Western Australia

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie
Videoclips


20.1. - 26.1.2012  Von Auckland nach Perth


Der schwere Abschied von Neuseeland und die Vorfreude auf Australien bringt unsere Gefühlswelt schon einwenig durcheinander. Tell hat extra frei genommen um sich von uns noch persönlich am Flughafen zu verabschieden. Eventuell werden wir uns in einigen Monaten in Australien wieder sehen. Bei prächtigem Sonnenschein hebt die Maschine mit fast einer Stunde Verspätung (technische Probleme) in Auckland ab. Der Captain verspricht uns via Lautsprecherdurchsage einen ruhigen Flug und ist zuversichtlich, dass er die verlorene Zeit wieder aufholen kann. Tatsächlich geht es ohne grössere Rumpler zügig voran. Wir sehen ausser ein paar kleinen Schleierwolken nur den stahlblauen Himmel und das ebenso blaue Meer. Die Flugzeit wird ca. 7,5 Stunden betragen. Diese werden wir auf einer Backe absitzen, wir sind uns ja vom Flug nach Neuseeland (30 Stunden) ganz anderes gewöhnt. Das freundliche Flugpersonal verwöhnt uns mit der bekannt „leckeren“ Bordverpflegung und ist sehr bemüht uns das Reisen so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir studieren die Unterlagen von unserer neuen Destination und lassen uns vom Bordentertainment mit Filmen unterhalten und mit Musik berieseln. Die Zeit vergeht im wahrsten Sinne wie im „Flug“. Unser Pilot hat nicht zuviel versprochen. Er hat fast die ganze Verspätung wieder aufgeholt und wir landen um ca. 17.00 Uhr (Ortszeit) in Perth. Das Flugpersonal hat uns bereits über die aktuellen Temperaturen in der Region aufgeklärt, damit wir uns Mental auf die kommende „Hitze-Periode“ vorbereiten können. Bekannte haben uns bezüglich der Einreise in Australien gesagt, dass es bei der Immigration und  beim Zoll ziemlich kompliziert werden könnte. Da wir beabsichtigen ein Jahr in Australien zu bleiben, haben wir kein Rück- oder Weiterreiseticket gekauft. Ein solches wird aber oftmals verlangt, sonst wird die Einreise verweigert. Mit etwas gemischten Gefühlen gehen wir also zu den verschiedenen Schaltern und lassen das Prozedere über uns ergehen. Zu unserem Erstaunen läuft aber alles äusserst freundlich und Problemlos ab. Niemand will ein Ticket sehen und alle wünschen uns einen tollen Aufenthalt
in Australien. Wenn das kein gutes Omen ist! Für die erste Nacht haben wir ein Hotel mitten in der City von Perth gebucht. Freunde haben uns beim Abschied in der Schweiz mit NZ- und AU-Dollars versorgt. Das hilft ungemein. Denn nun können wir direkt zum Taxistand gehen, uns in die Stadt chauffieren lassen und den Fahrer mit adäquater Währung bezahlen. Unser Hotel, das Criterion, ist zwar toll gelegen aber in einem „erbärmlichen“ Zustand. Es wird gerade Umgebaut und der Lift funktioniert nicht. Also schleppen wir das Gepäck in den zweiten Stock. Das ist ja auch kein Problem bei über 30° Celsius. Das Zimmer ist perfekt um sich auf das Leben im Outback vorzubereiten. Vieles funktioniert nicht, es ist staubig, veraltet und im Kühlschrank befindet sich lediglich ein gekühlter Krug „Hahnenwasser“. Was soll’s, wir nehmen es mit Humor und gehen gleich auf einen Stadtrundgang. Nach einigen Metern – oder waren es Kilometer, sind wir richtig begeistert von der Stadt. In der City die markanten Hochhäuser und in den Gassen die kleinen Restaurants, Shops und Cafés in liebevoll hergerichteten Häusern im Kolonialstil. Am Abend ist Perth besonders reizvoll. Überall hört man in dieser Multi-Kulti-Stadt Musik. Die Leute vergnügen sich auf der Strasse. Verschiedene Schausteller unterhalten das Volk mit Gesangs- und Show-Einlagen. Am Swan River platzen die Bars
wegen des Ansturms der Leute aus allen Nähten. Wir saugen die Atmosphäre richtig in uns auf und verspüren nach diesem Langen Tag noch keine Müdigkeit und schlendern noch stundenlang durch die Gassen der Innenstadt. Am nächsten Morgen gehen wir in den Frühstücksraum des Hotels, das von Asiaten geführt wird. Diese legen nicht so grossen Wert auf das Erscheinungsbild des Hotels, das Essen jedoch ist spitze. Wir langen deshalb kräftig zu. Der Kalorienbedarf für den ganzen Tag ist schnell gedeckt. Wir haben heute einiges vor. Wir wandern am Swan River entlang zum Kings Park. Als „Seele der Stadt“ bezeichnen die Bürger von Perth diesen Park. Ein 400 ha grosses Gelände am Rande der Innenstadt, das zum grossen Teil aus ursprünglichem australischen Bushland besteht. Den südlichen Teil nimmt der Botanische Garten ein. Es gibt ein Restaurant, Denkmäler und Grünanlagen auf denen man sich zum Picknick trifft. Wanderwege erschliessen den ganzen Park. Es ist heute wieder drückend heiss und wir sind froh, dass wir an verschiedenen Orten die Wasserflaschen auffüllen können. Die Pflanzen im Park zeigen einen kleinen
Querschnitt der australischen Flora. Obwohl die Blütezeit bereits vorbei ist sind wir ob der Vielfalt und Farbenpracht beeindruckt. Vom Kings Park aus geniesst man einen tollen Ausblick auf die Skyline der City. Perth verändert sich rasant. Eine regelrechte Bauwut treibt die Immobilienpreise in die Höhe. Für ein Zwei-Zimmer-Appartement in der Innenstadt muss man rund 700’00 Dollar bezahlen. Das ist bei einem Wechselkurs von fast 1:1 zum Schweizerfranken ein stolzer Preis. Am späteren Nachmittag sind wir mit Cliff Roberts verabredet. Er wohnt etwas ausserhalb der Stadt und hat unseren Bushcamper, den wir von einem deutschen Ehepaar gekauft haben, bei sich untergestellt. Wir haben uns per Mail verabredet und er hat uns gleich angeboten bei ihm drei Tage zu wohnen. Mit dem Taxi geht es nach Forrestfield. Auf dem Weg machen wir uns einige Gedanken zu unserem neuen „alten“ Fahrzeug, das uns das kommende Jahr durch ganz Australien begleiten soll. In welchem Zustand ist das Fahrzeug, ist es fahrtauglich oder müssen wir uns nach einem anderen fahrbaren Untersatz umsehen? In einer ruhigen Wohngegend hält der Taxichauffeur an und sagt uns, dass das hier die angegebene Adresse sei. Ein riesiges eingezäuntes Grundstück mit einem prächtigen Haus mitten drin. Der Taxifahrer geht, nachdem er unsere Koffer ausgeladen hat, seiner Wege und wir stehen vor dem verschlossenen Eingangstor an dem keine Klingel ist. Von Cliff weit und breit nichts zu sehen. Nach einer Wartezeit von ca. 20 Minuten versuche ich ihn telefonisch zu erreichen. In dem Moment fährt ein BMW vor, am Steuer Cliff, der uns herzlich Willkommen heisst. Er öffnet das Einfahrtstor und nach fast 70 Metern sind wir bei seinem tollen Haus angelangt. Von weitem können wir bereits unseren Bushcamper erkennen, der vor einer riesigen Garage (so gross wie ein Einfamilienhaus) steht. Nachdem uns Cliff kurz sein Anwesen gezeigt hat, das sehr geschmackvoll eingerichtet ist, stellen wir unsere sieben Sachen ins Gästezimmer. Anschliessend geht es sofort zu unserem „Bushi“. Der erste Einsdruck ist gar nicht schlecht. Wenig Rost
der Motor und das Getriebe sind trocken und auch sonst sieht er gar nicht übel aus. Ich öffne die Motorhaube und sehe, dass die beiden Batterien (eine für den Fahrbetrieb und eine für die 12 Volt Stromversorgung im Innenraum) abgeklemmt sind. Cliff reicht mir das notwendige Werkzeug und die Batterien sind im nu ans Netz angeschlossen. Nun kommt der grosse Augenblick. Läuft das Elefanten-Baby überhaupt an? Ich drehe den Zündschlüssel und siehe da, der 6 Zylinder 4,2 Liter Saugdiesel springt willig an. Ich fahre ein paar Meter und checke alle Instrumente. Alles funktioniert mehr oder weniger gut. Wir sind sichtlich erleichtert. Schnell sehen wir aber, dass wir wesentlich weniger Platz haben als im Campervan in Neuseeland. Martha rollt schon die Augen hin und her und sagt verzweifelt: „Wo ums Himmels Willen soll ich mit all unseren Sachen hin!“ Auch ich hab keine Ahnung und sage: „du bist der Chef Innendienst, du wirst das bestimmt hinkriegen!“ Martha ist im Stande auf kleinstem Raum Dinge unterzubringen. Schnell sind wir uns einig. Die Koffer müssen entsorgt und gegen Boxen ausgetauscht werden. Wir sind noch am hin und her lamentieren, da ruft Cliff zum Nachtessen. Er bereitet am Grill leckere Stakes zu, die feinen Salate hat er bereits am Morgen vorgemacht. In gemütlicher Runde dinieren wir bei jetzt angenehmen Temperaturen und bei Kerzenschein im Freien. Wir plaudern über „Gott und die Welt“ und erfahren, dass seine Frau vor einem Jahr bei einem Kurzbesuch in Deutschland an Krebs gestorben ist. Sichtlich bewegt erklärt er uns, dass er bei diesem traurigen Ereignis Volker Achterberg, den Vorbesitzer unseres Bushcampers, kennen gelernt hat. Am späteren Abend sitzen wir gemütlich vor dem Fernseher. Cliff hat Videomaterial besorgt, das anschaulich richtiges Verhalten mit einem Allrad-Fahrzeug im Outback zeigt. Einige Tipps und Tricks werden uns später sicher mal nützlich sein. Cliff möchte, dass wir noch ein bis zwei Tage bei ihm bleiben. Wir haben allerdings rund um unser neues Fahrzeug noch allerhand zu erledigen. Einige Sachen müssen noch gekauft resp. umgebaut werden, der Wagen muss noch zu einem Ölwechsel und einem generellen Check in eine Garage, es muss noch jede Menge Papierkram erledigt und Versicherungen abgeschlossen werden. So können wir nur eine Nacht bei Cliff verbringen. Am anderen Morgen sind wir schon wieder bei Zeiten draussen beim „Bushi“ und räumen um und aus und wieder ein. Nach einiger Zeit ist auch Cliff aufgestanden und ruft uns zum Frühstück ins Haus. Er sagt uns, dass er gleich zur Arbeit gehen muss. Wir sollen aber in aller Ruhe den Camper startklar machen. Er drückt uns eine Fernbedienung in die Hand, mit dem wir sämtliche Türen auf dem Grundstück öffnen und schliessen können. Wir sollen die Fernbedienung dann beim Verlassen in den Briefkasten werfen. Es ist für uns erstaunlich, welches Vertrauen Cliff uns entgegen bringt. Wir sind für ihn wildfremde
Menschen und er überlässt uns sein ganzes Anwesen, während er zur Arbeit fährt. Nach ein paar Stunden harter Arbeit sind wir dann startklar. Wir fahren zu einem zentral gelegenen Campground, von dem aus alles in kurzen Wegen besorgen resp. erledigen werden kann. Die nächsten Tage werden wir keine Zeit haben, die Gegend zu erkunden. Der Besuch in der Werkstatt in den Hills von Perth bringen noch einige Mängel am Fahrzeug zu Tage, die der hilfsbereite Inhaber der Werkstatt in 4 Stunden erledigt. Ölwechsel machen, Radlager fetten, Filter wechseln, Bremsen nachstellen, einen lecken Stossdämpfer ersetzen usw. Nun hoffen wir, dass wir
soweit sind, dass die Tour beginnen kann. Zwischen unserer „Schufterei“ gönnen wir uns einen Besuch im wunderschönen Fremantle, einem Vorort von Perth. Er liegt idyllisch am Swan River. Die Innenstadt abseits des so betriebsamen wie bedeutenden Hafens steckt voller liebevoll herausgeputzter alter Gebäude. Buntes Treiben herrscht von Freitag bis Sonntag in den hundertjährigen Markthallen des Fremantle Marktes, die dann überquellen von Fisch, Gemüse, Obst und anderen Dingen des täglichen Gebrauchs. Nach einem zweistündigen Stadtrundgang bei weit über 30° Celsius haben wir viel Schönes gesehen aber sind richtig froh mit dem klimatisierten „Bushi“ wieder auf den Campground in Perth zurück zu fahren auf dem uns ein Schwarm prächtiger aber lauter Papageien empfängt. Am 26. Januar ist Australia Day, so etwas wie der 1. August (Nationalfeiertag). Dann sind die meisten Geschäfte geschlossen. Wir werden vermutlich in die Innenstadt von Perth gehen und am Abend das Feuerwerk auf dem Swan River bewundern. Hoffentlich sind dann die Temperaturen etwas erträglicher. Momentan sitze ich im Schatten neben dem „Bushi“ bei 43° C (der heisseste Tag seit 1962, sagt uns der Campnachbar) und schreibe den Bericht.  Martha bereitet mit voller Hingabe ein leckeres Essen zu. Uns läuft der Schweiss zu den Flip-Flops raus – wir lassen uns aber nichts anmerken. Wir erwarten auch kein Mitleid, denn wir haben ja das Abenteuer Gesucht und auch gefunden.


27.1. - 31.1.2012  Von Perth über Fremantle, Mandurah, Bunbury nach Yallingup


Die Reparaturen und Umbauarbeiten an unserem Bushcamper haben mehr Zeit in Anspruch genommen als wir geplant haben. Wenn man aber auf engem Raum alles ordentlich unterbringen will, lohnt sich der Mehraufwand. Später ist man froh, wenn alles griffbereit am richtigen Platz ist. Wir haben die Ausrüstung noch etwas ergänzt. Mit unserer Neuerwerbung (zwei elektrische Herdplatten) haben wir, das heisst Martha, die Möglichkeit mit Gas oder wenn Strom vorhanden ist, elektrisch zu kochen. Mit dem „Bushi“ müssen wir noch zum Räderspezialisten. Bei 70 km/h schüttelt das Lenkrand ziemlich kräftig. Die Pneus sind nicht einseitig abgelaufen, also stimmen Spur und Sturz. Der Luftdruck ist auch in Ordnung also müssen die Vorderräder ausgewuchtet werden. Das ist aber gar nicht so einfach. Die normalen Werkstätten verfügen nicht über Auswuchtmaschinen, die solch grosse und schwere „Wheels“ richten können. Wir suchen im Internet eine Firma, die sich auf Reifen spezialisiert hat. Und siehe da, nach dem
Besuch der Werkstatt und dem nötigen Blei an den richtigen Stellen der Räder schüttelt das „Baby“ nicht mehr. Als nächstes muss alles einem gründlichen Funktionstest unterzogen werden. An unserem Bushcamper haben wir eine Seilwinde, die uns oder andere im Notfall aus dem Dreck, Sand, Graben oder anderen unschönen Situationen bergen kann. Ob und wie diese funktioniert muss zuerst ausprobiert werden. Nach eingehendem Studium der Betriebsanleitung ziehe ich das Stahlseil einige Meter ab der Rolle. Mit der Fernbedienung (wegen der Verletzungsgefahr bei einem Seilriss sollt man nicht unmittelbar neben dem unter Last stehenden Kabel stehen) kann ich nun die Rolle, die im Stande ist 7,5 Tonnen Gewicht zu ziehen, steuern. Alles funktioniert einwandfrei. Nun prüfe ich die Geländetauglichkeit unseres Wagens. Im Normalbetrieb sind ausschliesslich die Hinterräder angetrieben. Bei schwierigem Gelände schaltet man in den Allrad-Betrieb. Zu dem Zweck muss der „Bushi“ stehen, an den Vorderrädern müssen von Hand links und rechts die Naben auf „Lock“ gestellt werden. Man steigt wieder ins Auto, betätigt die Kupplung und drückt den kleinen Wählhebel neben dem Schaltstock in die erste Position. Eine Lampe leuchtet auf und signalisiert, dass nun der Allrad eingeschaltet ist. Das funktioniert einwandfrei und die Offroad Pneus krallen sich bei der Probefahrt richtig im Untergrund fest. Bei ganz schwierigem Gelände und bei überqueren von Wasserläufen muss man zusätzlich das Differenzial sperren. Der Wählhebel wird in die 2. Position gedrückt und nun kann man, allerdings nur noch bis max. 15 km/h durch noch schwereres Terrain fahren. Auch das funktioniert perfekt. Man darf sich aber keine Illusionen machen. Auch ein solches Fahrzeug kann im weichen Sand stecken bleiben und die Seilwinde nützt nur etwas, wenn man das Kabel an einer geeigneten Stelle befestigen kann. Wenn in der Wüste weit und breit kein Baum steht nützt die Beste „Winch“ nichts. Also muss bei schwierigen Verhältnissen immer geprüft werden ob eine Durchfahrt überhaupt möglich ist. Wir hoffen, dass wir jetzt richtig vorbereitet losfahren können. Wir hätten gerne noch einige Leute in Perth besucht, z.T. Auslandschweizer, deren Adressen wir von Freunden erhalten haben. Leider haben wir diese zu Hause nicht angetroffen oder telefonisch nicht erreicht. Aber wir sind ja in einem Jahr wieder in dieser schönen Stadt und haben dann auch mehr Zeit uns mit den Leuten zu verabreden. Unsere Reise führt uns an der Westküste entlang südwärts. Die Route geht über Fremantle, Mandurah in
den Yalgroup Nationalpark und dann nach Bunbury. Die Stadt am indischen Ozean ist ein richtiges Touristenzentrum. Allein schon wegen der glitzernden Silikatstränden, den malerischen Obstgärten im Hinterland und der Delfine, die sich meist Vormittags (ausser wenn wir da sind) der Koombana Beach nähern, lohnt sich ein Besuch in diesem Ort. Es ist später Nachmittag und wir können nur noch einen kleinen Rundgang durch die Innenstadt machen. Anschliessend fahren wir zum ausgesuchten Campground. Doch die nette Dame an der Rezeption erklärt uns mit bedauern, dass jetzt Ferienzeit ist und sie ausgebucht sind. Kein Problem sagen wir und gehen zum nächsten Campingplatz. Aber auch da ist alles belegt. So etwas haben wir bis jetzt auf unserer Reise noch nicht erlebt. Wir haben noch immer einen Platz gefunden, also wird es auch diesmal so sein. Wir sind schon etwas müde und frustriert und fahren die nächsten beiden Plätze an. Aber auch da ohne Erfolg. Jetzt gibt es nur noch zwei Möglichkeiten, entweder „wild“ zu campieren (haben wir ja auch schon gemacht) oder etwas ausserhalb der Stadt etwas zu suchen. Eigentlich sollte ich mein ganzes elektronische Equipement (Batterien) aufladen. So machen wir einen letzten Versuch bei einem kleinen Campground etwas ausserhalb der Stadt (35 km). Und siehe da, wir haben Glück. Zwar ist die Rezeption nicht mehr besetzt aber eine freundliche ältere Dame, die mit ihrem Verein auf dem Platz Ferien macht, empfängt uns herzlich. Sie weisst uns einen schönen Stellplatz zu, sogar mit Stromanschluss und das für nur 25 Dollar pro Tag. Uns gefällt es hier so gut, dass wir gleich 3 Nächte bleiben und alle Unternehmungen in der Umgebung von diesem Standort aus machen. Uns zieht es an die schönen Strände von Bunbury. Wir lassen uns den ganzen Tag Zeit, walken an der Geographe Bay entlang, vergnügen uns im glasklaren und warmen Wasser, picknicken an einem schattigen Plätzchen, schlendern durch die Einkaufspassagen der Stadt und geniessen das „süsse Nichtstun“. Wir haben festgestellt, dass wir diese Lebensart inzwischen ohne
Probleme mehrere Tage „durchhalten“. Am Abend geht es dann wieder zurück zu unserem Campground ausserhalb von Bunbury wo uns schon die heimkehrenden Papageien (Galahs) mit ihrem kreischenden Gekrächze empfangen. Sie sitzen zu Dutzenden auf ihren Schlafbäumen, Fernsehantennen usw. und beglücken die Umgebung mit ihrem „Gesang“. Mit Einbruch der Dunkelheit geben sie dann glücklicherweise endlich Ruhe. Ein Campnachbar war den ganzen Tag mit seinem Boot auf Fischfang. Wir kommen schnell mit ihm und seiner Familie ins Gespräch. Und wie die Australier halt sind, man  wird gleich zum Fischessen eingeladen. Wir haben zwar schon vor einer halben Stunde gegessen, doch dem drängenden „Aussie“ können wir unmöglich einen Korb geben. Schnell hat er die schmackhaften Fische zubereitet und reicht dazu vorzüglichen Wein aus der Region. In heiterer Rund gibt er uns einige Tipps für unsere Reise und weisst im Speziellen auf Gefahren im Outback hin. Ich beruhige ihn und erkläre, dass wir nicht Lebensmüde sind und uns wenn immer möglich vorsichtig in diesen Regionen bewegen werden. Ganz habe ich ihn aber nicht überzeugen
können. So hat er schnell all seine Adressen und Telefonnummern auf einen Zettel geschrieben und uns aufgefordert sofort anzurufen, wenn wir irgendwelche Probleme bekommen sollten. So sind sie halt, die Australier, so richtig zum Gern haben. Am nächsten Tag fahren wir eine kürzere Etappe in den Leeuwin Naturaliste Nationalpark. Von Yallingup (Yallingup bedeutet „Platz der Liebe“ in der Sprache der Ureinwohner) aus, wo wir einen schönen Campground oberhalb der Küste bezogen haben, machen wir Ausflüge zum Cape Naturaliste. Diverse Trails führen rund um den Leuchtturm mehrere Kilometer der Küste entlang. Es wäre sogar ein „Coast to Coast-Walk“ möglich, der auf seiner ganzen Länge (135 km) in sechs bis sieben Tagen zum Cape Leeuwin führen würde. Das wäre aber doch ein bisschen weit. Nach einem Tag in dieser prächtigen Landschaft, die uns mit traumhaften Ausblicken aufs Meer, einsamen weissen und feinen Sandstränden, türkis farbigem, wohl temperiertem Wasser und Myriaden von lästigen Fliegen beglückt hat, geht es weiter in die Region von Margaret River.


1.2. - 6.2.2012  Von Yallingup über Margaret River, Augusta nach Pemberton


Am 1. Februar fahren wir am frühen Morgen zu den windumtosten Canal Rocks am Southern Ocean. Die porösen und löchrigen Felsformationen leuchten in der aufgehenden Sonne in verschiedenen Braun- und
Rottönen. Die Windböen sind dermassen stark, dass man sich kaum auf den Beinen halten kann. Die kleinen Fischerboote in Küstennähe werden durch die raue See hin und her geworfen. Das beeindruckt die sturmerprobten „Seebären“ kaum. Sie werfen wie jeden Tag ihre Netzte aus und befestigen die Hummerkörbe an den entsprechenden Bojen. Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden nach Gracetown. Das kleine Städtchen liegt direkt am Meer und ist ein weithin bekanntes Surfrevier. Wir fahren der Küstenstrasse entlang und plötzlich steigt uns beissender Rauch in die Nasen. Einige Minuten später sehen wir Feuerwehrleute, die Löschwasser in grosser Menge auf dampfende und verkohlte Felder sprühen. Noch am Vortag soll es hier heftige Brände gegeben haben. Wir fahren mitten durch diese Mondlandschaft und sind von der Zerstörungskraft des Feuers beeindruckt. In Australien gibt es zu dieser Jahreszeit immer wieder riesige
Brandherde. Diese werden durch die grosse Trockenheit, die ölhaltigen Eukalyptusblätter und die heftigen Winde begünstigt. Im nu stehen ganze Wälder in Brand und die Feuerwehr kann nur noch versuchen das umliegende Gelände zu schützen. An der ganzen Küste entlang findet man interessante Wanderrouten. Die Pfade sind schön angelegt und gehen abwechselnd landeinwärts und dann wieder der Beach entlang. Auf einem dieser Trails sehen wir dann unser erstes Reptil in Australien. Eine harmlose Tannenzapfenechse kreuzt unseren Weg. Ein prächtiges Tier, das sich durch uns nicht gross aus der Ruhe bringen lässt. Für uns ist es immer wieder erstaunlich, was für
Kreaturen und Pflanzen die Natur hervorbringt. Unser heutiges Etappenziel ist Margaret River. Kurz vor dem Ort fahren wir durch ein Waldgebiet. An einer Lichtung steht ein Schild, das verschiedene Trails in der Gegend auflistet. Es ist früher Nachmittag und wir entschliessen uns für eine Wanderung im Bramley Nationalpark. Ein Rundwanderweg „Chimney Trail“ führt durch alte Karribaum Bestände. Exotische Vogelstimmen begleiten uns den ganzen Weg. Der Wald ist oftmals so dicht, dass man die Vögel wohl hören aber nur selten sehen kann. Nach zwei Stunden kommen wir fast am Ende der Wanderung an. Aus unerklärlichen Gründen fehlen aber plötzlich alle Wegmarkierungen und alle Versuche einen Pfad zu finden führen in den Bush und enden im Niemandsland. Nach gut einer Stunde des Suchens geben wir auf und beschliessen den ganzen Weg, auf dem wir gekommen sind zurück zu gehen. Uns ist schon an anderer Stelle aufgefallen, dass in Australien Wanderwege schlecht und Strassen gar nicht ausgeschildert sind. Damit muss man halt leben. Auf jeden Fall haben wir unseren „Bushi“ schlussendlich wieder gefunden und können nun das letzte Teilstück nach Margaret River fahren. Ein lebhafter Ort, der mitten in der bekanntesten Weinregion des Südwestens liegt. Von hier aus können Weintouren gebucht oder Ausflüge in die verschiedenen Höhlen rund um Margaret River unternommen werden. Am nächsten Morgen fahren wir zum bekannten Surfrevier von Prevelly. Wir erreichen den Strand
und beobachten die Wellenreiter bei ihren halsbrecherischen Manövern. Die Wellen sind hier extrem hoch und tückisch. Deshalb sind fast nur Einheimische, die Brandung und Strömung kennen, am Werk. Nun wagt sich sogar ein Windsurfer in die stürmische See. Ein wilder Kerl, Mitte 30 schätzen wir, mit Rasta Frisur schwingt sich aufs kleine Brett. Mit gekonnten Manövern springt er über die 6 Meter hohen Brecher, fliegt einige Meter durch die Luft um dann blitzschnell zu wenden und mit Full Speed auf Gegenkurs zu gehen. Ein absoluter Crack. Zwei junge Surfer, Touristen vermutlich, versuchen es mit ihren Brettern an gleicher Stelle, kommen aber nur ein paar Meter weit und müssen resigniert aufgeben. Auch an diesem Strand gibt es schön angelegte Wanderwege. Auf einem dieser Trails springt uns plötzlich ein leuchtend blaues, hüpfendes Etwas ins Auge. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir, dass es sich hier um einen
kleinen Vogel handelt. Die Färbung ist dermassen intensiv, dass wir zweimal hinsehen müssen, um es wirklich zu glauben. Den Piepmatz, der auf den Namen „Blue Wren“ hört, haben wir vorher noch nie gesehen. Entlang der 40 km langen Cave Road gibt es über 400 Höhlen, von denen aber nur wenige öffentlich zugänglich sind. Wir haben uns für die grösste entschieden, die „Jewel Cave“. Die Tropfsteinhöhle ist mehrere tausend Jahre alt. Leider kann diese nur noch geführt besucht werden, da dumme Leute oftmals Steine als Souvenirs mitgenommen oder mutwillig Ausstellungsobjekte beschädigt haben. Auch in der Schweiz gibt es ähnliche
Höhlen. Zum Beispiel die Höllgrotte im Kanton Zug. Die Dimension der „Jewel Cave“ ist jedoch gigantisch. Über mehr als 500 Stufen führt der Weg durch ein Labyrinth voller Stalaktiten und Stalagmiten. Je nach mineralischer Zusammensetzung weisen diese unterschiedliche Farben auf. Eine effektvolle Beleuchtung setzt diese Zeitzeugen ins richtige Licht. Fazit: Ein Abstecher, der sich auf jeden Fall lohnt. Unser nächstes Ziel ist Augusta. Von der stillen Kleinstadt sind es nur fünf km bis zum südwestlichsten Punkt Australiens. Am Cape Leeuwin treffen die mächtigen Wasser des Indian und des Southern Ocean aufeinander, die den Fels der Steilklippen zu bizarren Formen geschliffen haben. Der historische Leuchtturm, der nur gegen einen entsprechenden Obolus besichtigt werden kann, ist ein hilfreicher Orientierungspunkt für die vorbeifahrenden Schiffe. Unsere Route führt uns weiter nach Pemberton und dort in den bekannten Warren Nationalpark. Die Karribäume, einige Exemplare erreichen eine Höhe von bis zu 89 Metern und der Warren River bilden die Hauptattraktionen des Parks. Wir begeben uns auf eine 11 km lange Rundwanderung „Warren River Loop Walk“. Immer wieder sind wir vom Anblick der Baumriesen überwältigt. Auf dem ganzen Weg hören wir Vogelstimmen. Meistens stammen diese von wunderschön gezeichneten Papageien. Andere Vögel hören wir nur, bekommen sie jedoch nie zu Gesicht. Eine Vogelart gibt  Laute von sich wie
wir es von Brüllaffen kennen. Auch hier können wir sagen – gehört ja, gesehen nein. Am „Dave Evans Bicentennial Tree“ machen wir einen Halt. Der Baum wurde als hölzerne Aussichtsplattform benutzt, um in der Trockenzeit Waldbrände zu entdecken. Heute ist der Baum der Öffentlichkeit zugänglich und kann bestiegen werden. Wenn ich so etwas sehe gibt es für mich kein Halten mehr. Diesen Baum muss ich besteigen. Das Klettern geht Stufe für Stufe um den Baum herum langsam nach oben. Insgesamt müssen 130 Stufen erklommen werden, die nichts anderes sind, als Stahlstreben, die in den Baumstamm gebohrt wurden. Von der Plattform in 25 m Höhe hat man einen guten Blick auf den Eukalyptuswald im Nationalpark. Dann bin ich endlich am Ziel in 75 m Höhe angelangt. Die Stufen gehen am Ende senkrecht nach oben in einen Käfig. Im Käfig selbst klettert man über Leitern weiter in die oberen Etagen. Von dort aus wirkt alles ziemlich klein. Die Aussicht ist jedoch fantastisch und ich kann in weiter Ferne sogar die Sanddünen vom D’Entrecasteaux Nationalpark erkennen. Nach einigen Minuten des Ausruhens geht es wieder über dieselben Stufen abwärts bis auf den sicheren Boden. Der Trail führt uns nun am ruhig dahin fliessenden Warren River entlang. Einige der Karribäume sind den letzten Stürmen zum Opfer gefallen und liegen quer über dem Pfad. Immer wieder müssen wir über umgestürzte Bäume klettern. An einem sonnigen Plätzchen sehen wir die erste Schlange in Australien. Leider gibt es kein Bild von ihr, denn kaum hat sie uns entdeckt ist sie auch gleich im Unterholz verschwunden. Wir haben aber gerade noch erkennen können, dass es sich bei diesem Exemplar um eine
Westliche Braunschlange gehandelt hat, eine der giftigsten Schlangen der Welt. Wenn man sich jedoch richtig und vorsichtig im Bush bewegt, muss man sich vor solchen Reptilien nicht fürchten. Sobald diese eine Erschütterung, die durch das Gehen verursacht wird wahrnehmen, verkriechen sie sich. Am Ende des Trails sind wir glücklich über das Gesehene und Erlebte aber durch das stetige Auf und Ab auch ziemlich geschafft. Auf dem Campground bei Pemberton bereitet mein Schatz ein üppiges Mahl zu, denn die verbrauchten Kalorien müssen unbedingt wieder aufgefüllt werden. Martha kocht heute draussen auf dem Gaskocher. Ein paar vorwitzige
Papageien haben das entdeckt und wollen auch etwas vom reichhaltigen Nachtessen haben. Sie fliegen kreischend heran und fordern ihren Anteil. Auf unserem Speiseplan stehen Hühnchen, Reis und Salat. Das Federvieh steht aber auf Früchte. So müssen sie heute leider mit knurrendem Magen auf ihre Schlafbäume zurück. Für den kommenden Tag haben wir uns eine schwierige Allradroute zu den „Yeagarup Dunes“ ausgesucht. Nach dem Morgenessen machen wir uns auf den Weg und fahren wieder in den Warren Nationalpark. Von dort aus führt eine Gravel Road (Ritter Road, die wieder einmal nirgends angeschrieben ist) und anschliessend eine schwer zu befahrende Piste zu den Sanddünen. Nun muss der „Bushi“ zeigen, was er drauf hat. Beim Lake Yeagarup weist ein Schild die Fahrer darauf hin, dass von nun an nur noch Allradfahrzeuge weiterfahren dürfen und dass der Luftdruck der Reifen um 10% reduziert werden soll, damit die Räder im sandigen Untergrund besseren Halt finden. Also schalte ich den Allrad zu
und fahre los. Die Luftmenge in den Pneus lasse ich unverändert. Die Piste wird zusehends schwieriger und schon bald haben die Offroad Reifen kaum mehr Gripp. Bei einer kräftigeren Steigung drohen sich die Räder im Sand einzugraben. Schnell schalte ich die Differenzialsperre ein und nun geht es langsam aber stetig vorwärts bis zu den gigantischen Sanddünen. Wir sind von deren Grösse und Ausdehnung überwältigt. Barfuss machen wir einen ca. einstündigen Ausflug auf diesem Meer aus weissem Sand und geniessen den Blick in die Ferne. Am Ende des Ausflugs gibt es ein Picknick am schön gelegenen Lake Yeagarup. Wir kühlen die heiss gelaufenen Füsse im See und füttern die Fische mit ein paar kleinen Häppchen. Ein weiterer erlebnisreicher Tag unserer Reise neigt sich dem Ende zu. Morgen geht es weiter Richtung Süden in die Region von Walpole.


7.2. - 10.2.2012  Von Pemberton über Northcliffe, Walpole nach Denmark


Aussergewöhnliche Wildnis, atemberaubende Landschaften, eine über 100 km lange und spektakuläre Küstenlinie, schöne Strände, majestätische Wälder, Gourmet Restaurants und hervorragende Weine. Das verspricht die Werbung vollmundig für unsere Tour in den nächsten paar Tagen. Wir sind gespannt, was davon zutrifft und was Schönfärberei ist. Zu aller erst müssen wir unsere Vorräte wieder auffüllen. Das ist in Australien nicht so leicht wie in Neuseeland. Hier sind die Distanzen (Dimensionen) nochmals bedeutend grösser und nicht jedes Dorf hat einen Einkaufsladen oder eine Tankstelle. Deshalb sollte man bei jeder sich bietenden Möglichkeit Lebensmittel einkaufen und Benzin resp. Diesel bunkern. Mit dem Treibstoff kommen wir nicht so schnell in Bedrängnis. Unser „Bushi“ hat zwei Dieseltanks à je 90 Liter. Das reicht bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 15 Litern auf 100 km beruhigende 1200 km weit. Auch mit dem 80 Liter Frischwassertank kann man locker eine längere Zeit „überleben“. Bei unserem ersten Stopp am heutigen Tag in Northcliffe suchen wir jedenfalls vergeblich nach einem Food Shop. Als Entschädigung
können wir am Strassenrand einen Laubbaum von einmaliger Schönheit betrachten. Die saftig grünen Blätter und die knallroten Blüten vor dem zarten Blau des Himmels sehen einfach beeindruckend aus. Unser Weg führt uns auf einer einsamen Strecke durch den D’Entrecasteaux Nationalpark nach Windy Harbour. Auf der ganzen Strecke (25 km) sehen wir keine Menschenseele. Der Ort trägt nicht um sonst den Namen „windiger Hafen“. Beim Aussteigen aus dem Auto bläst uns der Wind fast die Türen aus den Händen. Der Ausblick auf das tosende Meer und die Küste sind fantastisch. Verschiedene Trails führen über zerklüftete Klippen. Eine tolle Wanderung bringt uns durch die vielfältige Flora und Fauna zu diversen Aussichtspunkten. Wir erblicken exotische Pflanzen, deren Aussehen uns immer wieder überrascht und Insekten (10 cm grosse,  braune, flugfähige Heuschrecken), welche wir vorher noch nie gesehen haben. An den steil abfallenden Klippen gibt es auch unterschiedliche Echsenarten, die wir nur kurz zu Gesicht bekommen, bevor sie blitzschnell wieder in Felsspalten verschwinden. Wir bewegen uns vorsichtig vorwärts, denn im dichten Umfeld der Wege gibt es natürlich auch Giftschlangen. Plötzlich raschelt es neben uns und zu unserem Erstaunen stammt das Geräusch
nicht etwa von flüchtenden Reptilien, sondern von zwei Roten Riesenkängurus, die urplötzlich vor uns auftauchen. Die Grösse dieser Beuteltiere (bis 180 cm) ist wirklich beeindruckend. Wir bleiben wie angewurzelt stehen, die Kängurus tun es uns gleich. Ich zücke die Kamera und bevor sie sich mit weiten Sprüngen entfernen, kann ich ein paar Schnappschüsse machen. Wir hätten so nah am Meer und auf den Klippen fast mit allem gerechnet nur nicht mit Kängurus. Eine tolle Begegnung, die uns fasziniert hat. Leider sieht man sonst diese Tiere oft überfahren am Strassenrand liegen. Nach einer Wanderzeit von ca. 2,5 Stunden kommen wir wieder bei unserem „Bushi“ an. Auf der Rückfahrt sehen wir plötzlich etwas Undefiniertes auf der Strasse liegen. Ich trete voll in die Eisen und kann gerade noch vor einer Echse anhalten, die mitten auf der Fahrbahn liegt. Diese Tiere (es handelt sich bei unserem Exemplar um einen Buntwaran, ca. 1,2 Meter lang; ausgewachsene Männchen können 2 Meter erreichen) legen sich manchmal bei wenig befahrenen Strecken zum Sonnenbaden auf die Strasse. Das wird ihnen dann und wann zum Verhängnis. Nachdem wir dem Waran Zeit zur Flucht gegeben haben, geht unsere Fahrt weiter. Nach einigen Kilometern erreichen wir den Mt. Chudalup, ein Granitfels. Er ist die einzige Erhebung in dieser Gegend. In einer stündigen Wanderung erklimmen wir den Hügel und werden mit einer tollen Aussicht
belohnt. An der Kante des Felsens kann man sich richtiggehend in den Wind legen. Es bräuchte nicht mehr viel und man würde abheben. Unser heutiger Übernachtungsplatz liegt mitten im Shannon Nationalpark. Der einfache aber gut ausgestattete Campground (WC und Warmwasserdusche, aber kein Strom) liegt mitten im Wald. Am Abend kehren Schwärme von Papageien kreischend auf ihre Schlafbäume zurück. In der Nacht ist es hier wirklich absolut dunkel. Rund um unseren Wagen hören wir Geräusche von Tieren, die auf Futtersuche sind. Den Weg zum WC können wir nur mit einer Taschenlampe begehen. Am nächsten Tag fahren wir nach Walpole in den Mt Frankland Nationalpark ins Valley of the Giants. Bekannt ist der Park vor allem durch eines der letzten grösseren Vorkommen des Karri- und des Red Tingle-Baums. Inmitten von Karri-, Tingle und Jarrahbäumen wurde dort ein begehbares Stahlgerüst erbaut. Man kann so in 40 m Höhe durch
das Blätterwerk der Riesenbäume gehen. Der Tree Top Walk ist nur schwindelfreien Personen zu empfehlen, da das ganze Gerüst ziemlich wackelt. Gleich nebenan ist der “Ancient Empire Walk” bei dem man sich weitere Urwaldriesen wieder von unten anschauen kann. Anschliessend geht es weiter zum Hiltop Giant Tingle Tree. Der 450 Jahre alte Baum mit einem Umfang von 24 Metern, gehört zu den Hauptattraktionen. Hier befinden sich zudem der schön gelegene Circular Pool und die Winter-Wasserfälle am Frankland River. Zum Übernachten zieht es uns wieder an die Küste. Wir lieben es, bei tosender Brandung und bei heulenden Windböen einzuschlafen. An der Peaceful Bay finden wir einen entsprechenden Campground, der sogar Strom hat und wir unsere elektronischen Helferlein wieder aufladen können. Gut ausgeschlafen fahren wir am anderen Morgen in den William Bay Nationalpark. Die Strände in diesem Park gehören zu den wenigen Abschnitten im Südwesten, die durch eine Felsbarriere vor der rauen See geschützt sind und im Sommer auch richtig badewannenwarm werden können. Hier verbringen wir ein paar unbeschwerte Stunden im
Wasser und am traumhaft weissen Strand. Die malerische Szenerie mit den dicken Granitfelsen im kristallklaren, türkis farbigem Wasser ist gigantisch und erinnert an die Seychellen. Die Winterstürme lassen die Strände hier ständig schrumpfen und haben am Rand hohe Sanddünen aufgetürmt, die teilweise einige Kilometer ins Inland vordringen, bevor sie mit lichtem Buschwerk bewachsen sind und sich verfestigen. Gleich neben den „Greens Pool“ ragen die Felsbrocken der "Elephant Rocks" in die Höhe. Riesige Felsblöcke, die an Elefantenrücken erinnern liegen bei Ebbe frei am Strand und werden bei Flut von den Wellen umspült. Dieser Wellness Tag hat uns richtig gut getan. Am Abend fahren wir nach Denmark. Der Ort liegt zwischen bewaldeten Hügeln, in dem sich viele Künstler, Kunsthandwerker und Aussteiger niedergelassen haben. Hier werden wir unsere nächsten Touren und Unternehmungen im Südwesten von Australien planen, denn schon morgen geht es weiter nach Albany, das durch seinen Hafen mit den historischen Gebäuden bekannt ist. Resümierend können wir nach den letzten Tagen sagen, dass die Werbung, die diese Region in den höchsten Tönen lobt, nicht zuviel verspricht. Wir haben uns genügend Zeit genommen und fast alles gesehen, entdeckt und erlebt, was die Gegend zu bieten hat.


11.2. - 16.2.2012 Von Denmark über Albany, Porongurup NP, Stirling Range NP nach Hyden


Von Denmark nach Albany sind es nur gerade mal 50 km. Die Stadt mit ihren 17'000 Einwohner wirkt kleiner als sie in Wirklichkeit ist. Unweit des Hafens gibt es eine Reihe historischer Bauwerke aus dem frühen 19. Jahrhundert zu bewundern. Als Kontrast zu den altehrwürdigen Gebäuden steht das top
moderne Entertainment Building am Princess Royal Harbour. Früher war Albany ein Mekka des Walfangs. Im Jahr 1978 wurde schliesslich der letzte Wal erlegt und verarbeitet. Seitdem lebt die Stadt ganz ordentlich vom Tourismus. Für uns ist der Ort Ausgangspunkt für eine Wanderung bei der Windfarm am „Southern Ocean“. Von weitem sehen wir die mächtigen Windturbinen über der Küste. Diese werden, je näher man kommt immer grösser und imposanter. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht stehen sie am Rande der Klippen. Ein gut ausgebauter Wanderweg führt um und in die Windkraftanlage und bietet überall Zugang an die Bilderbuchstrände von Albany. Wir wollen diese natürlich nicht nur ansehen sondern auch besuchen. Dieses exklusive Erlebnis muss man sich allerdings hart erarbeiten. Über eine, zugegeben schöne Holzkonstruktion mit „leider“ über zweihundert Stufen, gelangen wir zum heiss ersehnten Wasser. Den etwas leichtern Ab- und den
schwereren und schweisstreibenden Aufstieg nehmen wir aber gerne in Kauf. Wir vergnügen uns bei strahlendem Sonnenschein und türkisblauen Meer in den Fluten des Ozeans. Für den nächsten Tag sind die Wetterprognosen nicht mehr so rosig. Trotzdem zieht es uns wieder ans Meer in den Torndirrup Nationalpark. Diesen Park kann man mit dem Auto durchqueren und an ausgesuchten Stellen gelangt man zu Fuss über kürzere oder längere Trails an verschiedene Aussichtspunkte. Trotz oder gerade wegen des bedeckten Himmels ist die Szenerie an der Küste besonders eindrucksvoll. Unser erster Halt „The Gap“ überrascht uns mit donnernden Brandungswellen, die in eine Schlucht hineingepresst werden und sich an den Klippen mit Getöse mehrere Meter hoch aufbäumen. Gleich daneben ist die berühmte „Natural Bridge“. Eine Natursteinbrücke aus Granit, die von den Elementen geformt und ausgehöhlt wurde und unter der ebenfalls mit jeder Welle Wasser rauschend in ein grosses Becken strömt. Wir klettern über riesige Felsverwerfungen bis hin zu den steil abfallenden Klippen. Zwischen den mächtigen Granitblöcken spriessen kleine bunte Blumen, die sich als Farbtupfer vor dem Grau der Felsen präsentieren. Auf dem Rückweg zum „Bushi“ entdeckt Martha plötzlich eine Gruppe
Papageien. Es handelt sich um Gelbohr-Rabenkakadus. Seit wir in Australien sind haben wir diese in den Wäldern der Nationalparks immer gehört aber noch nie vor die Linse bekommen. Jetzt ist schnelles Handeln angesagt. Und tatsächlich gelingen uns ein paar schöne Aufnahmen von den heute ausnahmsweise recht zutraulichen Vögeln. Ein weiterer „Viewpoint“ im Torndirrup NP sind die „Blowholes“. Nach einer kurzen Fahrt über eine Gravel Road gelangen wir zu diesem „Point of Interest“. Ein etwa halbstündiger Wanderweg führt uns an die Küste. Schon von weitem hört man ein dumpfes Grollen. Die letzten paar Meter müssen wir über verschiedene Felsabsätze klettern, bis wir auf einem Granitbrocken direkt am Meer stehen. Bei einer Felsspalte halten wir inne und schauen uns um. Es ist aber nichts Sehenswertes zu erkennen. Dann plötzlich hören wir wieder dieses sonore Geräusch und ein gewaltiger Luftstrom aus der besagten Felsspalte lässt mein „Käppi“ fliegen. Die Brandungswellen dringen in eine Kammer im Fels. Durch den gewaltigen Druck entweicht die Luft unter Getöse aus dieser Felsspalte, dem so genannten „Blowhole“ und alles was nicht niet- und nagelfest ist wird weggeblasen. In den kommenden Tage besuchen wir nördlich von Albany den Porongurup und den Stirling
Range Nationalpark. Beide haben gebirgsähnlichen Charakter und wir wollen in diesen Parks ein paar schöne Wanderungen unternehmen. Als erstes fahren wir in den kleineren und weniger bekannten Porongurup NP. Zahlreiche Wege sowie Wildblumen im Frühjahr (darunter 65 Orchideenarten) laden zum Wandern durch den Karri-Wald ein. Einige interessante Granitformationen sorgen für zusätzliche Abwechslung. Wir begeben uns auf den „Castel Rock Trail“, der uns zum „Balancing Rock“ führt. Ein riesiger Felsbrocken, der auf einer kleinen Standfläche steht und man den Eindruck bekommt, dass er beim kleinsten Windstoss wegrollen könnte. Gleich dahinter geht es über einen Kletterpfad hinauf zu einer aufwendig konstruierten Aussichtsplattform. Von dort geniesst man einen schönen Weitblick übers Parkgelände. Die heutige Herausforderung lautet aber „Devil’s Slide Trail“. Dieser steile und enge Pfad führt zur höchsten Erhebung im Park. Ich zeige Martha den zu erklimmenden Gipfel und sie quittiert dies mit einem ungläubigen Lächeln. Es ist früher Nachmittag und die Temperatur entsprechend hoch, was den Aufstieg auch nicht grad erleichtert. Wir steigen gemächlich aufwärts, trotzdem halten wir öfters inne um zu verschnaufen und den verlorenen Flüssigkeitsvorrat wieder aufzufüllen. Dieser Pfad wird offenbar nicht viel begangen. An vielen Stellen ist er völlig überwuchert und wir kommen nur mühsam voran. Von überall her hören wir Vogelstimmen. Weil wir uns in höheren Regionen bewegen ist der Bush nicht mehr so dicht und wir können da und dort bunte Papageien erkennen. Endlich auf dem Gipfel angelangt, geniessen wir die absolute Ruhe und den Blick hinunter auf die Eukalyptuswälder. Den Abstieg bewältigen wir mit der nötigen Vorsicht, denn die Felsen, auf denen wir uns bewegen, sind ziemlich rutschig. Unser heutiger Campground liegt mitten im Stirling Range Nationalpark, den wir nach ca. 50 km einsamer Wegstrecke erreichen. Es ist ein Campingplatz so richtig nach unserem Geschmack. Völlig abgelegen, weit und breit nichts als Natur und auf dem ganzen Platz nur zwei oder drei Fahrzeuge. Hier werden wir zweimal übernachten und morgen unsere Tour auf den höchsten Berg im Nationalpark unternehmen. Zu dieser Jahreszeit wird es hier am Abend relativ schnell dunkel. Mit abnehmendem Licht
werden die lästigen Fliegen weniger dafür kommen nun die blutrünstigen Mücken hervor. Also schnell in den Wagen und alle Fenster öffnen, damit die Hitze im Fahrzeug weichen kann. Die Moskitos bleiben draussen und sind am verzweifeln, denn alle Fenster sind mit Fliegengittern versehen. Beim Schlafengehen hören wir seltsame Schmatzgeräusche rund um unseren Wagen. Im fahlen Licht des Mondes können wir Kängurus erkennen, die sich jetzt über das frische Grün des Rasens her machen. Einige Tiere kommen bis auf ein oder zwei Meter an uns heran. Wir verhalten uns im Auto ganz still und sehen ihnen gespannt zu. Beim leisesten Geräusch suchen sie in riesigen Sprüngen das Weite. In der Morgendämmerung machen wir uns auf den Weg (ca. 100 Meter) zu den Duschkabinen. Noch immer grasen dort zwei erwachsene und zwei Jungtiere. Als sie uns bemerken sind sie aber blitzschnell im angrenzenden Bushland verschwunden. Wir fahren an den Fuss des „Bluff Knoll“, den Berg, den wir heute erklimmen wollen. Die Daten: 3,2 km Wegstrecke und rund 1000 Meter Höhendifferenz bis zum Gipfel, Aussentemperatur rund 30° Celsius. Wir sind uns in der
Einschätzung der Tour einig, das wird richtig hart werden. Anfangs führt der Pfad leicht ansteigend durch eine üppige Vegetation mit unterschiedlichen Grün- und Blütenpflanzen. Dann wird es aber richtig steil und immer noch steiler bis zum Gipfel. Bei diesen hohen Temperaturen ist das natürlich ein grenzwertiges Unterfangen. Aber wie so oft ist der ganze „Chrampf“ vergessen, wenn man oben angekommen ist, sich hinsetzt, tüchtig an der Wasserflasche nuggelt und die grandiose Aussicht geniesst. Wir sind einstimmig der Meinung, dass sich die Anstrengung gelohnt hat. Nach diesen körperlich eher fordernden Tagen werden wir es nun wieder etwas ruhiger angehen lassen. Das heisst, weniger gehen, dafür mehr fahren. Der Weg führt uns durch menschenleere Landschaften, an riesigen Salzseen vorbei nach Pingrup, Lake Grace und schlussendlich nach Hyden. Unterwegs fahren wir durch Schwärme fliegender Heuschrecken. Die ganze Front inkl. Scheibe sind völlig zugepflastert mit hunderten von zerschmetterten Insekten. Neben diesen bemitleidenswerten Tieren sind schon zwei Vögel (Geschwindigkeit des „Bushis“ unterschätzt), eine
Giftschlange (schlechte Reaktion des Fahrers) und zwei Mäuse (auf eine bin ich versehentlich getreten, die andere hat in einem von uns bereitgestellten Wasserkübel Selbstmord begangen) während unserer Reise ums Leben gekommen. In Hyden befindet sich der aussergewöhnliche „Wave Rock“. Eine riesige Welle inmitten ausgedörrter Steppe. Gleich einer versteinerten Woge erhebt sich der Wave Rock 15 m hoch und über 110 m lang aus dem Erdboden. Das imposante Naturphänomen ist das Werk von Wind und Wetter. Unter dem sich aufbäumenden Wellenkamm zu stehen ist besonders am Abend ein Erlebnis, wenn die untergehende Sonne die Felsformation malerisch ausleuchtet. Für die Aborigines ist der Wave Rock von je her von grosser spiritueller Bedeutung. Wir sind von dieser Laune der Natur mächtig beeindruckt. Da es schon bald dunkel wird, beschliessen wir, am angrenzenden Campground zu übernachten. Wir treffen auf dem Campingplatz ein Pärchen aus Nidwalden. Ein Wort gibt das andere. Und so wird es bei ein paar Bierchen sehr spät, bis wir ins Bett kommen.


17.2. - 22.2.2012  Von Hyden über Kalgoorlie, Norseman, Esperance nach Eucla


Heute führt uns der Weg über 500 km asphaltierte Strecke (das mag der „Bushi“ gar nicht, er liebt Off Road Pisten) in die Goldgräberstadt Kalgoorlie-Boulder.  Ein Obelisk erinnert in Coolgardie an jene zwei Reiter,
die hier 1892 die ersten Goldnuggets fanden. Binnen Wochen setzte ein wahrer Goldrausch ein und Tausende strömten in die wasserlose Halbwüste. Ein Jahr später fand „Paddy Hannman“ in der nähe von Kalgoorlie den grössten Goldklumpen, der bis heute in seinen Dimensionen einmalig ist und stolze 32 kg wiegt. Eine Nachbildung können wir im interessanten Goldfieldsmuseum bewundern. Im Kellergeschoss des Museums, durch Panzertüren gesichert aber fürs Publikum zugängliche, sind weitere Kostbarkeiten aus der vergangenen und heutigen Zeit der Goldgewinnung
ausgestellt. Noch längst ist in Kalgoorlie nicht alles Gold gefunden und abgebaut. Wir fahren zur grössten offenen Goldmine der Welt, zur „Super Pit Mine“. Diese liegt ca. 15 Autominuten von der Stadt entfernt. Schon von weitem sehen wir die riesige Abraumhalde, die das Zentrum der Mine umgibt. Über eine Zufahrt gelangen wir auf die Anhöhe zum „Super Pit“. Von hier haben wir einen tollen Geländeüberblick und können die gewaltigen Dimensionen dieser Mine einigermassen abschätzen. Vom Rand des „Kraters“ fahren in Abständen von ca. 200 Meter „Dump Trucks“ ins Herz der Grube. Dort werden sie von Baggern, deren Schaufeln alle Dimensionen sprengen, mit 400 Tonnen (pro Mulde) goldhaltigem Gestein beladen. Die Monsterlastwagen fahren dann wieder mühsam (trotz 16 Zylindern und über 2000 PS) den Berg hinauf zu den eigentlichen Goldwaschanlagen. Diese sind topmodern und haben nichts mehr mit der romantischen Goldgewinnung vergangener Tage zu tun. Gold und Tourismus sind heute die Haupteinnahmequellen der Stadt. Dass hier der „Rubel“ rollt sieht man an den liebevoll restaurierten Häusern und den gut 90 Hotels dieses 30'000 Seelenortes. Selbst in der City sind die Parkplätze gebührenfrei und die ganze Infrastruktur ist in tadellosem Zustand. Kein Zweifel, die Region ist zurecht „The Godfields“ und nur deshalb glänzt Westaustralien als „The Golden State“. Unser nächstes Ziel heisst Esperance. Ein totaler Kontrast zu der Wüstenlandschaft im Outback. Bevor wir diesen Ort in der „Grossen Australischen Bucht“ erreichen, fahren wir wieder 400 km endlos lange Geraden südwärts. Wir sollten noch
einige Formalitäten mit den Behörden regeln, die den Autokauf betreffen. Denn auch hier, wie überall in der Welt, will der Staat bei solchen Geschäften mitverdienen. Auch wenn es sich um einen kleinen Betrag handelt müssen diverse Formulare ausgefüllt und verschickt werden. Als da wären, ein Formular vom Verkäufer und eines vom Käufer, das den Verkauf resp. den Kauf regelt, eine beglaubigte Kopie meines Reisepasses und meines Internationalen Führerausweises inkl. engl. Übersetzung und schlussendlich noch ein Identitätsnachweis mit meinen persönlichen Daten und einer Postadresse in Australien. Warum auch einfach, wenn es kompliziert auch geht. Die Bürokratie hat halt auch in Down Under Einzug gehalten. Esperances Strände, sagt man, gehören zu den schönsten der Welt. Ein hoher Anspruch, der aber voll und ganz gerechtfertigt ist. Oftmals glaubten wir, die „perfekten“ Strände gefunden zu haben und trotzdem kommen immer wieder Orte, wie hier in Esperance, wo sie noch einen „Tick“ schöner sind. Wassersportler treffen sich auf der Twillight Beach Road, unterwegs zu den stadtnahen Traumstränden wie „Lovers oder Second Beach“. Wir folgen dem Great Ocean Drive von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt und sind von der Landschaft begeistert. Die Strasse führt an einem grossen Salzsee entlang, dessen Wasser rosa schillert. Ein kurioser Anblick, der aber leicht erklärbar ist. Eine chemische Reaktion, die durch Algen hervorgerufen wird, verleiht dem See diese seltsame Farbe. Für den morgigen Tag haben wir uns den den „Cape Le Grand“ Nationalpark als Reiseziel ausgesucht. Zirka 50 km von Esperance entfernt liegt dieser direkt am Meer. Wir sind nach den
besagten Behördengängen etwas spät dran und kommen erst gegen Mittag im Park an. Weil uns der Sinn wieder nach körperlicher Betätigung steht, entschliessen wir uns zunächst für eine Bergtour. Der relativ kurze aber steile und harte Aufstieg zum höchsten Gipfel im Park, dem Frenchman Peak, schaffen wir in knapp einer Stunde. Kurz unter dem Gipfel befindet sich ein riesiges Gewölbe, das auf zwei Seiten offen ist und man durch den Berg auf die Küsktenlinie des Parks schauen kann. Auf dem höchsten Punkt geniesst man eine grandiose Fernsicht. Wir steigen zügig wieder talwärts und fahren ans Meer. Nach nur 15 Minuten gelangen wir zur Lucky Bay. Erst noch schweissnass auf einem Berggipfel und nach kurzer Zeit bereits wieder am Meer. Und hier sehen wir ihn wirklich, den für uns schönsten Strand, mit dem weissesten und feinsten Sand und mit unglaublich türkisfarbenem Wasser. An diesem romantischen Ort gönnen wir uns einige Stunden der Ruhe und der Erholung, denn permanentes Reisen ist nicht nur schön sondern auch anstrengend. Der morgige Tag verspricht wieder jede Menge „Action“. Es soll eine 4WD Strecke mitten durchs Outback sein. Wir fahren zunächst von Esperance nach Condingup. Kurz danach beginnt die Parmango Road. 192 km Gravel Road mit z.T. sandigen, felsigen und mit grossen Steinen und Schlaglöchern durchsetzten Piste. Auf der ganzen Strecke gibt es weder Wasser noch Diesel und bei einer Panne würde man wohl vergebens auf Hilfe warten. Es beschleicht uns bei dem Gedanken schon ein mulmiges Gefühl. Trotzdem machen wir uns frischen Mutes auf den Weg. Die Strasse ist zunächst relativ einfach zu befahren und ich lästere schon: „das soll die gefürchtete Parmango Road sein!“ Kaum gesagt werden die Bedingungen immer härter und anstrengender. Die Piste ist zum Teil dermassen mit Schlägen versehen, dass es uns schier die Plomben aus den Zähnen schlägt. Nach ca. der Hälfte der Strecke sind wir überzeugt, dass unser „Bushi“ diese Tortur nicht ohne Schaden überstehen wird. Der Weg führt über z.T. privates Farmland. Plötzlich stehen wir vor einem verschlossenen Gatter, das man öffnen und nach der Durchfahrt wieder schliessen muss. Damit man das Tor besser wahr nimmt haben die Leute unterschiedlichste Utensilien an den Maschendraht
gehängt. Von Schuhen über T-Shirts, BH’s, Schlüpfer und Käppis ist alles zu sehen. Auf den letzten 20 km der Strecke, wir glauben es kaum, wird der Weg noch schlechter und wir sind schon am zweifeln, ob wir doch nicht besser eine andere Route hätten wählen sollen. Dann endlich das erlösende Ortsschild von Balladonia. Wir haben es tatsächlich geschafft. Das Ende der fast 200 km langen Holperstrecke ist erreicht und wir biegen auf den 1670 km langen Eyre Highway ein. Autofahren kann doch so angenehm sein. Nichts scheppert, nichts rüttelt, man fühlt sich wie auf einer weichen Wolke. Asphaltierte Strassen sind ab und zu schon eine tolle Sache. Als
Abschluss des heutigen sehr anstrengenden Tages fahren wir auf besagtem Highway noch die längste gerade Strecke Australiens (146,6 km) ohne nur den kleinsten Ansatz einer Kurve.  Die nicht sehr stark befahrene Strasse ist Tummelplatz der bis zu über 50 Meter langen Road Trains. Bei der Begegnung mit diesen Ungetümen der Landstrasse hilft nur Abstand halten, damit man nicht von den aufgewirbelten Steinen getroffen wird. Geborstene Windschutzscheiben sind keine Seltenheit. Eine der unwirklichsten Gegenden Australiens, die Nullarbor Plain (kein Baum) ist eine absolut trockene Gegend. Es regnet so wenig, dass keine Bäume hier Wurzeln schlagen können. Entsprechend öde sieht die Landschaft aus. Ausser ein paar Büschen und Steppengras wächst hier gar nichts. Unseren heutigen Übernachtungsplatz finden wir etwas abseits der Strasse im grenzenlosen Outback. Es wird eine relativ kalte und sternenklare Nacht, mit einem einmaligen
Firmament das Millionen von leuchtenden Diamanten in der absoluten Dunkelheit funkeln lässt. Die nächsten Tage bestehen aus „Kilometerfressen“ auf dem Eyre Highway. Es gibt nicht viel zu sehen. Die Devise heisst: fahren, fahren, fahren. Am 22. Februar erreichen wir Eucla, unser vorläufig letzter Ort in Westaustralien. Hier hat der Besitzer des Roadhouse ein kleines Museum für John Eyre, dem Namenspaten des Highways, eingerichtet. Dieser hatte 1841 mit dem Aborigine Wylie auf dem Weg von Adelaide nach Albany erstmals die Wüste durchquert. 1877 wurde auf Eyres Route die erste Telegrafenlinie gebaut. Hier bei Eukla war die Kontaktstelle der west- und südaustralischen Postleute. Reste der Telegrafenstation ragen am Strand noch aus dem Sand, die Dünen wandern langsam über sie hinweg. Am Abend gibt es ein rein vegetarisches Menü. Martha muss alle frischen Früchte und sämtliches Gemüse verwerten, bevor wir Morgen die Grenze nach Südaustralien überschreiten(fahren). Der Weg durch die Wüste führt an einer Quarantäne-Station vorbei, jenseits derer keine frischen Lebensmittel und keine Pflanzen transportiert werden dürfen. Die Bestimmungen sind sehr streng und es muss mit drakonischen Strafen rechnen, wenn man gegen sie verstösst.


Die weiteren Berichte sind jetzt unter der Rubrik South Australia (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.