Yukon


Reisebericht
Bildergalerie


07.7. - 11.7.2015  Von Teslin über Whitehorse, Haines Junction nach Beaver Creek


Vom abwechslungsreichen und farbenfrohen British Columbia fahren wir in die unendlichen Weiten des äusserst dünn besiedelten Nordwestens von Kanada, nach Yukon. Die Bezeichnung der Provinz geht auf
den gleichnamigen Fluss Yukon River zurück, der durch das Territorium und dann nach Alaska fliesst. Im Westen grenzt Yukon an Alaska, im Süden an British Columbia, im Osten an die Nordwest-Territorien und im Norden an die Beaufortsee. Mit dem Goldrausch am Klondike River ums Jahr 1900 gab es eine richtige Bevölkerungsexpansion. Es kamen Tausende in die Region, insgesamt rund 100'000 Goldschürfer suchten nach dem verheissungsvollen Edelmetall. Dawson, das mit über 40'000 Einwohnern zeitweise eine der grössten Städte Nordamerikas war, verlor aber binnen weniger Jahre den überwiegenden Teil seiner Bevölkerung, nachdem der Klondike-Goldrausch abgeklungen war. In den 1920er Jahren zählte die gesamte Provinz  nur noch etwa 4'000 Einwohner. Die Indianer bildeten in den meisten Gebieten die Mehrheit. Schon während des Klondike-Goldrauschs wurden für den Bootsbau, für Häuser und Werkzeuge grosse Mengen an Holz eingeschlagen, die vor allem nahe der Waldgrenze tiefe Spuren hinterlassen haben und z.T. heute noch sichtbar sind. Die Pelzhandelsgesellschaften betrieben eine so massive Bejagung, dass Arten wie der Fischotter und der Biber zeitweise vor der Ausrottung standen und nur durch Schutzprogramme und
Wiederansiedlung überleben konnten. In der Neuzeit ist die globale Erwärmung, die vorwiegend die nördlichen Gebiete betrifft, besonders problematisch. Dies gilt nicht nur für den Rückgang der Gletscher, sondern auch die abnehmende Feuchtigkeit in der ohnehin sehr niederschlagsarmen Provinz. Hinzu kommt das Abtauen der Permafrostböden. Obwohl wir glauben, hunderte von Kilometer durch unberührte Natur zu fahren, sind diese Umweltprobleme allgegenwärtig. Zudem bedrohen die durch Trockenheit begünstigten Waldbrände riesige Gebiete. Übers Radio informieren wir uns stets über die neuesten Entwicklungen an den Feuerfronten und wählen dementsprechend unsere Routen. Schon in der Ferne sehen wir nebelartige Rauchschwaden über den Wäldern aufsteigen. Je näher wir ihnen kommen, desto intensiver riecht es nach verbrannter Erde. Die Feuer ziehen rasend schnell weiter und hinterlassen ein Bild der Zerstörung. „Firefighters“ aus dem In- und Ausland versuchen seit Wochen die lodernden Brände einzudämmen, was wegen der starken Winde und der extremen Trockenheit äusserst schwierig ist. Wir fahren stundenlang durch einstige intakte Waldgebiete wo nur noch abgebrannte Baustämme stehen. Aber zwischen dem verkohlten Holz spriesst bereits wieder ein Blumenteppich aus pinkfarbenen Blüten. Ein groteskes, aber trotzdem hoffnungsvolles Bild. Die Natur wird sich regenerieren, es ist nur eine Frage der Zeit. Auf unserer Fahrt sehen wir des öfteren
Schwarzbären. Die zu 95% vegetarisch lebenden Zeitgenossen lieben die Grasbewachsenen Streifen entlang der Strasse. Nur 5% ihrer Nahrung besteht aus Beutetieren. Gerne buddeln sie Erdhörnchen aus, wie der gerade vor uns über die Fahrbahn rennende Jungbär beweist. Er hat eben eines dieser flinken Tierchen erwischt. Wir müssen beim Fahren höllisch aufpassen und immer mit einem Auge den Waldrand beobachten, der an manchen Stellen bis an die Strasse heran reicht. Wildtiere queren oftmals unverhofft die Fahrbahn. Noch gefährlicher als Schwarzbären sind die Elche. Diese sehen wir jeweils nur ganz kurz, bevor sie wieder im Dickicht verschwinden. Eine Kollision mit einem Elch hätte für beide Seiten fatale Folgen. Ab und zu kommen uns Velofahrer entgegen, die vollgepackt den Alaska Highway abstrampeln. Meistens in einem Zweiergrüppchen, kämpfen sie sich durch Wind und Wetter. Aber auch Frauen, die ganz alleine mit ihrem
„Bike“ unterwegs sind, begegnen wir weitab jeder Behausung. Ihnen gehört unser uneingeschränkter Respekt. Kurz vor Whitehorse erreichen wir den heutigen Übernachtungsplatz. Ein Campground, der von einem ausgewanderten Schweizer betrieben wird. Am Schild des „Caribou RV Parks“ flattert eine kleine Schweizerflagge. Prompt werden wir auf Berndeutsch herzlich willkommen geheissen, was uns natürlich ausserordentlich freut. Auf dem gepflegten Campingplatz nehmen wir schmunzelnd ein Schild wahr auf dem geschrieben steht: Sauberste Dusch- und WC-Anlagen von ganz Yukon. Tatsächlich
finden wir frisch gereinigte und liebevoll eingerichtete sanitarische Anlagen vor – ein typisch schweizerischer Wesenszug, den wir hier besonders schätzen. Das z'Nacht ist ebenfalls typisch schweizerisch: Sauerkraut, Würstchen, Senf und Brot. Vom Campground aus sind es nur wenige Kilometer bis Downtown Whitehorse. In der Hauptstadt leben rund 25'000 Einwohner, fast dreiviertel der Bevölkerung von ganz Yukon. Während des Goldrausches war Whitehorse ein wichtiger Umschlagplatz für die Versorgungsgüter der Goldsucher. Seit 1900 verbindet eine Eisenbahnstrecke der White Pass & Yukon Railroad die Hafenstadt Skagway (Alaska) mit Whitehorse. Die Stadt entwickelte sich als wichtiger Verkehrsknotenpunkt für die Flussdampfer, die über den Yukon River die Versorgung der nördlichen Gebiete des Territoriums übernahmen. Der Tourismus ist heute einer der bedeutendsten Einnahmequellen der Stadt. Die malerischen Häuser laden zu einem ausgedehnten Stadtbummel ein. Whitehorse ist Startpunkt für zahlreiche Kanutouren, die auf einer Strecke von 740 km bis nach Dawson
führen. Am Ufer des Yukon-Stroms entdecken wir eine Verleihstation. Es werden gerade Lebensmittel und Kleidung wasserdicht in Plastikfässer für die grosse Tour auf dem River verstaut. Eine solche Flussfahrt wäre ein Abenteuer, das uns natürlich reizen würde. Doch auch hier im Norden müssen wir das Zeitfenster der besten Reisezeit im Auge behalten. Denn wir wollen ja noch hoch bis an den Polarkreis nach Inuvik. In den nächsten Tagen wiederholt sich das stetig gleiche Landschaftsbild. Eine vom Winter malträtierte Strasse schlängelt sich durch ausgedehnte Waldgebiete an Flussläufen und Seenlandschaften vorbei. Im Hintergrund gewaltige schneebedeckte Bergketten. Wir fahren durch kleine Orte, wo nur eine handvoll Menschen leben. Ab und zu müssen wir „Geckos“ Durst stillen und nach einer Tankstelle ausschauhalten. Viele sind seit Jahren nicht mehr in Betrieb. Die Zapfsäulen rosten als Überbleibsel besserer Tage still vor sich hin und die noch spritführenden sind schon längst museumsreif. Nach nur gerade vier Tagen verlassen wir die Provinz im Nordwesten von Kanada und reisen nach Alaska ein. Auch diesmal ist es nur ein Abschied auf Zeit. In wenigen Wochen werden wir von Norden her wieder in den menschenleeren und gerade deswegen faszinierenden Yukon einreisen.


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