El Salvador


Reisebericht
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25.03.2015 - 28.03.2015  Von Copån Ruinas über Costa del Sol nach Santa Ana


Und schon stehen wir wieder an der Grenze. Adios Honduras! Für wenige Tage werden wir nun das mit einer Fläche von 21'000 km² kleinste der zentralamerikanischen Länder bereisen. El Salvador hat als einziges Land in Mittelamerika keinen direkten Zugang zum Karibischen Meer. Die sozialen Probleme sind nach Ende des Bürgerkrieges immer noch gross. Es gibt eine hohe Gewaltrate, auch Kindesentführungen sind verbreitet, ebenso herrschen eklatante Unterschiede zwischen arm und reich. Durch den Friedensvertrag von 1992 wurden viele Kämpfer arbeitslos und
ca. eine Million Waffen sind immer noch im Umlauf, sodass die Sicherheitslage im Land prekär bleibt. Insgesamt besteht eine erdrückende politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA. El Salvador weist weltweit die höchste Rate gewaltsamer Tötungen auf und liegt dabei seit 2014 vor Honduras. Im Jahresschnitt kommen 16 Menschen pro Tag durch Tötungsdelikte ums Leben. Die Gefahr von Gewaltverbrechen ist überaus hoch, die Hemmschwelle beim Gebrauch von Schuss- oder Stichwaffen ist niedrig. Es gibt in El Salvador eine ausgesprochen hohe organisierte Bandenkriminalität. Jugendbanden beherrschen ganze Stadtviertel von San Salvador und erpressen Schutzgelder. Auch die Kinderprostitution ist ein leidiges Problem.  Die Arbeit im Drogenhandel erscheint für Jugendliche offensichtlich die einzige Möglichkeit, ihre Grundbedürfnisse zu decken. Zwar ist die Industrialisierung El Salvadors im Vergleich zu anderen Ländern Zentralamerikas fortgeschritten. Hauptexportgüter sind Kaffee, Zucker, Shrimps, Baumwolle, Gold und Chemikalien, in steigendem Umfang auch Textilien, die von etwa 80'000 Beschäftigten in steuerbefreiten Betrieben hergestellt werden. Die 23'000 Kaffeeproduzenten sind infolge Preisverfalls teils hoch verschuldet. Von all diesen Problemen des Alltags bekommen wir Touristen nicht viel zu spüren. Zwar sehen wir die ärmlichen Verhältnisse, in denen der grösste Teil der Bevölkerung lebt, doch die Leute sind uns gegenüber stets freundlich und zuvorkommend. Nie haben wir das Gefühl, in Gefahr zu sein. Doch das heisst nicht, dass Vorsichtsmassnahmen ausser acht gelassen werden sollten. In grösseren Orten, wo Einkaufsmöglichkeiten bestehen, bleibe ich meistens im Camper, während Martha die Besorgungen tätigt. Wenn wir beide das Fahrzeug verlassen wird das „Navi“, Fotoapparate usw. aus dem Sichtbereich der Passanten entfernt. Gelegenheit macht ja bekanntlich Diebe. Mit dieser Vorgehensweise  sind wir bis jetzt gut gefahren und es wurde uns noch nichts gestohlen. Um Leib
und Leben mussten wir auch noch nie bangen.Von der überbordenden Kriminalität sind vor allem Einheimische und nicht Touristen betroffen. Am heutigen Tag fahren wir, über von blühenden Bäumen gesäumte Landstrassen durch kleine Dörfer, direkt ans Meer. Während der Fahrt  vernehmen wir plötzlich ein lautes Pfeifen, das wie ich glaube aus dem Motorraum stammt. „Schei...!“ ruf ich aus, „das ist garantiert ein Turboladerschaden“. Das hat uns gerade noch gefehlt. Ich öffne während der Fahrt das Seitenfenster und das Geräusch wird nun noch lauter
und eindringlicher. „Eindeutig, der Turbo ist hops“, sage ich zu Martha. Dann plötzlich wird es wieder still. Die Leistung des Motors scheint okay zu sein. „Das will aber nichts heissen. Vermutlich ist das Lager des Turbos hinüber und immer wenn die Schmierung abreist wird das Pfeifen wieder von Neuem losgehen“, erkläre ich Martha mit grossem Sachverstand. Und tatsächlich nach kurzer Zeit vernehmen wir wieder dieses schrille Pfeifen, das mein Blut in den Adern gefrieren lässt. „Siehst du – was hab ich gesagt, der Turbo ist hinüber!“, sage ich zu Martha resigniert. Meine bessere hälfte bleibt ausnahmsweise ruhig und gelassen und meint: „fahr rechts ran und stell den Motor ab“. Gesagt getan, und siehe da, das Pfeifen geht weiter. Sie grinst triumphierend und meint lakonisch: „wenn es ein Turboschaden wäre, dürfte es jetzt eigentlich nicht mehr pfeifen“. Recht hat sie, aber was ist das für ein penetrantes Geräusch? Wir gehen der Sache auf den Grund und stellen fest, dass es Grillen sind, die nur auf bestimmten Bäumen hocken und einen „sau“ Lärm machen. Und jedes mal, wenn wir an diesen Bäumen vorbeifahren, tönt es, ICH SCHWÖRE ES, wie ein Turboschaden. Mein Image als Motorenanalytiker hat seit diesem Vorfall extrem gelitten. Mit dieser Schmach muss ich nun wohl oder übel leben. Unsere Fahrt, begleitet von gelegentlichem pfeifen, geht weiter Richtung Küste wo wir am Abend unseren Stellplatz beim Hotel „Bahia del Sol“ an der Costa del Sol erreichen. Wir können die Infrastruktur der schönen Hotelanlage nutzen. Die Temperaturen sind tropisch (feucht und heiss) und so ist eine Kühle Dusche nach einem langen Fahrtag ein wahres Vergnügen. Obwohl es drückend schwül ist schlummern wir nach dem zu Bettgehen sofort ein, bevor wir mitten in der Nacht jäh aus dem Schlaf gerissen werden. Ein ohrenbetäubender Lärm dringt unvermittelt an unsere Ohren. Diesmal sind es keine Grillen sondern gigantische Generatoren, die angesprungen sind. Offensichtlich ist auf der ganzen Halbinsel der Strom ausgefallen. Weil das hier öfters passiert haben alle grösseren Hotels eigene Generatoren. Diese erfüllen natürlich nicht die helvetischen Lärmvorschriften. Es ist also nicht nur eine heisse sondern auch eine äusserst laute Nacht geworden – aber Camper sind hart im Nehmen. Am nächsten Morgen erkunden wir mit
einem Boot ein Mangrovensystem und besuchen eine der vielen bewohnten Inseln. Die rasante Fahrt geht vorbei an von Grün überquellenden Uferregionen. Mangroven und andere Pflanzen bilden einen undurchdringlichen Gürtel entlang der Lagunen. Einheimische sind in ihren typischen  Einbäumen (Holzkanus) unterwegs und werfen die Netze zum Fischen aus. Weil es in den Dörfern oftmals an Kühlmöglichkeiten fehlt wird der Fang zum
Trocknen und Konservieren auf Holzgestelle ausgelegt. Was uns erstaunt, dass es selbst in den abgelegensten Orten eine manchmal funktionierende Stromversorgung gibt. So sieht man auf dem Dach der schäbigsten Hütte eine Fernsehantenne. Leider hat auch dieses Medium „am Ende der Welt“ Einzug gehalten. Wir legen an einem Holzsteg an und besuchen eines der Dörfer, das weitab vom Tourismus liegt. Obwohl jetzt Osterferien sind haben die Kinder erfahren, dass heute Besuch aus Europa eintrifft. Sie begrüssen uns in ihren Uniformen und zeigen uns begeistert ihre Schulräumlichkeiten und Lehrmittel, die vorwiegend durch Spenden finanziert sind. Obschon die Kinder in einfachsten Verhältnissen leben sind sie sauber und gepflegt. Wir werden von oben bis unten neugierig gemustert. Das Eis ist schnell gebrochen, wie meistens bei Kindern. Sie setzen sich zu uns und wollen unbedingt fotografiert werden. Natürlich möchten sie nachher die Bilder auf dem Display des Fotoapparats betrachten und wenn das Ergebnis nicht überzeugt muss nochmals Fotografiert
werden. Trotz Radio und Fernsehen, es gibt sogar ein Auto auf der Insel, leben die Leute immer noch wie vor hundert Jahren. Ein hartes Leben, doch die Menschen scheinen uns rundum zufrieden. Damit ihre wirtschaftliche Situation etwas besser wird haben sie ein Nähatelier eingerichtet. Dort werden schöne bunte Taschen in Handarbeit hergestellt und an Touristen verkauft. Was leider auch hier, wie in vielen Teilen von Süd- und Mittelamerika eine Unsitte darstellt, ist das achtlose Wegwerfen von Müll. Selbst auf dem Schulareal gibt es Müllberge, die wenn sie eine gewisse Grösse erreicht haben, einfach angezündet werden. Wenn die Jugend kein Umweltbewusstsein vermittelt bekommt werden sie es bestimmt als Erwachsene auch nicht haben – leider. Die fröhlichen und unbeschwerten Kinder singen uns zum Abschied eine Lied bevor wir ins Boot steigen und zu einem einfachen Restaurant auf Stelzen in die Lagune fahren. Heute
werden wir bekocht. Eine Familie bereitet uns ein schlichtes, aber schmackhaftes Mittagessen zu. Es gibt frisch gefangenen Fisch, der auf einem offen Feuer zubereitet wird. Dazu wird Reis und Salat gereicht. Natürlich darf ein schön gekühltes Bier nicht fehlen. Ein rundum gelungener „Lunch“, bevor wir die Rückreise per Boot antreten. Wir verlassen am nächsten Morgen die Costa del Sol und fahren Richtung Santa Ana. Auf den Spuren der Mayas besuchen wir heute zwei Ausgrabungsstätten. Wir erreichen die erste Anlagen „Joya de Cerén“ gegen Mittag. Das präkolumbisches Dorf der Maya, blieb unter Schichten von Vulkanasche erstaunlich gut erhalten und gilt als eine der wichtigsten archäologischen Fundstellen Mittelamerikas. Sie zeigt im Gegensatz zu anderen Maya-Ruinen das Leben des einfachen Volkes. „Joya de Cerén“ wird  oft auch als „amerikanisches Pompeji“ bezeichnet. Gleich bei unserem heutigen Stellplatz in Santa Ana besuchen wir noch die Pyramiden von „Tazumal“. Unter den auf einem Gelände von ca. 10 km² verstreuten Bauten von „Tazumal“ stechen zwei Tempelpyramiden hervor.  Von den ehemals an der Spitze befindlichen Tempeln ist leider nichts erhalten geblieben. Die Anlage in den 1950er Jahren restauriert bzw. Rekonstruiert. Leider sind diese Arbeiten, wie oft wegen Geldmangels,
schlecht ausgeführt worden. Man hat mit schnödem Zement versucht die Aussenmauern zu stabilisieren. Nach heftigen Regenfällen löste sich eine dieser Verkleidungen ab und riss einen Teil der Pyramide mit zu Boden. Ein unwiederbringlicher Schaden. Im angrenzenden Museum werden gefundene Exponate präsentiert, darunter zwei Stelen, mehrere unbehauene Findlinge mit kleinen figürlichen Reliefdarstellungen, Opferschalen und einige kleinere Keramikfiguren. Diese sind ausgesprochen gut erhalten resp. perfekt restauriert. Unsere Zeit in El Salvador neigt sich dem Ende entgegen. Morgen reisen wir bereits nach Guatemala. Uns hat das mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen geplagte Land gut gefallen. Das ist natürlich die Sichtweise von Touristen mit rosaroter Brille, die sich hier nur sehr kurze aufgehalten haben. Das wirkliche Leben ist für grosse Teile der Bevölkerung durch harte Arbeit und Verzicht geprägt. Man kann lediglich hoffen, dass sich die offensichtlichen Missstände mittel- und langfristig beheben lassen. Nur so hätte dieses an sich schöne Land eine wirkliche Perspektive.


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