Kalifornien

Teil 1


Reisebericht
Bildergalerie


14.05. - 31.05.2015  Vom Red Rock Canyon NCA über Death Valley NP, Sequoia NM,

Sequoia NP, Kings Canyon NP, Yosemite NP, Tioga Pass, Lake Tahoe, Sacramento

Clearelake, Napa Valley, San Francisco, Point Reyes, zum Redwood NP


Nach unserem relativ kurzen, aber dennoch sehr schönen Abstecher in den Bundesstaat Nevada, reisen wir über den Highway 160 nach Kalifornien. Jeder sucht sein Paradies auf Erden und wenn er es gefunden hat, ruft er vielleicht "Eureka!", zu Deutsch "Ich habe es gefunden!". Der „Golden State“ ist dafür prädestiniert. Unbegrenzt scheinen die Möglichkeiten, seine Träume zu verwirklichen. Kalifornien lockt deshalb so viele Menschen an, dass es heute der bevölkerungsreichste aller Bundesstaaten ist. Flächenmässig sind nur Alaska und Texas grösser. In Kalifornien findet man am ehesten den „American Way of Life“ und auch so manche Erfolgsstory vom Tellerwäscher zum Millionär. Kalifornien grenzt im Norden an Oregon, im Westen an Nevada und im Südosten an Arizona. Im Süden teilt sich Kalifornien eine Staatsgrenze mit Mexiko. Der Süden Kaliforniens ist dementsprechend stark lateinamerikanisch resp. mexikanisch geprägt und mancherorts ist Spanisch verbreiteter, als Englisch. „It Never Rains in California“ stimmt zumindest bei unserer Reise in Richtung Death Valley. Noch weit ausserhalb von Las Vegas fahren
wir an Spielcasinos vorbei, die auf grossen Leuchttafeln den grossen Gewinn anpreisen. Doch uns lockt nicht das schnelle Geld, sondern das Tal des Todes. Fast 25 Prozent der Fläche von Kalifornien besteht aus Wüste. In den Wüstenlandschaften wird es im Sommer oft sehr heiss und ausserhalb des klimatisierten Autos ist die Hitze fast unerträglich. Doch es gibt auch eine andere, angenehme Seite der Wüste: Tolle und bizarre Landschaften, wie z.B. Salzebenen und Sanddünen. Dazu die Stille, die Einsamkeit und die unendliche Weite, die solche Regionen so faszinierend machen. Stellvertretend für die Schönheiten der Wüsten steht der Nationalparks Death Valley. Wir fahren von Süden her über den Jubilee Pass in den Park. Während es talwärts geht steigt und steigt die Temperaturanzeige stetig an. An manchen Tagen kann es im Death Valley bis zu 56° C heiss werden und machen das Tal zu einer der lebensfeindlichsten Regionen der Erde. Trotz diesen erschwerten Bedingungen werden wir ein paar Wanderungen unternehmen, natürlich nur mit reichlich Trinkwasser im Rucksack. Unseren ersten Halt machen wir bei den „Ashford Mill Ruins“, einem
ehemaligen Goldbergwerk, von dem allerdings nur noch die Grundmauern zu sehen sind und die ausser einer tollen Aussicht nicht viel zu bieten haben. Wir erreichen „Badwater Basin“, mit 85,5 m unter dem Meeresspiegel die tiefste Stelle der USA. Wasser gibt es hier nur sehr wenig und das meist unter einer zentimeterdicken Salzkruste. Wir gehen eine kurze Wegstrecke hinaus auf die Salzebene und geniessen die fantastische Weitsicht. Unsere erste kleine Wanderung unternehmen wir bei der „Natural Bridge“, einem Bogen aus Kalkstein, der sich über einen farbenprächtigen Canyon spannt. Bei heftigen
Gewittern, was es auch im Death Valley geben kann, füllen sich diese Canyons in kurzer Zeit mit Wasser von den umliegenden Berghängen. Sturzfluten zwängen sich dann durch ein schmales Labyrinth, die schon manchem unachtsamen Wanderer zum Verhängnis wurden. Weiter geht die Fahrt zum „Devils Golf Course“, einer Ebene voller Salz- und Gesteinsverwerfungen. Beim Gehen knirscht die Salzkruste wie verharschter Schnee. Aufspritzendes Wasser hat Salzkristalle zu kleinen Säulen wachsen lassen, die eine bizarre Landschaft aus zahllosen bis zu 25 cm hohen Türmchen haben entstehen lassen. Vorsicht, nicht stürzen, die Salzkristalle sind messerscharf. Einer der Höhepunkte im Death Valley ist der 15 km lange „Artists Drive“. Die gesamte Landschaft erscheint einem unwirklich. „Artists Palette“ heisst eine kunterbunte Felslandschaft. Sie ist das Resultat aus längst erloschenen Vulkanen und oxydierenden Mineralrückständen, die verschiedene Färbungen erzeugen. Eisenerze bilden rote und gelbe, Mangan purpurne und Kupfer grüne Farbtöne. Schon etwas müde, vom Fahren, Wandern und der
Hitze, gelangen wir zum letzten Highlight des heutigen Tages, einem Trail zum Golden Canyon. Der Weg führt durch eine fantastische Farbenwelt: Die Felsen schimmern in den verschiedensten Schattierungen von Gold-, Orange- und Rottönen. Am Ende des Pfades gehen wir noch ein paar Hundert Meter bis zu der so genannten „Red Cathedral“, einem natürlichen Amphitheater aus steilen, rot schimmernden Sandsteinklippen. Zurück geht es auf dem gleichen Weg wie wir gekommen sind. Doch gleich ist nicht immer gleich. Wenn man einen Trail von der Gegenrichtung läuft
sieht man immer wieder Dinge, die vorher nicht beachtet wurden. Nun ist es aber endgültig genug für den heutigen Tag. Wir suchen uns einen Campground mitten im Park. Heftige Winde peitschen bei Sonnenuntergang durchs Death Valley. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir die Fenster nicht zu weit öffnen. Eine Böe könnte ohne weiteres ein solches wegreissen. Der starke Wind bewirkt eine angenehme Abkühlung (ca. 30° C) und schaukelt uns mal sanft mal heftig in unsere Träume. Am nächsten Morgen fahren wir weiter Richtung Osten zum „Harmony Borax Works“, einem ehemaligen Salzbergwerk, von dem nur noch einige für die Touristen drapierte Utensilien zu sehen sind. Ein paar schöne Fotos gibt es trotzdem. Bevor wir das Death Valley verlassen gehts zu den „Mesquite Sand Dunes“. Diese werden aus feinem Quarzsand gebildet und erheben sich deutlich über den Talboden. Hier erfüllen sich optisch die Klischeevorstellungen, die man mit einer Wüstenregion verbindet. Das begehen von Dünen ist anstrengend. Ein Schritt vor und zwei zurück. Es dauert ewig bis die feinsandigen Hügel erklommen sind. Um so lockerer geht das Hinuntergleiten von den Dünen, die heute bei bedecktem Himmel leider nicht ihre ganze Schönheit zeigen können. Richtung Westend fahren wir auf einer Nebenstrasse aus dem Death Valley. Wieder werfen heftige Winde den kleinen „Gecko“ hin und her, während er sich durch die halb mit Sand bedeckten Strassen kämpft. Auf einer Anhöhe schauen wir ein letztes mal zurück ins Tal des Todes und gelangen wenige Kilometer später in den etwas heruntergekommenen Ort Westend. Hier wird im grossen Stil Salz abgebaut und mit der Eisenbahn zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Im weiteren Verlauf der Fahrt wird die Gegend zusehends grüner und hügliger. Richtung Kernville geht es an Seen und Flüssen vorbei durch typisches Farmland. Am späteren Nachmittag erreichen wir Giant Sequoia Nat. Mon. Wir suchen uns den perfekten Stellplatz an einem rauschenden Bergbach. Inzwischen befinden wir uns bereits wieder auf einer Höhe von über 1'000 m und die Temperaturen bewegen sich im einstelligen Plusbereich. Nach der Hitze im Death Valley friert man relativ schnell. Wir sind froh, dass uns die Dieselheizung während der Nacht die fehlende Wärme spendet. Giant
Sequoia National Monument ist längst nicht so bekannt wie der gleichnamige Nationalpark. Es führt nur eine enge und steile Passstrasse hinauf zu den Riesenbäumen. Das hat den Vorteil, dass nicht viele Leute den beschwerlichen Weg auf sich nehmen und wir den ganzen Park fast für uns alleine haben. Bei leichtem Regen und Schneetreiben wandern wir zu einem der zehn grössten Mammutbäume weltweit. Der „Boole Tree“ mit über 82 Metern Höhe und einem Umfang von 34 Metern lässt uns ungläubig staunen. An einem kürzlich gefallenen Sequoia mit gewaltigem Wurzelwerk werden uns die wahren
Dimensionen dieser Bäume erst richtig bewusst. Nun haben wir „Blut geleckt“ und fahren in den bekannten Sequoia und Kings Canyon Nationalpark. Die beiden Parks schmiegen sich an die Hänge der Sierra Nevada. Ein Wegnetz von über 1'000 km länge führen durch das Naturschutzgebiet, das 1'300 Pflanzen und 2'100 Tierarten ein Refugium bietet. Am östlichen Rand ragt mit dem Mount Whitney (4'418 m), der höchste Gipfel der USA ausserhalb Alaskas, in den Himmel. Sequoia, auch Berg- oder Riesenmammutbaum genannt, ist der mächtigste Baum der Erde. Auf schön angelegten Pfaden gelangen wir zu diesen gigantischen „Trees“, die bis zu 3'000 Jahre alt werden können. Der Weltrekordhalter ist der „General Sherman Tree“ mit folgenden Body-Massen: Höhe: 83 m, Durchmesser: 8 m, Umfang: 31 m, Volumen: 1'487 Kubikmeter. Wir verbringen einen ganzen Tag im Nationalpark und fahren erst am Abend in den angrenzenden Kings Canyon. Das Tal des King River erreichen wir über eine abwechslungsreiche Bergstrasse. Die Route führt zuerst durch ein raues, von teilweise bis zu 1'500 m hohen Felswänden flankiertes Tal mit engen, tiefen Schluchten. Der Kings Canyon ist ein Paradies für Wanderer. Kleine, mittlere und längere Trails führen meist am Fluss entlang an Wasserfällen vorbei zu schönen Aussichtspunkten. Wir übernachten auf einem Campground mitten im Wald mit romantischer Feuerstelle. Tags darauf fahren wir bereits zum nächsten und vielleicht beliebtesten Nationalpark in den
USA, dem Yosemite (4 Mio. Besucher im Jahr). Der 1890 gegründete Park schützt die schönsten Regionen der Sierra Nevada. Mächtige Flüsse tosen durch schroffe Bergtäler, gewaltige Wasserfälle stürzen Felswände hinab. Wir fahren zum Südeingang des Parks. Mit dem Annual Pass für 80 USD können wir während eines Jahres sämtliche Nationalparks der USA besuchen. Wie gewohnt zeige ich am Parkeingang diesen Pass und frage nach Kartenmaterial. Der Kassierer beugt sich etwas aus dem Fenster und schaut sich unseren Camper an, speziell die Räder. Dann fragt er mich, ob wir
Schneeketten dabei haben. Ich weiss nicht was die Frage soll, wir fahren einen 4WD mit Stollenbereifung – wir kommen überall hoch und wieder hinunter. Ich setze mein „Poker Face“ auf und sage: „natürlich habe ich Schneeketten dabei“. Doch die Rechnung geht nicht auf. Spätestens als mein Gegenüber sagt: „show me“, fällt der Schwindel auf. Er sagt uns klar und deutlich, dass wir ohne Schneeketten nicht in den Park hineinfahren dürfen, weil überall noch Schnee liegt und die Wetterprognosen weitere Schneefälle voraussagen. Mit der Faust im Sack muss ich das akzeptieren, obwohl ich es ganz und gar nicht verstehe. Martha sitzt schon wie auf Nadeln und ermahnt mich ständig ruhig zu bleiben. Wir fahren einige Kilometer zurück, wo vermutlich der „Götti“ vom Kassierer sitzt und uns teure Schneeketten verkauft. "That's life" – man soll sich nicht über Dinge ärgern, die man nicht ändern kann. Mit dem Quittungsbeleg der gekauften Schneeketten, die wir vermutlich nie im Leben brauchen, lässt uns nun der Kassierer, mit einem unverschämten Grinsen im Gesicht, passieren. „Das fängt ja schon mal ganz toll an“, sage ich etwas zerknirscht zu meinem Schatz. Weil der Park stark von Touristen frequentiert ist wollen wir zuerst für zwei Tage die Campingplätze reservieren. Das machen wir bei der nahegelegenen Rangerstation. Man erklärt uns, dass so früh in der Saison noch viele Campgrounds geschlossen haben und die wenigen offenen sozusagen schon belegt sind. Für die erste Nacht bekommen wir einen Platz, für die zweite leider nicht. Der zweite Frust am heutigen Tag. Eigentlich wären wir gerne zwei ganze Tage hier geblieben, das ist nun leider nicht möglich. Also müssen wir das Programm etwas straffen. Wir fahren am nächsten Morgen zum Glacier Point, von wo wir einen tollen Blick auf den gegenüberliegenden Half Dom haben – ein gespaltener, von Gletschern zerfurchter, 1'500 m hoher Granitblock. Auf einer harten, ca. 12
Stunden dauernden Wanderung, könnte man diesen Dom besteigen. Dafür haben wir aber leider zuwenig Zeit. In der Ferne erblicken wir tosende Wasserfälle, die wir nach einer Sunde über die Strasse durchs Yosemite Village erreichen. Es ist noch lange nicht Hochsaison. Trotzdem drängen schon Menschenmassen ins Tal. Eigentlich gar nicht unsere Welt. Bei den vielen Leuten und dem damit verbundenen Lärm, geht der Zauber der Natur völlig verloren. Trotzdem sehen wir uns natürlich die beindruckenden Wasserfälle an. Gut ausgebaute Wege führen zu diesen. Auch „El Capitan“, ein riesiger Monolith,
der vor allem bei Kletterern sehr beliebt ist, weiss durch seine imposante Erscheinung zu begeistern. Alles in allem eine wunderschöne Gegend, wenn da nur nicht die vielen Menschen wären. Im Nachhinein sind wir nicht unglücklich, dass es mit dem zweiten Tag im Park nicht geklappt hat. Denn so haben wir uns da Abenteuer in der Wildnis nicht vorgestellt. Ein frohe Botschaft erreicht uns am frühen Nachmittag. Der Tioga Pass ist vom Schnee befreit und wir können heute Richtung Mono Lake aufbrechen. Auf der Tioga Road fahren wir in eine Gebirgswelt, voller schneebedeckter Gipfel, kristallklarer Seen und windzerzausten Wiesen. Überall geniessen wir prächtige Aussichten. Der Scheitelpunkt des Passe ist auf etwa 3'000 m Höhe. Ursprünglich war die heutige Strasse ein Trampelpfad der Native Americans, um ihre Tauschgeschäfte und Reisen abzuwickeln. Später diente sie den ersten Siedlern als Great Sierra Wagon Road. Erst in den 60er Jahren wurde die Streckenführung leicht geändert, die Strasse modernisiert und für den Verkehr geöffnet. Sie zählt seit dem zu den schönsten Scenic Routen in Kalifornien. Wir übernachten wiederum bei leichtem Schneefall und Temperaturen weit unter Null Grad, auf der Westseite des Passes, in einem State Park. Nach einem ausgiebigen Frühstück fahren wir zunächst nur ein kurze Strecke bis zum Mono Lake. Zahlreiche skurril geformte, oft meterhohe Felsformationen ragen aus dem See empor. Sie entstanden, weil das alkalische Seewasser den Kalk aus den am Grund des Sees sprudelnden Quellen bindet. Dass die Kalksäulen sichtbar wurden, liegt am unstillbaren Durst der Millionenstadt Los Angeles. Zwischen 1940 und 1980 sank
der Wasserspiegel um 13 m. In den 80er Jahren erstritt ein Komitee den Schutz des Gewässers vor Gericht. Seither hat sich der Wasserstand stabilisiert. Heute dient der See, der stark salzhaltig und alkalisch ist, als Rückzugsgebiet für Vögel. Fische können in der Natronlauge nicht existieren. Auf perfekt installierten Holzstegen besichtigen wir die Kalktuff-Formationen aus der Nähe. Ein landschaftlich ausgesprochen schöner Scenic Byway führt uns durch unberührte Gebiete über Bergkuppen und Täler Richtung Lake Tahoe. Der von dichten Wäldern, schneebedeckten Hängen und Berggipfeln umgebene Gebirgssee (1'900 m ü. M.) ist eine der beliebtesten Ferienregionen Kaliforniens. Im Sommer kann man segeln, wandern oder angeln. Im Winter eignet sich das Gebiet ausgezeichnet zum Skifahren. Weltcuprennen werden im Squaw Valley ausgetragen. Am Nordufer des Sees dürfen keine Hochhäuser gebaut werden, so haben die Uferlandschaften im Süden und Norden ein völlig anderes Aussehen. Vom State Park aus unternehmen wir eine schöne Wanderung mit Blick auf die kleine Insel Fanette Island in der Emerald Bay. Am ganzen Westufer des Sees gibt es sehenswerte Orte mit z.T. ausgesprochen exklusiven Immobilen und hübsche Buchten mit Sandstränden. Alles ist sauber, aufgeräumt und liebevoll gepflegt. Orte in denen man sich wohl fühlt und gerne wohnen würde. Wir campieren in Incline Village und lernen Nancy & Micky kennen, die uns
in die amerikanischen „Jasskünste“ einweihen. Wir verbringen mit ihnen einen ausgelassenen Abend, bei dem viel gelacht wird. Vermutlich deshalb weil wir nicht alle Spiele richtig verstanden aber trotzdem immer gewonnen haben. Nachdem wir uns in den vergangenen Tagen vor allem in ländlichen Gebieten aufgehalten haben, zieht es uns wieder in städtische Gefilde. Es geht nach Sacramento, der Hauptstadt von Kalifornien. Zahlreiche Grünanlagen und Parks laden zum Verweilen und Flanieren ein, historische Gebäude und Plätze können besichtigt werden. Uns gefällt vor allem Old Sacramento. Dieser restaurierte Bezirk am Flussufer des Sacramento River war während des Goldrauschs im 19. Jahrhundert das Geschäftsviertel. Originalgetreue Nachbauten, Häuser mit falschen Fassaden, hölzerne Gehsteige und Gaslaternen schaffen eine fast authentische Atmosphäre der Altstadt von Sacramento, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts war. Insgesamt gibt es auf dem Gelände 53 Gebäude, die sorgfältig restauriert wurden. In einigen dieser Häuser sind Souvenirshops und Restaurants eingezogen. Am Sacramento River legen Ausflugsschiffe an, mit denen man eine gemütliche Rundfahrt unternehmen kann. Wir sind an einem Sonntag Vormittag in Old
Sacramento – genau zur richtigen Zeit. Leute in Kostümen aus der „guten alten Zeit“ schlendern durch die Strassen. Es gibt eine Oldtimer Parade mit Ford Thunderbirds aus den 50er Jahren. Weitere Schätzchen der Automobilgeschichte stehen fein herausgeputzt auf einen Platz und wollen bewundert werden. Ein Umzug mit Musikkapellen, die alles andere als perfekt spielen (dabeisein ist wichtig), und dazwischen ein paar „Einzelmasken“ runden das Gesamtbild ab. Typisch amerikanisch halt, alles ein bisschen improvisiert, doch die Leute sind mit Herzblut dabei. Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen, nur das zählt. Ins Napa Vally fahren wir auf einem landschaftlich schönen Umweg durchs Hidden Valley, ebenfalls einem Weingebiet südlich vom Clear Lake. Das Napa Valley verfügt über rund 300 Weingüter, die jährlich mehr als vier Millionen Touristen anziehen. Damit gehört das Weinbaugebiet hinter dem Disneyland zur beliebtesten Touristenattraktion Kaliforniens. Wir besuchen in St. Helena das Weingut Beringer. Im Jahr 1868 verliess Jakob Beringer seinen Wohnort Mainz, um seinem Bruder Friedrich nach New York zu folgen. Doch Jakob fühlte sich in der Grossstadt nicht wohl und so zogen die Brüder 1870 ins sonnige Kalifornien. Sie erwarben
1875 in St. Helena ihr erstes Weingut im Napa Valley, einem Gebiet mit optimalen Bedingungen für die Weinherstellung. In der inzwischen über 140-jährigen Firmengeschichte ist Beringer einer der führenden Weinproduzenten in den USA geworden. Auf dem repräsentativen Anwesen schlendern wir durch schön angelegte Gartenanlagen, vorbei an Rebstöcken, prächtigen Immobilien und durch geschmackvoll eingerichtete Testing- und Verkaufsräumlichkeiten. Allein im Napa Valley könnte man Wochen verbringen und hätte immer noch nicht alles gesehen. Unsere Fahrt geht weiter Richtung Süden, nach San Francisco. Wir haben uns etwas ausserhalb der Stadt, in einen schön gelegenen Campground (Anthony Chabot Regional Park) einen Platz reserviert. Full Hook-Up (Stellplatz, der vollständig mit Anschlüssen ausgestattet ist; Strom-, Frisch- und Abwasseranschlüsse) für 35 USD. In der Stadt hätten wir zwei bis dreimal so viel bezahlt und hätten nicht die Vorzüge eines ruhigen Parks in einem Waldgebiet geniessen können. Im Park-and-ride-System fahren wir am nächsten Morgen nach „Frisco“. Man wäre wirklich sehr schnell mit der Bahn im Zentrum, wenn man am richtigen Ort ausgestiegen würde. Bei uns hat es halt eine halbe Stunde länger gedauert – macht nichts. In San Francisco leben rund 800'000 Menschen. Die Stadt nimmt damit den 4. Platz bei der Einwohnerzahl kalifornischer Städte ein. Metropolen wie San Diego oder Los Angeles sind wesentlich
grösser. Trotzdem bildet San Francisco das unbestrittene Finanz und Kulturzentrum. Bekannt ist San Francisco durch die Golden Gate Bridge, die Cable Car Bahn, Alcatraz und die Fisherman's Wharf. In der gesamten San Francisco Bay leben heute ca. 6 Millionen Menschen. San Francisco ist eine überschaubare Stadt, wie alle Metropolen in den USA sind die Strassen im Schachbrettmuster angeordnet. Mit ein bisschen Orientierungssinn findet man sich schnell zurecht. Wer nicht weite Fusswege in Kauf nehmen will muss allerdings fahren. Wir entscheiden uns für eine „Hop-On Hop-Off
Tour“. So haben wir die Möglichkeit an Sehenswürdigkeiten auszusteigen, dort nach Herzenslust zu verweilen, bevor die Fahrt mit einem der nachfolgenden Busse fortgesetzt wird. Unseren ersten Halt machen wir an der Fisherman's Wharf, wo sich auf einem 18 ha grossen Areal vor allem Touristen tummeln. An den Strassen reiht sich Seafoodstand an Seafoodstand. An den zahllosen Imbissbuden werden Kostbarkeiten aus der Bucht von San Francisco und dem Pazifik frisch angeboten – von Shrimps über Krabben bis
zu Krebsen und Fischen. Touristischer Mittelpunkt ist Pier 39, am östlichen Ende der Fisherman's Wharf. An diesem 300 m langen Pier befinden sich mehr als 100 Geschäfte und 10 Restaurants, wo man köstliche Fischgerichte und Meeresfrüchte mit Blick auf die Bucht von San Francisco bekommt. In einem diesen vielgepriesenen Restaurants essen wir zu Mittag. Unsere Bewertung: Aussicht top, Qualität des Essens flop, Preis unverschämt. Alle Gebäude von Pier 39 wurden mit Holzplanken alter Schiffe gebaut. Eine weitere Attraktion sind die Seelöwen, die in unmittelbarer Nähe vom Pier liegen und meist für eine Menschenansammlung sorgen. Über 400 Seelöwen kann man aus nächster Nähe bestaunen und erst recht beschnuppern. Denn die pelzigen Gesellen stinken scheusslich. Den nächsten Bus-Stop machen wir an der Golden Gate Bridge. Was der Eiffelturm für Paris und die Tower Bridge für London ist, ist für San Francisco die Golden Gate Bridge. Sie verbindet die 1,5 Kilometer Meerenge zwischen der Halbinsel von San Francisco und dem Marin County. In dem prachtvollen Landschaftsrahmen eingebettet, ist sie sicherlich eine der schönsten Brücken der Welt. Bei unserem ersten Besuch haben wir das imposante Bauwerk bei strahlend blauen Himmel gesehen, doch mit ein bisschen Nebel sieht die Brücke noch viel schöner aus. Weiter fahren wir „Hop-On Hop-Off“ zum
Golden Gate Park. Er ist grösser als der Central Park in New York City. Mit 800 Meter Breite und einer Länge von 5 Kilometern ist er einer der grössten innerstädtischen Parkanlagen der Welt. Hier gibt es Seen, Wiesen, Rosengärten, eine Baumschule, ein Rhododendron-Tal, ein Kinderspielplatz, ein Open-Air-Gelände, eine Büffel-Koppel und den höchsten künstlichen Wasserfall im Westen der USA. Viele Museen befinden sich ebenfalls im Park. Man könnte hier locker eine Woche verweilen. Nachdem wir uns in der Innenstadt noch einige schöne Gebäude angesehen haben sind wir im wahrsten Sinne des Wortes geschafft. Vor dem Eindunkeln erreichen wir unseren Campground und müssen wie meistens den Neuankömmlingen zuerst unseren Camper zeigen, denn komischerweise stehen die „Amis“ völlig auf den kleinen „Gecko“. Am Morgen fahren wir mit unserem Camper nach San Francisco und über die gewaltige Bay Bridge nach Treasure Island. Die Sicht auf die Stadt vom Meer aus ist gigantisch. Wir fahren auf der selben Brücke zurück in die Innenstadt und dann Richtung Norden zur Golden Gate Bridge, die wir auf unserer Weiterreise überqueren. Ein erhebendes Gefühl. Auf der Nordseite der Brücke fahren wir auf eine Anhöhe, geniessen nochmals diesen stimmungsvollen Anblick auf die Golden Gate Bridge. Wir fahren auf dem Highway No 1 (Panamericana Route) der Küste entlang weiter. Unser Ziel ist die Point-Reyes-Halbinsel. Die Point Reyes National Seashore ist ein Schutzgebiet an der Pazifikküste, das heute ebenfalls in dichten Nebel gehüllt ist. Zudem bläst ein unangenehm kalter Wind, der eine leichte Gischt vom Meer her erzeugt. Das hält uns nicht ab,
einige kürzere Wanderungen zu unternehmen. Die harschen klimatischen Bedingungen auf dem baumfreien Felsplateau haben eine an diese Bedingungen angepasste Pflanzenwelt geschaffen. Die Strände von Point Reyes sind wichtige Rückzugsgebieter für Kalifornische Seelöwen und die wesentlich grösseren Seeelefanten. Der Zugang zum Point Reyes Lighthouse ist leider geschlossen aber weiter nicht tragisch, weil wir bei diesem Nebel sowieso nicht viel sehen können. Für rund zwei Millionen Besucher im Jahr aus dem Grossraum San Francisco, ist der Point Reyes ein
wichtiges Naherholungsgebiet. Heute sind wir verständlicherweise fast die einzigen Besucher. Bei dem Wetter schickt man keinen Hund vor die Türe. Doch irgendwie ist die Atmosphäre ganz speziell und hat auch ihren Reiz. So beschliessen wir direkt an den Klippen bei den Seeelefanten zu übernachten. Wir drehen die Heizung an und Martha kocht wie immer etwas Leckeres. Es ist kuschelig warm in unserem Camper während draussen der Wind in heftigen Böen an „Gecko“ zerrt. Noch lange hören wir vom Meer her die Seeelefanten grunzen. Nach einer stürmischen Nacht, im wahrsten Sinne des Wortes, geht es zurück zum HW No. 1 vorbei am Filmhistorischen Städtchen Bodega Bay. Der Streifen „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock wurde hier im Jahr 1963 gedreht. Er gilt als Klassiker des Horrorfilms. In den Hauptrollen spielen Rod Taylor und Tippi Hedren. Bei der momentanen Wettersituation hat dieser Ort wirklich etwas Unheimliches. Wir verstehen, dass der Altmeister des Gruselns genau diesen Platz für seinen Kino-Schocker ausgesucht hat. Etwas nördlicher auf der legendären California State Route 1 erreichen wir Mendocino, ein ganz reizender Ort. Viele Häuser sind in traditioneller Holzbauweise errichtet, liebevoll gepflegt und restauriert. Die Küste ist rau und felsig. Bekannt wurde der Ortsname in Europa durch Michael Holms Schlager „Mendocino“ aus dem Jahr 1969. Ein schön angelegter Trail führt uns über blühende Blumenwiesen ans vom Wind aufgepeitschte Meer. Wir stehen auf einem Hügel oberhalb des Pazifiks, vor uns Klippen, Felsen, raue See und ein paar sturmgeformte alte Bäume. Hinter uns wunderschöne, blumengeschmückte Häuser. Es sieht aus wie New England, doch eigentlich könnte das hier auch genauso gut Schottland sein – Wetter und Szenerie passen zumindest. Mendocino liegt auf
einer felsigen Landzunge. Jahrzehntelang war die Siedlung ein Holzfällerort wie viele andere an der kalifornischen Nordküste. In den 50er Jahren haben sich hier Künstler niedergelassen und sind geblieben. Bei unserem Rundgang durch den Ort sehen wir Werkstätten und Ateliers. Die Erzeugnisse des kreativen Schaffens können in den kleinen Shops käuflich erworben werden. Wir fahren noch einige Kilometer nordwärts, suchen uns einen schönen Stellplatz direkt an der Steilküste und nächtigen mit grandiosem Blick aufs Meer. Die folgende Tagesetappe führt uns zunächst in den Humboldt Redwoods State Park. Das Schutzgebiet erstreckt sich von Garberville bis Pepperwood und besitzt die grössten verbleibenden Küsten-Mammutbaumbestände Nordamerikas. Bei der Fahrt durch den Rockefeller Wald auf der Avenue of the Giants sind wir von den prächtigen Bäumen begeistert. Die rund fünfzig Kilometer lange Scenic Route verläuft parallel zum Highway 101. Auf der Weiterfahrt erreichen wir das Städtchen Eureka. Die Altstadt besteht aus 154, überwiegend aus viktorianischer Zeit stammenden Gebäuden und gilt als das kulturelle Herz der Stadt mit einer lebhaften Kunstszene. Zahlreiche Pubs, Cafes, Restaurants, Museen und Galerien, Kunst- und Antiquitätengeschäfte sind hier zu finden. Dieser Bezirk drohte in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu verfallen und wurde durch umsichtige Entscheidungen der Stadtväter gerettet, indem man Häuser renovierte und restaurierte. Ausserordentlich verspielt ist das Schloss Carson Mansion. Erbaut wurde es von einem Holzunternehmer. Leider ist das ehemalige Hotel nur von aussen zu besichtigen. Unsere vorläufig letzte Station in Kalifornien ist der Redwood National Park. Im Schutzgebiet befindet sich
einer der grössten Küstenmammutbaum-Wälder Kaliforniens. Mit 112 m Höhe gilt ein vor Jahren im Park entdeckter Redwood-Gigant als höchster Baum der Erde. Da sein Alter auf etwa 400 Jahre geschätzt wird, befindet er sich noch im Wachstum. Die ältesten Parkbäume dürften 2000 Jahre alt sein; sie weisen einen Stammdurchmesser von über 6 m auf. Die durch den Pazifik bedingte hohe Luftfeuchtigkeit, die vielen Niederschläge und die milden Winter, aber auch die ideale Bodenbeschaffenheit sind für das ausserordentliche Grössenwachstum verantwortlich. Zwar erreichen diese Bäume nicht die gewaltigen Stamm-Umfänge der Sequoias, sind aber nicht minder beeindruckend. Morgen werden wir den Bundesstaat wechseln und nach Oregon fahren. Eigentlich wollten wir auf unserer Reise Richtung Norden um diese Zeit bereits in Kanada sein. Wir sind also mächtig in Verzug. Aber die von uns besuchten Orte haben uns so gut gefallen, dass wir da und dort ein paar Tage länger verweilten. Kalifornien hat uns mit seinen abwechslungsreichen Gegenden und den prächtigen Nationalparks positiv überrascht. Obwohl Kalifornien der bevölkerungsreichste Bundesstaat, ist gibt es riesige Naturrefugien, wo es genug Platz für Mensch, Flora und Fauna gibt. Ein Gleichgewicht, das sich langfristig positiv auswirkt. Wir müssen der Natur genügend Raum lassen und uns immer vor Augen halten, dass die Natur ohne uns Menschen bestens zurecht kommt, wir aber nicht ohne sie.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Oregon (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.