Schweden

Teil 2


Reisebericht
Bildergalerie


12.08.2017 - 12.09.2017  Von Aareavaara über Kengis, Juoksengi, Övertorneå,
Tornedalen, Kukkolaforsen, Haparanda-Torino, Kalix, Gammelstad, Luleå, Skellefteå,
Storholmen, Umeå, Saxnäs, Fotomakke, Gäddede, Häggnäset, Glösa, Åre, Mora, Falun,
Örebro, Västerås, Uppsala, Sigtuna, Stockholm, Norrköping, Katthult, Eksjö, Bullerbyn,
Öland, Kalmar, Karlskrona, Ronneby, Karlshamn, Åhus, Kivik, Simrishamn, Kåsseberga,
Ystad, Fasterbo
nach Malmö


Nach einer sieben wöchigen Traumreise durch Norwegen, dem Land der romantischen Fjorde, überqueren wir die Grenze Richtung Nordschweden und fahren am mächtigen Fluss Muoniojori entlang nach Aarevaara. Eine schwüle Wärme begleitet uns schon den ganzen Tag und am Horizont ziehen dicke Wolken auf. In der Abgeschiedenheit der urwüchsigen Natur parken wir
„Gecko“ oberhalb des Flusses an einem lauschigen Plätzchen für die Nacht. Wir beobachten finnische Fischer in ihren kleinen Holzbooten, die sanft in der Strömung treibend ihre Angeln auswerfen. Es herrscht absolute Stille, rein gar nichts ist zu hören. Die gespenstische Ruhe wird schlagartig durch Donnergrollen gebrochen. Windböen peitschen über den Fluss und eine Gewitterfront mit heftigem Regen zieht über uns hinweg. Nach kurzer Zeit ist der Spuk zu Ende und ein fantastischer Regenbogen beugt sich aus dem dunklen Himmel bis hinunter zu den Wäldern. Ein schönes Begrüssungsintermezzo. Endlose Wälder, beeindruckende Bergketten, unberührte Seen mit kristallklarem Wasser, ein Urvolk welches nach wie vor von der Rentierzucht lebt und menschenleere Landschaften in denen Bären, Vielfrasse und Polarfüchse Zuhause sind – nicht zu Unrecht wird der Norden Schwedens auch als letzte wahre Wildnis Europas bezeichnet. Hier kann es im Winter -40° C und im Sommer +30° C werden. Den grössten Teil Nordschwedens macht Lappland aus. Die Heimat der samischen Ureinwohner erstreckt sich auch auf Gebiete in Norwegen, Finnland und Russland. In den nächsten Wochen erkunden wir Schweden südwärts der Ostsee entlang. Immer noch ist beim Autofahren höchste Vorsicht geboten. Täglich werden wir von Rentieren überrascht, die auf und über die Strasse rennen. Vorbei an eindrücklichen
Stromschnellen des Torneälven erreichen wir Juoksengi und überschreiten den Polarkreis, diesmal in südlicher Richtung. Wir fahren an vielen bezaubernden Orten mit charmanten Holzhäusern und Sakralbauten vorbei, die ebenfalls meistens aus Holz gefertigt sind. Immer wieder unternehmen wir Wanderungen in die Natur, die uns mit ihrer Ursprünglichkeit gefangen nimmt. Ein besonderes Schauspiel erleben wir in Kukkolaforsen, der sowohl touristisch als auch historisch eine grosse Bedeutung geniesst. Die Leute sind jedoch nicht vom Fluss fasziniert, vielmehr sind es die Stromschnellen, die schon vor Jahrhunderten durch den Menschen genutzt werden. Die reissenden Fluten sind reich an Forellen. Fisch war in der Vergangenheit eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Die Angler positionieren sich auf alten Stegen, die weit in den Fluss hineinreichen. Mit Keschern und meterlangen Stöcken werden die Fische aus dem Wasser geholt. Direkt vor Ort landen die Fänge auf dem Grill und werden nach traditioneller Manier zu kleinen Köstlichkeiten zubereitet. Wir sind beeindruckt mit welcher Geschicklichkeit die Fischer mit den reissenden Fluten zurechtkommen. Nach dem heftigen Aufbegehren an den Kukkolaforsen fliesst der Torneälv nun breit und ruhig seinem Ende bei der schwedisch-finnischen Doppelstadt Haparanda-Torino entgegen. Dieser Ort kann uns nicht recht begeistern. Trotz Stadtplan irren wir
einigermassen orientierungslos durch seltsam kahle Strassen. Einziger Lichtblick ist das prächtige Stadshotel, wo sich einst politische Grössen des Landes zu Geheimgesprächen einfanden. Wirklich sehenswert ist hingegen Gammelstad. Dort befinden sich die grösste spätmittelalterliche Steinkirche Nordschwedens sowie das grösste Kirchendorf des Landes mit über 400 kleinen Kirchenhütten und Warenlagern. Die kleinen Häuschen wurden von örtlichen Bauern damals gebaut als die Teilnahme am Gottesdienst verpflichtend war und die grossen Entfernungen in Nordschweden eintägige Besuche unmöglich machten. Während der Kirchenwochenenden waren die Gassen voller Menschen, an den Werktagen aber völlig verwaist. Gammelstad wurde 1986 zum Weltkulturerbe ernannt. Nur einen Steinwurf vom Kirchendorf entfernt besuchen wir das Freilichtmuseum Hägnan. Es repräsentiert das Leben in einem Küstenort dieser Gegend zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert. Es ist für uns kaum vorstellbar, dass vor 500 Jahren weite Flächen der heutigen Küstenlandschaften Nord-Schwedens fünf Meter unter Wasser lagen. Hier hat Erdgeschichte stattgefunden und sie geht weiter. Vom Druck des Eispanzers der letzten Eiszeit befreit, ist das Land-Niveau stetig gestiegen und diese Landhebung setzt sich mit 85 cm in hundert Jahren stetig fort – ergo gewinnt Schweden weiterhin Landmasse.
Entgegen unserer ersten Planung reisen wir wieder etwas landeinwärts und gelangen nach Fällfors. Über komfortable Bretter- und Treppenwege marschieren wir zum brodelnden Laxfallen. Damit die Fische dieses natürliche Hindernis überwinden können hat man ihnen eine aufwendige Lachstreppe gebaut. Wir setzen uns ins unterirdische Auditorium und blicken auf das sprudelnde Breitwand-Aquarium wo vereinzelte Lachse an uns vorbei flussaufwärts schwimmen. Auf der Weiterreise zum Botnischem Meerbusen fahren wir an typisch nordschwedischen Landschaften vorbei. Wir sehen kleine Inseln in seichten Seen und Flussläufen und passieren ausgedehnte Sumpfgebiete, den Brutstätten der „heissgeliebten“ Stechmücken. Schon bald erreichen wir Skellefteå, eine der jüngsten Städte an der Küste Nordschwedens. Wir gehen auf die Suche nach einem im Reiseführer beschriebenen Kakteengarten. Doch zu Füssen des Rathauses, wo dieses 11'000-teilige Kunstwerk stehen sollte, ist nur noch ein kümmerlicher Rest der wohl einst tollen Ausstellung zu sehen – das war der erste Flop des Tages, doch der zweite folgt sogleich. Voller Vorfreude fahren wir nach Örträsk. Auf dem Programm steht eine Fahrt mit der längsten Seilbahn der Welt. Wir freuen uns auf diese zweistündige Exkursion welche uns auf einer Strecke
von 13 km an Baumwipfeln, über Flüsse und Seen vorbei schweben lässt. Leider ist aber der Betreiber der Bahn pleite und so fällt auch dieser Ausflug ins Wasser – das war der zweite Flop des Tages, doch der dritte folgt sogleich. Etwas geknickt aber trotzdem frohen Mutes fahren wir nach Kristineberg. Hauptattraktion des Ortes ist die „Underjordskykra“, eine Unter-Tage-Kirche in einem Grubenbergwerk in 107 Meter Tiefe . Eilig begeben wir uns zum Eingang, um Eintrittskarten zu kaufen. Auf dem ganzen Besucherparkplatz steht nur ein Auto, unser „Gecko“. Beim Kassenhäuschen angelangt ist uns auch klar warum. Führungen in die Untergrundkirche finden nur bis zum 14. August statt. Heute ist aber der 17. August, was uns den dritten Flop des Tages beschert. Manchmal gibt es Momente an denen einfach nichts gelingen will. Auf der anderen Seite haben wir aber schon viele Tage voller Highlights erleben dürfen. Also kein Grund zum Grollen – diese Reinfälle haben ja auch eine humoristische Seite. In solchen Negativ-Momenten verwöhnt uns mein Schatz mit einem speziell leckeren Nachtessen, denn mit einem wohl gewölbten Bauch sieht die Welt schon wieder bedeutend besser aus. Am nächsten Morgen führt uns der Weg ins Naturreservat Mårdselforsen. Der nicht regulierte Vindelälven bietet imposante Landschaftsbilder rund um die Stromschnellen des Flusses. Über Hängebrücken,
Stege, Holztreppen und Pfade werden diese Naturschauspiele zugänglich gemacht. Auf einer zweistündigen Wanderung erkunden wir das Reservat. Kleine Inseln im Fluss weisen eine reichhaltige Flora auf mit Arten, die normalerweise nur in Gebirgsregionen wachsen. Ihre Samen wurden aus den Bergen vom Fluss auf einer langen Reise bis hierher getragen. Der Wechsel von den menschenleeren Naturschutzgebieten in belebte Städte ist wie ein Kulturschock. Doch so gross ist dieser Schock eigentlich gar nicht. Selbst in einer grossen Stadt wie z.B. Umeå, die wir jetzt besuchen, hält sich das Gewusel in Grenzen. Die Stadt von Welt bietet nicht nur erstklassige Kultur sondern auch einige der besten Restaurants Nordschwedens sind hier zu finden. Es werden lokale Köstlichkeiten serviert. 30'000 Studenten, ein Viertel der Einwohner, geben dieser dynamischen Stadt ein junges Gesicht. Abermals ändern wir unsere Reiseroute und fahren auf dem Konstvägen ins Landesinnere. Gegenwärtig gibt es zwölf „fragwürdige“ Kunstwerke entlang der 350 km langen Strasse – jede Installation kann und muss man jedoch nicht verstehen. Nach einer Fahrt durch dicht bewaldetes Gebiet, das von zahlreichen Seen und ausgedehnten Feuchtgebieten durchzogen ist, erreichen wir Vilhelmina. Nach dem Besuch der prächtig ausgestatteten Holzkirche, unter besonderer Würdigung des Holzreliefs am Altar und der verwendeten Rentierhäuten, begeben wir uns im nahegelegenen Wald auf
Wanderschaft. Die unterhaltsame Tour auf Wurzelwegen bringt uns die Sami-Kultur wie auch die schwedische Märchenwelt nahe. Leider sind Wege und Installationen in einem desolaten Zustand. Weitab grosser Touristenströme ist es sicherlich schwierig Geld für den Unterhalt solcher Anlagen zu erwirtschaften. Unser Drang Richtung Westen führt uns nahe an die Norwegischen Grenze. Wenige Kilometer vor Saxnäs liegt einer der eindrucksvollsten Wasserfälle Schwedens, der Trappstegsforsen. Beim Ausfluss aus einem See bildet der Kultsjöå etliche Stromschnellen und stürzt in regelmässigen Treppenabsätzen talwärts. Der ungewöhnliche Wasserfall besticht weniger durch seine Superlativen von Höhe und Breite als durch seine natürliche Harmonie. Bei nebligem und nasskaltem Wetter fahren wir westwärts Richtung schneebedeckter Berge. Von hier oben fliessen gewaltige Wassermengen über verschiedene Flüsse zum Bottnischen Meerbusen. Touristen sehen wir in dieser Region fast keine. Auch bei unserem Abstecher über eine Naturpiste nach Fatomakke sind wir ziemlich alleine. Seit Urzeiten ist die am Fusse des Marsgebirges gelegene Kirchstadt ein Begegnungsort. Schon in der Stein- und
Eisenzeit siedelten hier Fallenjäger. Um die Kirche herum entstand eine Siedlung aus Katen und gezimmerten Häusern – ein Ort, an dem Samen und Siedler regen Kulturaustausch pflegten. Samen sind genetisch eine Mischung zwischen Asiaten und Europäern. Bis heute finden in Fatmomakke zwei Kirchfeste pro Jahr statt. Früher war die Siedlung nur per Boot zu erreichen, heute marschieren wir bequem über einen Holzsteg auf die Insel. In der Siedlung stehen Samen Behausungen verschiedener Zeitepochen. Die Gebäude heutiger Samen unterscheiden sich kaum noch von aktuellen Schweden-Häusern. Wir sind an einem Sonntag in dieser historischen Siedlung und vernehmen plötzlich Glockengeläut. Aus „Gwunder“ begeben wir uns kurze Zeit später ins Gotteshaus. Beim Betreten des Vorraums der Kirche vernehmen wir Stimmen. Offensichtlich wird die Messe gelesen. Wir wollen nicht stören und steigen über eine Treppe hinauf zur Empore. Tatsächlich ist ein Geistlicher in seinem Kirchengewand am Predigen. Wir verstehen natürlich kein Wort schwedisch, doch an der Tonlage der Stimme ist zu erkennen, dass sich der Pfarrer mächtig ins Zeug legt. Wir beugen uns etwas über das Geländer der Empore um die Kirchenbesucher zu beobachten. Was wir dann sehen verschlägt uns fast die Stimme. Es sind lediglich zwei alte Frauen in der Kirche anwesend, die der Predigt des Pfarrers wie gebannt nickend und seufzend folgen. Alle Achtung, kann ich da nur sagen. Ein Geistlicher, der sich für seine „Seelen“ so einsetzt, verdient unseren vollen Respekt. Nach dem Besuch dieser
eindrücklichen Siedlung fahren wir weiter Richtung Häggnäeset. Das kleine „Kaff“ ist kaum auf einer Karte verzeichnet und nach 20 km Holperpiste fragen wir uns schon ernsthaft, ob es ein weiser Entscheid war, nur wegen eines Wasserfalls soweit in die Pampa zu fahren. Zudem ist das Wetter alles andere als berauschend und der anschliessende Fussmarsch auf einem matschigen Pfad durch den Wald auch kein Vergnügen. Nach wenigen hundert Metern des unmotivierten Wanderns hören wir ein
dumpfes Grollen aus der Ferne und schon bald darauf stehen wir vor dem gewaltigen Hällingsfållet. Wir haben auf unserer Reise in den Norden schon viele Wasserfälle gesehen. Dieser ist jedoch einer der spektakulärsten. Die Wassermassen des Hällingsåfallet stürzen sich 43 Meter in die Tiefe und drängen sich anschliessend in einen engen Canyon. Mit 800 Meter Länge ist es Europas längste mit Wasser gefüllte Schlucht. Zu allem Überfluss blinzelt jetzt sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor und beschert uns zusammen mit der aufsteigenden Gischt des Wassers einen prächtigen Regenbogen – der Weg in die Pampa hat sich ja so was von gelohnt. Mit aufgeheiterter Mine fahren wir die 20 km Gravel Road wieder zurück und finden am Ströms Vattudal, einem rund 70 km langen See einen perfekten Übernachtungsplatz mit Tisch und Bank direkt am Wasser. Solche Plätze, wo oft nur ein Wohnmobil stehen kann, gibt es in Schweden viele. Sie werden Besuchern zur Verfügung gestellt, die in idyllischer Lage picknicken wollen oder für Camper, die einen schönen Übernachtungsplatz suchen. Hübscher Nebeneffekt,
diese Plätze kosten in der Regel nichts. Unser nächstes Ziel ist Glösa, das auf keiner unserer Karten eingezeichnet ist. Leider mimt das „Navi“ ebenfalls den Ahnungslosen und so fahren wir der Nase nach über diverse Nebenstrassen, die uns schlussendlich tatsächlich nach Glösa Älgriket führen. Zu unserer grossen Überraschung sind wir an diesem verlassenen Ort nicht alleine. Es steht ein kleiner Camper auf dem geschotterten Parkplatz. Als wir auf die Nummernschildern schauen ist das Erstaunen
noch grösser. Es sind Landsleute, vermutlich mit dem selben Reiseführer unterwegs wie wir. Wenn man schon mal Schweizer trifft tauscht man sich natürlich sofort aus. Das Skandinavien erprobte Pärchen aus Basel ist schon des Öfteren in Schweden gewesen und gibt uns einige wertvolle Tipps für die Weiterreise. Doch zunächst gehen wir gemeinsam auf die Suche nach den prähistorischen Felsritzungen. Nach einer kurzen Wanderung gelangen wir zu einem Fluss wo wir die rot ausgemalten Elche und sonstige figürliche Darstellungen entdecken. Die Deutung der Bilder, welche jedoch nur auf Vermutungen basiert, können wir auf Schautafeln nachlesen. Vor allem die vom Wasser überspülten Felsritzungen sind interessant und haben wir vorher so noch nie gesehen. Nach ein paar Tagen in nur wenig bewohnten Gebieten Nordschwedens fahren wir in einen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Wintersportort. Åre bietet eine einzigartige Kombination aus Ski- und
Unterhaltungsmöglichkeiten. Hier herrscht eine internationale Atmosphäre mit vielen ausländischen Besuchern – zumindest in der Wintersaison. Jetzt, Ende Sommer, ist alles wie ausgestorben. Geschäfte und Restaurants haben zwar geöffnet, Kundschaft indes ist Mangelware. Trotzdem schlendern wir gemütlich durch den überschaubaren Ort und können uns durchaus vorstellen, dass hier im Winter einiges los ist. Im Moment sind es nicht Skifahrer, die über die Pisten schwingen, es sind viel mehr Mountainbiker, die im Downhill-Stil zu Tal rasen. Åre war schon zweimal Austragungsort alpiner Skiweltmeisterschaften. Auch 2019 werden sich hier wieder die besten Skifahrer der Welt im Kampf um die begehrten Medaillen messen. Nur ein Steinwurf (100 km) von Åre entfernt ist Östersund. im Hauptort von Jämtland fühlt man sich einfach wohl. Eine abwechslungsreiche Landschaft mit Bergen und viel Wasser, ein interessantes
Stadtbild, spannende Sehenswürdigkeiten zeichnen das Städtchen aus. Hier könnte man locker ein paar gemütliche Tage verbringen. Doch weil wir schon an manchen Orten zulange „rumgetrödelt“ haben, drängt die Zeit Richtung Süden zu reisen. Noch zieht es uns nicht wieder an die Küste und so fahren wir über den Riksväg 70, einer sehr einsamen Strasse, die über 150 km durch Wald- und Sumpflandschaften nach Mora führt. Die Stadt liegt direkt am 120 km² grossen Siljansee, der durch den Einschlag eines Meteoriten
in der frühen Erdgeschichte entstanden ist. Beim schlendern durch die reizende Fussgängerzone sehen wir überall kleine bunte Pferdchen. Zunächst können wir uns keinen Reim darauf machen. Im Reiseführer finden wir des Rätsels Lösung. Das Dalapferd ist eine aus Holz gefertigte Figur. Die Tradition der Dalapferde lässt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen und geht auf geschnitztes Holzspielzeug zurück, das die Einwohner der Gegend in den langen Winternächten anfertigten, als kalte Witterung und Dunkelheit kaum andere Arbeiten zuliessen. Dalapferde gelten als typisches Symbol für ganz Schweden. Mora gehört wie Falun, den nächsten Ort den wir uns ansehen, zu den wichtigen Wintersportorten von Schweden. Schon aus der Ferne sehen wir die beiden Skiweltcup-Schanzen hoch über der Stadt. Falun hat eine lange Bergbautradition. Bis anfangs der 90er Jahre wurden hier beträchtliche Mengen Kupfer abgebaut. Heute ist das sehenswerte Bergwerk ein Museum und seit 2001 Teil des UNESCO Weltkulturerbes. Über Örebro, ein weiterer Ort auf unserer Reise Richtung Mittelschweden hatten wir ein klares, vorgefasstes Bild: Örebro ist durchschnittlich, nicht am Meer,
nicht am See und völlig unbedeutend. Nach einem Spaziergang durch die Altstadt mit den schönen Gebäuden aus dem 18. und 19. Jahrhundert haben wir unsere Meinung gründlich revidiert. Zudem ist die Stadt strategisch sehr gut gelegen, denn Stockholm ist lediglich 200 und Göteborg 300 Kilometer entfern. Daher bezeichnet man Örebro auch als das „Das Herz Schwedens“. Hauptattraktion ist das burgähnliche Schloss im Fluss Svartån. Hinter den meterdicken Mauern des Örebroer Schlosses wurden viele Kapitel der schwedischen Geschichte geschrieben. Ein weiteres „must see“ ist Svampen (der Pilz), ein 58 Meter hoher Wasserturm, der neun Millionen Liter Wasser fasst. Von oben hat man eine grandiose Aussicht über Örebro und bekommt sogar Kaffee serviert. In die Reihe der hübschen schwedischen Orte kann sich auch Västerås einreihen. Die an einer Bucht des Mälaren gelegene Stadt besitzt heute den grössten Binnenhafen des Landes. Der riesige mittelalterliche Backsteindom ist das unumstrittene
Wahrzeichen. Wirklich sehenswert finden wir den kleinen Altstadtkern „Kyrbacken“ mit seinen niedrigen „schnuckligen“ Häusern aus dem 18. Jahrhundert. Rund um den drittgrössten See von Schweden gibt es noch weitere Orte resp. Städte, die wir uns unbedingt ansehen wollen. Uppsala, die alte Universitätsstadt mit seinen rund 40'000 Studenten ist lebhaftes geistiges Zentrum Schwedens. Aus unzähligen Kneipen und Restaurants ertönt lautstarke Musik, dazwischen ausgelassenes Gelächter bis hin zu undefiniertem Grölen. Die jungen Leute feiern ihren Studiumsabschluss und das klingt bei fortschreitendem Alkoholgenuss selbst für Schweden etwas fremdländisch. Die quirlige Innenstadt zeigt neben schön restaurierten Altbauten auch eine moderne, gradlinige Architektur. Äusserlich wenig repräsentativ wirkt das „Uppsala Slott“. Im Innern beherbergt es heute das Kunst- und Friedensmuseum. Richtig pompös hingegen ist die alles überragende Domkirche. Wir wollen natürlich das Prunkstück auch von innen betrachten, werden aber an der Pforte jäh gestoppt. Ein freundlicher Herr im Nadelstreifanzug erklärt uns, dass die Kirche heute wegen Hochzeiten, die im Stundentakt stattfinden, den ganzen Tag für „Touris“ nicht zugänglich ist. Macht nichts, wir haben auf unserer Skandinavienreise schon gefühlt mehrere hundert Sakralbauten gesehen. Bevor wir nach Stockholm fahren besuchen wir
noch die kleinen Orte Sigtuna und Skokloster, die trotz der Nähe zur Grossstadt völlig ländlich sind. Bei herrlichem Spätsommerwetter schlendern wir durch die engen mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Gassen von Sigtuna, der ältesten noch bewohnten Stadt Schwedens. Der hübsche Ort wirkt fast wie ein Freilichtmuseum. Im Herzen des Städtchens entdecken wir ein kleines orangefarbenes Gebäude mit Türmchen und einer Uhr. Es ist das kleinste Rathaus von Schweden und stammt aus dem Jahr 1744. Es passt perfekt zu den andern puppenstubenartigen Häuschen. Etwas ausserhalb des Zentrums steht die älteste intakte Kirche des Landes. Sie stammt aus dem Jahr 1230 und zeugt von der einstigen Bedeutung dieses Ortes. Auch diese Kirche möchten wir uns natürlich von innen ansehen. Aber auch hier bleibt uns der Eintritt verwehrt. Diesmal ist es nicht eine Hochzeit, sondern eine Beerdigung die uns Aussenstehenden den Zutritt untersagt – Freud und Leid liegen im Leben halt eng beisammen. Wie jeden Abend suchen wir uns einen geeigneten Übernachtungsplatz. In den dicht besiedelten Orten
ist „wildes Campieren“ fast nicht mehr möglich. Es gibt jedoch genügend offizielle und schön gelegene Campingplätze. Wie meistens, finden wir auch heute einen hübschen Stellplatz, diesmal direkt am Eklon See und erleben einen prächtigen Sonnenuntergang. Bevor wir am nächsten Morgen in die Hauptstadt Schwedens fahren, sehen wir uns zuvor noch das Barockschloss von Skokloster an. In grösseren Städten, dazu gehört Stockholm mit seinen rund 1,5 Mio. Einwohnern, suchen wir etwas ausserhalb einen geeigneten Stellplatz, bleiben dort ein paar Tage und fahren jeweils mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die City. Meistens kaufen wir uns einen sogenannten City Pass, ein Ticket, welches die Benützung sämtlicher innerstädtischen Verkehrsmittel einschliesst. So können wir bequem von Bus auf Bahn oder Schiff umsteigen ohne jedes mal ein Billett zu lösen. Die charmante Kunst- und Kulturmetropole Stockholm mit ihrer einzigartig schönen Altstadt, den trendigen Einkaufsstrassen, den spannenden Musen und l
auschigen Parks werden wir in den nächsten Tagen gründlich erkunden. „Venedig des Nordens“, oder „Schwimmende Stadt“, wie Stockholm auch genannt wird, soll für jeden etwas zu bieten haben – dem wollen wir auf den Grund gehen. Unser erstes Ziel ist „Gamla Stan“, die Altstadt. Sie steht auf einer der 14 Inseln, auf denen Stockholm erbaut wurde. Ein Spaziergang durch die engen Gassen von Gamla Stan ist schon allein eine Reise wert. Die Strassenzüge sind noch aus dem Mittelalter erhalten und der Autoverkehr ist hier gänzlich untersagt. Auch viele der alten Häuser stehen noch auf Kellern, deren Geschichte bis ins Mittelalter zurück gehen. Die Altstadt ist ein Touristenmagnet. Entsprechend viele Souvenir-Läden findet man in den engen Gassen. Abseits von Schwedens Mitbringsel Geschäften entdecken wir auch echtes schwedisches Handwerk. Zu den besonders sehenswerten Bauwerken in der Altstadt gehört der monumentale Königspalast „Kungliga slott“. Hier findet täglich ab 12 Uhr die Wachablösung der königlichen Garde statt. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen und
stehen an vorderster Front als die musizierende Garde von berittener Polizei eskortiert an uns vorbeizieht. Ein bewegender Augenblick, auch wenn man kein Freund der Monarchie ist. Ein weiteres Highlight von Gamla Stan ist die deutsche Kirche „Tyska Kyrkan“ ein spätgotisches Bauwerk, welches das Bild der Altstadt prägt. Ganz in der Nähe steht das Hauptgebäude der Königlich Schwedischen Akademie, die den Nobelpreis vergibt. Westlich der Altstadt liegt die Insel Riddarholmen, die von Gamla
Stan über mehrere Brücken erreichbar ist. Auffallend ist dort die Riddarholmskyrkan. Die königliche Begräbniskirche gehört zu den markantesten Gebäuden im Stockholmer Stadtbild. Ein Kuriosum und eine spezielle Attraktion ist die Mårten Trotzigs Gränd. Die nur 90 Zentimeter schmale Gasse ist gesäumt von rau verputzten Häusern mit hölzernen Fensterläden. Ehrensache, dass wir uns auch durch dieses Nadelöhr zwängen. Am Abend gönnen wir uns
ein leckeres Essen in einem der angesagten Restaurants in der Altstadt. Am zweiten Tag unserer Stadtbesichtigung fahren wir mit der Personenfähre, vorbei an Kreuzfahrtschiffen, auf die Tiergarten-Insel Djurgarden. Eine riesige Parkanlage beherbergt zahlreiche und sehenswerte Bauwerke sowie bedeutende Musen. Uns interessiert ein ganz spezielles Museum. Es beherbergt eine interaktive Ausstellung über die Popgruppe ABBA. Als Teil der Swedish Music Hall of Fame befindet sich das
Museum im Untergeschoss des Gebäudes. Noch heute hören wir die Musik der vier schwedischen Superstars gerne, vermutlich weil sie uns an die  Jugendzeit erinnert. Die erste Überraschung gibt es bereits an der Kasse. Der Eintritt kann nur per Kreditkarte und nicht mit Bargeld berappt werden. Das ist typisch für Schweden. Es wird wohl das erste Land werden, das Bargeld abschafft, denn auch viele Parkautomaten akzeptieren kein „Cash“ mehr und können nur mit Karte bedient werden. Wir zücken also die VISA-Karte und schon wandeln wir auf den Spuren von ABBA. Das Museum beherbergt u. a. die Installationen und Ausstellungsstücke von ABBA World. Auf einer Showbühne mit Hologrammen der Gruppe können Fans als Bandmitglied Karaoke singen. Auch sehen wir zahlreiche Bühnenklamotten, die von ABB zur Verfügung gestellt wurden. Darunter sind beispielsweise die berühmten „Waterloo-Kostüme“ und jene Outfits von der ABBA-Welttournee 1977. Im Museum wurden mehrere Kulissen originalgetreu aufgebaut, u. a. das Büro von Polar Music, das Aufnahmestudio und das Ferienhaus auf Viggsö, in dem Andersson und Ulvaeus viele der berühmtesten ABBA-Songs komponierten. Eine besondere Attraktion ist das „Ring-Ring-Telefon“. Die vier ehemaligen Mitglieder von ABBA rufen in unregelmässigen Abständen dort an, um mit zufällig anwesenden Besuchern zu sprechen. Bei uns blieb das Telefon leider stumm, wir werden aber trotzdem treue ABBA Fans bleiben. Natürlich gäbe es noch viel von Stockholm zu berichten aber das würde den Rahmen eines Reiseberichts sprengen. Resümierend
können wir aber sagen, dass wir von Schwedens Hauptstadt restlos begeistert sind und wir sie fast so bezaubernd finden wie Luzern. Schweren Herzens reissen wir uns von Stockholm los und fahren über Norrköpping wieder in ländlichere Gefilde zum Norra Kvill Nationalpark. Er besteht aus småländischem Urwald. Dieser wurde seit 150 Jahren nicht gerodet und einige der Kiefern sind 350 Jahre alt. Umgestürzte Bäume, riesige moosbewachsene Steinblöcke und zauberhafte Waldseen gibt es hier zu entdecken. Etwas südlich vom Park fahren wir zu einem sagenumwobenen Baum. Dieser gigantische Baum gilt als älteste und stärkste Eiche in ganz Schweden. Sie hat einen Umfang von 14 Metern und ist mindestens tausend Jahre alt. Den ältesten lebenden Organismus des Landes zu besuchen ist ein Erlebnis. Natürlich haben wir auf dem amerikanischen Kontinent schon andere Kaliber von Bäumen gesehen, trotzdem sind wir von der knorrigen Eiche beeindruckt die mitten in einem Märchenwald steht. Apropos Märchen, unsere Reise führt uns tief ins Småland, wo die berühmte Kinder- und Jugendbuchautorin Astrid Lindgren
gelebt hat und die Handlung vieler ihrer Romane spielt. Per Zufall nehme ich während der Fahrt ein Verkehrsschild mit der Aufschrift Katthult wahr. An irgend etwas erinnert mich dieser Name – da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Dort wohnte doch Michel, der Lausebengel von Lönneberga. Als wir klein waren, zugegeben auch heute noch, haben wir die Streiche von Michel immer gerne gesehen. Also rechts umkehrt, wir fahren nach Katthult zum Ort des Geschehens. Nach wenigen Kilometern erreichen wir den Bauernhof wo sich alles zugetragen hat. Am Original-Drehort ist heute alles noch genauso wie im Film, als wäre die Zeit einfach stehen geblieben: Das rot gestrichene Wohnhaus mit seinen weissen Fensterrahmen. Der Fluchtweg zum Schuppen, wenn Michel wieder mal was ausgefressen hatte. Die Speisekammer, in der er sich mit Würstchen den Bauch vollstopfte. Das kleine Plumpsklo, auf dem er seinen geplagten Vater einsperrte. Und natürlich die Hütte seines besten Freundes, Knecht Alfred. Sogar das Ferkelchen
hört man grunzen, denn der Hof ist bewirtschaftet. Der Zufall hat uns hierhergeführt und wir freuen uns darüber wie Kinder. Gut gelaunt fahren wir weiter nach Eksjö, der sogenannten Holzstadt im Norden von Småland. Rund sechzig Gebäude in der Altstadt „Gamla Stan“ sind geschützt. Die Geschichte mancher dieser Häuser reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück. Der Grundriss des Viertels mit engen Gassen, Märkten und Höfen stammt noch aus dem Mittelalter. Der Stadtkern gilt als einer der am
besten bewahrten Kulturschätze Schwedens. Beim Spaziergang durch die Mini-Einkaufsstrasse sind wir von der perfekten Renovation der Gebäude begeistert. Nur wenige Kilometer von Eksjö entfernt ist ein ungewöhnliches Naturphänomen zu bewundern. Wir schnüren die Wanderschuhe und steigen in eine etwa 800 Meter lange Schlucht hinunter, die wahrscheinlich ein Schmelzwasserfluss während der letzten Eiszeit in den Grund gefräst hat. Steine, Felsblöcke, umgestürzte Bäume und andere Hindernisse müssen überwunden werden bis wir von den bis zu 40 Meter hohen Wänden aus Porphyr stehen. Das Vulkangestein gibts in unterschiedlichsten Farbausprägungen. Auf dem Rückmarsch werden wir plötzlich von einem älteren Herrn angesprochen. Ihm ist mein Breitling-Käppi aufgefallen und er hat sofort kombiniert, dass wir Schweizer sein müssen. Er, ebenfalls Schweizer, sei vor vielen Jahren ausgewandert und er habe diesen Schritt nie bereut. Die Lebensqualität in Schweden sei viel besser als in der Schweiz. Man habe viel mehr Platz und die Rente sei deutlich höher als bei den Eidgenossen. Ohne grosse Einwände lauschen wir seinem Vortrag und verabschieden uns höflich, bevor er uns noch seine ganze Lebensgeschichte erzählt. Schön, wenn es den Leuten gut geht. Nun führt die Reiseroute Richtung Osten ans Meer. Wieder per Zufall nehmen wir ein Strassenschild mit der Aufschrift Bullerbyn war. Sofort assoziieren wir den Namen mit einer weiteren Kindergeschichte, die wir damals wie gebannt jeden Sonntag am Fernsehen verfolgt haben. Die Serie hiess „Die
Kinder aus Bullerbü“. Wir folgen einige Kilometer dem Wegweiser und gelangen tatsächlich nach Bullerbyn, das aber in der Verfilmung Bullerbü heisst. Wir stehen an jenem romantischen Dorfplatz, wo in den 1960er Jahren die beliebten Kinderfilme mit Inga, Lisa, Lasse, Bosse und anderen Kindern gedreht wurden. Auch hier ist die Zeit stehen geblieben und das Filmset, heute bewohnte Häuser, sieht noch fast so aus wie damals. Im Moment hätte man wirklich Lust sich vor die „Glotze“ zu setzen und sich die alten „Schinken“ anzusehen.  Inzwischen ist es klar, warum wir unsere geplanten Reisetermine nie einhalten. Wir lassen uns immer wieder durch irgendwelche Dinge ablenken, fahren da oder dorthin und wundern uns am Abend, dass wir nicht weit genug gekommen sind. Vermutlich ist aber gerade das der Sinn des Reisens. Jetzt gehts aber ohne grossen Zwischenstop zur Insel Öland. Auf einer sechs Kilometer langen Brücke, die von über 150 Pfeilern getragen wird, fahren wir von Kalmar nach Färjestaden auf die Insel. Das 140 km lange und nur max. 16 km breite Eiland ist, nach Gotland, die zweitgrösste Insel Schwedens. Mit ihrer vielfältigen Vegetation, schönen Stränden, den Windmühlen, frühgeschichtlichen Zeugnissen und den geringen Niederschlägen soll sie ein wahres Urlaubsparadies sein. Das Attribut der geringen
Niederschläge können wir allerdings nicht unterschreiben. Das bezieht sich wohl auf die Monate im Frühling und Frühsommer. Momentan ist das Wetter windig und sehr launisch. Petrus öffnet in unregelmässigen Abständen die Schleusen und lässt uns wie begossene Pudel aussehen. Trotz diesen widrigen Voraussetzungen verbringen wir abermals mehr Zeit auf der Insel als gedacht, denn es gibt einiges zu sehen. Wir reisen zunächst in den Süden und fahren durch die 40 km lange, fast baumlose
Kalksteinsteppe Stora Alvaret. An der Westküste besuchen wir ein Gräberfeld. Die Steinsetzungen dort werden in einen Zeitraum von 1000 v. Christus datiert. Die bei Ausgrabungen gefundenen Totenbeigaben, unter anderem Wetzsteine, Kämme und Ringe aus Bronze werden in Stockholm ausgestellt. Das Landschaftsbild wird von ca. 400 Windmühlen aus dem 19. Jahrhundert geprägt. Diese sind natürlich nicht mehr in Betrieb und dienen der reinen Zierde. Die Inselbewohner leben vom
Tourismus und der Landwirtschaft. Selbst jetzt im September blüht es wie im Frühling. Am südlichen Ende von Öland gelangen wir zum höchsten Leuchtturm Schwedens, dem „Långe Jan“. Im Naturreservat Ottenby beobachten wir viele Vogelarten, die in den Schutzgebieten im Süden der Insel ihren Lebensraum gefunden haben.Wir fahren zu Burg- und Kirchenruinen, die Zeugnis von der Geschichte der Insel ablegen. Nach einer abenteuerlichen Fahrt auf einem Forstweg durch den
Wald gelangen wir nach Trollskogen (Zauberwald), ein Naturreservat im Norden der Insel. Eine kurze Wanderung an die Küste führt uns zu einem Wrack, das schon seit gut 90 Jahren auf dem Strand liegt. Der Schoner Swiks ist während eines Sturms zu Weihnachten 1926 am Ufer des Trollskogens gestrandet. Viel ist von dem einst stolzen Schiff nicht übrig geblieben. An der Nordspitze der Insel steht der Bruder vom „Långe Jan“, der „Långe Erik“, dessen Leuchtfeuer auch in 25 km noch zu sehen ist. Auf dem „Kustvägen“, einer Naturstrasse, fahren wir an der Westküste der Insel wieder südwärts. Bei widrigen Wetterbedingungen sind wir ganz alleine unterwegs. Die raue, ungeschliffene Landschaft ist genau nach unserem Geschmack. „Gecko“ wird zum Kamelion und wechselt bei den Schlammstrassen sein blütenweisses Äusseres zu einem dezenten ocker. Schliesslich erreichen wir Borgholm. Unweit des Küstenstädtchens steht das Schloss Solliden, der Sommersitz der schwedischen Königsfamilie. Das Schloss selbst ist zwar
nicht zu besichtigen, aber die Gartenanlage ist in den Sommermonaten geöffnet und für Besucher zugänglich. Dafür wird jedoch Eintritt verlangt – wir sind der Meinung, dass sich so etwas für eine reiche Königsfamilie nicht geziemt und zeigen den Royals die kalte Schulter indem wir unverrichteter Dinge wieder abreisen. Über die Ölandbrücke fahren wir zurück ans Festland nach Kalmar. Das Wahrzeichen dieser  Stadt  ist das Schloss auf einer kleinen Insel, welches durch mehrere Dämme und Brücken mit
dem Festland verbunden ist. Die Geschichte des sagenumwobenen Schlosses ist 800 Jahre alt. Lange Zeit war das Kalmarer Schloss eine bedeutungsvolle Verteidigungsanlage. Heute beherbergt das altehrwürdige Gemäuer eine Dauerausstellung zur dramatischen Geschichte des Schlosses. Auch die Innenstadt von Kalmar ist sehenswert. Mittelpunkt ist der kopfsteingepflasterte Storget mit dem prächtigen Rathaus und die pompöse, im italienischen Barock errichtete Domkirche. Eine schöne Stadt reiht sich an die Nächste. Nur etwa 100 km südlich von Kalmar gelangen wir nach Karlskrona. Die Marinestadt wurde 1679 als Flottenstützpunkt gegründet und steht wegen ihrer ungewöhnlichen Architektur auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Der Zentralplatz wurde nach dem Vorbild der Piazza del Popolo in Rom gebaut und ist ebenfalls von
zwei imposanten Kirchen flankiert. Nach langem Suchen und einigen Irrfahrten finden wir sogar die Admiralskirche im Süden der Stadtinsel. Der mächtige, kreuzförmige Barockbau ist die grösste Holzkirche Schwedens. Im 18. Jahrhundert war die Blütezeit der Kurorte. Zu ihnen gehörte auch Ronneby. In den eisenhaltigen Quellen wurde ausgiebig gebadet und auf Linderung von chronischen Gebrechen gehofft. Überlebt bis in die heutige Zeit hat der „Brunnsparken“ mit seinem herrlichen Kurparkflair. Die prächtigen Häuser zeugen vom einstigem Reichtum der Stadt. Über Karlshamn mit dem bedeutendsten Hafen an der Südküste, gelangen wir nach Åhus. Wegen seiner schönen langen Strände ist der Ort ein beliebtes Ferienziel. Beim gegenwärtigen Schmudelwetter sind wir die einzigen Besucher am Strand. Mit der Hoffnung auf etwas innere Wärme fahren wir ins Städtchen zur Absolut Wodka Destillerie. Bei t
äglichen Führungen dürfen die Edel-Destillate verkostet werden. Leider finden die Besichtigungen nur bis Ende August statt. Knapp verpasst ist auch daneben. Jetzt müssen wir schauen wie wir das innere Feuer wieder zum brennen bringen. Auch die wirklich schöne Sankt-Maria-Kirche im Dorfzentrum kann uns nach den entgangenen Gaumenfreuden nicht zum Frohlocken bringen. Etwas ernüchtert, im wahrsten Sinne des Wortes, fahren wir nach Kivik, in die Obstregion des Landes. Entlang der Strassen werden an Ständen Äpfel und Apfelprodukte feilgeboten. Hauptattraktion ist jedoch ein auf den ersten Blick unscheinbarer Steinhügel. Es handelt sich dabei um ein 3000 Jahre altes Königsgrab aus der Bronzezeit. Im Inneren der Grabkammer stehen seltene und prunkvolle Steinplatten, die sich durch ihre einzigartig geritzten
Glyphen auszeichnen. Das Grab birgt noch viele ungelöste Geheimnisse, zumal kein zweites seiner Art je gefunden wurde. Unweit des schmucken Städtchens Kåseberga fahren wir zu einem weiteren Rätsel aus Stein. „Ales Stenar“, eine aus 58 Granitblöcken bestehende Steinsetzung erstreckt sich hoch über der Küste auf einer Länge von fas 70 Metern. Die gewaltige Anlage, die den Grundriss eines Schiffes markiert, stammt wohl aus der Wikingerzeit, ihre Bedeutung ist aber unklar. Klar ist
allerdings auch, dass man bei einer Wanderung bei Starkregen und Windböen von über 60 km/h bis auf die Haut klitschnass wird. Was tut man nicht alles um der Kultur eines Landes Gerecht zu werden. Doch alles halb so Schlimm, denn jetzt folgt ein Abschnitt unserer Reise, auf den ich mich schon lange gefreut habe. Es geht nach Ystad. Einige Nicht-Krimi-Interessierte werden jetzt ratlos mit den Achseln zucken. Eingefleischte Fans dieses Generes wissen aber haargenau was ich meine. In Ystad wurden die Krimi-Episoden „Wallander“ des leider vor wenigen Jahren verstorbenen Autors Henning Mankell gedreht. Keiner dieser hochspannenden Krimis mit dem begnadeten Schauspieler Krister Henriksson habe ich verpasst. Nun wandeln mein Schatz und ich auf den Spuren von Kurt Wallander, dem egozentrischen aber genialen Kommissar. Wir stehen in Ystad vor dem alten Bahnhofgebäude, welches im Film das Kommissariat darstellte,
schlendern durch die Mariagatan, wo der verschrobene Kriminalist gewohnt hat, besuchen das Continental-Hotel, im dem Wallander gern zum Mittagessen eingekehrt ist und zu guter Letzt gehen wir zu Fridolfs, der Lieblingskonditorei vom Kommissar und kaufen die nach ihm benannten Wallanderbakelser, ein Stück Torte mit polizeiblauem Marzipan oben drauf, die wir erinnerungsschwelgend genüsslich verspeisen. Natürlich hat Ystad noch viel mehr zu bieten als nur das Filmset zu den Wallander-
Krimis. Auf einer ausgiebigen Stadtbesichtigung lernen wir die anderen Reize des Ortes kennen. Die kopfsteingepflasterten Gassen säumen mittelalterliche Backsteinhäuser sowie 300 feinsäuberlich restaurierte Fachwerkhäuser aus dem 16. Jahrhundert. Hier steht auch das Pilgrändhuset aus dem Jahr 1480. Es soll das ältestes Fachwerkhaus Skandinaviens sein. Für unser Nachtlager haben wir einen Stellplatz im Hafengelände gefunden. Im Wissen, dass Wallander ein wachsames Auge auf uns wirft, verbringen wir eine geruhsame Nacht in Ystad. An unserem vorletzten Tag auf schwedischem Hoheitsgebiet fahren wir über Trelleborg an den südlichsten Zipfel des Landes, auf die Halbinsel Falsterbo. Kilometerlange weisse, feinsandige Strände sind im Sommer Urlaubsziel vieler Badegäste. Von Massentourismus, wie an der deutschen Ostseeküste, ist allerdings wenig zu spüren. Grosse Hotelanlagen gibt es keine und Campingplätze sind perfekt in die Landschaft integriert. Direkt auf
dem Strand hinter kleinen grasbewachsenen Dünen steht ein grosszügiges modern gestaltetes Restaurant. Urchige Kneipen und Fischrestaurants befinden sich im kleinen Hafenbezirk. Bei den gegenwärtigen Winden ist Falsterbo ein Mekka für Wind- und Kitesurfer. Wir sehen den Cracks von den Dünen aus zu, wie sie gekonnt mit den Elementen spielen. Weil wir im Hafenbereich übernachten, werden wir auch ungewollt zum Spielball der Elemente. Heftige Böen lassen unseren kleinen „Gecko“ erzittern. Doch wir sind uns das Geschaukel von der Südamerikareise her gewohnt und schlafen deshalb tief und fest. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück machen wir unseren Camper startklar und fahren nach Malmö. Um uns das Geldwechseln in der Schweiz zu ersparen gehen wir mit den letzten Kronen Lebensmittel einkaufen. Mit einem gefüllten Warenkorb gehts zur Kasse. Beim Bezahlen muss ich tatsächlich
die letzten Münzen aus dem Geldbeutel klauben, um die geforderte Summe zu begleichen. Nun heisst es endgültig adieu Schweden oder hejdå sverige, wie die Einheimischen sagen. Über die mautpflichtige (55 Sfr.) Öresundbrücke verlassen wir Schweden und reisen nach Dänemark. Auf dem fast acht Kilometer langenViadukt bleibt genügend Zeit um uns zu fragen, was uns von Schweden unvergesslich in Erinnerung bleiben wird. Wir verbrachten eine grossartige Zeit in malerischen Kulturlandschaften mit modernen und traditionellen Städten, gepflegten Dörfern mit schmucken historischen Gebäuden. Uns beeindruckte die lebendige Traditionspflege und die etwas spröde Gastfreundlichkeit der Menschen. Wir waren von der Schönheit der Natur mit den geheimnisvollen Mooren, tiefen Wäldern, imposanten Gebirgen, schäumenden Stromschnellen, ausgedehnten Seenlandschaften und einsamen Küsten hell begeistert. Vor unserem geistigen Auge sehen wir Strassen bis zum Horizont, den unglaublich weiten skandinavischen Himmel und die für uns ungewöhnliche Mitternachtssonne. Das und viel mehr zeichnet Schweden aus und machen es zu einem Land, das wir jederzeit gerne wieder bereisen würden.


Die weiteren Berichte sind unter der Rubrik Norwegen (Reiseberichte / Bildergalerie) zu finden.