindet sich ein Campground mit Strom- und Wasseranschluss für 15 Dollar pro Nacht – was für ein Luxus! Bevor wir am nächsten Morgen weiterfahren erklimmen wir die intensiv roten Felsformationen über einen schmalen und extrem steilen Pfand. Eine wahre Herausforderung für Martha, die nicht ganz schwindelfrei ist. Doch mit viel Mut und Überwindung schafft sie es bis hinauf zum höchsten Punkt. Hinunter ist es noch einen Tick rutschiger. Doch nach einigen akrobatischen Verrenkungen hat auch der Abstieg gekappt. Mein Schatz strotzt nach dieser „Meisterleistung“ vor Selbstvertrauen und legt sich nach einer Unachtsamkeit prompt stolpernd der Länge nach hin. Man soll halt nie den Tag vor dem Abend loben. Zum Glück ist aber ausser einer zerrissenen Hose nichts passiert. Doch meine kleine „Sturzkönigin“ wird sich heute noch ein zweites Mal ungewollt hinlegen. Zunächst aber geht
unsere Reise Richtung Cedar Breaks National Monument. Auf einer schönen und einsamen Passstrasse fahren wir an leuchtenden vom Indian Summer gezeichneten Laubwäldern vorbei, bis auf eine Höhe von 3200 m. Das Wetter ist zwar wechselhaft, es fällt jedoch kein Regen resp. Schnee. Der kleine Park besteht aus zwei halbrunden Hangabbrüchen, deren Formen an Amphitheater erinnern. Sie wurden in Jahrmillionen aus den Schichten der Pink Cliffs ausgewaschen. Wir stehen auf der ersten Aussichtsplattform und sind vom Anblick überwältigt. Die von der zwischen den Wolken
hervorlugenden Sonne beschienenen Felsformationen sind unserer Meinung nach mindestes so imposant wie diejenigen vom Bryce-Canyon-Nationalpark. Doch kaum ein Mensch verirrt sich in diese einsame Gegend weit ab vom Schuss. Aufgrund der Lage im Hochgebirge ist der Park nur zwischen Juni und Oktober für Besucher geöffnet. Wir haben es also grade noch so geschafft und es hat sich wirklich gelohnt. Auf einem nur bei trockenem Wetter begehbaren Naturpfad entlang der Klippen gelangen wir zu spektakulären Aussichtspunkten mit fantastischer Weitsicht. Bis zu Zweitausend Jahre alte von Wind und Wetter geschundene Bäume (Bristlecone pines) säumen den Weg. Diese aussergewöhnlichen Pinien sind echte Charakterbäume. Wild, knorrig und mit aufgeplatzter Rinde wachsen sie in Höhenlangen über 3000 m. Obwohl sie auf nährstoffarmen Böden mit wenig Humus gedeihen sind sie äusserst widerstandsfähig. Selbst heftigste Stürme und extreme Temperaturunterschiede können ihnen nichts anhaben. Voller Bewunderung ob dieser Pflanze stolpert Martha über eine vorstehende Wurzel und landet unsanft auf dem sandigen, mit Steinen durchsetzten Boden. Die kleine Kompaktkamera fliegt im hohen Bogen in den Dreck, bleibt aber glücklicherweise wie mein Schatz von grösseren Blessuren verschont. Nach den beiden Stunt-Einlagen am heutigen Tag gelobt Martha Besserung und wird in Zukunft bemüht sein etwas vorsichtiger zu agieren, was ich ihr natürlich nicht abnehme. Einer der letzten Höhepunkte unseres einjährigen Reisetrips durch den Süd- und Nordamerikanischen Kontinent ist der Zion Nationalpark, den wir auf dem Freeway 15 Richtung Las Vegas erreichen. Der Park wird von zwei Canyons dominiert, dem touristischen Zion Canyon und dem
weniger bekannten Kolob Canyon an der Westseite des Naturschutzgebietes. Diesem gilt unserer erster Besuch. Eine teilasphaltierte Strasse schlängelt sich stetig bergwärts und eröffnet erste Blicke in das gewaltige Bergmassiv. Felsstürze und Erdrutsche nach Regenperioden verschütten regelmässig die mit Aussichtspunkten gesäumte Passstrasse. Auf dem Timber Creek Overlook Trail, einer zweistündigen Wanderung, erkunden wir das Innere des Parks. Hier bildete sich vor 150 Millionen Jahren ein flaches Meer. Kalkhaltiger Schlamm sedimentierte zusammen mit Sand zu einer Gesteinsschicht, in der man noch heute ohne lange Suche Fossilien findet. Am Endpunkt des Trails blicken wir auf den Timber Creek, die Kolob Terrace und auf die Pine Valley Mountains. Für den Besuch dieses Bereichs des Parks muss man je nach Wanderlust einen halben bis einen ganzen Tag einplanen. Für den Hauptteil des Nationalparks, den Zyon Canyon, nehmen wir uns mehrere Tage Zeit. Auf dem Highway Nr. 9 fahren wir von Südwesten her in den Park. Diverse Funde belegen, dass bereits seit 6000 v. Chr. Menschen in diesem Gebiet gesiedelt haben. Zahlreiche Expeditionen führten dazu, dass die Region rund um den Zion Canyon im Jahr 1909 zum Mukuntuweap National Monument erklärt wurde. Tourismus fand anfänglich aufgrund fehlender Infrastruktur nur sehr spärlich statt. Aber mit der Erschliessung durch einfache Strassenverbindungen hat sich das innerhalb weniger Jahrzehnte schnell verändert. Heute gibt es mehr als 240 km Wanderwege im Park. Am Besucherzentrum werden von
Rangern geführte Touren angeboten, ebenso Vorträge über Geologie und Biologie. Auch Führungen zu Pferd sind im umfangreichen Angebot enthalten. Klettern ist bis auf wenige Ausnahmen überall erlaubt. Von den Hochplateaus Utahs zur Wüste hinunter gräbt sich der Virgin River durch eine Schlucht, die so tief und eng ist, dass die Sonne kaum je den Boden erreicht. Wo der Canyon sich verbreitert, schlängelt sich der Fluss um hohe Felswände. Glücklicherweise gelingt es uns, auf einem der beiden Campgrounds im Park einen Stellplatz zu ergattern. Von hier aus erkunden wir in den nächsten Tagen das Naturschutzgebiet. Jeden Abend besuchen uns wildlebende Hirsche, die nur wenige Meter von unserem Camper entfernt nach zarten grünen Trieben suchen. Der mit Wanderwegen und Aussichtspunkten gespickte Zion Canyon Scenic Drive ist von März bis Oktober für den privaten Strassenverkehr gesperrt. Jedoch erschliessen während diesen Monaten kostenlose Shuttle-Busse den Parkabschnitt. Das kommt uns sehr gelegen. Wir lassen unseren „Gecko“ auf dem Campground stehen und steigen in den nur wenige Gehminuten entfernten Bus. Bei jeder Sehenswürdigkeit hält dieser an und im „Hop-on-hop-off-System“ steigen wir aus, gehen auf Wanderschaft, steigen bei der Rückkehr in den nächsten Bus und fahren weiter. Am Ende der Strasse besichtigen wir nach kurzer Wanderung eine Felsformation mit dem Namen „Temple of Sinawava“, eine enge Schlucht mit gewaltigen Felsen und einem Fluss, der sich in Jahrmillionen sein Bett ins Gestein gegraben hat. An seinen Ufern gedeiht üppiges Grün in denen seltene Tierarten wie z.B. Baumfrösche und Leguane heimisch sind. Über 200 Vogelarten leben in dieser Flusslandschaft. Vor einer Woche sind in der ganze Region heftige Regenfälle niedergegangen. Wegen Erdrutschen und dem unter Zufluss gewaltiger Wassermassen angeschwollenen Virgin River,
musste der ganze Park gesperrt werden. Überall sind die Spuren der Überschwemmungen zu sehen. Sand- und Schlammbänke haben Wanderwege zugedeckt. Ein noch gut begehbarer Pfad führt uns zu den Emerald Pools. Es sind natürliche Becken im Fels, die von Wasserfällen gespeist werden. Das unterste dieser Becken ist eine von Ahornbäumen gesäumte Oase. Bei der schön gestalteten Zion Lodge gibt es zahlreiche Picknickplätze, wo wir rasten und eine Kleinigkeit essen. Diese Stärkung benötigen wir dringend, denn von hier aus startet der „Angels Landing Trail“ auf einen der populärsten Berge im Nationalpark. Zum Gipfel des Angels Landing führt ein über weite Strecke gut ausgebauter und gesicherter Wanderweg. Dieser ist aufwendig in den Fels hinein gebaut, sehr steil und kräfteraubend. Während dem anstrengenden Aufstieg geniessen wir die grandiosen Aussichten. Das etwa einen Kilometer lange letzte Teilstück sollte nur von schwindelfreien Personen begangen werden. Bei Regen, Gewitter und heftigem Wind wird der Pfad gesperrt. An dieser stelle endet für Martha die Tour, denn beim letzten Teil des Trails ist Klettern angesagt, was sie vernünftigerweise bleiben lässt. Der Grat bis zur Spitze ist stark ausgesetzt ist aber teilweise mit Halteketten versehen. Einige Passagen sind jedoch völlig ungesichert. Man klettert nur wenige Zentimeter an 500 m senkrecht abfallenden Felsflanken entlang. Bei normalen Bedingungen wäre das absolut kein Problem. Die Regenfälle der letzten Woche haben jedoch Sand auf die schräg abfallenden Felsen gespült. Das macht die Sache äusserst gefährlich. Ein kurzer Ausrutscher und man bekommt einen nicht gebuchten Freiflug ins Jenseits. Nicht umsonst warnt eine Tafel mit dem Hinweis, dass seit 2004 sechs Menschen beim Aufstieg abgestürzt und ihr Leben verloren haben. Für die meisten „vernünftigen“ Gipfelstürmer ist hier deshalb am heutigen Tag der Weg zu Ende. Vier „Unvernünftige“, zu denen auch ich gehöre, klettern das letzte Teilstück trotzdem bis zum
höchsten Punkt, dem „Angels Landing Viewpoint“. Die Aussicht von hier oben ist gigantisch. Ich blicke auf den über 500 m tief gelegenen Virgin River, der sich um die riesigen Felsgiganten windet und erkenne schemenhaft den Scenic Drive, der weit unten bis ans Ende der Schlucht führt. Ich verbringe einige Minuten in dieser fantastischen Kulisse, bevor es den selben Weg wie ich gekommen bin wieder hinunter geht. Mein Schatz hat unterdessen geduldig auf einem Hochplateau gewartet. Ein toller aber nicht ungefährlicher Klettersteig, denke ich für mich. Es ist mir schleierhaft, warum die sonst so auf Sicherheit bedachten Amerikaner bei diesen misslichen Verhältnissen den Trail nicht sperren. Doch Schlussendlich muss jeder selbst einschätzen können, wo seine Grenzen liegen. Nach dem abwechslungsreichen Abstieg ins Tal besteigen wir wieder den Shuttle-Bus, der uns zum Campingplatz zurück bringt. Am kommenden Tag unternehmen wir mit unserem „Gecko“ einen Ausflug zum Ostende des Parks. Die Strasse führt durch den nur einspurigen und nur rudimentär ausgebauten Mt. Carmel Tunnel. Fahrzeuge, die breiter als 2,38 m oder höher als 3,45 m sind, müssen von Rangern gegen eine Gebühr eskortiert werden. Gleich nach dem Felsdurchstich begeben wir uns auf eine Wanderung zum Canyon Overlook. Vom Ende des Trails überblicken wir den Canyon in seiner ganzen Pracht und erkennen in der Ferne die sich in engen Schleifen windende Passstrasse. Wir fahren einige Kilometer Richtung Mt. Carmel und staunen über die unterschiedlichen Felsformationen. Entlang an skurrilen Gebilden aus Stein gehts bergwärts. Abermals unternehmen wir kleine Exkursionen. Bei einer dieser Wanderungen begegnen wir einem Dickhornschaf. Das einzelne Männchen kommt schnurgerade auf uns zu. Martha sucht Schutz und geht hinter einem Felsen in Deckung. Ich versuche das gehörnte Tier zu bluffen, hebe die Arme und mache mich dadurch grösser als ich bin. Der Schafsbock scheint unbeeindruckt und rennt unvermittelt auf mich zu. Ich bleibe stehen und mache lautstark auf mich aufmerksam. Das scheint zu wirken. Das stattliche Tier rennt zwar weiter, weicht aber mit elegantem „Jump“ über einen Felsvorsprung aus und flitzt wie von der Tarantel gestochen an mir vorbei. In der Regel sind diese Tiere friedlich, trotzdem ist es ein mulmiges Gefühl, wenn so ein kräftiger Schafsbock auf  einen
losstürmt. Unsere Tage im Zion Nationalpark sind langsam gezählt. Am Nachmittag fahren wir ins kleine Dörfchen Springdale und schlendern durch die fast menschenleeren Gassen. Uns sticht ein hübsches kleines Restaurant ins Auge, wo einige Leute in der Gartenterrasse genüsslich Burger mit Pommes „verdrücken“. Bei diesem Anblick verspüren wir ein nachhaltiges Hungergefühl. Während ich einen Tisch reserviere bestellt Martha an der Theke zwei Pizzen. Wir warten eine gefühlte Ewigkeit, doch unser Essen kommt und kommt nicht. Das ist typisch für die „Amis“, sage ich etwas verärgert. Man muss eine Ewigkeit auf das Essen warten und was man schlussendlich serviert bekommt ist kaum geniessbar. Doch diesmal liege ich mit meiner Einschätzung völlig daneben. Nach weiteren Minuten des Wartens wird uns ein Essen vom Feinsten gereicht. Nicht die übliche Fertigware sondern lecker duftende, mit frischen Produkten und einem perfekten Teig hergestellte Pizzen werden serviert. Die schmecken so göttlich, dass jeder italienische Pizzabäcker vor Neid erblassen würde. In Zukunft werde ich mich mit meinen voreiligen und unqualifizierten Äusserungen etwas zurückhalten. Der Termin unseres Heimflugs in die Schweiz rückt in grossen Schritten näher. Nach beschaulichen zwei Tagen im „Valley of Fire“, wo ich Reiseberichte schreibe und Martha „Gecko“ einer gründlichen Reinigung unterzieht, fahren wir ins nahegelegene Las Vegas. Den Camper werden wir für ein paar Wochen einstellen und über die Feiertage zu unseren Liebsten nach Hause fliegen.Wir freuen uns riesig auf die geruhsame Zeit im Kreise von Familie und Freunden, die wir seit einem Jahr nicht mehr gesehen haben. Anfangs Januar werden wir in die USA zurückkehren und rechtzeitig zur grossen Wanderung der Wale in die Baja California nach Mexiko reisen.


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