Western Australia

Teil 3


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24.10. - 7.11.2012  Von Carnarvon über Cape Cuvier, Gnaraloo Bay, Hamelin,

Denham, Monkey Mia, Francois Peron NP in den Kalbarri NP


Nach den eindrücklichen Tagen im unbesiedelten Outback rund um den Mount Augustus sind wir nun wieder zurück an der Westküste in Carnarvon. „Bushi“ spürt seit langer Zeit wieder Asphalt unter den Füssen und fährt auf leisen Sohlen in die City. Der 7000 Seelenort ist Hauptstadt der Gascoyne-Region und liegt an der Mündung des Gascoyne River. Benannt ist sie nach dem britischen Kolonialminister Lord Carnarvon. Früher befand sich hier ein Hafen der Versorgungsstation für Schaffarmen in der Umgebung war. Bis in die 30-er Jahre weideten rund 1,5 Millionen Schafe im näheren Umkreis. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Dafür werden auf den umliegenden Plantagen eine bunte Vielfalt an Früchten angebaut: Ananasse, Orangen, Avocados, Bananen, Mangos, Melonen und Tomaten. Möglich macht dies ein riesiges Grundwasseraufkommen mit dem ein umfassendes Bewässerungssystem gespeist wird. Dadurch ist Carnarvon Mittelpunkt einer ganzjährigen blühenden Oase in einer sonst trockenen Umgebung. In der
aufstrebenden Kleinstadt wird kräftig gebaut und renoviert. Ganze Strassenzüge werden neu gestaltet und so gibt es an vielen Stellen kein Durchkommen. Wenn einmal alles saniert ist wird der Ort bestimmt an Attraktivität gewinnen. Momentan finden wir nur wenig lohnende Fotosujets. Deshalb fahren wir zum „The Great Dish“, einer Satelliten-Beobachtungsstation aus den sechziger Jahren. Hier war die Bodenstation, von der entscheidende Kommandos beim ersten Flug zum Mond gegeben wurden. „Bushi“ wirkt winzig unter der gewaltigen Satellitenschüssel, die auf dem ehemaligen NASA-Gelände steht und jetzt ein Museum mit Ausstellungsstücken der ersten Mondlandung beherbergt. Zurück zur ursprünglichen Natur führt uns ein Ausflug zu den Blowholes am Point Quobba. Durch etwa 30 Felslöcher direkt vor der Küste werden hier mit riesigem Druck die Wellen des Indischen Ozeans gepresst und es entsteht ein beeindruckendes Schauspiel durch diese bis zu 20 Meter hohen Wasserfontänen. Unweit dieser Szenerie reicht das Nigaloo Reef bis an den Strand. Aus etwas erhöhter Lage bekommen wir die bunte Vielfalt der Riffbewohner, Fische, Schalentiere, Krustentiere (mir läuft bei dieser Aufzählung das Wasser im Mund zusammen, so sehr liebe ich diese Kreaturen – auf dem Teller wohlgemerkt) und einen Adlerrochen zu Gesicht. Auf den roten Felsen direkt an der Küste spazieren wir über Salzablagerungen, die von der Gischt hierher getragen werden. Wenn man nicht aufs Thermometer schauen würde, das über 30° Celsius anzeigt, könnte man meinen, dass alles mit einer feinen Eisschicht
überzogen wäre. Auf dem steinigen Untergrund gedeihen „Bodenhöckerli“, die wie kleine Rubine in der gleissenden Sonne glitzern. Die genannten Sehenswürdigkeiten rund um Carnarvon schauen sich die meisten Touristen an. Weil wir wieder einmal das Aussergewöhnliche suchen begeben wir uns auf die 80 km lange, kaum befahrene Gravel Road resp. Sandpiste Richtung Gnaraloo Station. Nach einem Drittel der Strecke gelangen wir über einen Abzweiger auf einem 4WD Track zum Cape Cuvier direkt am Meer. Wir parkieren „Bushi“ am Rand der rund 100 m abfallenden Klippe, nehmen unsere Campingstühle hervor und geniessen bei einem kleinen Apéro den Blick über den weiten Ozean. Martha entdeckt plötzlich rostende Eisenteile, die weit unter uns am Strand liegen. Sogleich steigen wir über einen steilen Pfad hinab und erkunden die Sache. Es sind die Überreste eines koreanischen Schiffes erkennbar, das im Mai 1988 vom Zyklon „Herbie“ auf die Felsen geworfen wurde und anschliessend gesunken ist. Der Zahn der Zeit hat schon kräftig am Metall genagt und in ein paar Jahren wird wohl nicht mehr viel davon zu sehen sein. Zurück auf der Steilklippe angelangt beschliessen wir die Nacht hier zu verbringen. Martha trifft Vorbereitungen für das Abendessen und weil wir heute auf den Tag genau ein Jahr unterwegs sind gibt es etwas besonders Gutes. Bei einem schönen Glas Wein lassen wir
uns während eines Bilderbuch-Sonnenenuntergangs das lukullische Mal schmecken. Als könnte die Szene nicht kitschiger sein schwimmt kurz bevor die Sonne im Meer versinkt ein Delfinpärchen direkt unter uns die Küste entlang. Es wird eine sternenklare Nacht, in der wir nur den Wind und das gleichmässige Rauschen der Brandungswellen hören. Schon bald schlummern wir in unserem „Adlerhorst“ über den Klippen wohlbehütet in „Bushis“ Schoss ein. Wir haben uns an das Schlafen auf einem dünnen Polster, das auf einem steinharten Brett liegt, schon lange gewöhnt. Trotzdem spüren wir nach ca. 8 Stunden unsere alten Knochen, die sich manchmal nach einem weichen Bett sehnen. Einen Vorteil hat die Sache allerdings, man ist immer früh auf und hat somit mehr vom Tag. So auch heute, denn schon bald nach Sonnenaufgang sind wir bereits wieder on the Road Richtung Norden. Am frühen Vormittag erreichen wir den Torbogen mit der Aufschrift Gnaraloo Station. Ein paar km weiter gelangen wir zu einer heruntergekommenen Schaffarm auf deren Grundstück Bungalows, die ebenfalls wenig einladend wirken stehen und so vermutlich vergeblich auf zahlende Touristen warten. Es ist weit und breit niemand zu sehen – wen wundert’s? Unsere Fahrt endet vor einem
geschlossenen Gatter. Rund um uns freilaufende Schafe, die sich bei brütender Hitze ein schattiges Plätzchen suchen. Überall auf dem Grundstück sehen wir Müll- und Schrotthaufen. Wir sind nahe dran umzukehren. Der „Gwunder“ obsiegt dann doch. Wir beschliessen das Tor zu öffnen, die Schafe beiseite zu bugsieren und weiter auf der Holperpiste Richtung Meer zu fahren. Die Beharrlichkeit sollte sich wenige hundert Meter später auszahlen. Wir gelangen entgegen unseren Erwartungen an einen wunderschönen, völlig intakten, feinkörnigen, weissen, menschenleeren (es ist absolut niemand zu sehen) mehrere Kilometer langen von Dünen umgebenen Sandstrand. Ein Paradies, sagen wir überwältigt zu einander. Das türkisblaue Wasser überdeckt das hier zu Ende gehende Ningaloo Reef nur ca. einen Meter. Schnell packen wir das Nötigste zusammen und suchen uns ein herrliches Plätzchen. Badehose an, Taucherbrille und Schnorchel auf und wenige Meter vom Strand entfernt schweben wir über den Korallengärten zwischen bunten Fischen, Langusten (komisch, ich bekomme schon wieder Hunger) und anderen Meeresbewohnern. Das alles ist hier so märchenhaft
schön, dass man es nicht in Worte fassen kann und auch die Fotos können nur einen Bruchteil davon wiedergeben, was wir hier sehen, fühlen und erleben. Wir verbringen fast den ganzen Tag ungestört in dieser Bucht, bevor wir uns wieder auf den Rückweg begeben. Wir wählen eine etwas andere Route, die z.T. direkt der Küstenlinie folgt. Immer wieder führen kleine Abzweiger über zum Teil tiefsandige Tracks zu verschiedenen Aussichtspunkten. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir uns in den Sandbunkern nicht festfahren. Hilfe könnten wir hier draussen nicht erwarten. Zum Glück gibt es aber links und rechts der Pisten kräftige Sträucher, an denen wir uns bei Bedarf mit unserer Seilwinde wieder befreien könnten. Wir unternehmen kleine Dünenwanderungen auf denen uns wildlebende Ziegen begegnen. Sie teilen das Terrain mit Kängurus, die aber meistens nur am frühen Morgen oder späten Nachmittag zu sehen sind. Auf der Weiterfahrt steht plötzlich ein Pferd am Pistenrand. Ich verlangsame sofort und fahre vorsichtig näher heran. Eine wunderschöne Stute, keine Ahnung wie die hierher kommt, stellt sich demonstrativ vor unseren Wagen hin und macht keine Anstalten den Weg frei zu geben. Hupen nützt nichts, denn sie tut so, als würde sie nichts hören – typisch Frau halt!. Erst als ich sie mehrmals mit dem Camper leicht anschiebe räumt sie das Feld. Nach einer weitern Übernachtung in Carnarvon fahren wir auf dem Brand Highway nach Hamelin in der Shark Bay. Hier gibt es eine urzeitliche Sensation zu bewundern. Kolonien von im Salzwasser blubbernden Algenmikroben, so
genannte Stromatolithen, bilden in der Lagune massige Klumpen, die wie Riesenpilze anmuten. Es handelt sich dabei um die ältesten fossilen Lebewesen der Erde. Vor dreieinhalb Milliarden Jahren begannen Bakterien mit der Sauerstoffproduktion und formten im salzhaltigen Wasser die charakteristischen "lebenden Felsen", die wir von einem Steg aus besichtigen. Zwischen diesen urzeitlichen Gebilden entdecken wir plötzlich einen ca. 1 m langen, hechtähnlichen Raubfisch. Eine exotische Erscheinung, halb transparent, mit spitzen Zähnen bewehrt und leuchtend grünen Augen. Niemals zuvor haben wir diese seltsame und äusserst scheue Kreatur beobachten können. Auf dem Rückweg führt unser Pfad an einem nichtalltäglichen Steinbruch vorbei. In Jahrtausenden haben sich Muschelschalen am Strand angehäuft, die sich bis zu einer Dicke von 4 m auftürmten und durch den Druck des eigenen Gewichtes komprimiert wurden. Die Muscheln sind so kompakt, dass in der Vergangenheit Quader raus geschnitten und zum Häuserbau verwendet wurden. Es soll ein erstklassiger Isolator zur Wärme- und Kältedämmung sein. Noch heute kann man Gebäude, die aus diesem Baustoff errichtet wurden, besichtigen. Unser heutiges Tagesziel ist Denham. Von hier aus werden wir in den nächsten Tagen ein paar Touren ins Umland des kleinen Küstenortes unternehmen. In der Unmittelbaren Nähe befindet sich die idyllisch gelegene „Little Lagoon“, ein kleiner fast kreisrunder See im Innland mit ruhigem Badestrand und Grillplätzen. Ein paar Kilometer weiter gelangen wir über eine gut ausgebaute Strasse zum berühmten Monkey Mia Resort. Der Legende nach kommen hier Tag für Tag wild lebende Delfine an den Strand nur um dem Menschen nahe zu sein und dessen Streicheleinheiten zu geniessen. In
Tat und Wahrheit ist es ein einträgliches Geschäft für das die Meeressäuger „missbraucht“ werden. Schon bevor wir überhaupt  nach Monkey Mia hineinfahren können werden wir zur Kasse gebeten. Seit ca. zwei Jahren wird hier nämlich Eintritt verlangt, den wir natürlich auch bezahlen, denn wir sind ja neugierig. Wir stellen uns mit der Touristenschar an den Strand. Eine Rangerin gibt Anweisungen, wie wir uns gegenüber den Delfinen verhalten sollen. Im Gegensatz zu früher darf man sie nicht mehr berühren, weil so angeblich krankmachende Keime übertragen werden können. Pünktlich um 8.30 Uhr erscheinen arbeitsvertragsgemäss die ersten Delfine. Bald gesellen sich noch ein paar mehr dazu bis sich eine Gruppe von ca. sechs Tieren zusammengefunden hat. Wir gehen alle bis auf Kniehöhe ins Wasser während die Delfine immer näher kommen bis sie schliesslich unmittelbar vor uns sind. Von der Rangerin ausgesuchte Leute dürfen dann den Delfinen einen Fisch ins Maul legen, was diese dankend annehmen. Damit wäre das Märchen von der rein auf Sympathie beruhenden Beziehung zwischen Mensch und Delfin geplatzt. Die Meeressäuger kommen nicht wegen dem Menschen sondern wegen dem Fressen und füllen so ungewollt den Betreibern die Taschen mit Dollars. Eine gelungene, wenn auch fragwürdige Symbiose. Trotzdem haben wir unseren Spass mit den flinken Schwimmern und nach einer halben Stunde, als der letzte Fisch im Rachen eines Delfins verschwunden ist, entschwinden sie wieder hinaus aufs Meer – wen wundert’s? Wir haben nach dieser Vorführung auch Hunger bekommen und gönnen uns, sehr zur Freude des Resort-Betreibers, ein ausgiebiges Frühstück in seinem wunderschön gelegenen Restaurant direkt am Strand. Auch wenn ich hier etwas zynisch schreibe lohnt sich der Besuch von Monkey Mia auf jeden Fall. Die Anlage ist schön in die Landschaft eingebettet und man kann ausgiebige Strandspaziergänge unternehmen. Für Familien mit kleinen Kindern ist es ein tolles Erlebnis, wenn man die leuchtenden Kinderaugen sieht während sie einem Delfin den Fisch reichen hat sich der Eintritt allemal gelohnt. Weitere wirkliche Attraktionen in der Region sind wunderschöne Lookouts, wie z.B. der Eagle Bluff, von dessen Bordwalk (200 m) geniessen wir einen
herrlichen Blick über den Ozean und im nur wenige Meter tiefen Wasser können wir von der Anhöhe ausgezeichnet Haie, Rochen und Meeresschildkröten beobachten. Im nahe gelegenen Ocean Park Café gönnen wir uns dann auf einer fantastischen Terrasse den angeblich besten Kaffee an der Coral Coast – er ist wirklich ausgezeichnet. Ein weiteres Muss ist der Shell Beach, den wir natürlich auch besuchen. Der aus einer bis zu 10 Meter dicken Schicht aus Milliarden von Herzmuscheln überlagerte Strand leuchtet in der Sonne blütenweiss. Sand suchen wir hier vergebens. Alles nur Muscheln, Muscheln und
nochmals Muscheln. Wind und Wellen haben innerhalb von 6000 Jahren aussergewöhnliche Mengen von Schalen angeschwemmt und so die Landschaft geprägt. Für Empfindliche ist das Barfuss gehen nicht nur ein Vergnügen. Die z.T. kantigen Schalen zwicken einen ab und an ein bisschen. Nach einigen Minuten Fussmarsch fühlen sich die von der Hornhaut befreiten Füsse an wie nach einem Wellness-Besuch bei der Podologin und man läuft wieder wie auf einer Wolke. Die Halbinsel an der Shark Bay hat aber noch mehr zu bieten. Unser nächstes Ausflugsziel ist der Francois Peron Nationalpark. Das 500 km² grosse Naturschutzgebiet ist ein perfekter Schauplatz, um den tollen Kontrast zwischen der roten Erde, den weissen Sandstränden und dem blauen Meer richtig geniessen zu können. Die Landschaft wird von Buschland, Salzpfannen, Sanddünen und weiten Buchten geprägt. Die ersten paar Kilometer bis zur Peron Homestead Precinct sind noch für normale PKW’s zugänglich. Von dort an ist das Befahren des Parks nur noch mit einem Geländewagen mit hohem Radstand möglich. Und selbst bei diesen Fahrzeugen, also auch beim „Bushi“, muss zuerst gehörig Luft aus den Reifen abgelassen werden. Damit wird Traktion verbessert und die Gefahr im tiefen Sand stecken zu bleiben verringert. Die roten Pisten, die über bewachsene Dünen führen werden je nach Wind mit mehr oder weniger Sand zugedeckt. Deshalb ändern sich die Bedingungen von Tag zu Tag. Wir müssen bei etlichen Passagen höllisch aufpassen, dass wir uns nicht in dem bis zu den Radnaben reichenden Sand festfahren. Immer mit genügend Schwung über solche Hindernisse
hinweg und ja nicht anhalten heisst das Gebot der Stunde. Meter um Meter kämpfen wir uns durch diese fantastische Landschaft, in der es nur so von Reptilien wimmelt, bis wir nach 50 km den nördlichsten Punkt, das Cape Peron, erreichen. Über den ganzen Park verteilt fährt man immer wieder durch so genannte Birridas. Hierbei handelt es sich um Lehmflächen mit sehr weichem Boden und Salzansammlungen. In diesen Bereichen darf man die Piste auf keinen Fall verlassen, da man durch das Gewicht des Autos im Boden einsinken würde. Selbst zu Fuss haben wir tiefe Abdrücke hinterlassen. Eine unwirkliche, aber sehr interessante Gegend. Am Top End geht es nur noch zu Fuss weiter. Auf einer leuchtend roten Düne blicken wir hinunter auf den goldgelben Sandstrand wo sich hunderte Kormorane versammelt haben und sich zum Fischfang hinaus aufs offene Meer begeben. Auf dem den Klippen entlangführenden Wanamalu Trail (1,5km pro Weg) zum Cape Peron und zum Skipjack Point kommen wir zu zwei Aussichtsplattformen mit atemberaubender Aussicht. Martha hält Ausschau nach Haien und entdeckt statt derer Wasserschildkröten
und eine Seekuh (Dugong), die genüsslich Grünzeug futtert. Das Farbenspiel im Francois Peron Nationalpark zwischen roten Sanddünen, hellem Strand und türkisblauem Wasser ist wirklich einmalig. Wir haben das in keinem anderen Park in Australien so intensiv erlebt. Auf der Rückfahrt besuchen wir auf verschiedenen Abzweigern noch einige Strandabschnitte und die für ihren Fischreichtum bekannte „Big Lagoon“. Auch sehenswert, aber mit der Landschaft ganz im Norden des Parks nicht zu vergleichen. Am späteren Nachmittag erreichen wir wieder den Ausgangspunkt unserer Tour. Das Fazit: viel gesehen, viel erlebt und Plattfuss Nummer acht eingefahren. Bei niedrigem Luftdruck in den Pneus besteht die Gefahr, dass sich der Reifen auf der Felge verschiebt und so das Ventil beschädigt. Genau das ist uns im tiefen Sand passiert, was uns aber nicht weiter irritiert. Unsere nächste Destination auf der Fahrt Richtung Süden ist Kalbarri mit dem gleichnamigen Nationalpark. Wir fahren vom North West Coastal Highway zu diesem Park. Zuerst sehen wir nur flaches Buschland links und rechts der Strasse. Bis nach einigen Kilometern Wildblumen zu beiden Seiten den Weg schmücken. Es sind Überbleibsel der Hauptblütezeit, die zwischen September und Oktober die ganze Gegend in ein prächtiges Farbenmeer verwandelt. Der National Park liegt in einer eindrucksvollen Flusslandschaft des Murchison River mit grandiosen Schluchten und weiten Sandebenen. Der Fluss hat sich in über 400 Mio. Jahren einen tiefen Einschnitt in das dicke Sandsteinplateau gegraben und führt fast ganzjährig Wasser. Nach Regenfällen oder Zyklonen kann das Wasser bis zu 7 m ansteigen. Dann ergiesst sich eine schmutzig-braune Flut kilometerweit sichtbar in den Indischen Ozean. Wir fahren zur Murchison Gorge und begeben uns auf den 9 km langen Walk „The Loop“. Ein spannender
Rundwanderweg entlang eines begeisternden Flusslaufes. Die Wanderung beginnt bei einem grazilen Felsbogen „Nature‘s Window“ mit eingerahmtem Blick auf die Murchison River Gorge. Das wohl meistfotografierte Sujet auf diesem Trail. Anfangs oberhalb des Flusses wandern wir vorbei an Sandsteinformationen und vielen grandiosen Aussichtsplattformen. Der Fluss bahnt sich seinen Weg durch eine markante Schleife, genannt The Loop. Nach knapp der Hälfte der Tour gelangen wir neben einem grossen Termitenhaufen hinab zum Flussbett des Murchison River. Nun gibt uns die Uferlinie den Weg vor.
Zuerst über Felsen, wo unsere Kletterkünste gefragt sind, dann über sandige Bereiche. Links und rechts steile Felswände, die von streifenartigen Sandsteinschichten durchzogen sind. Langsam schliesst sich der Kreis der Wanderung und wir verlassen den Fluss, der jetzt in der Trockenzeit zu Billabongs geschrumpft aber trotzdem voller Fische ist. Ein nicht sehr steiler Anstieg über kleine Felskaskaden bringt uns wieder zum Ausgangspunkt der Wanderung zurück. Den Küstenteil des Nationalparks besichtigten wir in zwei Tagesetappen. Über eine asphaltierte Strasse gelangen wir zu den Felsklippen namens Red Bluff. Der Lookout gibt eine Panoramasicht auf den heute aufgewühlten Indischen Ozean frei. Das Meer ist nach einem Regenschauer in der Nacht, das erste Nass, das wir seit Monaten wieder von oben bekommen und heftigen Windböen in Wallung geraten. Ein paar Kilometer südlich beginnt eine zweistündige Wanderung zum Mushroom Rock und ins Rainbow Valley. Hinweistafeln entlang des Weges
informieren über Flora und Fauna des Tales und über geologische und botanische Besonderheiten. Die Region besitzt ein eigenes, sehr verwundbares Ökosystem mit einer äusserst sensiblen Pflanzenwelt. Deshalb sollten die ausgewiesenen Wege möglichst nicht verlassen werden. Ein sehr abwechslungsreicher Walk der die spektakuläre Küste mit den speziell erodierten Felsen und den Innlandteil mit den röhrenartigen Skolithos zeigt. Für den letzten Tag in dieser Region haben wir uns einen 16 km langen Cliff Walk ausgesucht. Der BigurdaTrail führt oberhalb der Küste auf der Kante der Klippe entlang. Der Wanderweg beginnt bei der Eagle Gorge, einem breiten Einschnitt in die Steilküste. Wahrscheinlich bekam sie ihren Namen, weil sich hier im Aufwind der steilen Felswände die Adler besonders wohl fühlen. Wir haben leider keinen am Himmel gesehen dafür etliche kleine Falken, die akrobatisch den Hängen entlang segeln. Die nächsten Aussichtspunkte dieser Wanderung heissen Shellhouse, Grandstrand oder Island Rock und bieten jeweils immer wieder neue Perspektiven auf die von den Fluten des Ozeans geformte Küste. Am Ende des Pfades die Natural Bridge. Felsbögen faszinieren die Menschen immer wieder und wir haben auf unserer Reise schon einige bewundert. Aber hier ist wirklich ein besonders hübscher Bogen zu sehen, der durch Wind und Wasserkraft
ausgespült worden ist. Unablässig rollen die Wellen des Ozeans durch das so entstandene Loch hindurch, vergrössern es Tag für Tag, bis in ein paar Jahren der Fels endgültig vom Festland getrennt sein wird. Weil die Wanderung kein Loop ist geht es auf demselben Weg zurück, den wir gekommen sind. Langweilig wird es uns deshalb aber nicht. Auf halber Wegstecke entdeckt Martha weit draussen Wale, die Richtung Süden schwimmen. Ihre Fontainen beim Ausatmen sind über mehrere Kilometer zu sehen. Ein paar hundert Meter weiter schwimmt eine Schule Delfine unmittelbar vor uns im Küstengewässer und jagen im Verband den Fischen nach. Sie kreisen einen Fischschwarm ein, lassen durch ihr Atmungsorgan Luft entweichen, die blubbernd nach oben steigt. Der Fischschwarm wird so in Schachgehalten bis alle Delfine wie auf ein Kommando in den Fischknäuel eintauchen und das grosse Fressen beginnen kann. Ein faszinierendes Schauspiel. Die nächsten Tage begeben wir uns auf einen ausgewiesenen Wildflower Way, der uns etwas südwärts führen wird. Weil wir etwas spät in der Kalbarri Region eingetroffen sind ist von der bunten Blumenpracht des Frühlings nicht mehr viel zu sehen. Doch die Gegend oberhalb von Perth soll noch in voller Blust stehen, haben uns Reisende erzählt. Es wäre nur zu schön, wenn wir davon auch noch ein paar Eindrücke erhaschen könnten.


8.11. - 16.11.2012  Vom Kalbarri NP über Port Gregory, Geraldton, Wildflower Way

(Mullewa, Morawa, Perenjori, Dalwallinu, Moora, Coorow, Watheroo NP, Migenew

zurück nach Geraldton) zum Principality of Hutt River


Auf dem Weg von Kalbarri nach Geraldton machen wir Halt im kleinen, fast menschenleeren Port Gregory. Das verträumte Städtchen und der direkt vom Riff geformte natürliche Hafen befinden sich an einem 5 km langen Sandstrand. Im Ort selbst gibt es einen grossen Pier und am Strand kann man prima angeln oder schwimmen, vorausgesetzt der Wind bläst nicht mit einer solchen Vehemenz wie am heutigen Tag. Der schön gelegene Picknickplatz direkt am Meer ist schon völlig mit Sand zugeweht. So verweilen wir hier nur kurz und begeben uns zum Markenzeichen des Ortes, dem Pink Lake, welcher auch Hutt Lagoon genannt wird und seine Farbe von den Beta-Carotin produzierenden Algen erhält. Wir haben schon des Öfteren
Seen mit einer leichten Rotfärbung gesehen. Das intensive Pink dieses Gewässers haut uns aber fast aus den Socken. Zum Sonnenuntergang verändert sich die Färbung des Sees zu einem leichten Violett. Eine unglaubliche Laune der Natur, die uns wieder einmal ins Staunen gebracht hat. Weitere 80 km südlich gelangen wir zur wesentlich grösseren und belebteren Stadt Geraldton. Sie ist der Ausgangspunkt für unsere mehrtägige Rundtour auf dem „Wildflower Way“. Mullewa, Mingenew und Morawa sind drei Hot Spots im Wildflower Country an der Coral Coast von Western Australia. Auch wenn es eigentlich das gesamte Jahr über ein paar Wildblumen in der Region zu entdecken gibt, so sind ausschliesslich während der Monate Juli, August, September und Oktober ganze Teppiche der bunten Blumen zu sehen. Museen, historische Gebäude, Aussichtspunkte und Naturreservate befinden sich ebenfalls entlang des Wildblumenweges. Als speziell sehenswert wird im Reiseführer die „Kojarena Chapel“ beschrieben, die wir bereits nach 20 km erreichen. Zu unserem Erstaunen ist sie aber geschlossen und so müssen wir unverrichteter Dinge weiter fahren. Weil
wir etwas spät in dieser Region eingetroffen sind, anfangs November, knapp ausserhalb der Saison, werden wir wahrscheinlich einige der alten Gemäuer verschlossen vorfinden. Hoffentlich haben wenigstens die Blumen ein Einsehen und zeigen etwas länger als im Reiseführer beschrieben, ihre Blütenpracht. Wir haben Glück, denn schon auf dem Weg nach Mullewa stehen blühende Bäume am Strassenrand. Im schmucken Städtchen begeben wir uns auf den Heritage Trail. Entlang des Weges können 15 historische Gebäude besichtigt werden. Besonders gut gefallen hat uns das „Priest
House“ (teils Museum, teils Kirsche). Gezeichnet und gebaut wurde es von dem damaligen Priester (1916 – 1939), Monsignor Hawes. Er war ein erstaunlicher Charakter, ein Mann der dramatischen Widersprüche und faszinierende Leidenschaften, und das Leben liebte. Er konnte wirklich von sich und seinen Bauten sagen, einzigartig zu sein. Alle Orte entlang des Wildflower Way wirken schmuck, herausgeputzt und aufgeräumt. Jeder besitzt ein schönes Schwimmbad mit fantastischer Grünanlage, Kinderspielplatz mit Wasserkanonen usw. Obwohl ausgesprochenes Badewetter herrscht ist kein Mensch in den Anlagen zu sehen. Auch sonst sind wir beim Gang durch die kleinen Gassen fast alleine unterwegs. Wir fragen uns, von was die Leute hier leben und wie die Gemeinden eine solch teure Infrastruktur finanzieren. Ausser ein paar Touristen verirrt sich niemand in diese abgelegenen Orte und Industriebauten sind weit und breit keine zu sehen. Vermutlich bringt die Landwirtschaft so viel ein, dass
man sich hier etwas mehr leisten kann. Rings um die idyllischen Städtchen dehnen sich gewaltige Getreidefelder aus. Alle paar Kilometer stehen riesige Kornspeicher entlang der Eisenbahnstrecke. Offensichtlich ein einträgliches Geschäft. Weil in Australien die landwirtschaftlichen Produkte, eigentlich alle ausser Fleisch, relativ teuer sind, haben die Bauern und somit auch die Kommunen in denen sie leben ein erkleckliches Einkommen – es sei ihnen gegönnt. Unser heutiger Übernachtungsplatz befindet sich in Moora, ebenfalls ein hübscher Ort im „Weizengürtel“ von
Westaustralien. Beschaulich und ohne Hektik verläuft hier das Leben auf dem Lande. Allerdings könnten wir es uns nicht vorstellen, hier zu wohnen. Dafür ist es einfach zu ruhig und zuwenig Abwechslungsreich. Für etwas Unterhaltung sorgen am Abend seltene Weissohr Rabenkakadus, die bis zu 60 cm gross werden. Auf einem Baum oberhalb unseres Stellplatzes beobachten wir ein Pärchen beim „Charichäschperle“. Das Männchen wirft sich mächtig in Pose, schlägt sogar mit den Schwanzfedern ein Rad, nur um dem Weibchen zu gefallen. Was die Männerwelt alles Unternehmen muss um den Frauen zu imponieren ist auch im Tierreich sehr anspruchsvoll. Auf dem Rückweg nach Geraldton besuchen wir den Watheroo Nationalpark, den wir auf einer Gravel Road erkunden. Wir beobachten hier ein letztes Aufbäumen des Frühlings. Links und rechts der Piste blühen Sträucher und farbenfrohe Blumen gedeihen in der sonst von grünen Büschen dominierten Landschaft. Wir sind glücklich, dass wir doch noch viele der wunderschönen „Wildflowers“, von den es mehrere tausend Arten gibt, auf unserem Weg nach Süden zu sehen bekommen. Zurück in Geraldton begeben wir uns auf Erkundungstour durch den Ort, der sich selbstbewusst als „Hummerhauptstadt der Welt“ bezeichnet. Bei einem Abstecher in die Fishermens Wharf wollen wir dieser Aussage auf den Grund gehen. Wer sehen will, wie der Fang küchenfertig verarbeitet wird kann zwischen November und Juni an einer Führung durch die „Geraldton Fishermen’s Cooperative“ teilnehmen. Täglich fahren bis zu 200 Boote hinaus aufs Meer zu den reichen Fischgründen. In diversen kleinen Läden direkt am Hafen kann sich jedermann mit den fangfrischen Leckereien eindecken. Bereits werden auf den Fischkuttern wieder die leeren Hummerkörbe für den nächsten Fang an Bord gebracht. Auf einem eingezäunten Gelände beobachten wir das geschäftige Treiben in der Werft. Die Boote müssen von Zeit zu Zeit gewartet oder generalüberholt werden. Wir stehen ca. 15 Min. an einem Zaun, von dem aus wir einen guten Gesamtüberblick auf die Werft haben und einige Fotos knipsen. Plötzlich spricht uns ein freundlicher älterer Herr von der Hafenmeisterei an und erklärt, dass wir uns ruhig auf dem ganzen Gelände umsehen dürfen und nicht am Zaun stehen bleiben müssen. Super – jetzt können
wir aus nächster Nähe beobachten, wie die bis zu 80 Tonnen schweren Schiffe mit einem fahrenden „Ungetüm“ aus Stahl aus dem Wasser gehoben und in die Werkstatt gebracht werden. Da wird geschraubt, gehämmert, demontiert und renovierte Teile wieder neu montiert. Die Dieselmotoren werden gewartet und die zum teil lädierten Schiffsschrauben ersetzt. Zum Schluss bekommen die Boote einen neuen Farbanstrich. Schon nähert sich wieder einer dieser monströsen Hebekräne, die einen frisch aufgemöbelten Fischkutter aus der Werft holt und an einem Dock zu Wasser lässt. Wir können alles genau
mitverfolgen und von der Nähe optimal fotografieren. Das bleibt einem Schiffsmechaniker nicht unverborgen. Noch während sich das Boot langsam ins Wasser senkt kommt er auf uns zu und erklärt, dass bevor man mit der Innenrenovation beginne eine Probefahrt mit dem mechanisch überholten Schiff gemacht und alle Systeme gecheckt werden. Wenn wir Lust hätten dürften wir ihn gerne begleiten. Wir lassen uns nicht zweimal bitten. Schnell hüpfen wir auf das Deck des Kutters – Leinen los und schon tuckern wir aus dem Hafen raus. Wir können uns auf dem Boot frei bewegen, alles ansehen und fotografieren derweil der Bootsführer alle Funktionen testet. Plötzlich geht ein Ruck durchs ganze Schiff. Der Motor wird auf Volllast gebracht und der Kutter geht ab als gäbe es kein Morgen. Wir hätten nie gedacht, dass ein solches Boot dermassen beschleunigen und so ein hohes Tempo erreichen kann. Wir müssen uns festhalten resp. setzen, um nicht über Bord zu gehen. Nach ein paar km wird die Geschwindigkeit wieder gedrosselt und wir klettern über eine Leiter aufs Oberdeck. Martha setzt sich gleich in den Kapitänsstuhl und übernimmt das Ruder. Jetzt beginnt unsere Privattour zu interessanten Plätzen rund um Geraldton. Der Schiffsführer zeigt uns Seelöwen auf vorgelagerten Felsen, die Verladestationen der Frachtschiffe und exklusive Wohnlagen am Wasser. Nach ca. einer dreiviertel Stunde geht es wieder heimwärts und unser Gastgeber lässt uns an der vereinbarten Stelle aus dem Boot springen. Wir können uns noch kurz bei ihm für den tollen Ausflug bedanken, bevor er sich mit einem „don’t worry“ verabschiedet und den Kutter zurück in die Werft fährt. Das begeistert uns nebst den tollen Landschaften ebenfalls an
Australien. Freundliche, spontane, kontaktfreudige und liebenswerte Menschen. Es ist gerade Mittagszeit und so beschliessen wir, in einem für seine gute Küche bekannten Restaurant in der Stadt, zu dinieren. Was gibt’s? Frisch gefangenen Lobster natürlich! Die Werbung hat für einmal nicht zuviel versprochen – die Dinger schmecken einfach köstlich. Geraldton hat neben seinen ausgezeichneten Fischrestaurants aber noch mehr zu bieten. Sonniges mildes Klima und schöne Sandstrände in der Umgebung machen es zu einem beliebten Ferienziel. Von November bis April rufen ideale Windbedingungen Surfer auf den Plan. Wellenreiter, Wind- und Kitesurfer stürzen sich in die tosenden Brandungswellen. Für die nicht so sportbegeisterten Touristen ist der sehr starke Wind, der nur in den Nachtstunden einwenig nachlässt, eher lästig. Man findet kaum ein Plätzchen wo man nicht von den heftigen Böen erfasst wird. Draussen kochen auf dem Gasgrill wird zu einer echten Herausforderung, die mein Schatz aber Tag für Tag bravourös annimmt. Auf einem ausgedehnten Stadtrundgang besichtigen wir ein ausgemustertes gelbes Unterseeboot „Yellow
Submarine“, bewundern die durch ihre schrille Innenarchitektur extravagante St. Francis Xaviers Cathedral und besuchen das HMAS Sydney II Memorial. Die Gedenkstätte an erhöhter Lage der Stadt ist zu ehren von 645 gefallenen (ertrunkenen) Soldaten errichtet worden. Der Leichte Kreuzer wurde während des zweiten Weltkriegs von einem deutschen Kriegsschiff „Kormoran“, das als niederländischer Frachter getarnt war, versenkt. Keiner der Besatzung hat das Drama am 19. November 1941 überlebt. Alle Gefallenen sind auf einer schwarzen Marmorwand namentlich erwähnt. Die Kuppel des Mahnmals ist aus 645 stählernen Möwen gebaut. Für jeden gefallenen Seemann eine Möwe. Ein Staat von eigenen Gnaden befindet sich etwa 100 km nördlich von Geraldton. Prinz Leonard und Prinzessin Shirly herrschen über ihr 75 Quadratkilometer grosses Reich, genannt „Hutt River Province Principality“. Was wie eine Provinzposse klingt hat einen ernsten Hintergrund. 1970 veranlasste ein Behördenstreit den Farmer Len Casley, sein Land für unabhängig zu erklären. Er liess Pässe und Briefmarken drucken und Münzen mit seinem Konterfei prägen. Um die 30 Einwohner, meistens Verwandte, leben heute im selbst ernannten Fürstentum. Weltweit zählt es rund 18'000 Bürger. Von einigen Regierungen wird der „Staat im Staat“ sogar offiziell anerkannt – sinnigerweise von Australien nicht. Der Prinz nimmt es gelassen und begrüsst gerne Besucher in seinem Land. Ab heute gehören auch wir dazu. Auf dem Brand Highway Richtung Norden gelangen wir über eine gut beschilderte Gravel Road ins Reich des Prinzen. Nach der Toreinfahrt des riesigen Grundstückes befinden wir uns theoretisch nicht mehr in Australien sondern im Fürstentum Hutt River. Auf dem Farmgelände sind in separaten Gebäuden eine Fürstenkapelle, ein Post Office und das Government Office untergebracht. Ein origineller Pavillon mit dem
in Stein gemeisselten Kopf des Prinzen im Eingangsbereich orientiert alle Besucher über wissenswerte des Fürstentums. Als erstes gehen wir ins Government Office, um uns ordnungsgemäss im neuen Land anzumelden. Leider ist das Office verwaist und so können wir die etwas verstaubte Einrichtung Begutachten. Geldscheine aller Herrenländer sind an die Wand geheftet. Briefmarken des selbst ernannten Königreichs sind feinsäuberlich in Folien verpackt. In einer Vitrine entdecken wir unzählige selbstgeprägte Orden, deren Bedeutung auf einem beigelegten Schriftstück erläutert wird. Als nach gut 10 Min. immer noch niemand im Büro erscheint, gehen wir wieder nach draussen und sehen uns etwas um. In der mit Gemälden ausgestatteten Kapelle gleich neben dem Office befinden sich zwei thronartige Sessel, in denen die Hoheiten bei offiziellen Anlässen Platz nehmen und so ihre Untertanen gut im Blickfeld haben. Martha macht gleich mal eine Sitzprobe und fühlt sich sichtlich wohl als Prinzessin. In einem Unterstand finden wir einen alten Rolls Royce und einen Mercedes 600, die vermutlich schon jahrelang nicht mehr bewegt worden sind. Ein weiteres Gebäude ist als Souvenirshop angeschrieben. Wir betreten den Raum und siehe da, Prinz Leonard kommt mit leuchtenden Augen auf uns zu und begrüsst uns herzlich. Bereitwillig erzählt er uns die ganze Geschichte, die ihn veranlasst hat sein eigenes Reich zu gründen. Er präsentiert uns Dokumente, Urkunden, Beglaubigungen, Schreiben von anderen Staatsoberhäuptern und Fotos, die ihn im erlauchten Kreis mit diesen zeigen. Immer hat er ein süffisantes Lächeln auf den Lippen und ist zu kleinen Spässen
aufgelegt. Wir sind erstaunt über die geistige Frische dieses 87-jährigen Mannes. Zum Schluss seiner Ausführungen preist er uns seine Souvenirartikel an. Der alte Mann versteht sich zu vermarkten. "An Australian Monarch", eine Monographie von William Pitt, für 17.50, T-Shirts für 20, Flaggen für 25 oder Lineale und Kugelschreiber für drei australische Dollar sind zu haben. Der Sammlerwert der Münzen steigt stetig. Das Merchandising rund um HRH-Leonard-Produkte ist längst zum Online-Geschäft geworden. Auch wir lassen uns vom cleveren Geschäftsmann einwickeln und lassen ein paar Dollar im Souvenirgeschäft liegen. Das dümmste wäre es, den kleinen Fürsten mit dem Schalk im Nacken zu unterschätzen. Denn er hat es, salopp gesagt, faustdick hinter den Ohren. "Dum spiro, spero" -solange ich atme, hoffe ich. So lautet der Wahlspruch des Landesfürsten. Aufrecht ist er immer noch. Aber ein alter Mann muss sich auch setzen dürfen, wenn die Luft knapp wird. Er hat viel erlebt in einem prallen Leben, in dem er erst in den 1960ern zum Farmer wurde. Er war Mathematiker, Astronom und Physiker, der in den 1950ern Flugbahnen für die NASA berechnet hat. Er ist vielfacher Ehrendoktor renommierter Universitäten. In seinen Ausstellungsräumen türmen sich Staatsgeschenke, Huldigungen und Urkunden. Der Papst hat ihm geschrieben und sogar die Volksrepublik China. Leonard Casley und Gattin Shirley sind seit 2005 "Kentucky Colonels" – eine der höchstes zivilen
Auszeichnungen des US-Bundesstaates Kentucky, überreicht vom Gouverneur persönlich. Ein wirrer Querulant sieht gewiss anders aus. Mit grosser Freude, aber schwer atmend begleitet er uns ins Government Office, wo er uns den Ein- und Ausreisestempel in den Pass drückt. Gleich neben dem offiziellen Einreisestempel von Australien lacht er schelmisch, das mache er am liebsten. Sein Verhältnis zu der Regierung von Australien sei in der letzten Zeit besser geworden, da diese Humor bewiesen und ihm durch ein Schreiben zum 40. Gründungstag seines Staates gratuliert habe. Beeindruckt von diesem zugegeben sehr speziellen Menschen treten wir die Rückfahrt an im Wissen, dass auch ein einfacher Bürger mit Cleverness, Hartnäckigkeit und Selbstbewusstsein gegen einen Übermächtigen Machtapparat bestehen kann. In den letzten zwei Monaten unserer Australienreise werden wir es etwas gemütlicher angehen lassen. Wir haben fast alle Destinationen in diesem Land unter fast optimalen Wetterverhältnissen bereisen können, zwar manchmal gefroren, oftmals ist uns der Schweiss aus den Schuhen gelaufen, jedoch alle Unternehmungen, bis auf die Reise nach Tasmanien, wie geplant durchführen können. Wir hätten zwar noch etwas Zeit, um von Perth aus auf die Insel zu fliegen, ein Auto zu mieten um das Naturparadies doch noch zu erkunden. Die optimale Zeit für den Besuch Tasmaniens sind die Monate Januar bis März. Da wir aber bereits Mitte Januar wieder zurück in die Schweiz fliegen, werden wir Tasmanien vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt bereisen. Man sagt, wer einmal vom australischen Virus infiziert wurde, werde das Land wieder und wieder besuchen. Wir glauben in dieser Aussage steckt ein Quäntchen Wahrheit.


17.11. - 29.11.2012  Von Hutt River über Greenough, Dongara, Port Denison,

den Indian Ocean Drive zum Lesueur NP, Nambung NP (Pinnacles),

den Granite Loop Discovery Trail nach Moora


Nach dem Besuch seiner Exzellenz Prinz Leonard in der Principality of Hutt River führt uns die Reise (wieder auf australischem Boden) nach Greenough. Die Kleinstadt im Westen des Kontinents hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In der Blütezeit um 1850 wurde das Land englischen Siedlern zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Region in eine blühende Weizenlandschaft mit 1‘000 Einwohnern verwandelt. Eine Reihe von Naturkatastrophen, angefangen mit einem schlimmen Wirbelsturm 1872 und einer grossen Flut 1888, bewirkte das allmähliche Sinken der Ernteerträge. Viele Siedler haben das gefährdete Gebiet fluchtartig verlassen. Ums Jahr 1900 hatten die meisten Kornbauern der Region bereits den Rücken gekehrt; die Weizenfelder sind in Weideland umgewandelt worden. Viele der schönen alten Häuser wurden baufällig. Durch eine tourismusbasierende Aktion in den 1980er Jahren wurde ein Grossteil der Gebäude renoviert. Auf einem Rundgang können diese Zeugen aus der Siedlerzeit besichtigt werden. Mehr als diese historischen Gemäuer interessieren die
Besucher die „Leaning Trees“. Die seltsam geformten Bäume sind von den starken Küstenwinden um 90° geneigt. Was so aussieht wie ein umgestürzter Eucalyptusbaum ist eine seltsame Laune der Natur. Am schönen Strand von Greenough kann man spazieren, planschen, sich sonnen oder mit dem 4WD in den Dünen herumwühlen. Allerdings ist das Befahren dieser bewachsenen Sandberge nicht unproblematisch. Oft sind durch Windverwehungen die Tracks fast unpassierbar. Bevor wir uns auf ein solches Abenteuer einlassen erkunden wir die Strecke immer zu Fuss und prüfen die
Sandtiefe. „Bushi“ mag dieses Terrain wegen den relativ schmalen Reifen gar nicht. Er möchte auf keinen Fall wieder fremde Hilfe annehmen müssen, wenn er sich irgendwo eingegraben hat. Dafür ist er einfach zu stolz. Nur wenige Kilometer von Greenough entfernt befinden sich die Städtchen Dongara und Port Denison. Zwei ruhige Fischerorte an der Coral Coast in Western Australia, die vor allem während der Ferienmonate beliebte Touristenziele sind. In den beiden Partnerstädten leben insgesamt rund 4'000 Leute, wobei Dongara fast doppelt so viele permanente Anwohner hat wie Port Denison. Während der Irwin River die Trennlinie der Ortschaften darstellt, wird das Bild der Umgebung von Olivenhainen und Weingütern geprägt. Wir erkunden die Küste auf schön angelegten Spazierpfaden. Kleine, vom Meer abgetrennte Lagunen erreichen wir über Holzstege und von einem Aussichtspunkt oberhalb der beiden Städtchen geniessen wir einen weiten Rundblick auf den Ozean und das Hinterland. Den Beginn der Hummersaison, die von November bis Juni andauert, leitet jedes Jahr die „Blessing of the Fleet“ ein. Wir haben unsere Reise perfekt getimt (reiner Zufall) und sind genau zu diesem Festakt hier eingetroffen. Es herrscht Kirmisstimmung. An kleinen Verkaufsständen werden frischer Fisch, Oktopus, Garnelen oder Hummer angeboten. Einheimische und Touristen messen sich in verschiedenen Geschicklichkeitsspielen, die alle einen Zusammenhang mit der nun beginnenden Fischsaison haben. Ein gewaltiges Feuerwerk am Abend, das den ganzen Hafen erleuchtet, beschliesst die offiziellen Feierlichkeiten. Getrunken, gesungen und getanzt wird natürlich noch die ganze Nacht. Am nächsten Morgen fahren wir auf dem Indian Ocean Drive südwärts. Er verbindet die Küstensiedlungen Cervantes, Jurien Bay, Green Head, Leeman, Coolimba und Illawong. Dabei durchzieht die gut ausgebaute Strasse mehrere National- und Naturparks an der Küste, so z.B. das Wanagarren Nature Reserve, den Nambung-Nationalpark, das Southern Beekeepers Nature Reserve, den Drovers-Cave-Nationalpark, den Lesueur-Nationalpark und den Stockyard-Gully-Nationalpark. Auf dem landschaftlich sehr schönen Indian Ocean Drive kommen wir an Sandstränden, Buchten und von kleinen Eukalyptusbaumarten bewachsenen Dünenlandschaften vorbei. Immer wieder säumen riesige Salzseen unseren Weg. Es handelt sich bei diesen um Binnengewässer mit Salzwasser ohne Abfluss in einen Ozean. Salzseen befinden sich vorwiegend in Trockengebieten oder Wüsten, so dass sich durch die andauernde Verdunstung der Gehalt von Salzen und Mineralien des Gewässers ständig erhöht. Ist die Verdunstung grösser als der
Wasserzufluss, entsteht eine Salzwüste. Die Gebiete ähneln Winterlandschaften mit zugefrorenen Gewässern. Tatsächlich können wir auf einer geschlossenen Salzdecke vorsichtig einige Meter auf dem See hinaus marschieren bevor diese unter unserem Gewicht wie eine dünne Eisschicht zusammenbricht. Etwas südlich der Stadt Cervantes besuchen wir den Salzsee Lake Thetis, einer der wenigen Orte auf der Welt, an denen man Stromatolithen findet. Bei einer Wanderung rund um den See besichtigen wir kleine aus dem Wasser ragende Hügel. Es handelt sich bei diesen um lebende Fossilien, die einst von Organismen geformt wurden, die den frühesten Lebensformen der Erdgeschichte ähneln. Viele der kleinen Orte an der Westküste leben nicht nur vom Tourismus sondern vom lukrativen Hummerfang. Diese Krustentiere leben vor allem in Regionen in denen es viel Seegras gibt. Deshalb sind die meisten Strände in diesen Gegenden meterhoch mit dem angeschwemmten Grünzeug bedeckt und zum Baden ungeeignet. Mitte November bis Ende Juni werden täglich tausende Hummer aus dem Wasser geholt und auf die Tische von Gourmets weltweit befördert. Für den Fang gelten strenge Regeln, um den Bestand und damit die Industrie zu sichern. Alle Hummer unter der Mindestgrösse (die sie mit ca. fünf bis sechs Jahren erreichen) müssen umgehend zurückgeworfen werden, ebenso schwangere Weibchen. Während der Brutzeit herrscht Fangstopp. Die Fischer der Kooperative haben bei der Kontrolle von Freizeitfischern  sogar Polizeigewalt und bei Verstoss gegen die Beschränkungen drohen hohe Strafen. Alles in allem ist so ein Hummerleben hart. Von den Milliarden Jungtieren, die im Sommer an die Wasseroberfläche treiben, erreicht nur ein Bruchteil die Reife, bei der sie wieder auf den Meeresboden sinken. Und dort geht der Überlebenskampf weiter. Wenn sie endlich eine halbwegs komfortable Grösse und damit einen Platz weiter oben in der Nahrungskette erreicht haben, krabbeln sie in einen der von Menschen ausgelegten Fangkörbe und landen schliesslich in den Bottichen der Kooperative. Eigentlich sollte man gar keine Hummer essen – „leider“ schmecken sie so
ausgezeichnet, dass wir manchmal unser schlechtes Gewissen unterdrücken und uns trotzdem diese Delikatesse bestellen. Von Jurien Bay aus, eines dieser schmucken Hummerstädtchen, unternehmen wir einen Tagesausflug in den Lesueur Nationalpark. Im fast 270 Quadratmeter grossen Naturschutzgebiet gedeihen das ganze Jahr über Wildblumen, wobei die beste Zeit für einen Besuch natürlich der Frühling ist. Einige der im Park lebenden Spezies findet man weltweit nur hier. Wir fahren auf dem 18 km langen Scenic Drive durch dieses geschützte Refugium und unternehmen kleinere und eine
grössere Wanderung auf das Hochplateau des Mount Lesueur. Von mehreren Aussichtspunkten haben wir eine tolle Sicht auf die dicht mit Grasbäumen bewachsenen Ebenen. Dazwischen ausgedehnte bunte Felder mit einer unglaublichen Vielfalt an Wildblumen, die wir bis jetzt noch nirgends gesehen haben. Kleine Fächerpalmen, Sträucher und Bäume mit leuchtend farbigen exotischen Blüten verleihen dem Park ein tropisches Flair. Wir hätten nie erwartet, dass wir Ende November noch so viele Wildflowers zu sehen bekommen. Ein weiterer Ausflug gilt dem Nambung Nationalpark, besser bekannt unter dem Namen Pinnacles. Auch diesen Park erkunden wir mit dem Auto auf einer 5 km lagen unbefestigten Piste und auf einer kleineren Wandertour. Wenn man die tausende aus dem gelben Wüstensand ragenden Kalksteintürme das erste Mal sieht, bleibt einem vor Erstaunen der Mund offen. Das eindrucksvolle Szenario dieser skurrilen Landschaft ist nur hier in Australien zu sehen. Manche dieser Kalksteinspitzen (Pinnacles) sind bis zu 5 m hoch. Als die ersten Europäer diese Gebilde in der Wüste entdeckten, glaubten sie Ruinen einer antiken Kultur gefunden zu haben. Heute ist bekannt, dass die Landschaft in dem über
170 km2 grossen Nationalpark vor mindestens 20'000 Jahren entstanden ist. Es handelt sich dabei um Versteinerungen rund um die Wurzeln ehemaliger Bäume. Sie verleihen der Gegend ihren eindrucksvollen und unverkennbaren Charakter. Selbst hier im Wüstensand gedeihen an ausgesuchten Stellen farbenprächtige Wildblumen und blütentragende Sträucher. Wir verbringen mehrere Stunden in diesem sehenswerten Nationalpark und sind von den Kalksteinskulpturen hell begeistert. Australien fasziniert durch seine unendlichen Weiten, seiner fantastischen Küstenregionen mit ihren einmaligen Stränden, der Tier- und Pflanzenwelt und nicht zu letzt den einzigartigen Steinformationen, die je nach Region in ihren Ausprägungen völlig unterschiedlich sind. Viele werden vielleicht sagen, haben die denn auf ihrer Reise nicht schon genug „Steinhaufen“ gesehen. Die Antwort ist NEIN. Und deshalb begeben wir uns auf eine mehrtägige Tour, dem Granite Loop Discovery Trail, zu den steinernen Zeugen der Urzeit. Die Reise geht einige hundert Kilometer landeinwärts in den so genannten Weizengürtel Australiens, dem grössten Getreideanbaugebiet in der südlichen Hemisphäre. In dieser von der Landwirtschaft geprägten Gegend gibt es aber auch reiche Bodenschätze. Eisenerze, Gold, Talk, Kohle, Kupfer und Silikon werden in Minen gefördert und bringen grossen Wohlstand in die Region. Fast alle Orte sind hübsch herausgeputzt und prächtige Häuser säumen die Strassen. Die Kommunen profitieren natürlich vom einträglichen Geschäft der Landwirtschaft und des Bergbaus und können so ihren Bürgern eine perfekte Infrastruktur bieten. Die grossen Einnahmen und der dadurch entstehende Wohlstand haben natürlich nicht nur Vor- sondern auch Nachteile. Die Lebenshaltungskosten in gewissen Teilen Australiens sind exorbitant hoch, sogar wesentlich höher als in der Schweiz. Die Tourismusindustrie muss sich wohl in den nächsten Jahren warm anziehen, denn bereits jetzt verzichten schon viele Asiaten, Amerikaner und Europäer wegen den hohen Preisen auf eine Reise nach Down Under. Auf unserer fünftägigen Tour haben wir jedenfalls kaum Touristen gesehen. Auf den meistens sehr schön ausgestatteten Campgrounds waren wir alleine und auch auf unseren Wanderung rund, um und auf den Kolossen aus Granit ist uns nie jemand begegnet. Für uns ist das kein Problem, wir lieben die weiten und
einsamen Gegenden sehr. In der Abgeschiedenheit und in völliger Ruhe wirken diese Naturparadiese noch eindrucksvoller. Eine erste Wanderung unternehmen wir in Wongan Hills. Auf einem mehrstündigen Loop zwischen Eukalyptuswäldern und ausgedehntem Farmland geniessen wir die abwechslungsreich Flora und Fauna. Begleitet werden wir von farbenprächtigen Sittichen und Papageien und den lästigen „Aussie Flys“, die wir nur Dank unseren Fliegennetzen etwas auf Distanz halten können. In der Nähe von Beacon besteigen wir den
Berringbooding Rock. Der imposante Granitfels, der in schönen Rottönen daherkommt wird durch ein ausgeklügeltes System für eine natürliche Wasserfassung verwendet. Sämtliches Regenwasser, das auf die ausgedehnte Oberfläche dieses Felsens fällt wird über ein kompliziertes Kanalnetz gesammelt und fliesst in ein Wasserreservoir. Dieses wird nach Bedarf für die Bewässerung von Agrarland verwendet. Auf dem ausgedehnten Walk können wir die sonst sehr scheuen Red Tailed Black Cockatoo’s aus relativ kurzer Distanz betrachten und es gelingt uns sogar ein Foto zu knipsen, bevor sie sich kreischend aus dem Staub machen. Einige Kilometer weiter gelangen wir zum Elachbutting Rock Wave. Eine Felsformation mit ausgeprägter Wellenform, mindestens so eindrücklich und spektakuläre wie der berühmte Wave Rock in Hyden, aber völlig unbekannt. Ein paar Gehminuten entfernt der Monty’s Pass. Ein dunkler, von engen Felsen flankierter Tunnel, den wir durchschreiten und nach 40 m wieder durch ein schmales Loch ins Freie kriechen. Der Baladjie Rock in der Nähe von Westonia begeistert uns wegen seinen natürlichen mit wassergefüllten Pools, die auf dem ganzen Bergrücken verteilt sind. Kleinstlebewesen fühlen sich in dem von der Sonne aufgeheizten Wasser pudelwohl und Vögel nutzen das kostbare Nass um ihren Durst zu stillen. Apropos Wasser. Auf der Weiterfahrt kommen wir kurz vor Beacon in ein heftiges Unwetter. Heulende Winde peitschen den mit Hagelkörnern durchsetzten Regen gegen unseren Wagen. Die Sicht ist innert Sekunden gleich Null und wir müssen an Ort und Stelle stehen bleiben. Wir können es kaum glauben als die Intensität von Wind und Regen noch weiter zunimmt. Obwohl erst früher Nachmittag, ist es draussen zapfenduster. Einige Minuten später ist alles überflutet. Das Wasser reicht bei unserem hochbeinigen „Bushi“ bereits bis zur Unterkante der Türen. Blitze zucken rund um uns und geben wenigstens ein bisschen Licht ins Dunkel. Wieder ein paar Minuten später lässt der Regen etwas nach und wir erkennen schemenhaft, wo wir weiterfahren könnten. Strassen und Land sind innerhalb dieser kurzen Zeit mit ca. 50 cm Wasser bedeckt. Wieder einmal sind wir froh, in einem Geländewagen zu sitzen. In einem normalen PKW wären wir jetzt „abgesoffen“. Während der Regen wieder leicht zulegt beschliessen wir trotz miserabler Sicht, die Fahrt fortzusetzen. Die Büsche links und rechts der Strasse helfen uns bei der Orientierung und so bleiben wir auf Kurs. Nach wenigen Kilometern haben wir das Gröbste überstanden und der Wasserstand hat sich bis
auf ca. 20 cm gesenkt. Nun können wir die Fahrbahn besser erkennen und etwas schneller fahren. Das ist auch notwendig, denn das Unwetter in unserem Rücken, das den gleichen Weg eingeschlagen hat wie wir, holt kräftig auf. Das Wasser geht noch weiter zurück und jetzt geben wir richtig Gas. Obwohl wir bei diesen Bedingungen mit fast 100 km/h fahren kommen wir kaum von der schwarzen Front weg, die uns verfolgt. Nach ca. einer Stunde ist es dann endlich geschafft. Entweder haben die Winde gedreht oder die Wolken haben ihre ganze Munition verschossen. Es wird schnell heller und wir erreichen bei fast trockenen Verhältnissen einen sicheren Platz, wo wir vorläufig bleiben. Obwohl es noch die ganze Nacht Gewitter mit Blitz und Donner gibt kann das Wasser problemlos abfliessen und wir müssen nicht befürchten, weggespült zu werden. Am anderen Tag lacht bereits wieder die Sonne vom blauen Himmel. Die Strassen sind zwar mit Schlamm, Sand und Ästen bedeckt aber problemlos befahrbar. In Westonia, unserem nächsten Halt auf dem Granite Loop Discovery Trail erzählen uns die Leute, dass noch weite Teile der Region überschwemmt seien und das gestrige Unwetter die viertgrösste je gemessene Wassermenge in dieser Gegend verursacht habe. Im äusserst gepflegten Örtchen Westonia leben 85 Einwohner, wird uns voller Stolz berichtet. Grund genug der City einen Besuch abzustatten. Es ist 9.30 Uhr am Morgen, also Hauptverkehrszeit. Wir schlendern auf der Main Street (auf der Fahrbahn nicht auf dem Trottoir) ins Zentrum des blitzsauberen Städtchens, können aber keine Menschenseele entdecken. Die Geschäfte und das einzige Café haben zwar geöffnet doch offenbar will niemand etwas einkaufen oder gar einen Kaffee trinken. Als sich nach einer halben Stunde immer noch keiner hierher „verirrt“, beschliessen
wir weiterzufahren. Wir besuchen, wie könnte es anders sein, einen weiteren Giganten aus Granit, den Warrachuppin Rock. Das besondere an diesem Brocken ist seine Lage. Er ist wunderschön in einen Salzsee mit leichter Rosafärbung eingebettet, in dem sich kleine weisse Wolken vom blauen Himmel widerspiegeln. Die Szenerie wirkt wie ein Bild eines Landschaftsmalers. Ein wirklich ganz spezieller und sehr idyllischer Ort, an dem absolute Stille herrscht. Auf unserer Weiterreise bis nach Moora besuchen wir noch einige dieser eindrücklichen Felsen, die auf den ersten Blick alle gleich oder ähnlich aussehen. Nur wer zu Fuss auf diesen verwitterten Zeugen der Urzeit wandert entdeckt immer wieder Neues und Spezielles an dem er sich erfreuen kann. Abschliessend sind wir uns einig, dass sich für uns die ca. 1'000 km durch das kaum besiedelte Gebiet im Hinterland des mittleren Westens gelohnt haben und wir mit neuen Eindrücken von diesem vielfältigen Kontinent zurück an die Küste fahren. Es wird dort wieder etwas lebhafter und lauter werden. Das ist aber alles nur relativ in diesem weiten und dünn besiedelten Land.


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