Ecuador


Reisebericht
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07.02.2015 - 19.02.2015  Von Túcume über Macará, Loja, Cuenca, Islamar (Pto. López),

Valencia, Hacienda La Ciénga (Lasso), Quito, Laguna Cuicocha nach Ibarra


Am heutigen Tag steht uns ein weiterer Grenzübertritt bevor. Es geht nach Ecuador. Weil man nicht weiss wie lange die Aus- und Einreiseformalitäten dauern ist es ratsam, möglichst früh am Zoll zu sein. Noch in der Morgendämmerung fahren wir los zum rund 400 km entfernten  Macará. Die Grenze ist eher langweilig. Eine Brücke verbindet beide Länder miteinander. Die Ausreise aus Peru ist problemlos. Bei der Einreise nach Ecuador allerdings dauert das Prozedere unendlich lange. Nachdem wir angewiesen werden von allen Dokumenten (Pass, Fahrzeugausweis, Führerausweis) Kopien anzufertigen sind wir auf der Suche nach einem Copy-Shop. Die Leute geben uns bereitwillig Auskunft und so erhalten wir nach kurzer Zeit unsere Kopien an einem Kiosk. Nun können wir die Personeneinreise nach Ecuador angehen, die innerhalb einer halben Stunde erledigt ist. Bei der temporären Einfuhr unseres Campers geht es dann nicht mehr so
zügig. Eine riesige Schlange wartender Personen steht vor einem Schalter. Ein einziger Beamter ist für die Fahrzeugeinfuhr zuständig und er lässt sich bei der Arbeit nicht stressen. Für ein Fahrzeug benötigt er ca. eine halbe Stunde. Wir werden also etwas Geduld haben müssen. Nach ca. drei Stunden sind wir an der Reihe. Obwohl wir alle Papiere vorlegen gibt es immer wieder Fragen über die Fahrzeugdaten, die dann im 10-Finger-System (einer schreibt und neun suchen) in den Computer eingetippt werden. Nachdem er „Volkswagen“ abermals falsch geschrieben hat setze ich mich an den Rechner und fülle das ganze Formular selber aus. Endlich geschafft, dachte ich. Doch als der Beamte das Formular ausdrucken will funktioniert der Drucker nicht. Die Tintenpatrone ist leer. Kein Problem denke ich, er wird gleich eine neue einsetzen. Doch wir sind hier in Südamerika. Der Grenzbeamte hat keine Ersatzkartusche und muss diese telefonisch bestellen, was eine weitere halbe Stunde in Anspruch nimmt. Nach geraumer Zeit kommt ein Kurier mit dem heiss ersehnten Teil. Aber oh Schreck, der Drucker funktioniert auch mit der neuen Kartusche nicht. Inzwischen kommt grosser Unmut bei den wartenden Personen auf, was den Grenzbeamten nicht weiter stört. Erst ein Anruf beim örtlichen Polizeichef bringt Bewegung in die Angelegenheit, was nicht heisst, dass wir gleich losfahren können. Mit einem grossen Beraterstab erscheint der Chef an der Zollstation. In langen Diskussionen wird erörtert was zu unternehmen sei, denn ohne dieses Formular dürfen wir nicht in Ecuador einreisen. Der Polizeichef und seine Sekretärin weisen uns an, in einem Konvoi von jeweils fünf Fahrzeugen mit Blaulicht aufs Präsidium zu fahren. Dort angekommen werden nochmals alle Daten kontrolliert und abgeglichen und oh Wunder ausgedruckt – nicht einmal sondern mehrmals weil die Sekretärin sich mit ihren langen Fingernägeln immer wieder vertippt. Endlich halten wir unsere temporäre Einfuhr für den Camper in den Händen. Doch eines hat der Polizeichef nicht bedacht. Das Papier muss abgestempelt werden und dieser Stempel ist beim Beamten an der Grenze. Also wieder im Konvoi zurück, das Papier abstempeln und dann – endlich geschafft! Nach über fünf Stunden steht der Einreise nichts mehr im Wege. Zum Glück ist unser Übernachtungsplatz ganz in der Nähe, den wir nach kurzer Fahrt in der Dunkelheit erreichen. In der Nacht gibt es heftige Regenfälle, die am nächsten Morgen immer noch anhalten. Nach den langen Fahrtagen in der Wüste, gibt es heute endlich mal wieder etwas Grün zu sehen. Es geht in das subtropische Bergland. Auf den ersten 50 km bewältigen wir schon einen Höhenunterschied von 2'000 m. Durch die ergiebigen Niederschläge sind die steilen Hänge entlang der Route ins
Rutschen gekommen. Die Strassen sind übersät mit zum z.T. grossen Felsbrocken, die Auffahrschäden verursachen können, wenn man nicht höllisch aufpasst. Vom Tiefland- kommen wir allmählich in den Bergregenwald. Hin und wieder tauchen grosse Reis- und Maisfelder auf. Die Bauern sind sehr bemüht, ihre Felder in Ordnung zu halten, so sieht man oft ein bepackter Esel am Strassenrand oder ein angebundenes Pferd, das auf seinen Herrn wartet. Nach ca. 190 km Fahrt erreichen wir Loja. Neben der zentralen Kathedrale der Stadt gibt es die Kirchen San Francisco, San Sebastian und Santo Domingo im historischen Zentrum. Die "Calle Lourdes" ist die am besten erhaltene historische kleine Strasse mit zahlreichen bunt gestrichenen Häusern. Direkt neben unserem Stellplatz befindet sich ein kitschiger, aber sehenswerter Freizeitpark mit mehr oder weniger kunstvoll gebauten Nachbildungen historischer Gebäude. Ein kleiner See, auf
dem verliebte Pärchen „Bötchen fahren“ gehört auch zum Park. Tags darauf reisen wir nach Cuenca. Wirtschaftlich ist Cuenca ein bedeutendes nationales Zentrum der Keramikindustrie, der Hut- und Korbflechterei, der Lederverarbeitung und der Schmuckherstellung in Gold und Silber. In der Calle Larga befindet sich das Panamahut-Museum, in dem alte Arbeitsgänge der traditionellen Strohhutherstellung vorgeführt werden. Dieses besuchen wir von unserem Campground aus mit einem Linien-Bus. Schon die Fahrt mit diesem öffentlichen Verkehrsmittel ist ein Abenteuer. Kaum hält der Bus, rennen alle zur Eingangstüre und zwängen sich in den überfüllten Mittelgang. Sitzgelegenheit haben nur diejenigen, die ein paar Stationen vorher eingestiegen sind. Das Gedränge ist so gross, dass man sich nirgends richtig festhalten kann. Bevor der Letzte  eingestiegen ist fährt der Bus ruckartig los. Wir werden hin- und her geworfen. Den Busfahrer interessiert das nicht. Die Einstiegstüre bleibt stets offen damit an den Haltestellen weniger Zeit verloren geht. Auch beim Aussteigen müssen wir uns beeilen. Eine Station vor dem Bestimmungsort zwängen wir uns durch die Menschenmassen zu einer Ausgangstüre. Kaum hält der Bus muss das Gefährt fluchtartig verlassen werden sonst ist es zu spät und man fährt ungewollt eine Station weiter. Wir schaffen den Absprung und gehen zu Fuss zum Hutmuseum. Auf einer kostenlosen Führung erklärt uns ein Mitarbeiter den aufwendigen Herstellungsprozess des berühmten Panamahutes. Die Bezeichnung Panamahut ist eigentlich falsch. Denn alle  hochwertigen Hüte (mit Stempel und Zertifikat) werden in Ecuador gefertigt. Früher wurden diese für die gut betuchte Gesellschaft nach Panama exportiert. Daraus entstand fälschlicherweise der Begriff Panamahut. Die Hüte, in verschiedenen Formen und Farben, werden in mühevoller Handarbeit (vorwiegend von Frauen) in Heimarbeit geflochten. Als Basismaterial
dienen Fasern einer bestimmten Palmenart. Je nach dem wie fein diese Fasern sind, desto länger dauert das Flechten. Das kann von einigen Stunden bis zu mehreren Wochen pro Exemplar dauern. Je feiner das Geflecht, desto teuerer der Hut. Die Preisspanne reicht von rund 20 bis zu einigen tausend US-Dollar pro Hut. Die Rohlinge kommen in die Fabrik, wo sie mit Maschinen unter Druck und Hitze in die passende Form gepresst werden. Anschliessend wird von Näherinnen das Finish gemacht und der Hut kommt in den Verkaufsraum. Wir bestaunen die Vielfalt der Hüte. Martha probiert einige. Die meisten stehen ihr ausgezeichnet, trotzdem kann sie sich für keinen entscheiden – schade eigentlich.  Anschliessend unternehmen wir einen Stadtbummel und sehen uns architektonisch schöne, historische Gebäude an, bevor wir uns in einem gediegenen Restaurant mit Innenhof ein feines Mittagessen gönnen. Für die kommenden Tage wollten wir eigentlich über Baños ins Dschungelcamp Casa del Suizo fahren. Die Wetterprognosen sind aber für diese Region schlecht und so entschliessen wir uns gemeinsam mit Ina und Mario, für einige Tage an die Pazifikküste zu fahren. Der Weg führt uns in einer über 400 km langen Etappe nach Guayaquil, der grössten Stadt Ecuadors und dann direkt weiter an die Küste. Auf dieser Fahrt
überqueren wir Anden-Pässe, die über 4'000 m hoch sind und durchqueren wieder unterschiedliche Klimazonen. Schon bald stellen wir mit Genugtuung fest, dass die Entscheidung ans Meer zu fahren genau richtig war. Nebel und Regen lassen wir sukzessive hinter uns. Je näher die Küste kommt desto sonniger und wärmer wird es. Unser Ziel ist eine Halbinsel namens „Islamar“, die ein Schweizer vor 20 Jahren erworben und darauf ein kleines Ferienparadies geschaffen hat. Wir fahren nordwärts der Küste entlang an fantastischen Badestränden vorbei. Alles wirkt sehr ordentlich und gepflegt. Zu unserem Erstaunen herrscht kaum Verkehr. Selbst in den typischen kleinen Touristenorten ist keine Hektik zu spüren. Nach einem langen Fahrtag erreichen wir Islamar. Ein schnöder Wegweiser zeigt auf den versteckten Zugang zur Halbinsel. Wir fahren auf sandigen Pisten zwei Mal irgendwo ins Nichts. Wir sind Müde und enttäuscht. Vielleicht existiert das Ferienressort gar nicht mehr, sagen wir niedergeschlagen zueinander. Ein  steiler, nicht sehr vielversprechender Weg, haben wir noch nicht erkundet. Martha und ich fahren als „Scouts“ die staubige Buckelpiste hoch. Und tatsächlich nach ein paar engen Serpentinen stehen wir vor dem Eingangstor des Ressorts. Freundlich werden wir von Christian
Baumgartner, dem Inhaber, empfangen. Ina und Mario folgen mit ihrem 12-Tönner. Was wir kaum noch zu hoffen gewagt haben ist eingetroffen. Die Halbinsel ist traumhaft schön. Wir stehen mit unseren Campern direkt an der Steilküste mit einem 270° Rundumblick auf den Pazifik und eine kleine vorgelagerte Insel. Auf Augenhöhe fliegen Pelikane und Fregattvögel vorbei. An den steilen und steinigen Abhängen sonnen sich Leguane. Wir sind die einzigen Gäste, was uns bei dieser problematischen
Anfahrtsstrecke nicht wundert. Das Pächterehepaar macht seine Aufwartung und fragt uns, ob wir im hauseigenen Freiluftrestaurant essen möchten. Dankend nehmen wir an. Nach dem Apéro, den wir in der Hängematte mit Meerblick einnehmen, gehen wir duschen. Ein wahres Vergnügen bei über 30° C. Der Inhaber zeigt uns die rudimentäre aber funktionale Freiluftdusche mit der Bemerkung, dass es kein Warmwasser gibt. Das ist uns bei dieser Hitze völlig egal.  Wir machen uns frisch, unterdessen kocht die
Frau des Pächters für uns vier ein leckeres Nachtessen mit Fisch und Meeresfrüchten. Die Sonne versinkt langsam glutrot im Ozean während wir genüsslich schlemmen. Wir beschliessen „ad hoc“,  drei Tage in diesem Paradies zu verbringen.  Wir lassen die Seele baumeln, geniessen die Landschaft und tun ausser faulenzen rein gar nichts. Am nächsten Tag werden wir von einem Taxi abgeholt, das uns nach Puerto López fährt. Wir unternehmen eine Schiffstour zur Insel „Isla de la Plata“ auch „klein Galapagos“ genannt. In einer stündigen fahrt mit einem Speedboot mit 300 PS fahren wir auf die 40 km weit entfernte Insel, die Teil des Machalilla Nationalparks ist. Kurz vor dem Anlegen bekommen wir Besuch von bunten Fischen und Meeresschildkröten. Ein englisch sprechender „Guide“ begleitet uns auf der mehrstündigen Wanderung auf der Insel. Verschiedene Tölpelarten wie der Blaufuss-,  Rotfuss- und  Nazcatölpel leben auf dem Eiland. Die Vögel nisten auf der Insel oft unmittelbar neben den
Trampelpfaden völlig angstfrei. Es ist erstaunlich, wie nah man an die Tiere heran kann, ohne sie zu verunsichern. Es sind nur wenige Touristen im Nationalpark unterwegs, umso schöner ist es die Stille und Erhabenheit der Landschaft zu geniessen. Es ist extrem heiss, weit über 30° C und der Schweiss fliesst in Strömen. Staunend schauen wir den Akrobaten der Lüfte zu. Für die einheimischen Führer war es ein besonderer Schmerz zu sehen, als 2010 die Blaufusstölpel nicht genistet haben. Man rätselte woran das liegen könnte. Es wird vermutet, dass nicht mehr ausreichend Nahrung für die Tiere zur Verfügung steht. In den fischreichen Gewässern vor Ecuador wird professionell und wohl zu viel gefischt. Inzwischen nisten sie wieder, was Anlass zur Hoffnung gibt. Nach dem Marsch über die Insel geht es wieder mit dem Schnellboot zurück nach Puerto López. Wir verbringen noch eine Nacht auf  „Islamar“ und fahren am nächsten Morgen früh zur Ankunft der Fischerboote ins Städtchen. Von Ferne sehen wir schon die Vögel wie sie über den einlaufenden Booten kreisen. Etwa ein Dutzend Männer gehen jeden Abend als Gemeinschaft aufs Meer und kommen nach dem Fischfang am nächsten Morgen wieder zurück zum Strand. Das Spektakel ist gewaltig, wenn beim Entleeren der Boote Pelikane und Fregattvögel auf die Fische stürzen, die von Männern in Kisten ans Ufer getragen werden. Der täglich frische Fang geht direkt an Restaurants, Privatpersonen oder Touristen. Man kauft sich den Fisch direkt am Strand und lässt ihn an Ort und Stelle für kleines Geld ausnehmen und filetieren. Die geübten Hände der Profis schaffen das in ein paar Sekunden. Das Ausnehmen der grossen Fische wie z.B. einem Blauen
Marlin, der bis 3,5 m lang wird und 450 kg wiegen kann, dauert bedeutend länger. Unsere Fahrt geht weiter der Küste entlang nordwärts bis nach Manta und dann Richtung Osten an Portoviejo und Quevedo vorbei nach Valencia. Kurz vorm Einnachten, das geschieht in der Nähe des Äquators in Windeseile, erreichen wir das kleine Dörfchen. Direkt am Fluss suchen wir einen einsamen Stellplatz. Zu unserem Erstaunen kommt spät am Abend eine Mutter mit ihren drei Kindern zum Baden ans Gewässer. Wegen der tropischen Hitze haben wir sämtliche Türen und Fenster geöffnet. Plötzlich hören wir Stimmen von draussen. Es ist die Mutter mit ihren Kindern, die uns anspricht. Camper sieht man in dieser Gegend eigentlich gar nicht. Deshalb will sie alles von uns wissen; woher wir kommen, wohin wir gehen, was für eine Nationalität wir haben usw. Zum Schluss möchte sie gerne einen Blick in unser Wohnmobil werfen, was wir natürlich gerne gestatten. Wir bitten sie und ihre drei Kinder herein. Das Entzücken ist gross. Sie können kaum glauben wie geräumig und schön unser Heim auf vier Rädern ist. Wir haben gerade gegessen und es stehen noch Reste auf dem Tisch. Die Kinder haben wohl noch nichts im Magen und so ist in
kurzer Zeit alles aufgegessen. Wir sitzen also zu sechst in unserem kleinen Wohnmobil und der Schweiss läuft uns Europäern aus allen Poren. Denn inzwischen dürfte die Temperatur in dem engen Raum um die 40° C sein.  Für die Familie aus Ecuador hingegen ist es angenehm warm. Wir verbringen einen lustigen Abend zusammen. Im Gespräch erfahren wir, dass die Mutter alleinerziehend ist. Das älteste Mädchen kuschelt sich dicht an mich und fragt dann seine Mama, ob nicht ich ihr neuer Papa sein könne. Mich ehrt zwar das Angebot, trotzdem muss ich aus verständlichen Gründen ablehnen, was der gemütlichen Stimmung aber keinen Abbruch getan hat. Etwas später verabschiedet sich die ganze Familie mit Küsschen von uns und bedankt sich für den netten Abend. Wir müssen jetzt  dringend ins Bett und ein paar Stunden schlafen, denn am nächsten Morgen erwartet uns eine anstrengende Bergetappe, wieder mit rund 4'000 Höhenmetern. In der Nacht gibt es heftige Gewitter mit Blitz und Donner. Die Regenschauer bringen aber keine Abkühlung – im Gegenteil. Die Feuchtigkeit macht die Hitze noch unerträglicher. Es wird dadurch eine unruhige und kurze Nacht. Wir verlassen den Stellplatz in der Morgendämmerung und sind froh, dass es in die Berge geht. Dort sind die Temperaturen wesentlich angenehmer. Inas und Marios „Hermine“ quält sich mit ihren 12 Tonnen mühsam die Pässe hoch, während „Gecko“ diese Aufgabe etwas „leichtfüssiger“ bewältigt. Uns erstaunt es immer wieder bis in welche Höhen die Felder von den Bauern bewirtschaftet werden. Selbst über 4'000 m wird mit einfachsten Mitteln Landwirtschaft und Viehzucht betrieben. Meistens ohne Maschinen, alles von Hand. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Hacienda La Cienaga in
Lasso. Es ist die älteste Hacienda in Ecuador mit einer bewegten Geschichte. Heute zu einem Hotel umfunktioniert, bietet sie gut betuchten Gästen eine noble Unterkunft. Wir wissen natürlich nicht ob wir auf dem Gelände campieren dürfen. Deshalb gehen wir an die Rezeption und fragen nach. Die freundliche Empfangsdame kann unser Anliegen nicht selbst entscheiden und ruft die Hausherrin hinzu. Eine entzückende ältere Dame mit leuchtenden Augen kommt auf uns zu und begrüsst uns herzlich. Wir
erzählen ihr von unserer Tour auf der Panamericana. Nach kurzem Gespräche willigt sie sofort ein. Ausser im Eingangsbereich können wir unsere Camper hinstellen wo es uns gefällt. Wir dürfen uns den ganzen Hotel Komplex ansehen. Sie stellt uns sogar Dusche und WC zur Verfügung  und das gesamte Paket zum Nulltarif, also kostenlos. Wir erfahren von ihr, dass die Hacienda aus dem 17. Jahrhundert stammt, also rund 300-jährig ist und schon  etliche prominente Persönlichkeiten wie z.B. den ecuadorianische Präsidenten beherbergt hat. Die Hochblüte erlebte der 6'000 m² grosse Herrensitz Mitte  des 19. Jahrhunderts. Die 2 m dicken Mauern aus Vulkangestein bieten dem Besucher den Flair vergangener Zeiten. Die prächtige Gartenanlage und die hauseigene Kappelle sind absolut sehenswert. Wir verbringen bei einem feinen Nachtessen gemütliche Stunden im alten Gemäuer. Am nächsten Tag fahren wir am frühen Morgen zum Cotopaxi, der mit 5'897 m zweithöchste Berg Ecuadors und einer der höchsten aktiven Vulkane der Erde. Seit 1738 ist der Cotopaxi etwa 50 Mal ausgebrochen. Davon waren die gewaltigsten Eruptionen die der Jahre 1744, 1768 und 1877. Die grosse Eruption 1877 schmolz den Gipfelgletscher vollständig ab, so dass die entstehende Schlammlawine das umliegende Land mehr als 100 km weit überflutete und die Stadt Latacunga komplett zerstörte. Bis zum heutigen Tage sind immer wieder heftige  Rauchausstösse zu beobachten. Mit unseren 4x4 Fahrzeugen fahren wir eine Piste hoch bis auf 4'660 m. Von dort aus geht es zu Fuss 200 steile Höhenmeter bis zur Schutzhütte und nochmals fast 200 Meter höher erreichen wir die
Schneegrenze des Vulkans auf etwas über 5'000 m. Die Luft in dieser Höhe ist sehr dünn. Man merkt es bei jedem Schritt. Und anders als in unseren Alpen muss man öfters stehen bleiben und tief durchatmen. Leider ist das Wetter nicht ideal. Wir sehen den Gipfel nur beim Hinauffahren für einige Sekunden fast wolkenfrei. Hier an der Schneegrenze sehen wir im dichten Nebel kaum was. Das Wetter schlägt um und es bildet sich feiner Eisregen. Zeit für den Abstieg, den wir allerdings viel zügiger bewältigen. Bei der Talfahrt erleben wir ein heftiges Gewitter.  Auf  dem Weg nach Quito bleibt „Hermine“ in einer Steigung unvermittelt stehen. Mario hatte diese Situation schon einmal auf dieser Reise. Durch die Höhe hat der Motor zuwenig Diesel erhalten. In dem Fall muss das Führerhaus des Lastwagens nach vorne gekippt werden und mit einer kleinen Pumpe über dem Motor von Hand Diesel zugeführt werden. Wir kriegen die Arretierung der Fahrerkabine nicht los weil sie in der Steigung mit ihrem ganzen Gewicht dagegen drückt. Der Lastwagen steht zudem äusserst ungünstig auf der rechten Fahrspur der Autobahn. Zu allem Überfluss schüttet es wie aus Kübeln. Alles Zerren, Hämmern und Wehklagen nützt nichts. Die Kabine bewegt sich keinen Millimeter. Wir sind eigentlich schon am Resignieren, da kommt Mario die zündende Idee. Wir hängen ein Abschleppseil oben am Führerhaus an, befestigen es an unserem Camper und ziehen ganz langsam an. Gesagt getan. Und siehe da, es funktioniert. Die Kabine neigt sich nach vorne, Mario steigt auf den Motor, pumpt Diesel nach und „Hermine“ gibt wieder ein Lebenszeichen in Form von Rauchschwaden von sich. Wir sind kurz vor der Stadt und es sind nur noch 80 km bis zu unserem Campground. Doch wir müssen von Süden her durch ganz Quito fahren. Das bedeutet rund 50 km durch eine Stadt mit 2,5 Mio. Einwohner kurven. Das
braucht halt seine Zeit und so kommen wir erst mit Einbruch der Dunkelheit auf unserem Stellplatz an. Die Hauptstadt von Ecuador liegt 20 Kilometer südlich des Äquators in einem 2'850 m hohen Becken der Anden und ist somit die höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Auf einer ausgedehnten Stadtführung erkunden wir vor allem den architektonisch schönen, alten Teil von Quito. Quito besitzt eine grosse koloniale Altstadt mit zahlreichen bedeutenden Bauten und Denkmälern, vor allem
Klöster und Kirchen im Stil des kolonialen Barock. Alt-Quito ist als erste Stadt überhaupt 1978 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden. Im Zentrum befindet sich der Präsidentenpalast. Wir haben Glück und sind genau zur Wachablösung anwesend. In einer grossen Zeremonie, die von Blasmusik begleitet wird marschieren Gardisten zu Fuss und hoch zu Ross über die Plaza. Ein gern gesehenes Schauspiel für Einheimische und Touristen. Die Polizei ist allgegenwärtig und achtet sehr darauf, dass die Besucher der Stadt nicht von Trickdieben bestohlen werden. Von einem Aussichtspunkt haben wir einen spektakulären Blick auf die in einen Talkessel eingebundene Stadt und die umliegenden Vulkane. Zum Mittagessen gibt es schmackhafte „Cuy's“ (Meerschweinchen). Das Nationalgericht Ecuadors  muss unbedingt probiert werden. Die Riesenmeerschweinchen werden am offenen Feuer gegrillt bis sie schön knusprig sind. Das Fleisch ähnelt jenem eines Kaninchens. Am Nachmittag besuchen wir das Museo Solar Inti-Ñan „Wunder des Äquators“. Es liegt genau auf der
Nulllinie des Äquators. Wir können einige Experimente, dem das Phänomen des Erdmagnetismus zu Grunde liegt, durchführen. Eines der bekanntesten ist der Versuch mit einem vollen Waschbecken, dem der Stöpsel gezogen wird. Macht man das genau auf der Nulllinie läuft das Wasser ohne Wirbelbildung ab, macht man es auf der Südhalbkugel (1 m neben der Nulllinie) läuft das Wasser mit einem Wirbel im Uhrzeigersinn und auf der Nordhalbkugel im Gegenuhrzeigersinn ab. Bei
unserem Versuch war es tatsächlich so. Wissenschaftler bezweifeln allerdings diese Theorie. Ein weiteres Experiment ist, ein Ei auf einem eingeschlagenen Nagel stehend zu platzieren ohne dass es runterfällt. Das funktioniert offenbar nur direkt auf der Nulllinie des Äquators. Einige haben es tatsächlich geschafft. Aber auch da sind sich die Geleerten nicht schlüssig warum das so ist. Mit dem Besuch des mächtigen Äquatordenkmals endet unser Aufenthalt in Quito. Auf dem Weg nach Ibarra besuchen wir die Laguna Cuicocha. Es handelt sich dabei um eine  Caldera und ein Kratersee von einem Durchmesser von etwa drei Kilometern am Fusse des Cotacachis. Der abflusslose Kratersee innerhalb der Caldera enthält vier Lavadome , die zwei steile, bewaldete Inseln bilden. Auf einer kleinen Wanderung am Kraterrand entlang haben wir einen schönen Blick auf die zwei Dome. Eigentlich wollten wir im Nationalpark am Kratersee übernachten. Das haben uns aber die Parkranger leider nicht bewilligt. Wir fahren mit ein paar
anderen Campern aus dem Park hinaus und stellen uns auf ein Hochplateau mit prächtiger Aussicht. Bei einem gemütlichen Apéro, der ein paar Stunden dauert, lassen wir gemeinsam den Tag ausklingen. Auf dem Weg nach Ibarra, unserem letzten Übernachtungsplatz in Ecuador besuchen wir Cayambe, ein schön herausgeputztes Städtchen mit gepflegter Parkanlage und einer in zartem Blau gehaltenen Kirche. Wir kaufen nur noch wenige Lebensmittel, denn in zwei Tage verlassen wir Ecuador und reisen nach Kolumbien ein. Das Bild von Ecuador ist ein vorwiegend positives. Die Leute sind aufgeschlossen und freundlich. Das Land, die hohen Berge  und die Pazifikküste sind atemberaubend schön. Die Städte sind liebevoll restauriert. Auch abseits der Touristenzentren ist alles hübsch hergerichtet. Man merkt, die Menschen  legen viel Wert auf eine intakte Umwelt und ein schönes Zuhause. Wir sind gespannt was uns in Kolumbien erwartet, das in den letzten Jahren viel sicherer geworden ist und die „FARC“, eine Guerillaorganisation, nur noch in wenigen Teilen des Landes eine Bedrohung darstellt.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Kolumbien (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.