Costa Rica


Reisebericht
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12.03.2015 - 18.03.2015  Von David über Dominical, San José, Nuevo Arenal

nach Santa Rosa


Am heutigen Tag reisen wir von David (Panama) nach Dominical (Costa Rica). Einer unserer „geliebten“ Grenzübertritte steht uns wieder bevor. Wir werden an dieser Stelle nicht nochmals auf das mühsame Prozedere bei der Aus- resp. Einreise eingehen. Nur so viel sei gesagt, das Chaos an der Grenze zwischen Panama und Costa Rica übertrifft das bisher Erlebte auf der Panamericana nochmals deutlich. Doch was soll's – nach etlichen Stunden des Wartens, Rennens,  Schalter suchen, Kopien machen, Stempel und Unterschriften sammeln, Gebühren bezahlen, usw. sind wir auf dem Weg nach Dominical. Der Ort liegt am Pazifik inmitten wunderschönen gelegenen Badestränden. Wir entscheiden uns für den „Playa Ventanas“. Die Zufahrt zum Stellplatz führt über eine steile Piste. Sogar ein kleiner Bach muss überquert werden bis wir an den mit Palmen
bewachsenen Strand gelangen. Wir suchen für uns und „Gecko“ ein schattiges Plätzchen, denn die Temperaturen liegen weit über 30° C und die Luftfeuchtigkeit ist unangenehm hoch. Doch aufgepasst – die schönsten Stellplätze sind oft auch die gefährlichsten. Ein Blick nach oben zu den Palmen voller Kokosnüsse veranlasst uns nicht direkt unter diesen zu logieren. Eine Kokosnuss im freien Fall aus 20 m Höhe ist wie ein Geschoss und würde einen glattweg erschlagen. Nachdem wir ein passendes Plätzchen gefunden haben vergnügen wir uns im warmen Wasser des Pazifiks am fast menschenleeren Strand. Den Durst löschen wir mit dem Inhalt einer frisch gepflückten Kokosnuss. Vor dem Schlafengehen erfrischen wir uns am kühlen Nass einer Freiluftdusche. Eine tropische Nacht mit fast unerträglicher Hitze und exotischen Tierstimmen aus dem nahegelegenen Dschungel erwartet uns. Am Morgen früh wecken uns Brüllaffen mit ihrem Geschrei. Macht nichts – wer früh aufsteht hat mehr vom Tag. Wir fahren heute eine Etappe von 220 km nach San José, der Hauptstadt des mittelamerikanischen Staates Costa Rica. Auf halber Wegstrecke kommen wir zum Abzweiger Richtung „Mirrador de Quetzales“. Wir unternehmen eine Wanderung durch dschungelartige Berghänge. Der Pflanzen- und Tierreichtum in diesen Wäldern ist ausgesprochen vielfältig. Die Bäume sind übersät von Schmarotzerpflanzen (Bromelien), die in enger Symbiose mit den Urwaldriesen gedeihen. Tiere, vor allem Vögel hören wir überall aus dem Dickicht. Zusehen bekommen wir das Federvieh allerdings ganz selten. Nur die kleinen, in allen Farben leuchtenden Kolibris auf der Suche nach Nektar, umschwirren uns ab
und an. Mit unglaublicher Geschwindigkeit fliegen sie von einer Blüte zur anderen. Nach ca. Zwei Stunden auf verschlungenen Pfaden gelangen wir zurück zum Ausgangspunkt der Wanderung. So schön dieser Ausflug gewesen ist bleibt trotzdem ein Wermutstropfen übrig. Wir haben diese Wanderung eigentlich wegen dem sagenumwobenen Göttervogel, dem Quetzal, unternommen. Leider hat sich der scheue Geselle mit der langen, schillernden Schwanzfeder erfolgreich vor uns versteckt – Spielverderber. Nun sind es noch ca. 100 km zum Übernachtungsplatz. Der Weg führt uns in der „Rush Hour“ geradewegs durch die 300'000 Einwohner zählende Stadt. Das Verkehrsaufkommen ist immens. Begleitet von einem nicht enden wollenden Hupkonzert kämpfen wir uns im Schritttempo während 2,5 Stunden durch die City. Endlich erreichen wir die Aussenquartiere von San José.  Jetzt geht die Fahrt zügig voran. Wir sollten in Kürze den Campground erreichen. Doch das „Navi“ spielt verrückt, wie meistens in Süd- und Mittelamerika. Es führt uns über die abenteuerlichsten Routen in die Nähe des Übernachtungsplatzes. Aber leider nur in die Nähe, denn die Strasse endet abrupt im Nirgendwo. Nach weiteren Irrfahrten und Wendemanövern erreichen wir unser Ziel noch vor Einbruch der Dunkelheit. Nach einer kurzen Nacht fahren wir zum nahegelegenen Nationalpark Poás. Das Herz des Parks ist der 2'700 Meter hohe Vulkan Poás, der häufig unter Wolken liegt. Aber wenn „Engel“ reisen ist er selbstverständlich wolkenfrei. Wie bei den anderen Vulkanen der Cordillera Central gibt die Silhouette des Vulkans keinen Hinweis über die Kraft, welche unter der Oberfläche schlummert. Aber einmal am Rande des Kraters wird jedem schnell bewusst, was ein Vulkanausbruch bedeuten würde. Wir erreichen diesen Aussichtspunkt nach einer kurzen Wanderung durch tropische Vegetation. Ein überwältigender Anblick, wenn man aus dem dichten
Wald hervortritt und plötzlich vor dem Kratertrichter steht, auf dessen Grund sich ein dampfender See befindet. Da blubbert und spritzt es wie in einem Hexenkessel. Ab und zu steigen Schwefelwolken auf. Die Ureinwohner warfen früher Jungfrauen in das kochend heisse Wasser, um die Götter zu besänftigen. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert. Neben dem aktiven Bereich des Vulkans liegt die blaue Lagune Botas, ein mit Regenwasser gefüllter, dicht bewaldeter und längst erloschener Krater, den wir über einen durch Nebelwald führenden Wanderweg erreichen. Ein weiteres „Highlight“ erwartet uns am heutigen Tag mit dem Besuch des „Waterfall Gardens“. Ein Park mit tosenden Wasserfällen inmitten tropischer Vegetation, die Lebensgrundlage für eine reichhaltige Fauna bildet. Mehr als hundert verschiedene Spezies leben in diesem Naturschutzgebiet. Ein echter Hingucker sind die zahlreichen
Schmetterlinge, die in Form und Farbe kaum zu übertreffen sind. Auch seltene Vögel, Echsen, Schlangen und Amphibien wie z.B. der Rotaugenlaubfrosch sind hier beheimatet. Dieses skurrile Wesen fällt durch seine giftgrüne Farbe, seine eher hagere Erscheinung und die übergrossen roten Augen auf. Die Haut der Rotaugenlaubfrösche ist zwar bei weitem nicht so giftig wie etwa die der Baumsteigerfrösche, enthält aber eine hohe Konzentration verschiedener biologisch wirksamer
Substanzen zum Schutz vor Hautkrankheiten. Wir finden diese Frösche auf der Unterseite von breitfächerigen Blättern an denen sie sich mit ihren saugnapfartigen Zehen festklammern. Wandern, beobachten und fotografieren machen hungrig. Im parkeigenen Restaurant verköstigen wir uns am reichhaltigen Mittagsbuffet. Frisch gestärkt marschieren wir zu verschiedenen Wasserfällen, die über Brücken und Viadukte zu erreichen sind. Die rauschenden Wasser sind in der grünen Regenwaldkulisse besonders eindrücklich. Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende. Martha macht im Camper „Home Cooking“ und bereitet  ein leckeres Abendessen zu, bevor um 23.00 Uhr Lichterlöschen angesagt ist. Costa Rica wird auch als die Schweiz Mittelamerikas bezeichnet. Landschaftlich könnte man manchmal wirklich glauben, durch eine Alpenlandschaft unserer Heimat zu fahren. Noch eindrücklicher wird es an unserem heutigen Etappenort, dem riesigen Anwesen eines ausgewanderten Schweizers. Eben noch haben wir den Vulkan Arenal bestaunt und sind durch Regenwald gefahren, wo die Brüllaffen auf den Bäumen heulen und  tourismusgewohnte Nasenbären am Strassenrand um Häppchen betteln. Dann ein abrupter Szenenwechsel. Wir stehen am Ufer des Arenalsees im Norden von Costa Rica und haben das Gefühl, nicht in Zentralamerika, sondern in der „richtigen“ Schweiz zu sein. Wir reiben uns die Augen und erblicken da ein Berner Oberländer Chalet, dort ein Engadiner Haus und eine niedliche Hochzeitskapelle. Nein, es ist kein Traum, wir sind in der Pequeña Helvecia, der kleinen Schweiz. Franz Ulrich ist mit jugendlichen 22 Jahren mit 28 Dollar im Sack und ohne ein Wort spanisch zu sprechen nach Zentralamerika gereist. Er hatte schnell eine Stelle bei einer Kaffee-Exportfirma gefunden und sich in kurzer Zeit ins Kader hochgearbeitet. Nach sechs Jahren gründete er seine eigene Firma. Erschloss den russischen Markt für Kaffee aus Costa Rica, importierte im Gegenzug Skodas und Wodka, handelte mit Eisen und Immobilien, verkaufte Spielwaren. Das Geschäft lief grossartig und Ulrich wurde ein vermögender Mann. Einen einzigen Fehler beging Franz Ulrich: „Das Schlimmste, was man in Costa Rica als Geschäftsmann machen kann, ist, keine Einheimische als Aktionäre einzubeziehen.“ Dies sollte ihm das costa-ricanische Establishment gnadenlos heimzahlen. Aus ungeklärten Gründen war Mitte der achtziger Jahre plötzlich kein Geld mehr auf den Konten seiner Firma. Niemand weiss wohin das Kapital geflossen ist. Was ihm blieb war ein Fernsehsender, der auf den Namen seiner costa-ricanischen Frau
eingetragen war. Er verkaufte den Sender und wurde Bauer – wie sein Grossvater. Er wollte die Landwirtschaft so betreiben, wie er sie aus der Schweiz kannte. Heute stehen über 120 Kühe nicht in der gleissenden Tropensonne, sondern in einem Stall. Das versteht in Costa Rica niemand, denn Gras schneiden und Gülle führen gibt mehr Arbeit. Der musterhaft geführte Betrieb zog von Anfang an viele Besucher an. Es kamen aber nicht etwa costa-ricanische Bauern, um sich die viel rentablere
Landwirtschaft nach Schweizer Art zeigen zu lassen, sondern Touristen. Das Gut ist in Costa Rica eine Sehenswürdigkeit. Hier stehen der Bucher-Mäher und der Bucher-Traktor vor dem Stall. Und sogar der Bless ist ein Original-Appenzeller. Alles ist so perfekt, dass man trotz der Palmen leicht vergessen kann, dass man nicht in der Innerschweiz, sondern in den Tropen ist. Um den Besucheransturm zu bewältigen, wurde neben dem Stall ein Hotel gebaut, mit dem Ulrich neben der Landwirtschaft heute seinen
Lebensunterhalt bestreitet. Im Restaurant steht auf den rot-weiss karierten Tischtüchern das Aromat, und auf der Speisekarte sucht man vergebens costa-ricanische Spezialitäten. Serviert wird: Rösti, Zürcher Geschnetzeltes und Fondue. Der Name des Hotels drückt aus, wie der Besitzer sich heute fühlt: «Los Héroes», die Helden. Auf der Fassade prangen der costa-ricanische Nationalheld Juan Santamaria und der Schweizer Winkelried nebeneinander. Pequeña Helvecia ist ein kleines Ballenberg, von dem aus wir
mit einer aus Lausanne importierten Schmalspurbahn in das 3,5 km entfernte Drehrestaurant fahren, das ebenfalls den Ulrichs gehört.  Die Geleise sind etwas rudimentär verlegt und so ist es nicht verwunderlich, dass ein Wagen der Zugkomposition aus den Schienen springt. Aber der Lockführer bringt das nicht aus der Fassung. Er holt einen Wagenheber und hievt das Gefährt wieder in die richtige Spur. Die fahrt geht weiter über Viadukte und Tunnels bis hinauf zum ebenfalls selbstgebauten Drehrestaurant. Von oben eröffnet sich uns ein unvergleichlicher Blick auf den Vulkan Arenal und den gleichnamigen See. Die Frau von Franz Ulrich serviert uns ein Frühstück mit einheimischen Spezialitäten. Dank dem Drehmechanismus der Gaststätte geniessen wir die Köstlichkeiten vor immer wieder wechselnder Kulisse. Leider ist Franz Ulrich vor einigen Monaten viel zu früh verstorben. Seine Frau und die Kinder werden das einmalige Vermächtnis im Sinne des Erbauers weiterführen. Die spannenden Tage in Costa Rica gehen für uns langsam dem Ende entgegen. Zum Abschluss besuchen wir die „Puentes Colgantes“, einen 250  ha grosser Park im Regenwald. Auf 16, z.T. bis zu 100 m langen und schwankenden Hängebrücken erkunden wir
das Naturreservat auf einem 3 km langen Rundweg. Wir  wandern zwischen den Baumkronen der Urwaldriesen. Aus diesem erhöhten Blickwinkel bekommen wir von der üppigen Flora und Fauna völlig neue Eindrücke. Nun sehen wir endlich Tiere, die vom Boden aus betrachtet im Verborgenen bleiben. Die riesigen Farnblätter zeigen sich in ihrer wahren Grösse und Ausdehnung. Die Vogelperspektive hat schon was für sich. Ein Fazit von Costa Rica zu ziehen ist gar nicht so einfach. Ein Land, das mit der Schweiz verglichen wird, aber in vielen Dingen doch so anders ist.  Mit einer tropischen Vegetation, einer exotischen Tierwelt mitten in Alpenlandschaften, die denen unserer Heimat ähneln. Sehr viele  Rentner aus Europa und den USA verbringen ihren Lebensabend in dem ganzjährig angenehm sommerlichen Klima. Überall wo vermögende Leute leben steigen die Lebenshaltungskosten. Das wird zum Problem für grosse Teile der einheimischen Bevölkerung. Lebensmittel- und Bodenpreise steigen rasant, was zu sozialen Konflikten führt. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. Das Geld der Ausländer ist für die Bevölkerung Segen und Fluch zu gleich. Es ist Aufgabe der Politik die Weichen richtig zu stellen, damit auch einfache Leute ihren Lebensunterhalt selber bestreiten können. Natürlich ein frommer Wunsch für ein aufstrebendes Land in dem mehr und mehr das Geld Regiert – also doch eine gewisse Ähnlichkeit mit der Schweiz!?! Was wir aus Costa Rica noch mit über die Grenze nach Nicaragua mitnehmen ist ein köstliches Schwarzbrot aus einer kleinen deutschen Bäckerei.


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